Schwaben  1250 - 1400

 

 

 

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Württemberg im Späten Mittelalter (1250 - 1400)

Württemberg vom Späten Mittelalter bis zur Reformation (1400 - 1520)

Württemberg von der Reformation bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1520 - 1618)

Württemberg in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648)

Württemberg in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648)

Württemberg in der Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts (1648 - 1750)

Württemberg von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation (1750 - 1806)

Württemberg in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (1806 - 1850)

Württemberg von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gründung des Deutschen Reiches (150-1871)

Württemberg als Bundesstaat des Deutschen Reiches

Württemberg in der Zeit der Weimarer Republik

 

 

 

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Das Land Schwaben im Späten Mittelalter (1250 - 1400)


Deutschland im Späten Mittelalter     Köngen im Späten Mittelalter (exemplarisch für ein Dorf)     Literaturhinweise


  • Die Position des deutschen Königs in Schwaben
 
  • Das Herzogtum Schwaben  wurde nach dem Tod des letzten Herzogs des Geschlechts der Staufer - Konradin - im Jahre 1268 nicht erneuert. Die weltlichen und geistlichen Herren unterstanden jetzt ebenso wie die Städte unmittelbar dem Reich.

  • Das Herzogtum Schwaben umfasste unter den Staufern nicht nur Herrschaftsbereiche im späteren Südwesten, sondern auch in der Schweiz, in Oberitalien und im heutigen Bayern. Allerdings handelte es sich nicht um einen geschlossenen Flächenstaat im modernen Sinne.

  • Ein deutscher König hätte die Verpflichtung gehabt, Schwaben als erledigtes Reichslehen neu zu besetzen. In der Zeit des 'Interregnums' - der königslosen Zeit -, die von 1256 bis 1273 andauerte, konnten sich weder Richard von Cornwall noch Alfons X. von Kastilien durchsetzen. Die schon in der späten Stauferzeit gesunkene Königsmacht verfiel weiter. So kam es auch in Schwaben  zur Zersplitterung von Macht und Territorien

  • Die gesunkene Königsmacht und das Fehlen der Herzogsgewalt in Schwaben ermöglichte es auch dem niedrigen Adel und den Ministerialen (nichtadelige Gefolgsleute von Adelsfamilien) eigene staatliche Gebilde zu errichten. Typisch für Oberschwaben war es, dass viele geistliche Herrschaften zu Landesherren wurden.

  • Nach dem Niedergang des Herzogtums als Institution, existierte 'Schwaben' als Land fort. Die von den Staufern geprägte Verwaltungsstruktur blieb erhalten. Das Land 'Schwaben' erstreckte sich nun vom Bodensee / Hochrhein bis zum unteren Neckar und nach Franken hinein. Sowohl die Gebiete südlich des Rheins als auch der Breisgau und das Elsass gehörten landschaftlich nicht mehr dazu.

 
  • Nach dem Ende des Interregnums im Jahre 1273 versuchte König Rudolf von Habsburg (1273 - 1291), den Reichsbesitz zu sichern und wiederherzustellen. Für die Verwaltung des Reichsguts richtete er Landvogteien ein, so in Schwaben neben Augsburg die von Oberschwaben und Niederschwaben. Rudolf (und später sein Sohn Albrecht) waren bestrebt, das Herzogtum Schwaben neu zu errichten und in ihren Hausbesitz einzugliedern. Bei seinem Versuch, verlorene Rechte und Besitzungen des Reichs wiederzuerlangen, bediente sich der König auch der Unterstützung der Reichsstädte.

 

Rudolf I. von Habsburg, deutscher König von 1273 bis 1291, (* 1218, † 1291)

Grabplatte im Dom von Speyer (Ausschnitt)

  • Während der Herrschaft der Staufer war das Hausgut der Königsfamilie eng mit dem Besitz des Reichs verbunden. Durch die Einrichtung von Landvogteien wollte Rudolf I. das Reichsgut nun getrennt vom Hausbesitz verwalten. Rudolf I. und auch seinen Nachfolgern war es daran gelegen, ihre Hausmacht zu stärken; zu einer Vermehrung des Reichsguts kam es daher nicht mehr.

