Schwaben 1400 - 1520

 

 

 

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Württemberg im Späten Mittelalter (1250 - 1400)

Württemberg vom Späten Mittelalter bis zur Reformation (1400 - 1520)

Württemberg von der Reformation bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1520 - 1618)

Württemberg in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648)

Württemberg in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648)

Württemberg in der Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts (1648 - 1750)

Württemberg von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation (1750 - 1806)

Württemberg in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (1806 - 1850)

Württemberg von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gründung des Deutschen Reiches (150-1871)

Württemberg als Bundesstaat des Deutschen Reiches

Württemberg in der Zeit der Weimarer Republik

 

 

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 Deutschland 1400 - 1517      Deutschland 1517-1521    Köngen 1400 - 1520 (exemplarisch für ein Dorf)     Literaturhinweise


Das Land Schwaben vom Ende des späten Mittelalters bis zur Reformation 


  • Die Teilung des Landes im Jahr 1442

  • Graf Eberhard IV. (* 1388 † 1419, reg. 1417 - 1419) war mit Henriette, der Erbin der Grafschaft Mömpelgard (südlich von Belfort, im französischen Sprachgebiet, jedoch zum Deutschen Reich gehörig) verheiratet.

 

Eberhard IV. ,  Graf von Württemberg (*1388, † 1419), reg. 1417 - 1419.

Chorfenster in Tübingen

Mömpelgard blieb bis 1793 beim Hause Württemberg. Seine Lage zwischen dem habsburgischen Sundgau im Oberelsass und der Grafschaft Burgund ermöglichte die Verbindung Württembergs mit dem romanischen Kulturkreis.

  • Nach dem Tod Graf Eberhards IV. übernahm seine Frau Henriette die Vormundschaft für die zwei minderjährigen Söhne Ludwig (* 1412, † 1450) und Ulrich (* 1413). Graf Ludwig I. gelangte 1426 an die Regierung; von 1433 bis 1441 regierte er gemeinsam mit seinem Bruder Graf Ulrich V.

Graf Ludwig I. heiratete 1436 Mechthild von der Pfalz, die Schwester des Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz. (*1419 † 1482). Am 29.1.1441 ist die Hochzeit Ulrich V. mit Margarethe von Cleve. Wenige Wochen nach dieser Hochzeit waren die Brüder im Alten Schloss in Stuttgart dermaßen zerstritten, dass sie sich zur Teilung des Landes entschlossen. Neben der Uneinigkeit der Brüder wird in der Forschung der hohe Anspruch Margarethe von Cleves als Ursache für die folgenschwere Entscheidung angeführt.

  • 1442: Der Nürtinger Vertrag legte eine Teilung des Landes fest (Erbvertrag).

  • Der Anteil Graf Ludwigs I. umfasste die westliche und südliche Hälfte des Landes mit den Städten Urach, Münsingen, Tübingen, Balingen, Tuttlingen, Calw, Herrenberg u. a. (Uracher Teil).

  • Graf Ulrich V. (der Vielgeliebte) erhielt Stuttgart, Cannstatt, Waiblingen, Schorndorf, Marbach, Göppingen, Nürtingen, Neuffen, Nürtingen u. a. (Stuttgarter Teil).

  • Mit dem Nürtinger Vertrag setzten sich die beiden Grafen über den von Kaiser Karl IV. bestätigten Hausvertrag von 1361 hinweg, der gemäß der 'Goldenen Bulle' die Grundsätze der Unteilbarkeit und Unveräußerlichkeit auch für Württemberg geltend gemacht hatte.

Seit dem Erlass der Goldenen Bulle im Jahre 1356  stand den Kurfürsten die Kaiserwahl zu. Dasselbe Gesetz verlieh ihnen weitere Vorrechte: Unteilbarkeit ihrer Länder, höchste Gerichtsbarkeit, mehrere wichtige Regalien wie z.B. Münze und Bergwerk.

  • Die Landesteilung brachte nicht nur die Entstehung zweier voneinander unabhängiger Herrschaftsgebiete mit sich, sondern auch die Ausbildung zweier Grafenhöfe in Stuttgart und in Urach. Beide Höfe verfügten über unterschiedliche Ausgangssituationen. Während Ulrich V. über den etablierten Hof in Stuttgart verfügen konnte, musste Ludwig I. in Urach erst eine Residenz erbauen. Trotz der Landesteilung waren die folgenden vierzig Jahre bis zur Wiedervereinigung 1482 von gegenseitiger Einflussnahme geprägt, aufgrund der räumlichen und verwandtschaftlichen Nähe der Höfe nicht ausbleiben konnte.

