Ulrichsbrücke von Köngen

 

 

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Die "Ulrichsbrücke" von Köngen und ihr Erbauer Heinrich Schickhardt 


In seinem viel gelesenen Ritterroman „Lichtenstein“ verherrlicht Wilhelm Hauff (1802-1827) die Vergangenheit seiner schwäbischen Heimat in der Reformationszeit. Mit reicher Phantasie und erlaubter dichterischer Freiheit erzählt er, wie Herzog Ulrich von Württemberg, von Feinden umringt, nach dem Tod seiner letzten Getreuen mit seinem Pferd von der Köngener Brücke in die Fluten des Neckars springt und entkommt.

Der Vorgang, den Wilhelm Hauff hier mit seinem liebenswürdigen Erzählertalent schildert, lief in Wirklichkeit weniger dramatisch ab. Mitte September 1519 rückten Truppen des Schwäbischen Bundes gegen Herzog Ulrich vor. Am Neckarübergang bei Köngen traf sich das zurückziehende Heer Ulrichs mit der Vorhut der bündischen Truppen und es kam zu einem kleinen Scharmützel. Wahrscheinlich gab es zu dieser Zeit bei Köngen gar keine Brücke über den Neckar, sondern nur eine Furt. In einer Quelle heißt es: „...viel Kriegsgerät durch die Furt bei Köngen geschleppt ...“.

Der uralte keltische Handelsweg von Speyer über Köngen nach Augsburg hat hier mit einer Furt oder Fähre den Neckar überquert. Die Römer folgten bei ihren Straßenbauten vielfach den Trassen alter Verbindungen. Wahrscheinlich benutzten sie bei der Überquerung des  'fluvius niger' (so nannten die Römer den Neckar wegen seiner schwarzen Farbe) eine Furt oder eine Fähre. - Von einer Fähre ist urkundlich erstmals im Jahr 1336 die Rede, als die Grafen von Hohenberg die Dörfer Köngen und Unterboihingen und dazu gehörige Rechte an Graf Albrecht von Aichelberg verkauften. Zu den Rechten, die im Vertragstext festgehalten wurden, gehörte auch Fährrecht auf dem Neckar ("Gerechtsame des far"). Durch Heirat wechselte das Fährrecht 1382 auf das Rittergeschlecht Thumb von Neuburg über.

Die Brücke, die der Baumeister des württembergischen Herzogs, Heinrich Schickhardt 1603 verwirklichte und die seit dem Erscheinen von Hauffs Roman im Jahr 1826 Ulrichsbrücke genannt wird, hatte eine Reihe von Vorgängerbauten, die jedoch den Fluten des Neckars bei Hochwasser nicht standhielten. Die Brückenbauten waren ab 1452 möglich geworden, weil der Ortsherr von Köngen, Albrecht Thumb von Neuburg, das dazu benötigte Land an Graf Ulrich den Vielgeliebten von Württemberg abtrat. Die Grafschaft Württemberg verpflichtete sich, die Brücke zu unterhalten und den jeweiligen Untertanen des Ortsherrn freien Übergang zu gewähren. Die im Jahr 1452 erbaute Brücke bestand aus Holz und ruhte auf zwei Steinpfeilern. Schon 1456 fiel diese Brücke zusammen und es musste eine neue errichtet werden. 1568 wird erstmals von einer Brücke mit drei Bögen und zwei Pfeilern berichtet.

  Männerbüste am ehemaligen Lusthaus in Stuttgart.
Ein Selbstbildnis Heinrich Schickhardts (*1558, † 1635) ?
 

Am 23. Februar 1599 fiel die Köngener Brücke wieder einem verheerenden Hochwasser zum Opfer. Bereits am nächsten Tag kam Herzog Friedrich mit seinem Baumeister Heinrich Schickhardt an die Unglücksstelle. Gleich vor Ort verfügte er über den Bau einer massiven Brücke mit vier Bögen, die nun endlich den Fluten standhalten sollte.

Von Heinrich Schickhardt (1558 – 1635), dem ungemein vielseitigen und originellen Baumeister der Renaissance im württembergischen Raum und im Elsass, existiert eine Planzeichnung aus dem Jahr 1600 zum Bau der „Ulrichsbrücke“.

 

Planzeichnung Schickhardts zum Bau der "Ulrichsbrücke" (1600)

 

HStAS N 220 T 141 04/e

In der Mitte der Brücke ist ein Obelisk und eine Schranke, der Schlagbaum, zu erkennen. An dieser Stelle sollte der Schlagbaumwärter den Brückenzoll kassieren.

 

Am 4. Mai 1600 gab Heinrich Schickhardt einen detaillierten Kostenvoranschlag für den Bau der neuen Brücke ab. Danach sollte die zu erbauende Brücke 4460 Gulden kosten. Die Handschriften und Handzeichnungen Schickhardts sind erhalten; sie wurden 1902 vom Württembergischen Geschichts- und Altertumsverein herausgegeben. Zum Bau der Köngener Brücke schreibt er unter anderem: „Anno 1599 ist ein Teil der alten, über den Neckhar gebauten steinernen Bruck bei Köngen eingefallen, da mir alsobald befohlen worden ein Augenschein einzunehmen, dahin auch Herzog Friedrich selber komen. Nach eingenommenen Augenschein und beschehener Beratschlagung ... habe ich den Iberschlag zu einer ganz neuen Bruckhen über den Neckar gemacht .....“.

