Jakob Friedrich Weishaar

 

 

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Jakob Friedrich Weishaar, der Mitschöpfer württembergischen Verfassung von 1819  

In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts war Jakob Friedrich Weishaar einer der prominentesten Persönlichkeiten Württembergs. Er trug entscheidend dazu bei, dass die württembergische Verfassung von 1819 zustande kam. Von 1820 bis 1830 war er Präsident der Abgeordnetenkammer Württembergs und damit im Zentrum der Macht. Seine steile politische Karriere und seine loyale Haltung gegenüber König Wilhelm I. ermöglichten ihm 1822 bzw. 1825 den Kauf des Schlosses Köngen. Durch diesen Kauf und den dazu gehörigen Gütern vom Haus Württemberg hat Jakob Friedrich Weishaar die Geschicke des Ortes Köngen maßgeblich beeinflusst. Ihm ist es auch zu verdanken, dass das Schloss vor dem Verfall bewahrt wurde. Wer war dieser Mann, der es aus einfachen Verhältnissen bis zu württembergischen Ministerehren brachte? 

Jakob Friedrich Weishaar (* 1775, † 1834)

Jakob Friedrich Weishaar wurde am 3. März 1775 in Korb im Remstal geboren. Sein Vater (Joseph, * 1741, †  1790) war Bauer und Weingärtner, von 1787 bis zu seinem Tod auch Schultheiß der kleinen Gemeinde. Die Mutter (Eva Barbara, geb. Klink, * 1741, † 1786) hatte Jakob Friedrich bereits verloren, als er elf Jahre alt war. Seine drei Geschwister starben bereits als Kinder. Von den Lateinschulen in Waiblingen und Vaihingen führte ihn sein Weg über das Gymnasium Illustre in Stuttgart und die Klosterschule Bebenhausen an die Universität Tübingen. Sein Studium der Rechtswissenschaft schloss er am 11. Januar 1798 mit dem Doktortitel ab. Ab 1798 begab er sich für zwei Jahre auf Reisen, vor allem durch Deutschland und Frankreich "und befreite sich, durch Beobachtung fremder Sitten, Begriffe und Einrichtungen von heimatlicher Einseitigkeit". Nach seinen Studienreisen ließ sich Jakob Friedrich Weishaar als Rechtsanwalt und herzoglich württembergischer Hofgerichtsadvokat in Stuttgart nieder. Ab 1802 veröffentlichte er eine Reihe von rechtswissenschaftlichen Schriften, wobei sein 'Handbuch des württembergischen Privatrechts' (3 Bände), das von 1804 bis 1808 in erster Auflage beim Verlag Johann Friedrich Cotta erschien, besondere Beachtung fand. Von 1806 bis 1811 war Weishaar Mitglied des Konsulentencollegiums in Stuttgart. In diesem Kollegium konnten sich die sogenannten Niedergerichte, die meistens nicht Juristen besetzt waren, Rechtsrat einholen.

Nach dem Sieg Napoleons über österreichische und russische Truppen in der Schlacht von Austerlitz am 2. Dezember 1805 erhielt Württemberg im Brünner Vertrag vom 12. Dezember 1805 große Teile aus dem bisherigen Vorderösterreich sowie Güter der geistlichen Ritterorden und der Reichsritter. Am 18. September 1805 wurde Württemberg ein Königreich. Herzog Friedrich II. von Württemberg erhielt zusätzlich zu seiner uneingeschränkten Souveränität von Kaiser Napoleon den Titel eines Königs. Ziel von König Friedrich I. von Württemberg war die Bildung eines straff geordneten Staatswesens mit einheitlichem Recht. Aus den Alt- und Neuwürttembergern, Hohenlohern, Ellwangern, Vorderösterreichern u.a. sollte ein württembergisches Volk geformt werden.  Dichter wie zum Beispiel Justinus Kerner ("Preisend mit viel schönen Reden ...) und Ludwig Uhland (Vaterländische Gedichte) waren an dem Versuch einer Identitätsbildung beteiligt.

