Württemberg 1648 - 1750

 

 

 

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Württemberg im Späten Mittelalter (1250 - 1400)

Württemberg vom Späten Mittelalter bis zur Reformation (1400 - 1520)

Württemberg von der Reformation bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1520 - 1618)

Württemberg in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648)

Württemberg in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648)

Württemberg in der Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts (1648 - 1750)

Württemberg von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation (1750 - 1806)

Württemberg in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (1806 - 1850)

Württemberg von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gründung des Deutschen Reiches (150-1871)

Württemberg als Bundesstaat des Deutschen Reiches

Württemberg in der Zeit der Weimarer Republik

 

 

 
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Deutschland 1648 - 1740     Deutschland 1740 - 1763     Köngen 1648 - 1750 (exemplarisch für ein Dorf)    Literaturhinweise


Württemberg vom Westfälischen Frieden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts 


  • Die Lage nach dem Dreißigjährigen Krieg

  • Württemberg behauptet seine Landesgrenzen

Dem württembergischen Gesandten Johann Konrad von Varnbühler ist es zu verdanken, dass im Westfälischen Frieden 1648 die territoriale Wiederherstellung des Herzogtums gelungen ist. In seinen Bemühungen wurde er von den Schweden unterstützt.

  • Nach der katholischen Restauration in Bayern und in der Oberpfalz werden die Protestanten im Süden Deutschlands isoliert.

  • Starke Reduzierung der Bevölkerung in Württemberg durch Kriegsereignisse, Gewalttaten und Seuchen. Vor allem der Pest, die 1626 und dann wieder von 1634 bis 1639 wütete, fielen viele Tausende zum Opfer.

  • 1618: 450.000 Einwohner

  • 1639: 100.000 Einwohner

  • 1648: 166.000 Einwohner

  • Abnahme der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Noch 1652 war ein Drittel des zuvor genutzten Bodens verwildert.

  • Schwächung von Handel und Gewerbe durch fehlende Kaufkraft.

  • Der wirtschaftliche Wiederaufbau Württembergs

  • Durch Zusicherung kostenloser Übergabe von nicht mehr bewirtschaftetem Boden und mehrjähriger Steuerfreiheit gelang es, Neusiedler aus der Schweiz und Tirol heranzuziehen.

  • Zur Rekultivierung der Landwirtschaft wurden die Steuern gesenkt. Schulden und Zinslasten wurden um ein Drittel reduziert.

  • Das heimische Gewerbe wurde durch staatliche Eingriffe (z.B. Importbeschränkungen) gefördert und gelenkt (merkantilistische Wirtschaftspolitik).

  • Charakteristisch für diese Zeit des wirtschaftlichen Wiederaufbaus ist die gute Zusammenarbeit zwischen der Regierung Eberhards III. und den Landständen - trotz mancher gegensätzlicher Interessen. 

 
  Eberhard III. von Württemberg (*1614, † 1674), Regent von 1628 bis 1674

  • Der Aufbau eines stehenden Heeres wurde allerdings von den Landständen verhindert. Die militärische Schwäche führte wenige Jahrzehnte später dazu, dass französische Einfälle nicht abgewehrt werden konnten und Württemberg erneut in schwere Not geriet.

  • Der Wiederaufbau der Landeskirche und des Schulwesens

  • Auf Betreiben des Stuttgarter Hofpredigers und Mitglieds der Kirchenleitung Johann Valentin Andreä (1586 - 1654) hatte man schon 1644 im ganzen Herzogtum so genannte Kirchenkonvente eingerichtet, die für die "Ausrottung der Laster" zuständig waren.

In den Amtsstädten traf sich im Kirchenkonvent der evangelische Dekan mit dem herzoglichen Vogt, um nachzuforschen, ob "dem Christentum und der Ehrbarkeit zuwider" gehandelt wurde. Ein präziser "Sündenkatalog" diente als Maßstab für richtiges bzw. unrichtiges Verhalten. Um die Sünder (z.B. einen Ehebrecher) ausfindig zu machen, bediente man sich "geheimer Aufpasser". Eine Frau, die vor der Ehe schwanger wurde, stand genauso vor den Konventionsrichtern wie ein Mann, der übel geflucht hatte.

  • In der Synodalordnung von 1648 wird die Schulpflicht für alle Kinder gesetzlich verankert.