Der „Iberschlag“ wurde übrigens weit überschritten. Als die Brücke 1603 fertig war, betrugen die Gesamtkosten 10290 Gulden und 30 Kreuzer. Dazu kamen noch Nachlieferungen, die von den Klöstern Denkendorf und Bebenhausen bereitgestellt werden mussten.

Es war ein Prachtbau entstanden, der sich wundervoll in das Landschaftsbild einfügte. Der Obelisk, der seitlich und in der Mitte der Brücke aufgestellt worden war, enthielt das Wappen Friedrichs I. von Württemberg und eine Sonnenuhr mit der Jahreszahl 1602. Der Dreißigjährige Krieg, Franzoseneinfälle und die Feldzüge Napoleons gingen über den Kern der Brücke hinweg. Schickhardt hatte die Brücke so hoch angelegt, dass ihr selbst das schlimme Hochwasser im Jahre 1817 nichts anhaben konnte.

 

In dem 1889 erschienenen Buch des württembergischen Schriftstellers, Architekten und Kunsthistorikers Eduard Paulus d. J. (1837-1907) heißt es über die Brücke zu Köngen: "... Die Steinbrücke führt über den Neckar. Von ihr hat man einen prächtigen Blick flußaufwärts. In der Mitte wächst schön aus dem Brückenrand der steinerne verzierte Obelisk mit der Jahreszahl 1603 und dem württembergischen Herzogswappen empor." - Bei der Jahreszahl '1603' ist Eduard Paulus wahrscheinlich ein Fehler unterlaufen. In den meisten anderen Quellen ist die Jahreszahl 1602 angegeben. Fest steht allerdings, dass der Brückenbau erst 1603 beendet wurde.

 

In den "Blättern des Schwäbischen Albvereins", Jahrgang 1905, werden Überlegungen zur Umgestaltung  der Ulrichsbrücke beschrieben. "Im Interesse des Verkehrs" sollte "ohne wesentliche Formveränderung die Auffahrt auf beiden Seiten erleichtert werden. Zur Geschichte der Ulrichsbrücke heißt es im gleichen Bericht: "Der leider sehr verstümmelte und verwitterte Obelisk trug auf der Vorderseite das Wappen Friedrichs I. 1593 bis 1608, entsprechend dem Siegel des Herzogs, vgl. Alberti Wappenbuch 1. Heft, VIII 1, Zeiger und Zahlen einer Sonnenuhr, eine auch nach der Erinnerung des ältesten Leute nicht mehr lesbare Inschrift und die Jahreszahl 1602. Ein Steinmetzzeichen nebst M lässt an den Bildhauer Gg. Miller von Tübingen denken. Daraus geht hervor, dass die Brücke von dem fürstlichen Baumeister Hans Braun 1600 - 1602 gebaut worden ist. Dann der Obelisk, in der Volkssage dem  Gedächtnis Herzog Ulrichs gewidmet, nichts als das letzte Denkmal der Vollendung der Brücke, für die der baulustige Herzog besonderes Interesse hatte, und hat die Inschrift wohl einen auf den Bau bezüglichen Inhalt gehabt."

 

Die Ulrichsbrücke von Köngen

Foto von 1908

Im Jahr 1912 hat man  die Brücke geringfügig verbreitert. Aufgrund der Initiative der ‚Landwirtschaftlichen Vereinigung’ und des 1890 in Köngen gegründeten Gewerbevereins wurden die steile Auffahrt der Brücke auf der linken Neckarseite (also auf der Köngener Seite) durch die Erweiterung um zwei Bögen abgeflacht und, insbesondere für Pferdefuhrwerke, besser befahrbar gemacht.

Vor dem Umbau der Ulrichsbrücke hatte der Landesausschuss in ein Gutachten Stellung bezogen. Hierin heißt es: "Hinsichtlich der Bedürfnisfrage möchten die Vertreter des Landesausschusses zunächst aussprechen, dass nach ihrer Meinung eine Veränderung der alten Neckarbrücke in Köngen zur Zeit überhaupt nicht als unbedingt nötig anzusehen ist und dass, mit Rücksicht auf die ganz ungewöhnlich hohe Bedeutung der Brücke in künstlerischer Richtung sowie nach ihrer Stellung in der geschichtlichen oder volkstümlichen Überlieferung der jetzige Zustand noch länger ertragen werden sollte."  An einer anderen Stelle des Gutachtens steht: "Falls nach alledem - zum größten Bedauern des Landesausschusses - je nichts anderes übrig bleiben sollte als ein Umbau der alten Brücke, so würden die Sachverständigen des Landesausschusses dem Projekt II den Vorzug geben, bei dem wenigstens an der flussaufwärts gerichteten Stirn der Brücke die Hauptteile in ihrem überlieferten Bestand erhalten blieben, nur die Brückenanken zu verändern wären und außerdem die Rampen günstiger geführt würden. (Quelle: Blätter des Schwäbischen Albvereins, Jahrgang 1911, Seite 386 - 388). Der Vorschlag des Landesausschusses hat sich beim Umbau weitgehend durchgesetzt. 

