Württemberg im Späten
Mittelalter (1250 - 1400)
Württemberg vom Späten
Mittelalter bis zur Reformation (1400 - 1520)
Württemberg von der Reformation
bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1520 - 1618)
Württemberg in der Zeit des
Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648)
Württemberg in der Zeit des
Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648)
Württemberg in der Zeit
vom Westfälischen Frieden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts (1648 -
1750)
Württemberg von der
Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs
Deutscher Nation (1750 - 1806)
Württemberg in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (1806 - 1850)
Württemberg von der
Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gründung des Deutschen Reiches
(150-1871)
Württemberg als
Bundesstaat des Deutschen Reiches
Württemberg in der Zeit
der Weimarer Republik
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Deutsche Geschichte 1870 - 1890
Deutsche Geschichte 1890 - 1914
Deutsche Geschichte 1914 - 1918
Köngen 1850-1900 (exemplarisch für ein Dorf)
Literaturhinweise
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Württemberg als Bundesstaat des Deutschen Reiches 1871 -
1918
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Die
Reichsgesetze besaßen gegenüber den
Landesgesetzen Vorrang. Die Außenpolitik
und damit die Entscheidung über Krieg
und Frieden unterstand allein dem Reich.
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Die
Marine war de jure
"kaiserlich", unterstand also dem
König von Preußen in seiner
Eigenschaft als "Präsidium" des
deutschen Bundesstaates mit dem
Titel "Deutscher Kaiser" allein. Das
Landheer bestand
zwar aus den "Kontingenten" Preußens
und der größeren Bundesstaaten, von
denen sich auch Württemberg seine
bewaffnete Macht "gerettet" hatte.
Aber auch das Heer wurde immer mehr
Sache des Kaiser als seines
Oberbefehlshabers.
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Länder:
innere Verwaltung, Kirchen- und Schulwesen,
Finanzhoheit, Eisenbahnen; über den
Bundesrat Beteiligung an der
Willensbildung des Reiches.
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Geblieben war
Württemberg die Innenpolitik,
genauer: die Ausfüllung des Rahmens, den
die Reichsgesetzgebung vorgab. Bismarck
hatte sehr bewusst verhindert, dass
durch "seine Reichsgründung" aus dem
Königreich Preußen ein "Königreich
Deutschland" wurde: deshalb bestanden
neben Preußen auch Bayern, Sachsen und
eben auch Württemberg als Königreiche
wie bisher fort. Zu preußischen
"Oberpräsidenten", wie sie an der Spitze
der preußischen Provinzen standen, waren
ihre Könige nicht geworden. Ihre
Stellung hing davon ab, was sie daraus
machten.
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Die
Reservatsrechte wurden von Bismarck mit
den süddeutschen Staaten einzeln
ausgehandelt. Für König Karl war das
Fortbestehen des württembergischen
Außenministeriums und damit eines
eigenen Gesandtschaftswesens von großer
Bedeutung.
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Tendenz des
Bundesstaates
zur Stärkung der zentralen Kräfte (Wirtschaft,
Rechtswesen, Sozialordnung, Heer).
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König Karl empfand den Verlust
seiner Souveränität als eine persönliche Demütigung.
An eine aktive, gar persönliche Mitwirkung und
Einflussnahme auf die Reichspolitik im Bundesrat
dachte der gekränkte König nicht. Er überließ die
Vertretung seines Landes in der Reichspolitik seinem
Ministerpräsidenten Hermann Freiherr von
Mittnacht.
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Es war ganz
wesentlich der Verdienst König Karls, dass die
römisch-katholische Kirche in Württemberg nicht
unterdrückt wurde. Auch andere religiöse
Gruppierungen konnten sich kraft Gesetz frei
betätigen.
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Die Sozialdemokraten
wurden in den Untergrund gezwungen. Sie
hatten jedoch weniger unter
Verfolgungsmaßnahmen zu leiden als in
anderen deutschen Ländern. Es war nicht
zuletzt dem humanen Sinn König Karls zu
verdanken, dass zahlreichen Sozialdemokraten
aus Norddeutschland Zuflucht im
württembergischen Königreich gewährt wurde.
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Im Landtag hatte
die 'Deutsche Partei', die sich den
Nationalliberalen anschloss, bis 1895 die
Mehrheit.