  • Die Position des Königs (Kaisers) war ein Grundproblem des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation: Nicht die Krone garantierte seine Autorität, sondern er war auf die Stärke seiner eigenen Hausmacht angewiesen. Im Falle des Hauses Habsburg verlagerte sich diese Hausmacht an den Rand und jenseits der Grenzen des Reiches. Als Landesherr seiner österreichischen und böhmischen Erblande verfolgte der König (Kaiser) dieselben Ziele wie die anderen Fürsten Europas: Stärkung der Kriegsmacht, Zentralisierung der Verwaltung, Abrundung des eigenen Territoriums.

  • Der Versuch König Rudolfs I., zur Sicherung der habsburgischen Hausmacht im deutschen Südwesten das Herzogtum Schwaben wiederherzustellen, scheiterte am Widerstand der Grafen von Württemberg (siehe unten). Herzog Rudolf IV. von Österreich, der nach der Mitte des 14. Jahrhunderts als Landvogt in Schwaben wirkte, musste auf Einspruch Kaiser Karls IV. seine Ambitionen auf die schwäbische Herzogwürde aufgeben. 1490 verweigerte Kaiser Friedrich III. dem habsburgischen Herzog Sigmund von Tirol die Herzogswürde, da zu befürchten stand, dass sich die schwäbischen Stände dem Reich entfremden.

  • Machtzentren in Schwaben
 
  • Vorderösterreich im Besitz des Habsburger Herrschergeschlechts
 
  • Mit 'Vorderösterreich' bezeichnet man die Gesamtheit der habsburgischen Besitzungen westlich des Arlbergs und des Fernpasses unter Einbeziehung der schweizerischen, schwäbischen und elsässischen Herrschaften. Zum ursprünglichen Hausbesitz (im Elsass, Sundgau und in der Nordschweiz) kamen später Erwerbungen im Breisgau und in Schwaben dazu (zum Beispiel 1368 Freiburg i. Br.).  Den Zugewinnen standen Verluste im Gebiet der Eidgenossen gegenüber. Die eigentlichen Besitzschwerpunkte der Habsburger lagen im Südosten des deutschen Reiches, in Österreich und in Böhmen.

 
  • Durch die Erwerbung Tirols in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde eine Verbindung Vorderösterreichs mit den östlichen Ländern der Habsburger hergestellt. Leopold von Österreich kaufte 1381 die Grafschaft Hohenberg mit Rottenburg am Neckar.

 
  • Grafschaften
 
  • Die Grafen von Württemberg hatten am mittleren Neckar umfangreichen Güterbesitz erworben. Neben ihnen behaupteten sich in Schwaben die Grafen von Hohenberg, die Grafen von Zollern und die Grafen von Helfenstein. Andere Geschlechter starben aus oder verarmten, wie zum Beispiel die Grafen von Calw und die Herzöge von Teck.

 
  • Der erste Vertreter des Geschlechts der Württemberger, von dem wir Kenntnis haben, Konrad von Wirtenberc, erscheint urkundlich um 1080. Bei den Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Heinrich IV. und dem Papst stand er auf der päpstlichen Seite. Die Nachkommen Konrads sind Anhänger des Geschlechts der Hohenstaufer. Im 12. Jahrhundert sind sie im Besitz einer Grafschaft, die an der Grenze von Schwaben und Franken verlief.

 
  • Graf Ulrich I. der Stifter (reg. 1241 - 1265), ein Gegner der Hohenstaufer, vergrößerte seine Herrschaft, indem er sowohl Reichsgut in Besitz nahm als auch sein Land durch Zukauf vergrößerte. Seinen späteren Beinamen "der Stifter" erhielt er als Neubegründer des Chorherrenstifts in Beutelsbach. Um 1247 erwarb er durch Heirat die von den badischen Markgrafen gegründete  Stadt Stuttgart. Sein zweiter Sohn, Eberhard I. der Erlauchte (reg. 1265 - 1325) wehrte sich vehement gegen das Bemühen König Rudolfs von Habsburg, das ehemalige Reichsgut wieder herzustellen und das Herzogtum Schwaben neu zu errichten. Wie auch andere Grafen sah er durch Rudolf die Selbständigkeit der Herrschaft bedroht. Im Jahr 1286 belagerte der König die Stadt Stuttgart. Trotz der militärischen Niederlage konnte Eberhard I. sein Land behaupten.