Die Schulaufsicht gehörte zu den Pflichten der Geistlichen. Sie wurden deshalb von der Kirchenleitung aufgefordert, beim Ausbau des Schulwesens mitzuwirken.

  • Beitritt Herzog Eberhards III. von Württemberg zum Rheinischen Bund im Jahr 1660

  • Im Westfälischen Frieden war jedem Reichsstand das Recht zuerkannt worden, mit anderen Reichsständen oder mit anderen Staaten Bündnisse abzuschließen, vorausgesetzt, dass sie sich nicht gegen Kaiser und Reich richteten.

  • Der Rheinische Bund war ein Bündnis zwischen Frankreich, Schweden und einigen deutschen Fürsten, darunter die Kurfürsten von Mainz, Köln und Trier). Im Grunde war der Bund ein Instrument Frankreichs, das gegen die Vorherrschaft der Habsburger gerichtet war und insofern ein Vorläufer des napoleonischen Rheinbundes

  • Herzog Eberhard III. stirbt 1674. Sein Sohn, Herzog Wilhelm Ludwig, stirbt nach dreijähriger Regierungszeit (1674 - 1677). Wilhelm Ludwig hinterließ den einjährigen Sohn Eberhard Ludwig. Dieser stand bis 1693 unter der Vormundschaft seines Onkels Friedrich Carl von Württemberg-Winnental.

  • Württemberg unter der Verwaltung von Herzog Friedrich Carl von Württemberg-Winnental (1677 - 1693)

  • Unter König Ludwig XIV. betrieb Frankreich ab 1670 eine aggressive Politik. Mit militärischer Gewalt kämpfte er um die  Vormachtstellung in Europa (siehe unter Deutschland 1648 - 1740 ). Die politische Zersplitterung in Südwestdeutschland mit unterschiedlichen Interessen begünstigten das Vorgehen Frankreichs. Jahrelang fielen die Franzosen in Deutschland ein, auch in das lange Zeit neutrale Württemberg.

Ludwig XIV. (*1638, † 1715), König von Frankreich 1643 - 1715, bis 1651 unter der Regentschaft seiner Mutter Anna von Österreich.

  • Bereits im 'Holländischen Krieg' (1672-1678) wird der württembergische Schwarzwald und der untere Neckarraum in Mitleidenschaft gezogen. 1677: Die Franzosen besetzen das vorderösterreichische Freiburg.

  • Gleich zu Beginn des 'Pfälzischen Erbfolgekriegs' (1688-1697) brechen französische Truppen ohne Kriegserklärung in das völlig verteidigungslose Württemberg ein. Von zwei französischen Armeekorps rückte das eine über Mergentheim und Nördlingen gegen Ulm vor, das andere unter Mélac zwang im Dezember Esslingen, den Asperg, Tübingen und Stuttgart zur Übergabe. Schorndorf konnte sich dank des Widerstands seines Kommandanten Peter Krummhaar und der ihn unterstützenden "Weiber von Schorndorf" halten.

Für den zweiten Türkenkrieg (1682-1689) hatte der 'Schwäbische Kreis' einige Regimenter nach Ungarn abgestellt, die jetzt bei der Verteidigung Süddeutschlands fehlten. Zum Beitritt  zu der von Kaiser Leopold I. 1686 in Augsburg geschlossenen Allianz mit dem Fränkischen, Bayerischen und Oberrheinischen Kreis gegen die Bedrohung durch Frankreich konnte sich der Administrator Württembergs, Herzog Friedrich Carl, während der Minderjährigkeit Eberhard Ludwigs nicht entschließen.

  • Durch die Rückkehr der vier Kreisregimenter aus Ungarn Ende1688 konnten die französischen Truppen zum Rückzug  gezwungen werden. Abgesehen von hohen Kontributionszahlungen, die an die Franzosen geleistet werden mussten, war Württemberg bei dieser ersten Invasion mit relativ geringen Kriegsschäden davongekommen. Anders dagegen das obere Rheintal und die Pfalz. Diese Gebiete wurden 1689 von den Franzosen vollkommen verwüstet.

  • 1689: Erklärung des Reichskriegs gegen Frankreich. Der "Schwäbische Kreis" (Württemberg, Baden sowie 31 Reichsstädte) stellt eigene Truppen.

Der Vormund Eberhard Ludwigs, Herzog Friedrich Carl, wandelte die Landmiliz des Herzogtums in Soldtruppen um. Trotz des Widerstands der Landstände wurden weitere Truppen ausgehoben. Im März 1691 trat Württemberg dem Bund zwischen dem Kaiser, England und Holland mit einem eigenen Heer bei.