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Hermann Freiherr
von Mittnacht (1825 - 1909) hat als erster
Präsident des Staatsministeriums die Politik
Württembergs unter zwei Monarchen federführend
bestimmt. Für König Karl, der sich im Winter und
Frühjahr gern zur Entspannung in Italien und
Südfrankreich aufhielt, wurde Mittnacht
unentbehrlich. Im Berlin kämpfte er im Sinne des
württembergischen Königspaars um die
Beibehaltung der Reservatsrechte. Sein Wirken
fand bei Bismarck und im Bundesrat große
Beachtung.
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König Karl starb am 6.
Oktober
1891. Sein
Nachfolger, König Wilhelm II., war der Sohn
seines Bruders Paul und der Prinzessin Katharina,
einer Tochter von König Wilhelm I. und seiner
letzten Ehefrau Pauline. Wilhelm II. war
pflichtbewusst, reichstreu und gegen jeden
Partikularismus. In den meisten Fällen vertraute er
den Ratschlägen der von ihm berufenen Regierung,
auch den Willen der Landtagsmehrheit
suchte er zu
erfüllen. Den
liberalen Forderungen seiner Zeit stand er
aufgeschlossen gegenüber.
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Im Gegensatz zu
König Karl bejahte Wilhelm II. die Einigung
Deutschlands unter preußischer Führung, auch
wenn Württemberg dadurch auf einen Teil seiner
Souveränitätsrechte zugunsten des Deutschen
Reichs verzichten musste. Kaiser Wilhelm II.
gegenüber verhielt sich der württembergische
König stets reichstreu.
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Oberste
Maxime war für König Wilhelm II. das Wohlergehen seines Volkes.
Pflichtbewusst und unermüdlich förderte er
die Entwicklung Württembergs. Die für Handel
und Industrie notwendige gute Infrastruktur
stabilisierte sich und wurde weiter
ausgebaut.
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Beim
Volk war Wilhelm
II. sehr beliebt. Wie ein Bürger
unter Bürgern mischte er sich unters Volk.
Bei seinen ausgiebigen Spaziergängen in den
Stuttgarter Schlossgartenanlagen oder auf
den Höhen rund um Stuttgart wirkte er
gegenüber seinen Landsleuten freundlich und
bescheiden. Er war ein König, den die Bürger
seines Landes als Mitbürger und
"einen von uns" anerkannten, der
also Württemberg repräsentierte und damit
ganz wesentlich zum Selbstbewusstsein und
zur Identität der Württemberger im Deutschen
Reich beitrug. Im Landtag
erwarb Wilhelm II. höchstes Ansehen. Sogar
der Abgeordnete Wilhelm Keil
von den Sozialdemokraten, die damals noch
als politische Parvenüs galten, verneigte
sich vor Wilhelm und schrieb über ihn: "Wenn
morgen in Württemberg an die Stelle der
Monarchie die Republik treten würde, würde
kein Zweiter mehr Aussicht haben, an die
Spitze des Staates gestellt zu werden, als
der jetzige König."
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Paul Sauer,
der 2010 verstorbene Leiter des
Stuttgarter Stadtarchivs und Verfasser
einer Biografie Wilhelms, hat das
öffentliche Bild des württembergischen
Königs ein wenig relativiert, als er
schrieb: Der König "war kein
Volksmann, der Massen begeistern konnte
oder wollte. Dazu war er zu scheu, zu
gehemmt, auch zu vornehm."
Die vor einigten Jahren entdeckten
Briefe Wilhelms an seinen Studienfreund
Detlef von Plato
bekommt das Bild eines untadeligen
Monarchen deutliche Risse. In diesen
Briefen zeigt sich Wilhelm völlig
ungeschminkt. Schon 1883, da war Wilhelm
noch nicht König, schrieb er: "Kein
Mensch ahnt ja, wie mich das Leben
drückt! Von allen Leuten mit
Ehrenbezeugungen, die mir widerlich
sind, auch mit Kundgebungen wahrer
Loyalität oder gar Popularität (um die
ich nie gebuhlt habe) umgeben. All dies
weis ich nicht zu schätzen." Vor
allem vor der Thronübernahme war ihm das
Königwerden lästig - später fügte er
sich darein. (Quelle: Thomas Faltin: Ein
König wider Willen, Stuttgarter Zeitung
vom 27. Mai 2021
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Wilhelm
II. von Württemberg bevorzugte einen bürgerlichen Lebensstil.
Seinen privaten Wohnsitz in Stuttgart, das
bescheidene Wilhelmspalais,
hielt er getrennt vom offiziellen Schloss
als höfischem Ort der Pflege seiner
öffentlichen Repräsentationspflichten.