  Landesteilung der Grafschaft Württemberg im Jahr 1442


Bildquelle: Landesarchiv Württemberg
  • Die Entwicklung im Uracher Landesteil

  • Graf Ludwig I. baute das kleine Urach zur Residenz aus. Die Stadt Urach gehörte seit 1265 zum Besitz der Württemberger. Durch die Festung Urach war der Ort gut gesichert. Zunächst wohnte Ludwig I. auf dem Hohenurach, ehe das Stadtschloss, das er ab 1443 errichten ließ, fertig gestellt war. Der Bau von Schlössern und Kirchen sollte, so schreibt der Historiker Decker-Hauff,  "vergessen helfen, dass der Landesherr nur noch über ein halbes Land gebot". In den Quellen aus dieser Zeit  wird Ludwig als "überaus verstendiger Herr" beschrieben, der "nit krieg geführt, aber löblich und fürstlich regiert" hat. Über Mechthild, die Frau Ludwigsschreibt der Historiker Decker-Hauff: "Hochgeboren und strahlend schön, geistvoll und gebildet, voll Charme und Mutterwitz, beredt und belesen, heiter gesellig und doch nachdenklich - schon den Zeitgenossen schien diese Frau ein Wunder."

   

Ludwig I. Graf von Württemberg (*1412, † 1450)

Chorfenster in Tübingen

 

  • Bei seinem Tod im Jahre 1450 hinterließ Graf Ludwig I. die zwei unmündigen Söhne Ludwig II. und Eberhard V. (später Eberhard im Bart genannt). Ludwig II. starb bereits 1457. Im Jahr 1459 wurde Eberhard V. im Alter von 14 Jahren für volljährig erklärt.

  • Die Vormundschaft für Ulrich und Eberhard sicherte sich Ulrich V., der Herrscher im Stuttgarter Landesteil. Zusammen mit 39 Uracher Räten bildete er bis zur Volljährigkeit Ludwigs II. die Übergangsregierung. Die laufenden Geschäfte wurden vom Landhofmeister und vier Räten geführt. Der Landhofmeister (Albrecht Speth) stand auch an der Spitze der Landesverwaltung, die sich aus Lokalverwaltungen, den Ämtern, und der Zentralverwaltung zusammensetzte.

Die folgenden Jahre waren von Konflikten zwischen den Uracher Räten und Ulrich V. geprägt. Die Uracher Räte warfen Ulrich V. vor, dem Uracher Hof zu hohe Kosten zu verursachen. Ulrich V. missfielen die weitreichenden Befugnisse des Landhofmeisters, der im Alleingang Entscheidungen traf. Der Uracher Grafschaftsanteil war in der Folge nicht mehr in der Lage, politische Macht zu entfalten. Erst als Eberhard V., der zweite Sohn Ludwigs I., im Jahre 1459 die Herrschaft antrat, begann der Aufschwung des Uracher Landesteils. Eberhard V. gelang es, seine Grafschaft aus allen größeren Auseinandersetzungen weitgehend herauszuhalten und seine Herrschaft zu festigen und zu erweitern.

  • Nach dem Tod ihres Ehemannes heiratete Mechthild im Jahr 1452 in zweiter Ehe den Erzherzog Albrecht VI. von Österreich, den Bruder Kaiser Friedrichs III. Ihrer Initiative war es zu verdanken, dass im Jahr 1457 im damals vorderösterreichischen Freiburg im Breisgau eine Universität gegründet wurde. Der Sohn Mechthilds, Graf Eberhard V. (Graf Eberhard im Bart), wahrte die guten Beziehungen zum österreichischen Kaiserhaus (genauer: zu Kaiser Maximilian, dem Sohn Friedrichs III.)