 

Herzog Friedrich II. von Württemberg = König Friedrich I. (reg. 1797-1816, ab 1806 König von Württemberg)

Gemälde von Johann Baptist Seele (1774-1814) um 1806.  Landesmuseum Württemberg Inv. Nr. N

Bereits am 30. Dezember 1805 wird die bisherige ständische Verfassung von König Friedrich I. aufgehoben. Das Religionsedikt von 1806 verkündet die Gleichberechtigung der christlichen Glaubensbekenntnisse. Dadurch wird die Sonderstellung der "Neuwürttemberger" beendet, denen schon im Februar 1803 die freie Religionsausübung zugesagt worden war. Ebenfalls im Jahr 1806 kommt es auf altwürttembergischen Gebiet (Gebiet am mittleren Neckar mit den Städten Stuttgart, Ludwigsburg und Tübingen) zur Umwandlung der ständischen Steuer- und Schuldenverwaltung  in eine königliche Staatskasse. Der beträchtliche Landbesitz der evangelischen Kirche ging an den Staat. Die Einnahmen aus diesen Gütern wurden nun für öffentliche Ausgaben (Schul-, Kranken-, Wohlfahrtswesen) verwendet.  Der 'Geheime Rat', das Kernstück des altwürttembergischen Regierungssystems, wurde abgeschafft. Auch die kommunale Selbstverwaltung wird fast vollkommen beseitigt. Im Jahr 1807 verkündet der König das Auswanderungsverbot. Auf  neuwürttembergischem Gebiet wird die Freiheit der Reichsstädte aufgehoben und der Adel unter die Souveränität des Königs gezwungen.

Als nach den Niederlagen Napoleons im russischen Feldzug 1812 und in der Schlacht bei Leipzig im Jahre 1813 die französische Fremdherrschaft in Deutschland beendet war, griff Jakob Friedrich Weishaar immer häufiger in die politischen Diskussionen der Zeit ein. Er stellte sich als Abgeordneter für die Stadt Stuttgart zur Wahl und begann damit seine politische Laufbahn. Allerdings konnte er nur wenig Stimmen für sich gewinnen. Nach dem Scheitern in Stuttgart wird Jakob Friedrich Weishaar 1815 im Oberamt Kirchheim / Teck mit großer Mehrheit in die Ständeversammlung gewählt. 

Jakob Friedrich Weishaar gehörte der Gruppe der Altwürttemberger an, die eine Wiederherstellung der ständischen Verfassung und damit jener Rechte anstrebte, die König Friedrich I. von Württemberg beseitigt hatte. Der Dichter und Doktor der Jurisprudenz Ludwig Uhland, übrigens ein enger Mitstreiter Jakob Friedrich Weishaars, wollte "das Vertrauen und die Eintracht zwischen Volk und Herren" zur Grundlage des neuen württembergischen Staates machen. Weishaar hat sich an allen Diskussionen über eine neue Verfassung  beteiligt. Er galt bald als geistiger Führer der Opposition (der Altwürttemberger).

 

Ludwig Uhland (*1787, † 1862)

"Der Deutsche ehrt in allen Zeiten der Fürsten heiligen Beruf doch  liebt er, frei einherzuschreiten und aufrecht, wie ihn Gott erschuf".

"Wo je bei altem, guten Wein der Württemberger zecht, da soll der erste Trinkspruch sein, das alte, gute Recht".