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Wilhelm
II. entsprach nach allem, was wir von ihm
wissen, fast vollkommen dem Ideal eines
konstitutionellen Monarchen. Er war
zurückhaltend, bescheiden, unprätentiös und
ließ bei allem Fleiß - jeder Minister hatte
jede Woche einmal eine längere Unterredung
mit dem Monarchen - seine Minister und
vor allem seine Ministerpräsidenten
regieren, ohne ihnen für die Öffentlichkeit
erkennbar, dreinzureden. Von dem König
bleibt die Kraft der Integration, deren
Bedeutung nicht zu unterschätzen ist, gerade
in der Zeit Wilhelms, da die Lunte der
sozialen Frage stetig loderte und ein
Weltkrieg vor der Tür stand. König Wilhelm
II. war ein großer Moderator zwischen Volk,
Parteien und Monarchie (Thomas Faltin).
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König Wilhelm II. von
Württemberg (1848-1921).
reg. 1891 - 1918
Bildquelle: Hofkunstanstalt
Martin Rommel, Stuttgart 1905
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Die Auffassungen von
Kaiser Wilhelm II. und
König Wilhelm
II. von Württemberg über die Monarchie
unterschieden sich stark: Während der Kaiser
in einer Zeit, in der die monarchische
Staatsform längst in eine Krise geraten war,
strikte Subordination von seinen Untertanen
verlangte, respektierte König Wilhelm die
Entscheidungen seines Landtags und die
Meinungen seiner Minister. Den liberalen
Forderungen seiner Zeit stand der
württembergische König aufgeschlossen
gegenüber. Aufgrund des traditionell
demokratischen Charakters "seiner"
Württemberger sah er zu keinem Zeitpunkt
eine Gefährdung der Monarchie.
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Kaiser Wilhelm II.
ist es mehrmals gelungen, die Gutmütigkeit
und auch Unentschlossenheit des Königs
auszunutzen. Ein Beispiel ist die
Bebenhäuser Konvention von 1893: Kaiser
Wilhelm II. vereinbart anlässlich eines
Jagdbesuchs in Bebenhausen mit dem König die
"Festlegung einheitlicher Dienstalter der
preußischen und der württembergischen
Offiziere" sowie eine "Vermehrung der
gegenseitigen Kommandierungen";
Ministerpräsident Mittnacht wird dabei
umgangen (nach der Verfassung war dem König
dies allerdings erlaubt!)
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Auch die bildende Kunst befasst sich
mit den unterschiedlichen Charakteren
von
Kaiser Wilhelm II.
und
König Wilhelm
II. von Württemberg. Der
Denkendorfer Künstler
Björn Dieterich präsentiert
Tonfiguren dieser beiden
Herrschschaften, die mit einer Höhe von
einem Meter zwar klein geraten sind,
aber immer noch stramm stehen und die
Nase sehr hoch tragen. Der
württembergische König (im Bild links)
strahlt eine heitere, fast
selbstironische Erhabenheit aus. Die
Physiognomie des Kaisers weist auf sein
selbstbewusstes Handeln hin. |
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Das
konfliktfreie Verhältnis zwischen
Staat und katholischer Kirche hatte in
Württemberg die Gründung einer
politischen Organisation des
Katholizismus verzögert. Die
Gründung der württembergischen
Zentrumspartei war 1894 auf
Betreiben des Reichs- und
Landtagsabgeordneten Adolf
Gröber (* 1854, † 1919)
erfolgt, der es verstanden hatte den
Unmut in großen Teilen im
überwiegend evangelischen
Württemberg zu kanalisieren und
politisch umzusetzen.
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Einer raschen
Ausbreitung der Sozialdemokratie war
bisher die relativ langsam
fortschreitende Industrialisierung im
Wege gestanden.