 

Trotz starker Bedrängung durch ihren Schwager Ulrich V., dem Oberhaupt der Stuttgarter Linie gelingt es Mechthild  nach dem Tod ihres ersten Mannes (1450), ihrem Sohn Eberhard die Herrschaft über Württemberg-Urach zu sichern. Mechthild ist nicht nur eine knallharte Politikerin, sondern auch eine Mäzenin, die Wissenschaften, Kunst und Kultur fördert. So wird auf ihr Betreiben Boccaccios "Decamerone" ins Deutsche übersetzt. Ihre Bibliothek umfasst 100 Handschriften

  • Mit der Regierung Eberhards V. begann der Aufschwung des Uracher Landesteils. Eberhard V. gelang es, seine Grafschaft aus allen größeren politischen und militärischen Auseinandersetzungen weitgehend herauszuhalten und im Laufe der Zeit seine Herrschaft zu festigen und zu erweitern.

   




Mechthild von der Pfalz
(* 1419, † 1482)


Landesarchiv BW  (Ausschnitt) 

  • 1477: Graf Eberhard im Bart schafft sich mit der Gründung der Universität Tübingen einen kulturellen Mittelpunkt in seinem Landesteil.

 

Mechthild, die Mutter von Graf Eberhard im Bart, hat einen großen Anteil an der Gründung der Universität Tübingen. In der Stiftungsurkunde wird sie gleichrangig mit Eberhard als Stifterin erwähnt und von Papst Sixtus IV. seine "in Christus geliebte Tochter" genannt.

  • Graf Eberhard strebt intensiv die Wiedervereinigung der beiden Landesteile an. Im Uracher Vertrag von 1473 wird bestimmt, dass in beiden Landeshälften beim Aussterben der einen männlichen Linie die andere nachfolgen soll.

  • Die Entwicklung im Stuttgarter Landesteil

  • Nach der Landesteilung 1442 war Ulrich V. der alleinige Herrscher am Stuttgarter Hof. In den folgenden Jahren entwickelte sich Stuttgart zu einem Ort prachtvoller Festlichkeiten. Die kostspielige Hofhaltung war einer der Gründe für die wachsenden Schulden des Grafen. Ulrich heiratete noch zweimal (1445 und 1453), nachdem zunächst Margarethe von Cleve, danach Elisabeth von Baiern, früh verstorben waren. Dass es sich bei allen drei Ehefrauen (die dritte war Margarete von Savoyen, eine Enkelin Philipps des Kühnen) um Herzogtöchter handelte, unterstreicht das Ansehen, das die Grafschaft genoss.

  • Nach der Landesteilung behielt Ulrich V. Stuttgart als Residenz bei. Zwar war ursprünglich die Stadt Neuffen zur Residenz ausersehen, doch konnte sie sich nicht gegen den seit knapp zweihundert Jahren gewachsenen Herrschaftsmittelpunkt Stuttgart durchsetzen.

  • Die von Graf Eberhard I. neu erbaute Wasserburg, das heutige 'Alte Schloss', wurde zu einem Aufenthaltsort des gräflichen Hofs.

  • Unter Ulrich V. entwickelt sich Stuttgart zu einem Ort prachtvoller Festlichkeiten. Dass es sich bei allen drei Ehefrauen um Herzogtöchter handelte, unterstreicht dabei das Ansehen, das Grafschaft Württemberg genoss, und dem Ulrich V. mit einem repräsentativen Hof gerecht werden musste. Als Höhepunkt neben den Hochzeiten kann der Besuch des burgundischen Herzogs Philipp der Gute im Jahr 1554 gelten.

  • Graf Ulrich V. war fast ständig in unnötige Händel verstrickt, die seiner Landeshälfte großen wirtschaftlichen Schaden zufügten. Vom Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach wurde er 1449 zur Teilnahme an dem Städtekrieg mit Esslingen veranlasst. Dabei ging es vor allem um die Zerstörung von wirtschaftlichen Ressourcen (z.B. die Zerstörung der Äcker und Weinberge).

    Ulrich V. von Württemberg (* 1413, † 1480), 1433 - 1441 Graf von Württemberg, 1441 - 1480 Graf von Württemberg im Stuttgarter Landesteil

Hauptstaatsarchiv Stuttgart
 

  • Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Friedrich III. und den pfälzischen und bayerischen Linien der Wittelsbacher stellt sich Ulrich V. auf die Seite des Kaisers. Als Ulrich V. und Markgraf Karl von Baden 1462 in die Kurpfalz eindringen, werden sie von dem Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz bei Seckenheim (zwischen Heidelberg und Mannheim) geschlagen. Ulrich V. gerät in pfälzische Gefangenschaft und wird erst ein Dreivierteljahr später gegen ein hohes Lösegeld freigelassen. Durch das Lösegeld wird die ohnehin bereits verschuldete Grafschaft empfindlich getroffen.