 

Der Sohn Rudolfs, König Albrecht I. von Österreich (1298 - 1308) ernennt Graf Eberhard I. von Württemberg trotz seines Widerstands gegen ihn im Jahr 1298 zum Reichslandvogt von Niederschwaben, also zum Wahrer der Reichsrechte in den dortigen Reichsstädten und sonstigen Reichsgütern. Mit jeder Landvogtei war ein königliches Landgericht für die Reichsbesitzungen und die Reichsleute verbunden. Trotz seiner Ernennung zum Reichslandvogt strebte Graf Eberhard I. weiter danach, seine entstehende Landesherrschaft Württemberg auch auf Kosten des Reichs zu vergrößern.

   
 
  • Die Stadt Stuttgart befand sich seit der Mitte des 13. Jahrhunderts im Besitz der württembergischen Grafen und löste im frühen 14. Jahrhundert die Stammburg Württemberg als Sitz der Grafen ab. Eberhard I. veranlasste hier den Neubau der alten Wasserburg, des heutigen 'Alten Schlosses'. Die Errichtung der Stiftskirche löste Beutelsbach als Ort der dynastischen Grablege ab.

 
  • Die Politik Eberhards I. von Württemberg wurde von seinem Sohn, dem Grafen Ulrich III. ( reg. 1325 - 1344) und seinem Enkel Eberhard II. dem Greiner († 1392) fortgesetzt.
 
  • Unter Graf Ulrich III. erwarb Württemberg die Reichsstadt Markgröningen mit dem Lehen der Reichssturmfahne. Außerdem kaufte er die elsässische Herrschaft Horburg-Reichenweiher. Die Ausdehnung seines Gebiets nach Osten und Norden war ihm durch die großen Reichsstädte und die Kurpfalz verwehrt.

 
  • Graf Eberhard II. der Greiner (reg. 1344 - 1392) hat, obwohl in zahlreiche Händel verstrickt, seine Gebietserwerbungen friedlich, durch Kauf, erlangt - hauptsächlich dank der Mitgift seiner Frau, einer Gräfin von Pfirt aus dem Sundgau. Die ersten 18 Jahre teilte Eberhard II. die Regierungsgewalt nominell mit seinem jüngeren Bruder Ulrich, der eine Spur in der Landesgeschichte dadurch hinterließ, dass er im Jahr 1361 der von Eberhard geforderten Neufassung des Hausgesetzes zustimmte, wonach eine Landesteilung künftig ausgeschlossen werden sollte.

 
  • Im Gegensatz zu vielen anderen Herrschaften im deutschen Südwesten blieb  Württemberg von der wirtschaftlichen Krise im 14. Jahrhundert weitgehend verschont. Die Grafschaft profitierte von seiner geographischen Lage als Durchgangsland des europäischen Handels. Der Anbau von Wein sorgte für eine zusätzliche Einnahmequelle.

 
  • Die Missernten nach 1310 und der durch die Pest verursachte Bevölkerungsrückgang (ab 1343) sorgten in vielen Territorien dafür, dass die Produktion von Brotgetreide abnahm und damit die Haupteinnahmequelle der feudalen Herrschaften versiegte. Ein Teil der ländlichen Bevölkerung wanderte in die Städte ab. Bei vielen Herrschaftshäusern kommt es zu wirtschaftlichen Krisen (Grafen von Tübingen, Grafen von Hohenberg, Grafen von Aichelberg u. a.)

  • Von 1311 bis 1313 fielen die Winter sehr kalt und die Sommer sehr nass aus. Es entstand ein Mangel an allen Ernteerzeugnissen. Die Preise stiegen drastisch an. In den beiden folgenden Jahren nahm die Nahrungsknappheit noch zu. Erst in den Jahren 1318 und 1319 gab es wieder ertragreiche Ernten, die zu einer Senkung der Getreidepreise führten. Nach dieser kurzen Phase der Entspannung folgten von 1320 bis 1327 weitere unfruchtbare Jahre.