  • 1692: Niederlage der württembergischen Armee gegen die Franzosen bei Ötisheim (südlich von Maulbronn).

Herzog Friedrich Carl war vom Führer der Reichsarmee mit ungenügenden Kräften vorausgeschickt worden. Der französischen General de Lorge zersprengte sein schwaches Korps und nahm ihn selbst gefangen. Als er 1693 aus der Haft zurückkehrte, war die Vormundschaft aufgehoben und Eberhard Ludwig mit siebzehn Jahren für mündig erklärt. Das Herzogtum wurde nun von einem unerfahrenen Herrscher regiert.

  • Im Juni 1693 stieß die französische Armee unter de Lorge bis nach Heilbronn vor, wurde jedoch durch den kaiserlichen Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden, genannt "Türkenlouis", zum Rückzug gezwungen. Auch ein zweites Heer, das im Juli von Süden anmarschierte, stoppte Ludwig Wilhelm in einer guten Verteidigungsstellung ebenfalls bei Heilbronn. Aus dem ehemaligen Draufgänger war ein Defensivspezialist geworden, der den richtigen Zeitpunkt abwartete, statt einfach loszuschlagen. Doch sanken Marbach, Backnang, Großbottwar, Beilstein, Winnenden, Vaihingen an der Enz und zahlreiche andere Orte in Asche. Die württembergische Regierung musste im August mit harten Zugeständnissen Schonung für das Land erkaufen. Die Franzosen zogen sich Anfang September über den Rhein zurück. Dass der französische König Ludwig XIV. erstmals einen "Verlustfrieden" schließen muss, ist vor allem ein Verdienst des "Türkenlous".

  • Württemberg unter der Regentschaft von Herzog Eberhard Ludwig (1693 - 1733)

  • Herzog Eberhard Ludwig war der Sohn des 1677 im Alter von dreißig Jahren verstorbenen Herzogs Ludwig Wilhelm und seiner Ehefrau Magdalena Sibylla. Zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters war Eberhard Ludwig ein Jahr alt.

Magdalena Sibylla war 1652 als Tochter des Landgrafen Ludwig VI. von Hessen-Darmstadt zur Welt gekommen. Nach dem Tod ihres Mannes bemühte sie sich als "Obermitvormünderin" gegenüber dem als "Obervormund" und Administrator eingesetzten Schwager Herzog Friedrich Carl von Württemberg-Winnental nicht nur um Einfluss auf die Erziehung des künftigen Herzogs, sondern auch um politische Mitsprache. Der 18-jährige Herzog Eberhard Ludwig stellte seiner Mutter neben einer jährlichen Leibrente die Zahlung von 5.000 Gulden in Aussicht, sobald sie ihren Witwensitz in Kirchheim unter Teck bezogen hätte. Dieses Geld erhielt Magdalena Sibylla zum Dank für ihre "ruhmreiche Rettung des Vaterlandes" während der Franzoseneinfälle, als sie in Abwesenheit von Friedrich Carl "die ganze Regierungslast allein auf sich gehabt."

Mit Hilfe der Herzogin Magdalena Sibylla wurde die Stadt Kirchheim unter Teck nach dem großen Brand von 1690 wieder aufgebaut. Bei dem Brand war die Stadt in Schutt und Asche gelegt worden. Nur drei Gebäude waren erhalten geblieben: die Lateinschule, der Kirchturm und der Chor der Martinskirche.

  • Wie für seinen einstigen Vormund Friedrich Carl war für Herzog Eberhard Ludwig die Schaffung eines stehenden Heeres ein wichtiges Ziel. Den finanziellen Unterhalt eines solchen Heeres konnte er erst nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem Landtag durchsetzen.

 

Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg (* 1676, † 1733), unter Vormundschaft bis 1693, Regierung 1693 - 1733)

Bildquelle: Hofkunstanstalt Martin Rommel, Stuttgart 1905 in: Geschichte der Stadt Stuttgart, herausgegeben von den Bürgerlichen Kollegien im April 1905.

In seinen politischen Entscheidungen zeigte sich der Herzog stark beeinflussbar, so dass nicht er, sondern der 'Geheime Rat' und Kreise des Hofes letztendlich die Politik des Landes bestimmten. Einzig das Militär und die standesgemäße Betätigung als Offizier erregten sein dauerhaftes Interesse. Auch die Jagd und höfische Festivitäten zogen seine Aufmerksamkeit auf sich. Als Erbauer des Ludwigsburger Schlosses (eines der größten deutschen Barockschlösser) und der barocken Stadt Ludwigsburg ging er in die Geschichte ein.