  • Stuttgart verdankt Ulrich V. seine größte mittelalterliche Erweiterung. Allerdings musste sich die Stadt hoch verschulden.

Trotz des Unglücks, das die vielen Händel und Kriege dem Land einbrachten, war Ulrich V. bei seinen Untertanen durchaus beliebt. Zu seinem Beinamen 'der Vielgeliebte' (Beneamatus) mögen seine Schenkungen an Kirchen  und Klöster sowie sein offenes, freundliches Wesen beigetragen haben.

  • Im Jahr 1480 stirbt Ulrich V.. Seine beiden Söhne Heinrich und Eberhard waren wegen ihrer Anlage zur Geisteskrankheit unfähig, zu regieren.

  • Eberhard hatte während der Gefangenschaft seines Vaters mit einigen Räten eine provisorische Regierung gebildet. Er galt als äußerst verschwenderisch. Sein Lebenswandel war Anlass für viele Konflikte zwischen ihm und Ulrich V. . Heinrich, der eigentlich eine geistliche Laufbahn einschlagen sollte, forderte von seinem Vater einen Anteil an der Herrschaft, so dass die Gefahr einer weiteren Landesteilung drohte. Durch den Uracher Vertrag von 1473 wurde Heinrich entschädigt: Er erhielt Mömpelgard, das eigentlich zum Uracher Landesteil gehörte, sowie weitere linksrheinische württembergische Gebiete.

  • Indem Ulrich V. selbst nicht mehr in der Lage war, die Probleme mit seinem Sohn Eberhard zu lösen und die Disziplin an seinem Hof aufrechtzuerhalten, war der Stuttgarter Hof an seinem absoluten Tiefpunkt angelangt. Der eigentliche Herrscher konnte keine Macht mehr entfalten. Stattdessen war es Eberhard V., der mehr und mehr die Geschicke Stuttgarts bestimmte. Im Laufe der 1470er Jahre hatte er sich beträchtlichen Einfluss im Stuttgarter Landesteil sichern können. Seit 1478 hat er praktisch auch in Stuttgart regiert.

  • Wiedervereinigung der beiden Landesteile

  • Im Münsinger Vertrag von 1482 erfolgt der Zusammenschluss der beiden Teile Württembergs unter Graf Eberhard V. (Graf Eberhard im Bart). Graf Eberhard VI., der Sohn Ulrichs V., verzichtete zugunsten seines Vetters. Neben der Wiedervereinigung legte der Vertrag die alleinige Regierungsbefugnis Eberhards V. fest. Stuttgart wurde zur Residenz bestimmt.

  • Durch den Stuttgarter Vertrag von 1485 und den Esslinger Vertrag von 1492 wird die Unteilbarkeit des Landes endgültig gesichert.

  • Die Regierungszeit von Eberhard im Bart (1459 - 1496)

  • Im Jahr 1495 erlässt Graf Eberhard im Bart mit der "Landesordnung" die erste einheitliche Gesetzgebung für Württemberg.

    Graf Eberhard im Bart von Württemberg (* 1445, † 1496), regierte als Graf seit 1457 unter Vormundschaft, seit 1459 als Eberhard V., Graf von Württemberg, ab 1495 als erster Herzog von Württemberg 

  • Neuorganisation der Verwaltung

  • Die Landesverwaltung bekommt im Münsinger Vertrag einen dauernden Sitz zugewiesen: Stuttgart wird zur Residenz und Hauptstadt des Landes erklärt.

  • Um wirkungsvoll in die wirtschaftlichen, kirchlichen und sozialen Verhältnisse des Staates eingreifen zu können, baut Eberhard im Bart die Zentralregierung aus.

