Die Malerin Anna Peters

 

 

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Anna Peters, ein "Malweib der ersten Stunde"


Anna Peters (*1843, †1926) ist eine der ersten Frauen in Deutschland, die den Beruf einer Kunstmalerin ausübten und von dem Verkauf ihrer Bilder leben konnten. Auf dem Gebiet der Blumenmalerei gelten ihre Gemälde als einzigartig in der Welt. Bereits in ihrer frühen Schaffensphase schuf sie im Stil niederländischer Stillleben des 17. und frühen 18. Jahrhunderts Blüten- und Früchtekompositionen, die heute noch auf Auktionen hoch dotiert werden. Daneben malte sie auch Landschaftsbilder. Ende der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts entwickelte Anna Peters aus der streng realistischen Bildsprache ihrer ersten Künstlerjahre einen eigenen, geradezu impressionistischen Malstil. Nach 'Artprice', dem Weltmarktführer für den Kunstmarkt, wechselten  zwischen 1989 und 2006 rund 230 ihrer Werke den Besitzer. Viele Gemälde befinden sich in Privatbesitz. Über einige Jahre hinweg bezog die Malerin jeweils im Sommer ihr Atelier im Köngener Schloss.

Um das Werk von Anna Peters in die gesamte Malerei einordnen und schätzen zu können, sollte man sich in Erinnerung rufen, dass bis zum Ende des 18. Jahrhunderts sowohl Blumen- als auch Landschaftsbilder nicht als große Kunst anerkannt und daher auch gering bewertet wurde. Im Vordergrund standen religiöse und geschichtliche Darstellungen. Erst im 19. Jahrhundert wurden in der Malerei Landschaft und Stillleben als Thema interessant. Künstlerinnen taten sich schwer, für andere als diese Themen Anerkennen zu finden. Die anderen Themen waren Männern vorbehalten. 

 

Anna Peters: 'Bunter Blumenstrauß', l auf Karton

Auktionshaus Zeller, Lindau, 24.-25. Juni 2005

Anna Peters wurde am 28. Februar 1843 als Tochter des niederländischen Landschaftsmalers Pieter Francis Peters (* 1818, † 1903) und seiner Frau Heinrika Mali in Mannheim geboren. Ihre Mutter war eine Schwester des später als Tiermaler bekannt geworden Christian Mali (*1832, † 1906). Bis zu ihrem Umzug nach Stuttgart im Jahre 1845 lebte das Ehepaar in Mannheim. Anna Peters wird - wie auch ihre Schwester Pietronella - schon als Kind an ihren späteren Beruf herangeführt. In Stuttgart besuchte sie ein privates Töchterinstitut und wohl später auch das Katharinenstift. Die künstlerische Ausbildung erfolgte den Vater Pieter Francis Peters und den Onkel Christian Mali. Eine Ausbildung auf der Kunstakademie war in Stuttgart zu dieser Zeit für Frauen nicht möglich.

 

Pieter Francis Peters (* 1818, 1903), der sich in den 1840er Jahren dauerhaft in Stuttgart niederließ, gehörte zu den ‚Hofaquarellisten‘ der späteren Königin Olga von Württemberg (* 1822, 1892). Für seine Arbeiten fand sich neben den fürstlichen Kreisen vor allem in der württembergischen Hauptstadt eine zahlungskräftige Kundschaft, zumal er auch rege am Stuttgarter Vereins- und Gesellschaftsleben teilnahm. In einem Nachruf auf den 1903 verstorbenen Peters wurde er als ein ‚weiten Kreisen bekannter Künstler‘ bezeichnet, der ‚fleißig gemalt und fleißig ausgestellt hat‘.  Sein „Hohenzollern-Album“, das insgesamt 35 Aquarelle mit „Ansichten der bemerkenswerthesten Puncte“ der „Hohenzollerischen Lande“ enthält und dem preußischen Thronfolgerpaar 1858 von den Bewohnern  dieser Region als Hochzeitsgeschenk überreicht wurde, befindet sich heute im Besitz der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg in Potsdam. Die außergewöhnlich atmosphärisch wiedergegebenen Orte und Landschaften sollten dem künfigen Kaiser Friedrich III. (* 1837, 1888) und seiner englischen Gemahlin die vielfältige Schönheit der hohenzollerischen Stammlande vor Augen führen.