  • 1694:  Der Führer der Reichsarmee, Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden (1652-1698), legt vom Nordrand des Schwarzwalds bis zum unteren Neckar eine Verteidigungslinie an (die sog. Eppinger Linien); die französischen Angriffe können nun abgewehrt werden. 

  • Spanischer Erbfolgekrieg 1701 - 1714

  • Bei dem Streit zwischen Österreich (Kaiser Leopold I.) und Frankreich (Ludwig XIV.) stehen nahezu alle deutschen Fürsten auf der Seite Österreichs (Haager Allianz). Im März 1702 tritt auch der "Schwäbische Kreis" der Allianz bei. An dem nun beginnenden Reichskrieg hatten die schwäbischen Kreistruppen einen erheblichen Anteil.

  • Die mit den Franzosen verbündeten Bayern richteten 1702 ihr Hauptquartier in Ehingen an der Donau. ein. Ulm fiel durch eine List in die Hand des Gegners und wurde Ausgangspunkt für zahlreiche Plünderungszüge auf die Schwäbische Alb. Am 7. Mai 1703 vereinigten sich in Tuttlingen die Bayern und Franzosen zu einem 55.000 Mann starken Heer.

  • Im Mai 1704 versammelte sich in Ulm ein Heer mit 60.000 Franzosen und Bayern. Ein weiteres französisches Heer unter Marschall Tallard sollte noch hinzukommen.

Retter in der Not wurde Prinz Eugen von Savoyen, "des Kaisers großer Feldherr" mit kaiserlich-österreichischen Truppen. Er vereinigte sich am 31.Mai 1704 bei Munderkingen (an der Donau) mit den Truppen von Ludwig Wilhelm, Markgraf von Baden. Von Holland kommend, kam  auch der Herzog von Marlborough mit ca. 20.000 Mann englisch-holländischen Truppen als Bündnispartner hinzu. Ludwig Wilhelm von Baden  geriet bald in Streit mit den beiden anderen Befehlshabern. Er hielt deren Taktik für zu gewagt - und wird zur Zielscheibe des Spotts. Während er 1698 in einem Gedicht noch als "Helden-Löw von Baden" galt, wurde er nun als Zauderer und Zögerer verlacht, in einem Flugblatt gar als Verräter beschimpft, der sich vom französischen König - immerhin sein Taufpate - bestechen lasse.

 
 

Prinz Eugen von Savoyen-Carignan, (*1663, † 1736)

Bild: Jacob van Schuppen, Rijksmusem Amsterdam

  • Im August 1704 besiegen die Truppen der Allianz die Franzosen bei Donauwörth. Ein französisch-bayerisches Heer wird bei Dillingen im Donautal vernichtet. Im September 1704 wird Ulm zurückerobert.

  • 1707: Erneuter Einfall von französischen Truppen in Württemberg.

Herzog Eberhard Ludwig wurde 1707 Feldmarschall der schwäbischen Reichstruppen. Fünf Jahre später war er als General-Reichsfeldmarschall ranghöchster Feldherr des Deutschen Reiches.

  • 1714: Im Frieden von Baden (im Aargau) wird die Bedrohung Württembergs durch Frankreich gemindert; das Gewicht Vorderösterreichs innerhalb des Reiches der Habsburger geht zurück.

  • Nach Eberhard Ludwigs Tod 1733 fiel die Regierung an seinen Vetter Herzog Carl Alexander (1733-1737)

  • Württemberg unter der Regentschaft von Herzog Carl Alexander (1733 - 1737)

  • Herzog Carl Alexander war während des Spanischen Erbfolgekrieges und den nachfolgenden Türkenkriegen in österreichischen Diensten gestanden. Während dieser Zeit war er zum katholischen Glauben übergetreten. In Württemberg regierte er im Geist des Absolutismus. Wegen des katholischen Glaubens des Herzogs wurden die landesbischöflichen Rechte und damit die Wahrung der evangelischen Landesreligion auf den 'Geheimen Rat' übertragen.

  Herzog Carl Alexander von Württemberg (* 1684 † 1737, reg. 1733 - 1737.