  • Während der Staat sich im Mittelalter auf Friedensbewahrung und Rechtsschutz beschränkt hatte, blieb jetzt kaum noch ein Gebiet, das von staatlichem Interesse unberührt blieb. So war  zum Beispiel durch die Ausdehnung des landesherrlichen Regiments auf die Kirche ein weiterer Ausbau der zentralen Verwaltung notwendig. Wenig Veränderung gab es bei den territorialen Verwaltungseinheiten, den 'Ämtern'.

  • Aufgrund des stetig anwachsenden Schriftverkehrs wurde eine Kanzlei eingerichtet. Im Jahr 1496 kam das bisher von Klerikern besetzte 'Kanzleramt' in die Hände weltlicher, juristisch geschulter Berufsbeamter. In der Regierung tritt der 'Kanzler' neben den Landhofmeister.

  • Der ‚Landesherrliche Rat’ in seiner Funktion als Spitze der Verwaltung  war das wichtigste Instrument des Landesherrn beim Aufbau eines starken Territorialstaates. Die zentralen Behörden und territorialen Gerichte waren durch Mitglieder dieses Gremiums besetzt.

  • Der 'Landesherrliche Rat' hatte sich im 15. Jahrhundert zu einem Kollektivorgan entwickelt, in dem zunächst ausschließlich Adlige als Räte tätig waren. In der Zeit der Ausgestaltung der Landesherrschaft benötigte man auch ausgebildete Juristen als Räte. Zu den Aufgaben der Juristen gehörten neben dem Verfassen von staatsrechtlichen Verträgen auch die Schlichtung von politischen und verfassungsrechtlichen Streitigkeiten. Außerdem waren sie am württembergischen Hofgericht tätig. 

  • Johannes Reuchlin (1455 - 1522), der bedeutende christliche Humanist, war lange Zeit als Richter und Rat in württembergischen Diensten tätig. In den Jahren 1483 bis 1493 begegnen wir ihm mehrfach als Beisitzer am württembergischen Hofgericht. Am Hof des Grafen und späteren Herzogs Eberhard im Bart machte er eine steile Karriere.

    Johannes Reuchlin (* 1455, † 1522), deutscher Philosoph und Humanist 

Bereits im Jahr 1482 war der in Pforzheim geborene Johannes Reuchlin aufgrund seiner hervorragenden Lateinkenntnisse an den Verhandlungen des Grafen mit Papst Sixtus IV. in Rom beteiligt. Dabei ging es vor allem um landesherrliche Rechte bei der Vergabe geistlicher Lehen. Seit 1483 ist Reuchlin als einer der besoldeten Räte nachweisbar. Eine der wichtigsten Missionen im Auftrag Graf Eberhards führte ihn im Jahr 1492 an den Hof Kaiser Friedrichs III. nach Linz. Zusammen mit Hans von Frundsberg bemühte er sich dort erfolgreich um eine dreijährige Verlängerung des Schwäbischen Bundes über 1496 hinaus. Dabei konnte er seine zuvor brieflich hergestellten guten Kontakte zu den humanistisch gebildeten Räten am Kaiserhof nutzen.1502 wurde Johannes Reuchlin einer der drei Richter des Schwäbischen Bundes.

  • Mitbestimmung der Landstände

  • Die Landstände, bestehend aus der Ritterschaft und der "Landschaft" (den Abgeordneten der "Ämter"), im allgemeinen die Vertreter der vermögenden bürgerlichen Oberschicht (der sog. Ehrbarkeit)  und den Prälaten der Klöster, gewinnen erstmals Einfluss auf die Bildung der Landesregierung und die Ausübung der Regierungsgewalt.

  • Im Stuttgarter Landesteil war bereits im Jahr 1457 eine Notlage des Landesherren (Ulrich V.) entstanden, die ihn dazu zwang, sich der Solidarität der Landschaft zu versichern. Angesichts einer drohenden militärischen Auseinandersetzung mit der Kurpfalz (Pfalzgraf Friedrich) und mit Baden, gelang es Ulrich V. von Ritterschaft und Landschaft die Zustimmung zu einer Sondersteuer zu erhalten.

In diesem Zusammenhang spricht man von einer ersten politischen Teilhabe der bürgerlichen Schicht und von dem Zusammentreten eines ersten württembergischen Landtags im Sommer 1457 in Stuttgart. In einem zweiten Landtag, der im November 1457 in Leonberg stattfand, erklärte sich der Uracher Landesteil bereit, Graf Ulrich V. in den Auseinandersetzungen mit der Pfalz wegen der Vormundschaft über seinen Neffen Eberhard im Bart zu unterstützen, verlangte jedoch dafür die Mitwirkung an der Ausübung der Regierungsgewalt.