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Der am 14. April 1847 in Berlin geborene
Karl Kloß kam 1874 als
Schreinergeselle nach Stuttgart. Dort
schloss er sich der Ortsgruppe des
Tischlerbundes an, wurde dank seiner
Fähigkeiten als Redner und Taktiker ihr
Leiter und bald darauf Vorsitzender des
Fachvereins der Stuttgarter
Schreiner, den er 1880
gegründet hatte. Drei Jahre später
führte er die Stuttgarter Schreiner beim
größten Streik an, den Württemberg bis
dahin erlebt hatte. Mit Erfolg: Der
Zehn-Stunden-Tag wurde verteidigt,
Lohnerhöhung und Überstundenvergütung
durchgesetzt. Karl Kloß wurde
Vorsitzender der nationalen
Schreinergesellschaft, der ersten
Gewerkschaft auf Reichsebene. Durch sein
Engagement und rednerisches Talent war
er maßgeblich am raschen
Aufstieg der Sozialdemokratie
in Württemberg beteiligt. 1895 zog er
als erster Abgeordneter der SPD in den
württembergischen Landtag ein. Für den
Wahlkreis Stuttgart wurde Karl Kloß 1898
in den Reichstag gewählt, dem er bis
1903 angehörte. Er starb im Februar 1908
in Hamburg. Der Trauerzug in Stuttgart
war mehrere Kilometer lang und wohl der
längste, den diese Stadt je gesehen hat.
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Karl
Kloß (* 1847, † 1908),
deutscher Gewerkschaftsführer
von 1898 bis 1903 erster
sozialdemokratischer
Reichstagsabgeordneter aus
Württemberg |
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1912:
Neuwahlen zum Landtag: das
Zentrum
wird stärkste Partei (26 Sitze). Die
Konservativen erhalten zusammen mit dem
Bauernbund 20, die Volkspartei 10, die
Nationalliberalen 10 und die
Sozialdemokraten (im Reichstag waren sie
stärkste Partei!) 17 Sitze.
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Das Zentrum hatte
einen beständigen Wählerstamm in
Oberschwaben sowie in den überwiegend
katholischen, stark landwirtschaftlich
strukturierten Gebieten Ostwürttembergs
(Aalen, Gmünd, Neresheim, Ellwangen).
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Änderung in
der Zusammensetzung des Landtags:
die
Privilegierten scheiden aus der
Zweiten Kammer aus. Die
Erste
Kammer wird durch Mitglieder aus
dem Adel und durch Vertreter von
Kirche, Hochschulen, Landwirtschaft,
Industrie, Handel und Handwerk
erweitert.
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Mit der Umwandlung der Zweiten
Kammer in eine reine
"Volkskammer" war eine alte
liberale Forderung in Erfüllung
gegangen.
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Bis 1806 war die fest gelegte
Verfassung Württembergs
keineswegs besonders liberal und
fortschrittlich gewesen. Was sie
so erscheinen ließ, war die von
Wilhelm II. geprägte politische
Praxis.
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Bau von Brücken,
Verwaltungsgebäuden, Schulen, Theatern,
Museen, Krankenhäusern und Kirchen.
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Förderung der
Landwirtschaft (von der Landwirtschaft
lebte mehr als ein Drittel der
Bevölkerung!): Landwirtschaftliche
Hochschule in Hohenheim, landwirtschaftliche
Ausstellung im September auf dem Cannstatter
Wasen (Volksfest), Förderung des
landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens,
Einführung einer Hagelversicherung für die
von Missernten geplagten Bauern.
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Förderung der
Industrialisierung:
Einführung von
Handelskammern in den Wirtschaftszentren,
Gewerbe- und Fabrikinspektion zum Schutz der
Arbeiter gegen Gesundheitsschäden oder
Betriebsunfällen, Fachausstellungen,
Errichtung eines Landesgewerbeamtes im Jahr
1896.
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Nachdem es im
Jahr 1882 noch kein Unternehmen mit mehr
als 1000 Arbeitern gab, waren es 1912
bereits 18 solcher Großunternehmen. Zu
den bedeutendsten Unternehmen zählten:
Daimler-Motorenwerke, Bosch, Voith,
Württembergische Metallwarenfabrik,
Kaffee-Frank, Mausersche Gewehrfabrik.
Im Bereich Maschinenbau, in der
chemischen, Textil- und Papierindustrie
begann Württemberg tonangebend zu
werden.
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In einer Zeit, als
politisch unbequeme Stücke (z.B. von Ibsen
oder Wedekind) selten oder nie auf den
Spielplänen deutscher Theater standen,
erhielten sie am Stuttgarter Hoftheater eine
vorrangige Stellung. Eine Festlegung auf
eine politische Richtung gab es nicht.
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Für die am
Hoftheater tätigen Künstler wurde
ein Pensionsfonds geschaffen.
Begabte junge Künstler erhielten ein
Stipendium aus der Privatschatulle
des Königspaars oder eine Freistelle
am Konservatorium.