  • Polnischer Erbfolgekrieg (1733-1735)

  • Der reichs- und kaisertreu gesinnte Herzog Carl Alexander von Württemberg stellt ein Heer für Kaiser Karl VI. auf.

Die Finanzierung des Heeres überließ der Herzog weit gehend dem jüdischen Finanzmann Süß Oppenheimer; sie  erfolgte sowohl durch merkantilistische Wirtschaftspolitik als auch durch Ämterhandel und Münzverschlechterung. Wegen des Widerstands der Landschaft plante der Herzog, die Macht der Landstände zu brechen und der katholischen Kirche gleiche Rechte wie der evangelischen einzuräumen. Er starb 1737 bevor er diesen Plan verwirklichen konnte.

  • Gefahr einer französischen Invasion wird durch Prinz Eugen von Savoyen abgewehrt. 

  • Der Pietismus in Württemberg
 
  • Der in vielen Teilen Württembergs Landes buchstäblich 'verheerende' Pfälzer Erbfolgekrieg (1688 - 1697) dezimierte - vier Jahrzehnte nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges - erneut die Bevölkerung durch direkte Kriegseinwirkung, Hunger und Seuchen. Das Elend setzte sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit dem Spanischen Erbfolgekrieg fort. Viele Menschen empfanden die Schrecken des Krieges als Strafgericht Gottes. Da sie mit dem zu geringen Grad der Frömmigkeit, den sie in der Landeskirche zu registrieren glaubten, nicht zufrieden waren, bildeten sie eigene Gruppen. Im allgemeinen werden alle diese Gruppen unter dem Sammelbegriff "Pietisten" oder "Pietismus" eigeordnet. Als Gründung der pietistischen Bewegung entstand 1695 in Halle das erste Waisenhaus in Deutschland.

  • Der Begriff "Pietismus" kam aus Mitteldeutschland und war dort zunächst der Bewegung des im Elsass geborenen Theologen Philipp Jakob Spener (*1636, † 1705) zugeordnet. Als junge Bewegung, welche die Reformation vollenden und dem mündiger werdenden Laien sein Recht in der Kirche verschaffen wollte, fand der Pietismus Eingang im Herzogtum Württemberg.

  •  Zu den ersten Vertretern des Pietismus in Württemberg gehörten Johann Andreas Hochstetter und dessen Sohn Andreas Adam Hochstetter, beide Professoren der Theologie am Stift in Tübingen sowie Johann Jakob Zimmermann, Pfarrer und Naturwissenschaftler aus Bietigheim. Die Pietisten nahmen die Forderungen Speners auf und wandten sich gegen Trinken, Kartenspiel, Prunksucht und in radikaler Form sogar gegen jegliche Form von Vergnügen oder Musik. In einer Zeit, in der es keine Versammlungs-, Meinungs- oder Pressefreiheit gab, verbot der Staat kurzerhand pietistische Versammlungen und zensierte pietistische Schriften. Pietistisch gesinnte Pfarrer konnten ihre Ämter verlieren. Im Jahr 1694 erließ Württemberg ein Edikt gegen die "Pietisterey", welches insbesondere den Professoren und Studenten des Stiftes Tübingen gebot, sich wieder auf die ursprüngliche Lehre zu konzentrieren.

 

Ziel der pietistischen Bewegung war eine apostolische, d.h. der ersten Christenheit ähnliche Kirche. Es galt das Priestertum aller Gläubigen, wie es bereits Martin Luther 1520 in seiner Schrift "An den christlichen Adel" verkündet hatte: "Alle Christen sind wahrhaftig geistlichen Standes und es ist kein Unterschied des Amtes halber (...)". Im Pietismus wurde dies Lehre revitalisiert. Der Pfarrer sollte nur der älteste Bruder sein. Eine Kanzel, wo der Pfarrer über der Gemeinde steht, gibt es nicht. Die strikte wörtliche Auslegung der Bibeltexte hat hohe Bedeutung. Weitere Merkmale der Bewegung sind Einfachheit und gottgefälliges Leben, das zu strengen Regeln führte. Der reformatorische Ansatz der pietistischen Bewegung bestand in einem praktischen, tätigen Christentum.