Pietronella Peters: Bildnis ihres Vaters Pieter Francis Peters im Atelier, Öl auf Leinwand, 1893


Museum Biberach

Bereits im Jahr 1868, also im Alter von 25 Jahren, ergreift Anna Peters den Beruf einer selbständigen Malerin. Die Blumenmalerei blieb ihr Programm bis ins hohe Alter. Die Blumen wurden zumeist aus der Aufsicht gemalt. Häufig kombinierte sie Sträuße mit Gräsern und Zweigen. Gelegentlich lockerte sie ihre Blumenensembles durch Insekten auf. Das erste bekannte Blumenbild von Anna Peters zeigt einen 'Herbststrauß' und ist mit dem Jahr 1860 datiert. Anna Peters unternahm auch eine Reihe von Reisen und Malaufenthalten, meistens begleitet von ihrem Vater oder ihrem Onkel, dem Maler Christian Mali. Die frühesten von ihr gemalten Landschaften sind eine Reihe von Aquarellen aus Interlaken in der Schweiz. Sowohl Blumen- als auch Landschaftsbilder waren zunächst realistische Abbildungen des Gesehenen. Das Anliegen von Anna Peters war es, die einfachen, meist unbeachteten Dinge vor Augen zu führen. Es sind Feld- und Gartenblumen, die sie zu Beginn ihres Schaffens als Blumenmalerin malt. Die Blumen werden in allen nur möglichen Stadium gezeigt: von der Knospe bis zum vollen Erblühen, vom jungen Trieb bis zu verfärbten Herbstblättern.  Dabei bevorzugt sie ein künstliches Arrangement der Blumen. Eine Symbolik oder ein moralischer Appell lässt sich in den Bildern nicht erkennen.

  Für Anna Peters war die Natur die einzige Lehrmeisterin ihrer Kunst. Ihre eigenen Worte sind: "Je mehr sich der Künstler an die Natur hält, je vollkommener wird sein Werk, denn die Natur ist die höchste Weisheit selbst"

Die zeichnerisch exakten Abbildungen der Wirklichkeit  gibt es bis  1886. In diesem Jahr ändert sich der Malstil von Anna Peters. Bei den Blumen- und Landschaftsbildern spielt nun das Atmosphärische eine größere Rolle, der Pinselstrich wird entschieden lockerer. Der natürlich gewachsene Untergrund oder der von Wolken strukturierte Hintergrund wird bei ihren Blumenarrangements immer häufiger. Die Landschaftsbilder sind nun häufig schnell gemalte, oft im Freien entstandene Impressionen. Auch hier spielt ab 1886 zunehmend der bewegte Wolkenhimmel eine Rolle. Die meisten Vorlagen für ihre Bilder entstammen der jeweiligen allernächsten Umgebung der Malerin, so zum Beispiel aus ihrem Garten in Stuttgart-Sonnenberg oder im ihrem dortigen Haus naheliegenden Wald. In ihren Skizzenbüchern finden sich Eintragungen aus der nahen und weiteren Umgebung ihres Wohnorts.  Dazu gehört auch das Köngener Schlóss. Auch längere Reisen zu weiter entfernten Orten fanden ihren Niederschlag. Dazu gehörten Florenz, Rom, Nijmwegen und Lugano.  

Der Kontakt zwischen den Familien Peters und Mali war sehr eng. Beginnend mit der Pariser Weltausstellung im Jahre 1867 verzeichnete die Malerei der 'Münchener Schule', zu der neben Christian Mali auch dessen Malerfreund Anton Braith (1836 - 1905) gehörte, einen großen Aufschwung, von dem auch Anna Peters in ihrem künstlerischen Schaffen profitiert hat. Über Jahrzehnte hinweg sind zahlreiche Besuche der Familie Peters bei Christian Mali und Anton Braith in deren Atelierhaus in München, der so genannten Schwabenburg, bekannt. Auch Gegenbesuche in Stuttgart sind durch datierte Skizzen Christian Malis belegt. Anna Peters begleitete Mali und Braith auf deren Studientouren nach Südtirol. So findet sich ihr Name im 'Goldenen Buch' eines in Künstlerkreisen bekannten Weinlokals in Bozen, neben dem ihres Onkels und dessen Malerfreund.

Ab 1869 nahm Anna Peters regelmäßig an Ausstellungen auch außerhalb Stuttgarts teil. Berlin, Dresden und Wien gehörten zu ihren Stationen. Im Jahr 1880 trat sie dem 'Verein Berliner Künstlerinnen' bei, dessen Ausstellungen in der Königlichen Kunstakademie sie regelmäßig mit ihren Bildern beschickte. Für die Zeit von 1890 bis 1913 berichten ihre Skizzenbücher neben Ausflügen in die nähere Umgebung Stuttgarts auch von Reisen nach Rom, Florenz, Nymwegen (der Geburtsstadt ihres Vaters) und Lugano.