  • Der Bedarf der Mitfinanzierung der wachsenden Staatsaufgaben durch die Landstände war der Grund dafür, dass sie während der Regierungszeit von Graf Eberhard immer häufiger in die Landespolitik einbezogen wurden. Der Landtag war jedoch noch kein Bestandteil der Verfassung.

  • Die geistlichen Repräsentanten, die in vielen Fällen adeliger Herkunft waren, dienten bereits vor Beginn der landständischen Teilnahme an der Politik des Landes als Berater der Grafen. Unter Graf Eberhard im Bart formierten sich die Prälaten zu einem aktiven Landstand und wurden zum Mitgaranten der Wiedervereinigung Württembergs (1482).

  • Die Ritterschaft fühlte sich bald nicht mehr zur Steuerleistung verpflichtet; sie beteiligte sich nur selten an den Landtagsverhandlungen bei denen es meistens um Steuerbewilligungen ging.

  • Die Gründung des Schwäbischen Bundes am 14. Februar 1488 auf dem Reichstag in Esslingen

  • Zweck: Vordergründig ging es um die Durchführung des 1486 auf zehn Jahre festgesetzten Frankfurter Landfriedens. Das eigentliche Ziel des auf die Initiative des Habsburger Kaisers Friedrich III. zurückgehenden Bundes war es, ein politisches und militärisches Gegengewicht gegen die Macht Bayerns und der Schweizer Eidgenossen zu bilden. Für Kaiser Friedrich III. spielte die Berufung auf Schwaben als "ewer recht vatterlandt" eine große Rolle: Ihm sei nach göttlichem und natürlichem Recht Ehre und Treue geschuldet. Nach 1496 war der Schwäbische Bund nur noch das Instrument der Habsburger zur Sicherung ihrer Vorherrschaft in Süddeutschland.

  • Mitglieder: Fürsten (Erzherzog Sigmund von Tirol und Vorderösterreich, Graf Eberhard im Bart von Württemberg), Reichsstädte, Rittergesellschaften (Rittergesellschaft St. Georgsschild u.a.). Der Bund gewann auch Mitglieder außerhalb Schwabens.

  • 1495: Württemberg wird Herzogtum

   

Württembergisches Wappen anlässlich der Herzogerhebung. Miniatur in einer Papierhandschrift, entstanden im 16. Jahrhundert

Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 602 Nr. 373 d, 95v-96r

 
 

Der 'Herzogbrief' erklärte die württembergischen Besitzungen in Schwaben zu einem unteilbaren und unveräußerlichen Reichslehen und Herzogtum; das Erstgeburtsrecht im Haus Württemberg wurde reichsrechtlich festgelegt.

Wenn es je so etwas wie eine altwürttembergische Nationalhymne gegeben hat, dann gewiss das Lied von Justinus Kerner: "Preisend mit viel schönen Reden / Ihrer Länder Wert und Zahl / Saßen viele deutsche Fürsten / Einst zu Worms im Kaisersaal ... ". Zu diesem rhetorischen Wettstreit kam es 1495 auf dem Wormser Reichstag. Der eine Fürst hob den Silberreichtum seiner Berge, der andere die Fruchtbarkeit seines Landes, der dritte seine starken Städte und wohlhabenden Klöster hervor. Eberhard im Bart, Württembergs geliebter Herr, meinte schließlich, auf derlei Schätze könne er kaum pochen, dafür sein Haupt unbedenklich jedem Untertan in den Schoß legen. Darauf seien sich alle Fürsten einig gewesen, dieser kleine Graf Eberhard sei der reichste unter ihnen, sein Land berge den Edelstein der Treue. - Was Kerners Lied verschweigt, ist die Tatsache, dass Eberhard auf diesem Wormser Reichstag am 21. Juli 1495 für sich und seine Nachkommen die Herzogwürde erhielt.