Um einer vom 'Deutschen Bund' aufgenötigten 'landesständischen Verfassung' zuvorzukommen, legte König Friedrich I. im Januar 1815 dem Staatsrat seine Überlegungen zu einer gemäßigten monarchischen Verfassung für Württemberg vor. Im Anschluss daran berief er eine königliche Verfassungskommission ein, die die Grundlagen dafür erarbeiten sollte. Dazu gehörte auch die Vorbereitung der Wahl der Landstände. Am 15. März 1815 präsentierte der König dem württembergischen Landtag einen Verfassungsentwurf, in dem Gleichheit vor dem Gesetz, Religionsfreiheit, Freiheit der Auswanderung, Schutz gegen willkürliche Verhaftung und Strafe, Sicherheit des Eigentums und eine am Vermögen ausgerichtete Besteuerung vorgesehen war. Das alte Recht der Stände war fast vollständig aufgehoben. Der König beanspruchte die volle Finanz- und Steuerhoheit für sich und wollte damit ganz allein über die Abgaben bestimmen, welche die Württemberger zu leisten hatten. Mitwirkung und Mitbestimmung der Landstände war nicht vorgesehen.

Jakob Friedrich Weishaar wurde als landständischer Vertreter in das Komitee berufen, das mit einem Rechtsgutachten den Verfassungsentwurf des Königs prüfen und in Verhandlung mit den königlichen Staatsräten treten sollte. Er entwickelte in diesem Komitee die ständische Verhandlungsstrategie mit sechs Grundsätzen. Diese beinhalteten unter anderem den Minimalkonsens der Stände, ohne deren Anerkennung keine weiteren Verhandlungen möglich sein sollten. Sie enthielten auch die wesentlichen Elemente der alten Verfassung. Dazu gehörte auch die Herstellung des alten Kirchenguts (um es dem Zugriff des Königs zu entziehen), die Revision aller seit 1806 erlassener Gesetze durch eine gemeinsame Kommission (da sie sozusagen gesetzwidrig ohne die Zustimmung der Stände vom König erlassen worden waren) und die Freizügigkeit in der Auswanderung. Die Forderung nach permanenter Repräsentation der Stände durch gleichbleibende Ausschüsse war neu. Bisher berief der Herzog bzw. der König die Stände nach Gutdünken ein. Meist war das dann geschehen, wenn der König Geld von den Ständen brauchte.

Der Landtag lehnte den Verfassungsentwurf des Königs ab. Die Abgeordneten beharrten auf ihrer Forderung, am Aufbau und Gestaltung der Verfassung mitwirken zu können. Am 26. Juni 1805 verlangte das Parlament in einem Schreiben an den König die Wiedereinführung der Steuerverwaltung durch die Stände, die Wiederherstellung des altwürttembergischen Kirchenguts und die Einsetzung eines permanenten ständischen Ausschusses zur Mitsprache bei den laufenden Regierungsgeschäften.

Die 'Altwürttemberger' bestanden auf der Wiedereinführung der von König Friedrich I. aufgehobenen landesständischen Verfassung und verlangten, sie mit gewissen Abänderungen auf 'Neuwürttemberg' auszudehnen. Sie pochten auf das, was sie als ihr "altes, gutes Recht" verstanden. Dabei bezogen sie sich auf den Tübinger Vertrag von 1514. König Friedrich I. reagierte auf diese Forderungen schroff: Er befahl eine Sitzungspause des Parlaments, die 26. Juli 1815 beginnen sollte. Unter dem Druck des Parlaments und auch der Bevölkerung ließ der König ein aus 12 Personen bestehendes Komitee zu, das die Verfassung weiter beraten sollte. Neue Verhandlungen über die Verfassung scheiterten jedoch. In einem Reskript vom 5. August erklärte der König die Ständeversammlung offiziell für aufgelöst. Die Landesherren von Österreich, Preußen und Hannover, die in ihrem Land ein ähnliches Aufbegehren ihrer Parlamente befürchteten, drängten Friedrich zum Einlenken. So kam es dazu, das der Landtag am 15. Oktober 1815 'kraft königlichem Entschluss' erneut zusammentreten konnte.