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Für ärmere
Bevölkerungsschichten gab es für
Opern- und Schauspielaufführungen
Sondervorstellungen zu ermäßigten
Preisen.
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Zur Unterstützung
der Maler kaufte Wilhelm II. von
Württemberg deren Bilder auf. Durch dieses
Verhalten veranlasste er auch wohlhabende
Bürger dazu, für kulturelle Zwecke zu
stiften. Eine der bekanntesten Stiftungen
ist die des Industriellen Gustav
Siegle. Werke bedeutender Maler,
wie die von Lovis Corinth und Willi
Baumeister wurden in eine ständige
Ausstellung übernommen.
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Die Kunstakademie
und die Kunstgewerbeschule
in Stuttgart wurden zu einem
Anziehungspunkt für junge Künstler (die
Architekten Theodor Fischer, der Maler Adolf
Hölzel, Oskar Schlemmer u. a.)
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- Der Erste Weltkrieg (1914-1918)
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Das Gewicht
Württembergs bei den Abstimmungen
war nicht groß: vier Sitze im
Bundesrat mit seinen 61 Mitgliedern
wurden von Württemberg besetzt, 17
württembergische Abgeordnete von
insgesamt 397 im Reichstag, also
4,3% aller Abgeordneten. Das Land
Württemberg hatte bei der
Volkszählung von 1910 2,44 Millionen
Einwohner, das gesamte Reich zählte
64,9 Millionen, sodass der
württembergische Anteil bei 3,75 %
lag.
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Württemberg hatte
sein eigenes Kriegsministerium und
im Frieden war der württembergische
König Chef der Truppen, im
Kriegsfalle ging der Oberbefehl
jedoch an den Kaiser über.
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Unmittelbar bei
Kriegsausbruch lag die
Friedensstärke der württembergischen
Truppen aller Waffengattungen
insgesamt bei 30.200 Mann (von
781.00 Mann in Deutschland
insgesamt).
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Bei Ausbruch des Krieges
gab es Kriegsbegeisterung - vor allem im
Bürgertum, insbesondere bei den Akademikern,
den Lehrern, in der Presse, bei den
Offizieren. Angehörige aus anderen sozialen
Schichten, die Arbeiter und die Bauern,
jubelten keineswegs. In den letzten Tagen
vor Kriegsbeginn gab es in Stuttgart und
vielen Oberamtsstädten massenhaft besuchte
Antikriegsdemonstrationen der SPD und der
Gewerkschaften. Von einer allgemeinen
Massenhysterie und Kriegsbegeisterung der
württembergischen Bevölkerung kann man also
nicht sprechen.
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Auch König
Wilhelm II. teilte nicht die
Euphorie, die von der Erwartung eines
raschen, glanzvollen Sieges des
Deutschen Reiches ausging,. Seine
Siegeszuversicht war gering. Allerdings
war auch er überzeugt, dass die deutsche
Nation "in den ihr aufgedrungenen Kampf
um die höchsten Güter einzutreten" habe
(Kriegsaufruf vom 2. August 1914).
Württemberg mit seinem
Ministerpräsidenten Karl von Weizsäcker
war der einzige deutsche Bundesstaat,
der sich gegen den uneingeschränkten
U-Boot-Krieg wandte, der dann letztlich
zum Kriegseintritt der Vereinigten
Staaten führte und so das Schicksal an
der Westfront entschied.
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In den ersten fünf
Kriegsmonaten des Jahres 1914 fielen beinahe
so viele württembergische Soldaten wie in
allen folgenden Kriegsjahren in jeweils 12
bzw. 1918 in 10,5 Monaten.
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Schon im Herbst
1914 machten die
württembergischen Sozialdemokraten
gegen den Militarismus des Deutschen Reiches
mobil. Im Stuttgarter Landtag verließen drei
der 17 SPD-Abgeordneten aus Protest gegen
den Krieg ihre Fraktion und gründeten die
"Sozialistische Vereinigung"
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Von 1914
- 1918 standen 520.000 Württemberger unter
Waffen (von 2,5 Millionen Einwohnern). Mehr
als 74.000 württembergische Soldaten fielen
oder starben während des Krieges. Dies waren
3,29% der Bevölkerung Württembergs. Im
Reichsdurchschnitt waren es 2,93%. Die hohe
Verlustquote der Württemberger ist
wahrscheinlich auf eine überdurchschnittlich
hohe Kampfmotivation zurückzuführen.