  • Die Grafen von Hohenberg, die noch im 13. Jahrhundert zu den bedeutendsten Familien im südwestdeutschen Raum gehörten, gerieten durch zurückgehende Einnahmen aus der Landwirtschaft, wiederholte Erbteilungen, Abfindungen von Erbtöchtern und den Aufwand für ihre Hofhaltung im 14. Jahrhundert zusehends in eine wirtschaftliche Notlage. 1363 musste ein Teil des Besitzes an Graf Eberhard (den Greiner) von Württemberg verkauft werden. Eine weitere große Veräußerung von Territorialbesitz erfolgte 1381 an Herzog Leopold III. von Österreich.

  • Sowohl das Haus Habsburg als auch die Grafschaft Württemberg profitierten von der wirtschaftlichen Notlage kleinerer Herrschaften, indem sie aus militärisch-strategischen oder auch nur aus finanziellen Gründen zusätzliche Territorien kauften. Allgemein kann man von einem Trend zu Großterritorien sprechen.

 

Vielfach hatten die Untertanen der kleineren Herrschaften das Gefühl, nicht mehr ausreichenden militärischen Schutz zu erhalten. Deshalb unterstützten sie die größeren Territorien beim Kauf ihrer bisherigen Herrschaft mit finanziellen Mitteln. Auch Klöster waren dazu bereit.

   
 
  • Der Enkel Eberhards II., Eberhard III., der Milde (Sohn des bei den kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Städtebund 1388 bei Döffingen gefallenen Grafen Ulrichs) regiert von 1392 bis 1417. 1405 schließt er mit Fürsten und Städten den 'Marbacher Bund', um einer Dominanz des 'Reichsregiments' unter Ruprecht von der Pfalz entgegenzuwirken.

 

Graf Eberhard III. (der Milde) von Württemberg (*1364, †1417), reg.1392 - 1417 bei einer Versammlung mit seinen Räten.

Um 1540 angefertigte Kopie eines um 1540 entstandenen Tafelbilds (Ölbild auf Holz).

 

Württembergisches Landesmuseum, Stuttgart. Foto: Detlef Rothfuß

 

1 Graf Eberhard III. (der Milde) - ohne Wappen -, im Uhrzeigersinn rechts:, 2 Bischof von Augsburg, 3 Herzog von Teck, 4 Abt von Ellwangen, 5 Graf Friedrich von Helfenstein, 6 Graf Eberhard von Nellenburg, 7 Graf Rudolf von Sulz. 8 Graf Eberhard von Werdenberg, 9 Graf Rudolf von Sulz (2x), 10 Graf Bernhard von Eberstein, 11 Graf Heinrich von Löwenstein, 12 Junker Brun von Lupfen, 13 Herr Jörg von Rechberg, 14 Herr Schwicker von Gundelfingen, 15 Herr Albrecht von Rechberg, 16 Caspar von Klingenberg, 17 Hanß Speth, 18 Herr Wernher Nothaft, 19 Ulrich von Stein, 20 Dipolt Speth, 21 Herr Hans von Giltlingen, 22  Hans Sturmfeder, 23 Albrecht von Giltlingen, 24  Jörg von Zimmern, 25 Bastian von Giltlingen, 26 Friederich von Sperberseck, 27 Herr Friederich Sturmfeder, 28 Herr Hans Thum(b) von Nüburg, 29 Herr Cunrad von Stammheim, 30 Herr Hans von Freyberg, 31 Herr Ulrich Speth, 32 Herr Jörg von Wöllwarth, 33  Herr Syfrid von Zulnhart, 34  Herr Hans von Bodmann, 35 Herr Heinrich von Gundelfingen, 36 Herr Heinrich von Rechberg, 37 Herr Stefan von Gundelfingen, 38 Herr Gebhart von Rechberg, 39 Herr Hans von Zimmern, 40  Junker Walter von Geroldseck, 41 Graf Heinrich von Fürstenberg, 42 Graf Friedrich von Hohenberg, 43 Graf von Hohenlohe, 44 Graf Friederich von Kirchberg, 45 Graf Fritz von Zollern, 46 Markgraf Hess (v. Hochberg), 47 Graf Friedrich von Öttingen, 48  Herzog von Ursingen, 49 Bischof von Konstanz.