Anna Peters war gemeinsam mit Sally Wiest und Magdalena Schweizer 1893 Gründerin des 'Württembergischen Malerinnenvereins'. Für den Ankauf einer Villa gewährte sie dem Verein einen großzügigen Kredit. Dieses Gebäude an der Eugenstraße in Stuttgart ist noch heute im Besitz des 'Bundes Bildender Künstlerinnen' (BBK).  Anna Peters war, abgesehen von den Jahren 1902 bis 1904, bis 1919 Vorsitzende des Vereins. Neben der Ausrichtung gesellschaftlicher Aktivitäten und der Organisation von Ausstellungen, nahm der Verein durch die Einrichtung einer eigenen Darlehens- und Unterstützungskasse berufsgenossenschaftliche Aufgaben wahr. Wie ihre beiden Schwestern blieb Anna Peters unverheiratet und engagierte sich leidenschaftlich für bessere Arbeitsbedingungen für Künstlerinnen. Sie fehlte bei keiner Veranstaltung, keinem Vortrag, keiner Ausstellung des Vereins - vor allem auch bei keinem Fest. Die legendären Bälle, welche die Malerinnen der Stadt Stuttgart veranstalteten, wurden von den Peters-Schwestern ausgestattet. Dass die württembergischen Künstlerinnen so erfolgreich tätig waren verdanken sie auch der Königin Charlotte, die den Verein unterstützte.

 

Anna Peters in ihrem Atelier (wahrscheinlich in Stuttgart-Sonnenberg) an der Staffelei

Bildquelle: Katalog 387 des Auktionshauses Nagel in Stuttgart vom 27./28. März 2003

1912 zog sich Anna Peters gemeinsam mit ihren Schwestern in das eigene Haus in Stuttgart-Sonnenberg zurück. Ihren Aufenthalten im Köngener Schloss in den Sommern  von 1894 bis 1904, dann wieder 1907, 1913, 1915, 1919 und letztmalig 1924 kam besondere Bedeutung zu. Dort entstanden viele ihrer Bilder. Blumenarrangements, wurden, wie sie selbst schreibt, "auf der Schlossmauer in Köngen platziert" und dann von ihr gemalt. Landschaftsbilder zeigen Köngen und das Leben in diesem Dorf. Beispiele sind die Gemälde 'Flusslandschaft mit Brücke (Köngen)', 'Landschaft bei Köngen', 'Schloss Köngen bei Mondlicht' und 'Dorfgasse mit Gänsen und Wagen'. Christian Mali besuchte Anna Peters in den Jahren 1897 bis 1902 regelmäßig in Köngen, 1901 und 1902 in Begleitung seines Malerfreundes Anton Braith.

 

Im Sommer 1894 hielten sich Anna und Pietronella Peters zum ersten Mal im Köngener Schloss auf. In diesem Jahr und auch in den Folgejahren wurden sie von ihrem Onkel, dem bekannten Tiermaler Christian Mali, im Schloss besucht. In den Jahren 1901 und 1902 kam auch Anton Braith, ein weiterer großer Maler, hinzu. Der Vater Francis Peters teilte die Aufenthalte in den Jahren 1896 und 1898 sowie 1902 kurz vor seinem Tode. Die in Köngen entstandenen Skizzenbücher von Anna Peters geben Zeugnis einer besonders produktiven Schaffensphase in diesem Ort. Wie aus Gemälden ersichtlich ist, verfügte Anna Peters im Köngener Schloss über einen Salon und ein Atelier. Die Mahlzeiten wurden im Gasthof zur Linde eingenommen.

 

Das Köngener Schloss, gemalt von Anna Peters um 1900

Privatbesitz

 

Landschaft bei Köngen ("Die Linde"), gemalt von Anna Peters

Privatbesitz

 

Dorfidyll in Köngen, gemalt von Anna Peters um 1900

Privatbesitz

Anna Peters starb im Alter von 83 Jahren am 26.Juni 1926 in ihrem Haus in Stuttgart-Sonnenberg. Sie wurde auf dem Stuttgarter Pragfriedhof im Familiengrab der Peters beerdigt. Ihre künstlerische Leistung ist unvergessen. Die Künstlerinnen waren noch 1926 weit davon entfernt, gleichberechtigt mit ihren männlichen Kollegen zu sein - auch wenn sie inzwischen an den Akademien zugelassen waren.


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Stand: 01.10.2021                                                  Copyright © 2021 Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V.                                                  Autor: Dieter Griesshaber          

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