Einen Monat nach der erneuten Zusammenkunft der Volksvertreter, zeigte sich König Friedrich I. bereit, den Bewohnern Altwürttembergs ihre alte Verfassung zurückzugeben und Neuwürttemberg eine neue Verfassung zu geben. Sein oberstes Ziel, für ganz Württemberg eine einheitliche Verfassung durchzusetzen, gab er jedoch nicht auf. Den Landständen bot er deshalb an, sämtliche seit dem Jahr 1806 erlassenen Gesetze gemeinsam einer gründlichen Revision zu unterziehen. Außerdem versprach er, dem Steuerbewilligungsrecht des Parlaments zuzustimmen. Trotz der Kompromissbereitschaft des Königs gab es bei den Verhandlungen zwischen den Landständen und der Regierung so gut wie keine Fortschritte.

Das alphabetische Register zu den "Verhandlungen in der Versammlung der Landstände des Königreichs Württemberg" zeigt, wie sich Jakob Friedrich Weishaar sich an allen Diskussionen über die Verfassung beteiligt hat und wie es dazu kam, dass er bald als geistiger Führer der Altwürttemberger galt. Seine Wähler waren mit der Entscheidung der Ablehnung des Verfassungsentwurfs offensichtlich einverstanden. Die Stadt Kirchheim dankte ihm 8. August 1815 mit der Übergabe der Ehrenbürgerurkunde.

König Friedrich I. starb am 30. Oktober 1816 an den Folgen einer schweren Erkältung. Bis zu seinem Tode war es zu keiner Einigung zwischen ihm und dem Landtag gekommen.

Nach dem Tode König Friedrichs I. setzte König Wilhelm I. von Württemberg (reg. 1816 - 1864) die Verhandlungen mit den Landständen fort. Sowohl der König als auch die Landstände glaubten, den Verfassungsstreit für ihre Seite entscheiden zu können. Anfang März 1817 legte Wilhelm I. einen überarbeiteten Verfassungsentwurf vor, der auf den Prüfstand der Stände kam. Jakob Friedrich Weishaar wurde - allerdings erst nach mehreren Wahlgängen - am 15. März 1817 zum provisorischen Vizepräsidenten der Ständeversammlung gewählt. Damit begann seine eigentliche politische Karriere. In vielen Diskussionen machte er den Willen der Altwürttemberger deutlich, die Verfassung als einen Vertrag zwischen Fürst und Volk zu beschließen. In dem Vertrag sollten die Rechte und Pflichten beider Teile festgelegt werden. Nach den Worten von  Ludwig Uhland war es erforderlich, "das Vertrauen und die Eintracht zwischen Volk und Herren" zur Grundlage des neuen württembergischen Staates zu machen. Die 'Neuwürttemberger' (die Bevölkerung in den 1805  zugeschlagenen Territorien) wollten sich am Kampf für den Vertrag und für das alte, gute Recht nicht beteiligen. Im März 1817 stimmten die 42 Vertreter Neuwürttembergs im Landtag für die Annahme des von König Wilhelm I. vorgelegten Verfassungsentwurfs. Man hatte keine Einwände dagegen, dass Friedrich mit den reichsgräflichen und reichsritterschaftlichen Privilegien wie zum Beispiel der speziellen Gerichtsbarkeit von Adligen, Schluss gemacht hatte. Die Fragen nach der Rechtsgrundlage der königlichen Herrschaft interessierten die Neuwürttemberger nur wenig. Eine Annäherung der Standpunkte war nicht in Sicht. Am 26. Mai 1817 stellte König Wilhelm I. ein Ultimatum, in dem er die Ständeversammlung aufforderte, sich innerhalb von acht Tagen über die Annahme des Verfassungsentwurfs zu erklären. Es war Jakob Friedrich Weishaar, der in der Sitzung vom 2. Juni 1817 die Rede gegen die Annahme des Verfassungsentwurfs hielt, da sich die Verhandlungspartner nicht in den entscheidenden Punkten einigen konnten. Der Entwurf wurde an diesem Tag mit 67 gegen 42 Stimmen vom Landtag zurückgewiesen. Zwei Tage später, am 4. Juni 1817 baten insgesamt 35 Mitglieder des Landtags, unter ihnen Weishaar, den König um die Wiederherstellung der alten Verfassung für das Erbland (Altwürttemberg). Am 5. Juni löste Wilhelm I. die Ständeversammlung auf. Von Juni 1817 bis Januar 1819 regierte der König ohne Landstände de jure absolutistisch. In dieser Zeit reorganisierte er die Staatsverwaltung. Die Leibeigenschaft wurde aufgehoben, die grundherrlichen Abgaben erleichtert und die Auswanderungsfreiheit wieder hergestellt. Gleichzeitig suchte er - allerdings erfolglos - nach einer Lösung der Verfassungsfrage auf Bundesebene. Nach Meinung von Fürst Metternich verstießen Verfassungsverträge gegen das monarchische Prinzip.