Zusammenstellung der Namen: Detlef Rothfuß, Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V.

 
    Die Grafschaft Württemberg um 1400

Übersichtskarte der Grafschaft Württemberg mit den Residenzen
Stuttgart und Urach.

Quelle: Landesarchiv Stuttgart, Entwurf: P. Rückert nach einer Vorlage von E. Blessing
im Historischen Atlas von Baden-Württemberg
 
 
  • Die Grafschaft der Württemberger war in Verwaltungsbezirke ("Ämter") eingeteilt, die jeweils einem Vogt unterstellt waren. Innerhalb seines Bezirks hatte der Vogt die 'hohe Gerichtsbarkeit'. Die 'niedere Gerichtsbarkeit' blieb den Dorfgerichten unter dem Vorsitz des Schultheißen überlassen.

 
  • Reichsstädte
 
  • Die Reichsstädte waren im 12. und 13. Jahrhundert zumeist aus den Stadtgründungen der Staufer entstanden. Sie unterstanden keinem Reichsfürsten, sondern direkt dem Kaiser. Aus dem Status der 'Reichsunmittelbarkeit' ergaben sich eine Reihe von Freiheiten und Privilegien.

  • In Schwaben, neben Thüringen und dem Elsass eine Hochburg der Staufer, war die Anzahl der Reichsstädte sehr groß. Neben damals großen Städten wie Ulm, Schwäbisch Hall, Heilbronn und Esslingen konnten auch relativ kleine Landstädte den Status einer Reichsstadt erwerben.

  • Um 1300 entfalteten die Reichstädte eine große politische, soziale und ökonomische Dynamik und emanzipierten sich dabei auch zunehmend von dem königlichen Stadtherrn. Sichtbares Zeichen dieses Prozesses war die Ausprägung von Elementen der kommunalen Selbstverwaltung. In der Reichsstadt Esslingen gab es bereits im Jahr 1286 einen Rat und einen gewählten Bürgermeister.

 
  • Die Reichsstädte in Schwaben sahen vor allem in den Grafen von Württemberg eine Bedrohung ihrer Unabhängigkeit.

 
  • Von besonderer Bedeutung für die Reichsstädte war auch das direkte Eingreifen des Kaisers in ihre inneren Angelegenheiten. In einigen Reichsstädten, wie zum Beispiel in Ulm, kam es zu einer fast ständigen Beaufsichtigung der Innenpolitik.

Daneben lebten die Reichsstädte ständig in der Sorge, vom König (Kaiser) an die Landesherren verpfändet zu werden. Außerdem befürchteten sie, durch die Landvogtei in ein Abhängigkeitsverhältnis zu geraten.

 
  • Zur besseren Wahrung ihrer Unabhängigkeit (bzw. Schutz der Reichsfreiheit) schlossen sich 1376 dreizehn oberschwäbische Reichsstädte sowie Reutlingen zum 'Schwäbischen Städtebund' zusammen. Bereits im Jahr 1379 umfasste der Bund 34 Städte.

  • Um die Wahl seines Sohnes Wenzels zum römisch-deutschen König schon zu seinen Lebzeiten durchzusetzen, hatte Kaiser Karl IV.  (1346 - 1378) große finanzielle und territoriale Zugeständnisse an die Kurfürsten und andere Großen des Reiches gemacht. Um seine Ausgaben durch vermehrte Einnahmen auszugleichen, stellte er hohe Geldforderungen an die Städte, die in Württemberg durch den Grafen Eberhard II. (den Greiner) eingetrieben werden sollten.

  Karl IV. (* 1316, † 1378), 1346 römisch-deutscher König (Gegenkönig), ab 1347 König von Böhmen als Karl I., 1349 römischer König, ab 1355 König von Italien und Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, ab 1365 König von Burgund.

