Die Spartakisten versuchten mit allen Mitteln die Wahlen zur Verfassungsgebenden Landesversammlung am 12. Januar 1919 zu verhindern. Ein Putsch gegen die Provisorische Regierung wurde vorbereitet. Aus Beständen der Reichswehr wurden sogar Waffendepots angelegt. Geplant war, die Regierungsmitglieder in einer Sitzung des Arbeiter- und Soldatenrats am 9. Januar zu verhaften und eine neue Räteregierung nach sowjetischem Muster zu bilden. Eine Vielzahl bewaffneter Demonstranten sollte dies erzwingen. USPD und „Roter Soldatenbund“ hatten zu einer Massendemonstration auf dem Schlossplatz aufgerufen. Die Provisorische Regierung hatte jedoch ausreichende Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Leutnant Paul Hahn vom Landesverband der Soldatenräte hatte eine Sicherheitstruppe aufgestellt, die er der Regierung zur Verfügung stellte. Wilhelm Blos forderte die wahlberechtigte Bevölkerung auf, ihr Wahlrecht in vollem Umfang auszuüben. Er versprach, die Errungenschaften der Revolution, zu denen auch das neue Wahlgesetz gehörte und die ungehemmte Wahlfreiheit gehörte, mit aller Entschiedenheit zu gewährleisten.
Bei den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung am 12. Januar 1919 erreichte die SPD 34% der Stimmen und wurde stärkste Partei; die USPD kam lediglich auf 3%. Am 23. Januar trat die Landesversammlung zu ihrer ersten Sitzung zusammen, 6 Wochen später am 7. März 1919, wurde Wilhelm Blos mit 100 von 129 Stimmen zum ersten Staatspräsidenten des Volksstaats Württemberg gewählt.
25. September 1919: Landesverfassung: Württemberg wird eine demokratische Republik. Der Landtag übte repräsentativ für das Volk die Staatsgewalt aus; er war für die Gesetzgebung zuständig und konnte auch die Regierung bestimmen. Für besondere Fälle waren Volksabstimmungen vorgesehen. Nach jeder Landtagswahl musste der Ministerpräsident (er führte den Namen Staatspräsident) neu gewählt und die Regierung neu gebildet werden.
Ergebnisse der Landtagswahl vom 6. Juni 1920: Zentrum: 22,5% (23 Sitze), Bauern- und Weingärtnerbund 17,6% (18 Sitze), SPD 16,1% (17 Sitze), DDP 14,7% (15 Sitze), USPD 13,3% (14 Sitze), Bürgerpartei 9,3% (10 Sitze), DVP 3,4% (4 Sitze), KPD 3,0% (0 Sitze)
Der Bauern- und Weingärtnerbund ist eine Besonderheit im württembergischen Parteiensystem der 20er Jahre. Gegründet wurde er eigentlich als Standesorganisation der Bauern und Weingärtner, doch schon in den letzten Jahren des Kaiserreichs hat er sich zu einer politischen Partei entwickelt, die im Südwesten die deutsch-nationale DNVP ersetzte. Den Vorsitz führte der Herrenberger Verleger Theodor Körner. Der Bauern- und Weingärtnerbund bildete die rechtskonservative Opposition zu den mit den Sozialdemokraten paktierenden liberalen Parteien.
Im Jahr 1920 erscheint die NSDAP auf der politischen Bühne in Württemberg, die erste Ortsgruppe wird in Stuttgart gegründet.
1921 starb der „gute König“ Wilhelm II. an seinem Wohnsitz in Bebenhausen. Die Landeshauptstadt hat er nicht mehr betreten. Selbst sein Sarg musste nach Verfügung um die Gemarkung nach Ludwigsburg überführt werden. Dort liegt er auf dem ‚Alten Friedhof‘ begraben.
Ergebnisse der Landtagswahl vom 4. Mai 1924: Zentrum (20,9%, 17 Sitze), Bauern- und Weingärtnerbund 20,2% (17 Sitze), SPD 16,0%, (13 Sitze), KPD 11,7% (10 Sitze, DDP 10,6% (9 Sitze), Bürgerpartei und Vereinigte Vaterländische Rechte 10,4% (8 Sitze), DVP 4,6% (3 Sitze), Völkisch-Sozialer Block 4,0% (3 Sitze).
Die NSDAP hat selbst in der ersten Krisenphase der Weimarer Republik bis zum Jahr 1924 mit der Hyperinflation kaum Rückhalt in der Bevölkerung gefunden. In den katholischen Landesteilen kann die nationalsozialistische Bewegung keinen Fuß fassen. Die Arbeiter halten weiter zur SPD, die evangelischen Landwirte und Weinbauern wählen den Bauern- und Weingärtnerbund.
Ergebnis der Landtagswahl vom 24. April 1932: NSDAP 26,4% (23 Sitze), Zentrum 20,5% (17 Sitze), SPD 16,6% (14 Sitze), Bauern- und Weingärtnerbund 10,7% (9 Sitze), KPD 9,4% (7 Sitze), Deutsche Staatspartei 4,8% (4 Sitze), DNVP 4,3% (3 Sitze), CSVD 4,2% (3Sitze).
Die NSDAP war in das protestantisch-bürgerliche Milieu eingedrungen. In Backnang und Nagold sie schon 1930 viele bisherige Wähler des Bauern- und Weingärtnerbundes an sich gezogen. Als sich 1931 die rechten Parteien zur „Harzburger Front“ zusammenschlossen, fiel auch die gesellschaftliche Ächtung im schwäbischen Bürgertum. Auch die Distanz der evangelischen Landeskirche zur NSDAP war geringer geworden. Kirchenpräsident Theophil Wurm sympathisierte offen mit Hitler.
Die Ziele der NSDAP traten immer deutlicher hervor. Verhandlungen über eine Beteiligung der Nationalsozialisten an der Regierung scheiterten, da sie sowohl das Amt des Staatspräsidenten als auch des Innenministers besetzen wollten, Ämter die beide Eugen Bolz innehatte. Einen Versuch von SPD, DDP, Zentrum, Bauern- und Weingärtnerverband sowie Bürgerpartei, sich auf ein gemeinsames Regierungsbündnis zu einigen und so den Einfluss der NSDAP einzudämmen, hat es in Württemberg nicht gegeben.
Ergebnis der Landtagswahl vom 5. März 1933: NSDAP 42,0% (26 Sitze), Zentrum 16,9% (10 Sitze), SPD 15,0% (9 Sitze), KPD: 9,3% (6 Sitze), Bauern- und Weingärtnerbund 5,4% (3 Sitze), Kampffront Schwarz-Weiß-Rot 5,2% (3 Sitze), CSVD 3,2% (2 Sitze), DDP 2,2% (1 Sitz).
Die kleinen Parteien waren verschwunden. Ausgerechnet die evangelisch-agrarischen Oberämter (Herrenberg, Nagold, Tübingen), die sich bisher der NSDAP verweigert hatten, wurden zu Hochburgen der nationalsozialistischen Bewegung. Die Massen in den Arbeiterstädten (Sindelfingen, Böblingen) waren zur NSDAP übergelaufen.
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