 

König Wilhelm I.  von Württemberg  (*1781, reg. 1816-1864)

Gemälde von Nicaise de Keyser (1813-1887) im Jahr 1848. Privatbesitz. Ausstellungskatalog: Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2006.

Ende 1818 verkündete König Wilhelm seine Absicht, die Staatsreformen in naher Zukunft durch eine Ständeversammlung bestätigen zu lassen. Die vorbereitende Kommission traf sich im Februar 1819. Ihre ersten Ergebnisse im April 1819 ließ der König durch geheime Gutachten überprüfen. Auch Jakob Friedrich Weishaar, der seit 1818 in der Verfassungsfrage einen Kompromisskurs ansteuerte, wurde unter dem Siegel der Verschwiegenheit ebenfalls vom König um eine Stellungnahme gebeten. Auf der Ständeversammlung am 13. Juli 1819 erfolgte der entscheidende Durchbruch zugunsten des von Weishaar maßgeblich mitgestalteten Verfassungsentwurfs.  Die Furcht vor einer oktroyierten Verfassung hatte die Bereitschaft der  in Ludwigsburg tagenden Versammlung zu einer Einigung mit der Regierung gesteigert. Auch König Wilhelm I. bei den Volksrechten und der Repräsentation der Bevölkerung weitgehende Zugeständnisse. Schließlich kam es zu einem zwischen Regierung und Ständen geschlossenen Vertrag. Am 23. September 1819 wurde die neue Verfassung im Ludwigsburger Schloss bestätigt. Die württembergische Verfassung von 1819 war kein "Gnadengeschenk" des Monarchen. Vielmehr hatten königliche Regierung und  Landtag einen Verfassungsvertrag ausgehandelt, der einen Kompromiss zwischen altständischen Traditionen und den Grundsätzen einer modernen konstitutionellen Monarchie darstellte.

Wesentliche Elemente dieser Verfassung sind:

  • Die Verfassung setzte die konstitutionelle Monarchie für Württemberg, wonach die Staatsgewalt in der Hand des Fürsten liegt, die  Landstände aber deren Ausübung in bestimmten Fällen - wie zum Beispiel bei der Festlegung des Staatsbudgets - beschränken können.  Die Verfassung von 1819 bedeutete das Ende des Absolutismus in Württemberg. Hervorzuheben ist, dass der König die Verfassung nicht - wie andere deutsche Dynasten - einseitig oktroyierte, sondern als Vertrag mit den Landständen vereinbarte.

  • Erste Kammer: Prinzen des königlichen Hauses, Vertreter des Hochadels, vom König ernannte Mitglieder auch bürgerlicher Herkunft. Außerdem Vertreter der Kirchen, des Handels und der Industrie, der Landwirtschaft und des Handwerks.

  • Kammer der Abgeordneten: In dieser 'Zweiten Kammer' hatten auch nicht gewählte Abgeordnete Sitz und Stimme. Neben den 13 Vertretern des ritterschaftlichen Adels, saßen dort auch die Repräsentanten der Kirchen (6 evangelische Prälaten, 3 Vertreter der katholischen Kirche) und der Kanzler der Universität Tübingen. Die weiteren 70 Sitze wurden von Volksvertretern eingenommen, die in den sieben so genannten "guten Städten" ("gut" bezieht sich auf die Größe einer Stadt!) und in den 63 Oberamtsbezirken indirekt gewählt wurden. Das passive Wahlrecht war nicht an Vermögen oder Besitz gebunden. Wer direkte Steuern zahlte, konnte Wahlmänner wählen, die dann die Abgeordneten bestimmten. Die Abgabenpflichtigen, die ein hohes Steueraufkommen hatten, stellten zwei Drittel der Wahlmänner. Die weniger bedeutenden Steuerzahler wählten das übrige Drittel der Wahlmänner, deren Stimmenmehrheit ein Kandidat auf sich vereinen musste.