  • Neben der höheren Abgabelast hatten die Reichsstädte zu befürchten, vom Kaiser in seine 'Verhandlungsmasse' einbezogen, d.h., verpfändet zu werden. Einen solchen Präzedenzfall hatte es mit der Stadt Donauwörth gegeben. Zur gemeinsamen Verteidigung ihrer Rechte und Privilegien schlossen sich die Städte unter Führung der Stadt Ulm zusammen. Es war das erste Bündnis der Städte, das unmittelbar gegen den Kaiser gerichtet war.

Der Schutz der Reichsstädte durch den Kaiser hat sich immer wieder als unsicher erwiesen. Die Preisgabe Donauwörths an den Herzog von Bayern stand als Menetekel der ständigen Bedrohung reichsstädtischer Freiheit im Bewusstsein.

 
  • 1381 kommt es zu einem Bündnis zwischen dem schwäbischen und dem rheinischen Städtebund.
 
  • Ritterschaften
 
  • Während des Investiturstreits, der 1122 mit dem Wormser Konkordat endete, erlitt die Königsgewalt einen starken Einbruch, während sich der Adel den lang erwünschten Freiraum verschaffen konnte, dessen Ausdruck der selbständige Bau einer Burg war. Die ersten Höhenburgen wurden von Grafen oder grafengleichen Hochadligen erbaut. Im 13. Jahrhundert entschloss sich auch die mittlere Adelsschicht zum Bau einer Burg. Mit dem Burgbau forderte ein Adliger die Königs- und Herzogsgewalt heraus, welche bisher die Befestigungshoheit innehatte, und machte seinen Machtanspruch deutlich. Trotz der Aufsplitterung in zahlreiche Herrschaftsträger brachte diese Entwicklung eine Blüte des Adels hervor. Kultivierte Lebenshaltung und ritterlicher Tugend- und Ehrenkodex zeichnen das staufische Rittertum aus.

Der Burgherr nutzte die natürlichen Gegebenheiten der Schwäbischen Alb und baute die Burg auf einem der freistehenden Berggipfel (Hohenstaufen, Limburg, Teck, Hohenneuffen, Hohenurach, Achalm), am Rande eines Tals (Reußenstein, Lichtenstein) oder am äußersten Ende eines Bergvorsprungs (Rosenstein, Hohenrechberg, Staufeneck, Ramsberg, Wielandstein).

  • Gegensatz zu den Landesherren (Grafschaften), die bestrebt waren, die innerhalb ihrer Gebiete herrschenden Ritter ihren Territorien einzugliedern. Ebenso bedrohlich wurde den Rittern die Macht der Städte.

 
  • Kampf um Reichsunmittelbarkeit

 
  • Ab 1376 Gründung von Rittergesellschaften (z.B. 1393 Gründung des 'Bund der Schlegler'). Die bedeutendste Rittervereinigung in Schwaben wurde die 'St. Georgsgesellschaft'. .

  • Kriegerische Auseinandersetzungen in Schwaben

  • Reich gegen Territorialherren (Grafen)

  • 1286 und 1287: Graf Eberhard I. (der Erlauchte) von Württemberg als Anführer der schwäbischen Grafen unterliegt König Rudolf I. von Habsburg. Bedingt durch den raschen Wechsel der Wahlkönige nach Rudolfs Tod (1291) können sich die Grafen behaupten.

In dieser Zeit tritt Stuttgart in das Licht der Geschichte. Urkunden belegen, dass sich Eberhard im September 1286 vor den anrückenden Truppen König Rudolfs in das befestigte Stuttgart zurückzog, weil dieses "einer größeren Zahl der Seinen Zuflucht bot und leichter zu verteidigen war als eine freistehende Burg". Sieben Wochen lang versuchte der König vergeblich von der noch heute 'Wagenburg' genannten Anhöhe aus die Stadt zu erobern. Erst mit Unterstützung von Truppen des Erzbischofs von Mainz gelang ihm die Eroberung der Stadt.