  • Seit etwa 1680 traf man sich in Versammlungen, der "Stunde". Das Neue an der "Stunde" bestand darin, dass jeder Anwesende seine Gedanken zur besprochenen Bibelstelle oder zum vorgelesenen  Abschnitt aus dem Erbauungsbuch mitteilen konnte. Die Gedanken Speners trafen den Zeitgeist. Vor allem Gläubige aus der Oberschicht wollten sich nicht mehr nur vom Pfarrer belehren lassen. Im Jahr 1706 erließ der Staat Württemberg ein Edikt, welches die "Stunden" verbot. Trotz des Verbots gelang es dem Pietismus innerhalb der württembergischen Kirche Fuß zu fassen. Im Jahr 1743 ordnete die Landeskirche im sogenannten "Pietistenreskript" das Verhältnis des Pietismus zur Kirche. Die Erlaubnis von privaten Versammlungen (Hauskreisen / Stunden) wurde wieder gegeben, allerdings unter der Bedingung, dass dort keine radikalen Anschauungen verbreitet werden. Außerdem waren die Versammlungen auf 15 Personen beschränkt.

 
  • Der Theologe Johann Albrecht Bengel (* 1687, † 1752) wurde mit seinen tiefsinnigen Auslegungen der Heiligen Schrift und insbesondere durch die Übersetzung des Neuen Testaments zum Herold des Pietismus. Zu seinen Hauptwerken zählt die 'Offenbarung des Johannes'.. Für Bengel gab es keinen Zweifel, dass der rechte Glaube und das Gottverständnis die "Treue im Kleinen" - also im täglichen Leben - erfordere. "Sorgfalt, Pünktlichkeit und Ehrlichkeit" sollten, so Bengel, zu den wesentlichen Tugenden der Menschen gehören. Die Ausstrahlung seiner Lehre ist in Württemberg bis heute zu spüren. Durch seine Lehrtätigkeit an der Klosterschule Denkendorf prägte er einen großen Teil des Pfarrnachwuchses in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Weitere Pietisten mit prägendem Einfluss waren in Württemberg: Friedrich Christoph Oetinger, Philipp Matthäus Hahn, Michael Hahn, Philipp Friedrich Hiller, Immanuel Gottlob Brastberger, Johann Friedrich Flattich.

 
  • Friedrich Christoph Oetinger war ein Schüler Bengels. Nach seinem Studium in Tübingen besuchte er Herrenhut in Sachsen, welches als Gründungsort der danach bekannten Herrenhuter Brüdergemeinde bekannt ist.

  • Philipp Matthäus Hahn aus Scharnhausen beschäftigte sich neben der Theologie mit der Technik und entwarf unter anderem mechanische Uhren, astronomische Geräte und Rechenmaschinen.

  • Johann Michael Hahn war Anhänger der separatistischen Form des Pietismus. Im Selbststudium hatte er sich ein enormes theologisches Wissen angeeignet. Er war der Gründer der "Hahnschen Gemeinschaft", die es bis heute in Württemberg und Baden gibt.

  Johann Albrecht Bengel Johann Albrecht Bengel (*1687, † 1752), Theologe, einer der Hauptvertreter des Pietismus
 
  • Die von König Friedrich von Württemberg 1809 herausgebrachte neue Liturgie in Form eines staatlichen Gesetzes war für viele Gläubige unbiblisch, unkirchlich und und unlutherisch. Die kirchlichen Neuerungen wurden das Gedankengut der Aufklärung getragen. In der neuen Liturgie der Amtskirche wurden zum Beispiel im Sündenbekenntnis die Erbsünde und der Teufel ignoriert. Sünde galt nun nicht mehr als Abfall von Gott, als Böses, sondern wurde als Mangel, als Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit dargestellt. Die neue Liturgie war für viele Württemberger offensichtlich ihrer Zeit voraus! Schon 1791 hatte ein neu herausgegebenes Gesangbuch Anstoß erregt. Es wurde moniert, dass "anstelle der alten lebensstärkenden Kirchenlieder neue ertönen, aus denen der Heilige Geist nicht mehr wehe". Für viele Pietisten war die Amtskirche nicht mehr ihre Kirche. Sie distanzierten sich vom kirchlichen Leben, brachten ihre Kinder nicht mehr zur Taufe und hielten sie sogar von der Schule fern.