  • Rechte der Stände: Zustimmung zu allen Gesetzen und zur Erhebung von Steuern, Beratung des Staatshaushalts. Beiden Kammern war das Recht zu Gesetzesinitiativen verwehrt, der König bestimmte weiterhin die politische Richtung. Die Monarchie blieb in ihrer Machtvollkommenheit unangetastet.

  • Auswanderungsfreiheit, Pressefreiheit.

  • Bekenntnis zur kommunalen Selbstverwaltung

In der neu gewählten Zweiten Kammer, der Kammer der Abgeordneten, wurde Jakob Friedrich Weishaar Präsident, ein Amt das er bis 1831 ausübte und dafür 1830 mit dem "Kommenthur-Kreuz des Kronordens" ausgezeichnet wurde. Den Plänen Weishaars, "sich in der Abgeschiedenheit seines Landgutes Köngen der schriftstellerischen und gelehrten Arbeit nachzugehen", machte der König schon bald einen Strich durch die Rechnung. Er ernannte ihn am 3. April 1832 zum Minister des Innern und des Kirchen- und Schulwesens. Die politischen Widerstände und seine angegriffene Gesundheit zwangen ihn jedoch, um seine Entlassung zu bitten, die ihm der König am 10. August 1832 auch gewährte. Jakob Friedrich Weishaar zog sich nun endgültig auf sein Köngener Gut zurück.

Bereits am 22. Mai 1823 hatte Weishaar in Köngen einen Meiereihof mit Teilen des Schlossguts erworben. 1825 kaufte er von der königlichen Hofdomänenkammer das Schloss mit seinem restlichen Grundbesitz. Entgegen seinem ursprünglichen Plan, das in zwei Besitzhälften geteilte Schloss vollständig abreißen zu lassen, entschloss er sich, einen Teil des Schlosses zu retten und für seine Zwecke umzubauen. Das Ergebnis der damaligen Veränderungen entspricht der heute noch sichtbaren Form.

Einen großen Aufwand betrieb Jakob Friedrich Weishaar beim Anlegen der Zier- und Nutzgärten. Mehrere hundert Rosen, Beerensträucher, Obstbäume und sonstige "Pflanzen aus der exotischen Pflanzschule Hohenheim" wurden in der Gartenanlage eingepflanzt.

Weishaar brachte einen 'Hauch von Welt" nach Köngen. Führende Maler seiner Zeit, wie Philipp Friedrich Hetsch und Eberhard Wächter, gingen in seinem Hause ein und aus und hinterließen zahlreiche Bilder von ihren Aufenthalten. Bedeutende Männer aus Dichtung, Wissenschaft und Politik, unter ihnen Gustav Schwab, gehörten zu seinen Freunden.

  Gustav Schwab (*1792, † 1850), deutscher Pfarrer, Lehrer, Schriftsteller und Herausgeber.

Porträt von Karl Leybold, 1825. Quelle: Deutsches Literaturarchiv Marbach a.N.


Werke Gustav Schwabs: Sagen des klassischen Altertums, Das Buch der schönsten Geschichten und Sagen u. a.


Anfang September 1834 befiel Jakob Friedrich Weishaar eine fiebrige Magen-Darm-Erkrankung, der er am 19. September, 59jährig, erlag.


Literaturhinweise


 

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Stand: 15.06.2019                                                 Copyright © 2019 Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V.                                                  Autor: Dieter Griesshaber

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