  • 1310 bis 1316: Reichskrieg gegen Graf Eberhard I. von Württemberg. Als König Albrecht 1308 ermordet wurde, "erbte" sein Nachfolger, Kaiser Heinrich VII. (reg. 1308 - 1313), aus dem Hause der Luxemburger den Konflikt mit dem renitenten württembergischen Grafen. Er entzieht Eberhard I. die Landvogtei. Außerdem verliert der Graf fast sein ganzes Land an den neuen Landvogt Konrad von Weinsberg und an die Reichsstädte. Der Tod des Kaisers Heinrich VII. im Jahr 1313 und die darauf folgende Doppelwahl Ludwigs von Bayern (1314 - 1347) und Friedrichs (des Schönen) von Österreich (1314 - 1330) machte es Eberhard möglich, seine Grafschaft wieder zu gewinnen.

  • Im Jahr 1310 hatte Kaiser Heinrich VII. die Reichsstädte Esslingen, Heilbronn, Wimpfen, Ulm und Nördlingen beauftragt, den Krieg gegen den Grafen Eberhard I. zu eröffnen. Er befreite dafür die Städte für sieben Jahre von allen Zöllen, Abgaben und Diensten an das Reich. Den Wimpfener Reichslandvogt Konrad von Weinsberg berief er zum Führer des Koalitionsheers.

  • In den Kämpfen des Grafen Eberhard I. mit den Reichsstädten wurden mehrere seiner Burgen (Wirtenberg, Weißenburg u. a.) zerstört. Auch die Begräbnisstätte seines Geschlechts im Chorherrenstift Beutelsbach wurde zertrümmert. Für fünf Jahre (1311 - 1315) ging Stuttgart in den Besitz der Reichsstadt Esslingen über. 1321 wurde die Grablege der Grafen von Württemberg von Beutelsbach nach Stuttgart verlegt.

Der Krieg vollzog sich nicht in großen Feldschlachten, sondern überwiegend in Form von Verwüstungen und Belagerungen. Im Frühjahr 1312 geriet Graf Eberhard I. in die Defensive und musste in das damals badische Besigheim fliehen. Im Juli und August 1312 unterwarfen sich sechs Städte der Reichsstadt Esslingen: Stuttgart, Neuffen, Schorndorf, Leonberg, Backnang und Waiblingen. In die Rechte des Grafen von Württemberg als ehemaligem Stadtherrn sollte nun jeweils die Stadt Esslingen eintreten. Esslingen sah sich bereits als Mittelpunkt eines ausgedehnten Reichslands am mittleren Neckar. Mit dem Tod Kaiser Heinrich VII. brach die zuvor so erfolgreiche Koalition gegen Graf Eberhard I. von Württemberg zusammen. Der württembergische Graf erhielt "seine" Städte von den Esslingern zurück. Zwei Urkunden vom Dezember 1316 belegen den Frieden zwischen der Stadt Esslingen und Graf Eberhard I. von Württemberg.

 
  • Reich und Territorialherren gegen Städtebund

  • 1376 forderte Kaiser Karl IV. die Reichsstädte auf, höhere Steuern zu zahlen. Mit der Eintreibung wurde Graf Eberhard II. (der Greiner) von Württemberg beauftragt. Als kaiserliche Truppen noch im Jahr 1376 die Stadt Ulm belagerten, mussten sie erfolglos wieder abziehen. Allerdings folgte ein zweijähriger Kriegszustand zwischen dem Kaiser und dem 'Schwäbischen Städtebund'.

Am 14. Mai 1377 erlitt Graf Ulrich von Württemberg, der Sohn des Greiners, vor den Toren Reutlingens eine Niederlage gegen den Städtebund.

  • Unter Vermittlung König Wenzels von Böhmen (1378 - 1400) erreichte der Städtebund 1378 einen Frieden. Eberhard II. von Württemberg musste auf die niederschwäbische Landvogtei verzichten.

König Wenzel hatte 1378 die Herrschaft über das römisch-deutsche Reich angetreten. Erst nach jahrelangen schweren Konflikten mit Fürsten und Städtebünden konnte er einen allgemeinen Landfrieden durchsetzen.

  • 1388: Niederlage des Städtebundes bei Döffingen (in der Nähe von Weil der Stadt) gegen Eberhard II. den Greiner. Der Sohn des Greiners, Graf Ulrich, fällt in der Schlacht. Der Sieg des Greiners über den Schwäbischen Städtebund sicherte nicht nur den Bestand Württembergs, sondern auch die politische Zukunft des vordringenden Territorialstaates in Südwestdeutschland.