  • 1496: Tod von Eberhard im Bart

  • Am Ende des 15. Jahrhunderts war der Bodenseeraum eines der Zentren bei der Entstehung von Hexenwahn und Hexenverfolgung in Europa. In den 1480er Jahren wurden hier mindestens 48 Frauen als Hexen bei lebendigem Leib verbrannt. Dies war die erste große systematische Verfolgung von Frauen als Hexen im christlichen Abendland. Der 1486 erschienene 'Malleus Maleficarum' (Hexenhammer) war ein von dem päpstlichen Inquisitor Henricus Institoris (Heinrich Kramer) verfasstes Handbuch für 'Hexenjäger'.

 

Das Fühlen, Denken und Handeln der Menschen wurde seit Jahrhunderten von dem Glauben an das Übersinnliche, an gute und an unheilvolle Mächte mitgeprägt. Die Macht, die man Dämonen, Geistern und Hexen zuschrieb, war grenzenlos. Alles, was menschliches Fassungsvermögen überstieg, konnte in diesem Weltbild nur durch zauberische Kräfte und Handlungen geschehen. Sie bedrohten Mensch, Vieh und Umwelt. Schutz- und Abwehrzeichen wie Drudenfüße, Hexagramme, Amulette und Talismane sollten das "Böse" abwehren. Kirchliche Schutzmittel waren Gebete, Wallfahrten und Prozessionen. Im 15. Jahrhundert schuf die Inquisition, ein von päpstlicher Autorität getragenes Sondergericht zur Verfolgung von Ketzern (Ketzer = jemand, der von der offiziellen Kirchenmeinung abweicht) , einen "neuen" Hexenbegriff. Die Inquisitoren übertrugen wesentliche Elemente ihres Feindbilds "Ketzer" auf die "Zauberinnen" und erfanden die "neue" Hexensekte. Die Vorstellung von Hexen und dem von ihnen durch Zauber verursachten Krankheiten und Missernten bot für viele Menschen neben der Erklärung der Krisensituation auch die Möglichkeit für eine konkrete Gegenaktion: Für die Bevölkerung und auch für die Institutionen der Kirche und der Justiz stand fest, dass die Hexen, die anderen Schaden zufügen, mit dem Tode bestraft werden mussten. Die Verbrennung der "Hexen" bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen wurde unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. Die Geschichtswissenschaft geht heute davon aus, dass auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches etwa 25.000 Menschen als "Hexen" hingerichtet wurden. Etwa 80 Prozent davon waren Frauen. (Schmauder)

  • Die Regierungszeit von Herzog Eberhard II. (1496 - 1498)

  • Da Herzog Eberhard im Bart kinderlos war, folgte ihm 1496 sein Vetter als Herzog Eberhard II.

  • Mit Duldung des Kaisers Maximilian setzten die württembergischen Landstände den selbstherrlich und korrupt regierenden Herzog im Jahr 1498 wieder ab und bildeten eine eigenen Regierung aus so genannten 'Regimentsräten'. Die vom Landtag berufenen und vom Kaiser anerkannten Räte sollten für die Zeit der Unmündigkeit Herzog Ulrichs, dem Sohn des geisteskranken Grafen Heinrich, die Regierung in Württemberg übernehmen.

Der zum Verzicht gezwungene Herzog Eberhard II. trat seinen Anspruch auf das württembergische Herzogtum an Kurfürst Philipp von der Pfalz, einen Widersacher des Kaisers, ab.

  • Im Sommer 1503 wurde der junge Herzog Ulrich von Kaiser Maximilian auf dem Freiburger Reichstag für mündig erklärt. Damit wollte der Kaiser erreichen, dass nach fünf Jahren 'Interimsherrschaft' wieder die alten Verhältnisse, also die Regierung Württembergs durch einen Herzog, einkehrten. Maximilian versprach sich  von Ulrich einen verstärkten Einfluss des Hauses Habsburg in Südwestdeutschland auf Kosten der mächtigen Kurpfalz.

  • Die Regierungszeit von Herzog Ulrich (1498 - 1550)

 
 

Herzog Ulrich von Württemberg (*1487, † 1550), reg. 1498 - 1550

Bildquelle: Landesmedienzentrum Baden-Württemberg

  • Im 'Landshuter Erbfolgekrieg' (auch 'Pfälzischer Erbfolgekrieg' genannt) , der im Jahr 1504 zwischen der Kurpfalz und Bayern über das Erbe Herzog Georgs des Reichen von Bayern-Landshut ausgebrochen war, drang Herzog Ulrich auf der Seite des Kaisers Maximilian und des Herzogs Albrecht von Bayern in die Pfalz ein. Seine Eroberungen (des Klosters Maulbronn, der Grafschaft Löwenstein, der Ämter Neuenstadt, Möckmühl und Weinsberg) konnte er nach dem Friedensschluss behalten.