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- Das Ende der Monarchie
in Württemberg
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Mit
Demonstrationen und
Protestversammlungen brachen die
revolutionären Umtriebe auch in Württemberg
ein. Hinzu kamen Auflösungserscheinungen bei
den Truppen. Am
5. November 1918 veröffentlichte die "Rote Fahne",
die spätere Parteizeitung der Kommunisten,
einen Artikel, in dem ein sofortiger
Waffenstillstand, der Sieben-Stunden-Tag und
Mindestlöhne gefordert wurden. Zudem sollte
die Regierungsmacht den
Arbeiter- und
Soldatenräten übertragen werden.
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Die im Landtag
vertretenen Parteien ohne die
Konservativen und den Bund für Landwirte
legten dem Staatsministerium eine
Erklärung vor, in der "vor dem
Hintergrund bedeutender politischer
Veränderungen auf Reichsebene" die
Einführung des parlamentarischen
Regierungssystems
in Württemberg
gefordert wurde. Mit Nachdruck
verlangten SPD, Zentrum,
Nationalliberale und Volkspartei die
Aufnahme von Parlamentariern in die
Regierung. Ministerpräsident
Freiherr Karl von Weizsäcker
und seine Minister erklärten daraufhin
am 6. November ihren Rücktritt.
Den Wunsch von
König Wilhelm II., von Weizsäcker
solle auch an der Spitze einer
parlamentarischen Regierung stehen, lehnte
dieser ab. Am
Vormittag des 9.
November vereidigte er eine
Übergangsregierung, deren leitender Minister,
der Demokrat Theodor Liesching, eine Landesversammlung
einberufen sollte. Nach den Worten des
Königs sollte "die Mehrheit des
württembergischen Volkes" in die Lage
versetzt werden, "die Entscheidung über die
künftige Regierungsform zu treffen. Der
König sprach auch aus, dass "seine Person
niemals ein Hindernis einer von der Mehrheit
des Volkes geforderten Entwicklung sein
wird."
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Am
9. November
1918
fand in Stuttgart eine von
der SPD angekündigte
Kundgebung der
Arbeiterschaft und revolutionärer Soldaten
auf dem Schlossplatz statt. Auf dem
Schillerplatz wird von Rednern die Republik
proklamiert.
USPD und
Spartakusbund rufen
auf den Straßen Stuttgart den
Volksstaat
Württemberg aus. Von der Regierung waren
keine Sicherheitsmaßnahmen getroffen worden,
der König geht allein mit seinen Hunden im
Schlossgarten spazieren. Die
Massenkundgebung entglitt im Laufe des Tages
den Organisatoren. Anstatt "in voller Ruhe
und Würde ihre Demonstration durchzuführen,
wie Wilhelm Keil in der
"Schwäbischen Tagwacht", dem Organ der
Sozialdemokraten, gemahnt hatte, sonderte
sich am Nachmittag eine
radikale Gruppe von
Demonstranten ab und zog zum Wohnsitz des
Königs, dem Wilhelmspalais. Die Rädelsführer
forderten, statt der königlichen Standarte
die rote Fahne zu hissen. Die Demonstranten
drangen jedoch nicht bis zum König selbst
vor. Dieser erklärte, als ein Diener die
Forderung überbrachte, vor den versammelten
Ministern: "Das ist Hausfriedensbruch - aber
ich weiche der rohen Gewalt".
Das Königspaar entschloss sich, noch am
Abend Stuttgart zu verlassen und in das
Jagdschloss Bebenhausen zu ziehen.
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Führende Gewerkschaftler,
Politiker der SPD und USPD und Vertreter des neu
gebildeten Stuttgarter Soldatenrats
erkannten bald, dass es
sich bei den Demonstrationen nicht nur um
Kundgebungen für einen sofortigen
Waffenstillstand und einen baldigen
Friedensabschluss handelte. Sie fühlten sich
nicht mehr in der Lage, die von streikenden
Arbeitern in Gang gesetzte und von
kommunistischen Aktivisten angeheizte
"Bewegung" zu kontrollieren und gingen auf
Distanz zu der sich auf der Straße
abspielenden Revolution. In einer
Versammlung, die im Landtagsgebäude
stattfand, berieten sie, wie sie auf die
sich überstürzenden Ereignisse reagieren
sollten. In einer Ansprache machte
Wilhelm Blos, Reichstagsabgeordneter der SPD, dass
jetzt die öffentliche Gewalt von den beiden
Arbeiterparteien übernommen werden müsste.