In einer Festschrift, die anlässlich des 50jährigen Jubiläums des örtlichen Gesangvereins Liederkranz im Jahr 1913 herausgegeben wurde, schreibt Schulrektor Johannes Kuder: "... An die Schickhardtsche Brücke wurden in den Jahren 1912/13 auf dem linken Neckarufer zwei weitere Brückenöffnungen [zwei Brückenbögen] angefügt und außerdem wurde sie auf acht Meter erweitert. Die Steigung der Brückenrampen, die seither 10,4 und 8,7 Prozent betragen hatten, wurden auf 4 Prozent ermäßigt und der neue Obelisk dem alten getreulich nachgebildet. Es ist den Erbauern gelungen, die umgebaute Brücke der früheren anzupassen, dass sie sich prächtig in die Landschaft einfügt." - In zwei Sekundärquellen (Festbuch zum 900jährigen Bestehen Köngens im Jahre 1976, Teckbote vom 19.2.1977) wird angegeben, dass die Brücke auf jeder Seite einen weiteren Bogen erhielt. Eine nähere Betrachtung der Konstruktion der Brücke und des Verlaufes der Straßen auf beiden Neckarseiten beweist, dass die von Rektor Kuder im Jahr des Abschlusses der Bauarbeiten gemachten Angaben richtig sind.

Otto Flaig, Mitglied des Geschichts- und Kulturvereins Köngen, hat weitere Ereignisse rund um den Brückenbau von 1912/13 ermittelt. In seinen Aufzeichnungen schreibt er: "Dass das Wasser des Neckars nun auch unter den neuen Brückenbogen durchfließen konnte, musste sein Bett auf Köngener Seite verbreitert werden. Die Verbreiterung fand statt, indem der alte Neckararm (eingezeichnet auf dem vergrößerten Ausschnitt der Karte Kirchheim unter Teck, aufgenommen 1902 durch das Königliche Statistische Landesamt) oben durchstochen wurde. Dies reichte jedoch nicht bis zum ersten Bogen. Dieser blieb frei. Unter ihm führte ein Fußweg von Köngen aus, ca. sechs bis acht Meter neben dem Ufer bis zum 'Otto-Steg '[Steg der Textilfabrik Otto in Wendlingen] bei der Spinnerei Unterbohingen, der 'oberen Fabrik'. Bis Mitte der dreißiger Jahre diente dieses Brückenloch Karrenleuten und Zigeunern oft als Lagerplatz."

So stand die Brücke bis zum 20. April 1945, als deutsche Pioniere zwei Bögen auf der nach Wendlingen führenden Seite in die Luft sprengten. Schon 1946 erfolgte ein originalgetreuer Wiederaufbau. Eine Kopie des Obelisken von 1602 steht heute wieder auf der Mitte der Brücke. Er zeigt das Wappen Herzog Friedrichs und erinnert in seiner Inschrift an Heinrich Schickhardt.

Der alte Originalobelisk stand, wohl seit der Brückenerweiterung im Jahre 1912, in einer kleinen Parkanlage vor einer Möbelfabrik in Wendlingen. Ein Mitarbeiter der Möbelfabrik berichtet, dass der Obelisk dort Anfang der fünfziger Jahre von einem Lastwagen gerammt wurde und dadurch zerbrach. Der Fahrer des Lastwagens 'entsorgte' auch gleich die einzelnen Bruchstücke, indem er sie zum Müllplatz führte. Ein Köngener Bürger (Otto Flaig) kann sich noch daran erinnern, dass der Obelisk aus rotem Sandstein gefertigt war und die goldene Aufschrift '1602' trug. Die in einer Quelle erwähnte Sonnenuhr und ein Namenszug, der nach mündlicher Überlieferung derjenige von Heinrich Schickhardt gewesen sein soll, waren für ihn kaum noch zu erkennen.

Erst seit 1972 dient die Ulrichsbrücke nicht mehr dem Verkehr. Nachdem sie fast vier Jahrhunderte vielen Generationen gedient hat, steht sie seit 1975 neben einer neuen, mehrspurigen Betonbrücke im Abseits. Wir wollen nicht anklagen, eine Anpassung an die Verkehrsverhältnisse musste erfolgen. Allerdings sollten wir das einmalige Bauwerk als Zeugen unserer Vergangenheit sehen und es für immer bewahren. 

  Die Ulrichsbrücke heute

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Stand: 22.01.2019                                              Copyright © 2019 Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V.                                                  Autor: Dieter Griesshaber

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