  • Als in den Hungerjahren 1816/17 in Württemberg eine riesige Auswanderungswelle einsetzte, verließen auch zahlreiche Pietisten das Land. In dieser Situation reichte der Leonberger Bürgermeister Gottlieb Wilhelm Hoffmann am 28. Februar 1817 eine Eingabe ein, in der er dem König die Bitte unterbreitete, die Auswanderung durch Gründung unabhängiger religiöser Gemeinden innerhalb der Grenzen des Landes einzudämmen. Am 1. Oktober 1818 entsprach König Wilhelm I. von Württemberg diesem Vorschlag. 1819 unterzeichnete er eine Urkunde für die Bildung einer Brüdergemeinde auf der Markung Korntal. Inhalt dieser Urkunde war die Erlaubnis, dass sich in der neuen Gemeinde Familien aus Württemberg niederlassen könnten, die in ihrer Religionsausübung frei sein sollten. (Quelle: Wikipedia)

  • Im Jahr 1815 begann die Geschichte der Basler Mission und ihrer Zöglinge, die meist nach sechsjähriger Ausbildung als Missionare nach Ghana (ehemals Goldküste), Kamerun, Indien oder China auszogen, um der Verbreitung des Evangeliums zu dienen. Sie bauten Kirchen, Schulen und Krankenhäuser, kümmerten sich um Bibelübersetzungen in indigene Sprachen, die Ausbildung junger Leute und die Versorgung von Kranken. Gegründet wurde die Basler Mission von engagierten Basler Großbürgern, die sich mit den pietistischen Vorstellungen verbunden fühlten. Durch positives christliches Wirken wie beispielsweise die "Zivilisierung" und Bekehrung der sogenannten "Heiden" glaubte man die Ankunft von Gottes Reich beschleunigen zu können (Quelle: Christ - von Wedel: Basler Mission. Menschen, Geschichte, Perspektiven 1815 - 2015. Basel 2015). Mehrere hundert Männer und etwas später auch Frauen reisten seit 1815 mit Basler Mission in die Welt und wirkten als Prediger, Sprachforscher, Übersetzer, Lehrer, Baumeister, Schreiner, Geografen, Ärzte, Missionsfrauen und Krankenschwestern in den verschiedenen Einsatzgebieten. Ausgebildet und vermittelt wurden sie von Basel aus.


Literaturhinweise


Bauer, Ernst W. / Jooß, Rainer, Schleuning, H. (Hrsg.)

Unser Land Baden-Württemberg. Theiss-Verlag 1986.

Bölcke, Willi A.

Handbuch Baden-Württemberg. Politik, Wirtschaft, Kultur von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Kohlhammer-Verlag 1982

Borst, Otto

Geschichte und Gestalt eines Landes. Stadler-Verlag 1978

Dieterich, Susanne

Württembergische Landesgeschichte für neugierige Leute. Band 1: Von den Kelten zu den Württembergern bis zur Reformation. DRW-Verlag 2002.

Dieterich, Susanne

Württembergische Landesgeschichte für neugierige Leute. Band 2: Vom Dreißigjährigen Krieg bis 1952. DRW-Verlag 2003.

Grube, Walter

Der Stuttgarter Landtag 1457 - 1957. Stuttgart 1957

Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg

Handbuch der Baden-Württembergischen Geschichte, Band 3: Vom Ende des Alten Reichs bis zum Ende der Monarchien. 1992.

Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg

Handbuch der Baden-Württembergischen Geschichte, Band 4: Die Länder seit 1918..

Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg.)

Baden-Württemberg. Eine kleine politische Landeskunde. Landeszentrale für politische Bildung. Stuttgart 2002. Neuausgabe 2007

Lorenz, Sönke / Mertens, Dieter / Press, Volker (Hrsg.)

Das Haus Württemberg. Ein biographisches Lexikon. Kohlhammer-Verlag 1997.

Raff, Gerhard

Hie gut Wirtemberg allewege. Band 2: Das Haus Württemberg von Herzog Friedrich I. bis Herzog Eberhard III. DVA 1994

Raff, Gerhard

Hie gut Wirtemberg allewege.Band 3: Das Haus Württemberg von Herzog Wilhelm Ludwig bis Herzog Friedrich Carl. DVA 2002

Rinker, Reiner / Setzler, Wilfried (Hrsg.)

Die Geschichte Baden-Württembergs. Theiss-Verlag. 2. Auflage 1987

Waßner, Manfred

Kleine Geschichte Baden-Württembergs. Theiss-Verlag 2002

Weber, Reinhold / Wehling, Hans-Georg

Geschichte Baden-Württembergs. Beck Wissen. 2007

Weller, Karl / Weller, Arnold

Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum. Theiss-Verlag. 10. Auflage 1989.

 
 
 
 
 
 

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