Wenn diese das versäumte, würden sich andere
ihrer bemächtigen. Er ließ keinen Zweifel
daran, dass die
Spartakisten das Ziel
verfolgten, durch die Revolution ein
Rätesystem nach russischem Vorbild
zu
etablieren. Wilhelm Blos beschwor die
Versammelten, eine
'Provisorische Regierung'
zu bilden. Nach seiner Rede wurde Blos
gedrängt, den Vorsitz einer solchen
Regierung zu übernehmen. Nach einigem Zögern
erklärte er sich dazu bereit. Noch während
der Sitzung formulierte er eine
Proklamation
der Provisorischen Regierung. Gegen den
Widerstand der Kommunisten, darunter Clara
Zetkin, setzte Wilhelm Blos als
vordringliches Ziel einer solchen Regierung
durch, eine
konstituierende
Landesversammlung frei wählen zu lassen. Dem
württembergischen Volk sollte die
Entscheidung über seine Zukunft überlassen
werden. Am Abend des 9. November
war die
Provisorische Regierung gebildet und die
Proklamation veröffentlicht. Von Bedeutung
war, dass sich der Kommandant von Stuttgart,
General Christof von Ebbinghaus, bereit
erklärte, die Revolutionsregierung mit
seinen Truppen zu
unterstützen.
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Wilhelm
Blos (*1849, † 1927),
deutscher Journalist, Schriftsteller,
Politiker
Mitglied des Reichstags, Staatspräsident
von Württemberg
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Wilhelm
Blos wurde 1848 im badischen
Wertheim geboren.
1872 trat er in die SPD ein. Ein
Jahr später übernahm er vorübergehende die
Leitung des führenden
sozialdemokratischen Blattes "Der Volksstaat"
in Leipzig. 1876 stellte ihn der zweite
Parteikongress der SPD in Gotha für die
Reichstagswahl auf. Als
jüngster der zwölf gewählten SPD-Abgeordneten
zog der 27-Jährige in den Reichstag in Berlin
ein, dem
er mit kurzen Unterbrechungen bis zum Ende des
Ersten Weltkriegs angehörte. Nachdem die
Sozialistengesetze den sozialdemokratischen
Zeitungen ein jähes Ende bereitet hatten,
gründete er 1879 in Hamburg die
Satirezeitschrift "Der Wahre Jacob". Nachdem
diese nach zwölf Ausgaben verboten wurde, ließ
er diese Zeitschrift 1884 in Stuttgart wieder
aufleben. Wilhelm Blos verstand es, die
Gratwanderung zwischen handfester Kritik und
vordergründig harmlosen Humor erfolgreich
durchzusetzen. Das Satireblatt wurde zur
meistgelesenen Zeitschrift im
sozialdemokratischen Umfeld. Nach dem Fall des
Sozialistengesetzes 1890 zog sich Blos mehr und
mehr aus dem politischen Tagesgeschäft zurück
und widmete sich neben dem Amt als
Reichstagsabgeordneter seiner literarischen
Arbeit.
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Die
beiden führenden Spartakisten,
August Thalheimer und Fritz Rück,
trafen erst am Abend des 9. November in
Stuttgart ein. Sie versuchten sofort, sich
der Entwicklung entgegenzustellen. Für den
folgenden Tag beriefen sie eine Sitzung des
Arbeiter- und Soldatenrates
ein, der einer von ihnen formulierten
eigenen Proklamation
zustimmen sollte. Die Kernpunkte waren die
Errichtung eines Rätesystems,
eine Verstaatlichung der Wirtschaft,
der Banken und des Handels,
und zu Dorfkomitees
zusammengeschlossene Kleinbauern und
Landarbeiter. Wilhelm
Blos
eröffnete am 10. November als neuer Ministerpräsident diese
entscheidende Sitzung. Fritz Rück präsentierte das
spartakistische Programm und forderte die Versammlung auf, ohne
lange Diskussion zu entscheiden, da die Ereignisse ein rasches
Handeln erforderten. Sein Parteigenosse von der USPD,
Arthur
Crispien, sprach sich gegen das Programm aus und forderte
dagegen, wie mit Blos abgesprochen,
die Aufnahme von drei
Vertretern bürgerlicher Parteien in die Provisorische Regierung,
womit er die Zustimmung der versammelten Räte gewann. Der
Vorstoß der Spartakisten war völlig gescheitert. Am
11. November wurde das
Kabinett umgebildet und durch drei Minister
erweitert. Die noch vom König am Morgen des
9. November vereidigte Regierung
Liesching tritt zurück.