Der schwäbische Dichter Ludwig Uhland (1787 - 1862) hat Graf Eberhard den Greiner  in seinen Romanzen, die im 19. Jahrhundert zur Pflichtlektüre an den württembergischen Schulen gehörten, als gewaltigen Kriegshelden beschrieben. So berichtet er mit viel Sinn für dramatische Wirkung in Versform  von den Schlachten bei Reutlingen und Döffingen. 

  • 1389: Im Landfrieden von Eger mussten die Städte ihre Bündnisse auflösen. Ihren Zweck, die Unabhängigkeit gegen König und Landesherren zu erhalten, hatten sie jedoch erreicht. Die Versuche, sie zu verpfänden, hörten auf.

Die Reichsstädte brachten die Rechte, die das Reich noch in ihrem Stadtgebiet hatte, an sich. Damit wurden die Landvogteien in Schwaben bedeutungslos. Das Reichsgut löste sich in einzelne kleine Staatswesen auf.

 
  • Territorialherren  gegen die Ritterschaften

  • 1395: Niederlage des 'Bundes der Schlegler' in Heimsheim.

Ludwig Uhland hat in seiner Romanze 'Die drei Könige zu Heimsen' die Gefangennahme der Schlegler beschrieben. Im Namen des siegenden Territorialherren hat er sich jedoch geirrt: Es war nicht Graf Eberhard der Greiner sondern dessen Enkel Eberhard III., der Milde.

  • Den Grafen von Württemberg gelingt es nicht, die Ritter unter ihre Oberhoheit zu bringen (1422 wird die Reichsritterschaft von Kaiser Sigismund förmlich als Stand anerkannt).


Literaturhinweise


Bauer, Ernst W. / Jooß, Rainer, Schleuning, H. (Hrsg.)

Unser Land Baden-Württemberg. Theiss-Verlag 1986.

Bölcke, Willi A.

Handbuch Baden-Württemberg. Politik, Wirtschaft, Kultur von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Kohlhammer-Verlag 1982

Borst, Otto

Geschichte und Gestalt eines Landes. Stadler-Verlag 1978

Dieterich, Susanne

Württembergische Landesgeschichte für neugierige Leute. Band 1: Von den Kelten zu den Württembergern bis zur Reformation. DRW-Verlag 2002.

Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg

Handbuch der Baden-Württembergischen Geschichte, Band 1,2: Vom Spätmittelalter bis zum Ende des Alten Reiches. 2000

Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg

Handbuch der Baden-Württembergischen Geschichte, Band 2: Die Territorien im Alten Reich (1000 - 1805). 1995

Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg.)

Baden-Württemberg. Eine kleine politische Landeskunde. Landeszentrale für politische Bildung. Stuttgart 2002. Neuausgabe 2007

Lorenz, Sönke / Mertens, Dieter / Press, Volker (Hrsg.)

Das Haus Württemberg. Ein biographisches Lexikon. Kohlhammer-Verlag 1997.

Müller, Ernst

Kleine Geschichte Württembergs. Stuttgart 1963.

Raff, Gerhard

Die Schwäbische Geschichte. Stuttgart 2000.

Raff, Gerhard

Hie gut Wirtemberg allewege. Band 1: Das Haus Wirtemberg von Graf Ulrich dem Stifter bis Herzog Ludwig

Raff, Gerhard

Hie gut Wirtemberg allewege. Band 2: Das Haus Württemberg von Herzog Friedrich I. bis Herzog Eberhard III. DVA 1994

Rinker, Reiner / Setzler, Wilfried (Hrsg.)

Die Geschichte Baden-Württembergs. Theiss-Verlag. 2. Auflage 1987

Waßner, Manfred

Kleine Geschichte Baden-Württembergs. Theiss-Verlag 2002

Weber, Reinhold / Wehling, Hans-Georg

Geschichte Baden-Württembergs. Beck Wissen. 2007

Weller, Karl / Weller, Arnold

Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum. Theiss-Verlag. 10. Auflage 1989.

 
 
 
 
 
 

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Stand: 22.01.2019                                                  Copyright © 2019 Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V.                                                  Autor: Dieter Griesshaber

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