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Am 30. November 1918
erklärte König Wilhelm II. seinen
Thronverzicht und nahm den Titel eines
Herzogs von Württemberg an. Er wollte nicht
abdanken. Eine formelle Abdankung wurde von
ihm auch nicht verlangt, obwohl inzwischen
der "Volksstaat" Württemberg gebildet worden
war. Auch der württembergische Thronfolger,
Herzog Albrecht, und dessen Sohn, Herzog
Philipp Albrecht, lehnten als echte
Legitimisten eine Abdankung ab.
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Als
König Wilhelm II, am
2. Oktober 1921 starb, trauerte das ganze
Land um den
pater
patriae
(den Vater des Vaterlands). Über 100.000
Menschen kamen zur Beisetzung nach
Ludwigsburg. Stuttgart hat der König
allerdings nie mehr betreten; sogar der
Leichenzug von Bebenhausen nach Ludwigsburg
machte einen großen Bogen um die
Landeshauptstadt. Versöhnlich aber, wie es
sein Wesen war, erklärte er, es sei nicht
Groll, was ihn von Stuttgart fernhalte,
sondern das Gefühl, dass er da nicht mehr
hingehöre.
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Literatur
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Bauer, Ernst W. /
Jooß, Rainer, Schleuning, H. (Hrsg.)
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Unser Land
Baden-Württemberg. Theiss-Verlag 1986.
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Blos, Wilhelm |
Von der Monarchie zum Volksstaat, Stuttgart 1922 |
Bölcke, Willi A.
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Handbuch
Baden-Württemberg. Politik, Wirtschaft, Kultur von der
Urgeschichte bis zur Gegenwart. Kohlhammer-Verlag 1982
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Borst, Otto
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Geschichte und Gestalt
eines Landes. Stadler-Verlag 1978
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Dieterich, Susanne
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Württembergische
Landesgeschichte für neugierige Leute. Band 1: Von den
Kelten zu den Württembergern bis zur Reformation.
DRW-Verlag 2002.
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Dieterich, Susanne
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Württembergische
Landesgeschichte für neugierige Leute. Band 2: Vom
Dreißigjährigen Krieg bis 1952. DRW-Verlag 2003.
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Fritz, Gerhardt
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1914 - Württemberg zieht in den Krieg. In: Schwäbische
Heimat, Heft 2014/1
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Grube, Walter
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Der Stuttgarter Landtag
1457 - 1957. Stuttgart 1957
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Landeszentrale für
politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg.)
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Baden-Württemberg. Eine
kleine politische Landeskunde. Landeszentrale für
politische Bildung. Stuttgart 2002. Neuausgabe 2007
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Lorenz, Sönke /
Mertens, Dieter / Press, Volker (Hrsg.)
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Das Haus Württemberg. Ein
biographisches Lexikon. Kohlhammer-Verlag 1997.
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Maier, Ulrich |
Der "Wahre Jacob" als Ministerpräsident? Wilhelm Blos
und die Novemberrevolution 1918 in Württemberg. In:
Schwäbische Heimat, Heft 1, Januar - März 1918 |
Rinker, Reiner /
Setzler, Wilfried (Hrsg.)
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Die Geschichte
Baden-Württembergs. Theiss-Verlag. 2. Auflage 1987
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Sauer, Paul
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Württembergs letzter
König. Das Leben Wilhelms II., Stuttgart 1994.
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Waßner, Manfred
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Kleine Geschichte
Baden-Württembergs. Theiss-Verlag 2002
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Weber, Reinhold /
Wehling, Hans-Georg
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Geschichte
Baden-Württembergs. Beck Wissen. 2007
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Weller, Karl / Weller,
Arnold
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Württembergische
Geschichte im südwestdeutschen Raum. Theiss-Verlag. 10.
Auflage 1989.
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Deutsche Geschichte 1870 - 1890
Deutsche Geschichte 1890 - 1914
Deutsche Geschichte 1914 - 1918
Köngen 1850-1900 (exemplarisch für ein Dorf)
Literaturhinweise
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Stand: 22.06.2021
Copyright © 2021 Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V.
Autor: Dieter Griesshaber
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