Herzog Georg von Bayern-Landshut hatte vor seinem Tod im Dezember 1503 testamentarisch verfügt, dass seine Tochter Elisabeth, die mit dem Pfalzgrafen Ruprecht, dem Sohn des Kurfürsten Philipp von der Pfalz, verheiratet war, das Erbe antreten sollte. Diese Verfügung widersprach den bayerischen Hausverträgen, nach denen die beiden bayerischen Herzöge erbberechtigt waren. Kaiser Maximilian, der einen weiteren Machtzuwachs der Kurpfalz verhindern wollte, erklärte das Testament Hans Georgs für ungültig und belehnte die Herzöge mit Bayern-Landshut. Als Ruprecht im April 1504 mit einem pfälzischen Heer in Landshut einzog brach der Krieg aus.

  • Kampf um Macht und Mitbestimmung im Innern

  • Die Landstände (Prälaten, Ritterschaft und die 'Landschaft') suchten ihren politischen Einfluss gegenüber Herzog Ulrich zu erweitern.

  • Das bürgerliche Element, die Vertreter der Amtsstädte, welche die 'Landschaft' bildeten, suchten die übrigen Landstände, die Prälaten und die Ritter, politisch zu verdrängen. In der 'Landschaft' waren hauptsächlich diejenigen bürgerlichen Familien vertreten, die durch Grundbesitz, Weinbau und Handel mächtig geworden waren. Diese sog. Ehrbarkeit war untereinander versippt und verschwägert und stellte einen großen Machtfaktor dar.

Die 'Landschaft' verdrängte die übrigen Landstände von den Spitzenpositionen am herzoglichen Hof und in der Regierung. Im Zusammenspiel mit dem Herzog wurden zu den Landtagen keine Vertreter des Ritter- und Prälatenstandes eingeladen.

  • Die ländlichen Gemeinden befanden sich in ständigem Konflikt mit den herzoglichen Amtsträgern, deren Kompetenz im Zuge der Tendenz, einen starken Territorialstaat zu schaffen, ständig ausgeweitet wurde. Die bisherigen Freiräume der Gemeinden (Wald- und Weidenutzung, kommunale Selbstverwaltung)  wurden dadurch eingeschränkt.  Zur gleichen Zeit wurden die Frondienste ausgeweitet und die Gerichtsbarkeit im Forstbereich verschärft.

In der Ersten Württembergischen Landesordnung von 1495 waren die Weichen für einen starken Territorialstaat gestellt worden.

  • Das 'gemeine Volk' konnte weder in den Städten noch in den Dörfern politisch Einfluss nehmen. Es wurde von den Inhabern der einflussreichen politischen Ehrenämter (der 'Ehrbarkeit')  politisch und wirtschaftlich bevormundet. Neben der Unzufriedenheit mit den Maßnahmen der herzoglichen Amtsträger war dies ein weiterer Grund für den Protest des 'gemeinen Volkes' gegen die Obrigkeit. Eine Möglichkeit der politischen Auseinandersetzung mit der Obrigkeit gab es für das gemeine Volk nicht; der Zugang zum Landtag war ihm verwehrt. Steigende Lebensmittelpreise verstärkten die sozialen Gegensätze.

  • Als Herzog Ulrich im Mai 1514  versuchte, seine durch vermehrte Staatsausgaben und eigene Prunksucht entstandene hohe Schuldenlast mittels der Erhebung einer Verbrauchssteuer auf die wichtigsten Lebensmittel abzutragen, kam es landesweit zu breitem Widerstand des 'gemeinen Volkes'.  Dieser Widerstand ist als Aufstand des Geheimbundes 'Armer Konrad' bekannt geworden.

  • Der 'Arme Konrad' war ein Sammelbecken von Personen aus allen politischen und sozialen Schichten. Propagiertes Ziel war die Ausweitung der politischen Handlungsmöglichkeiten des einfachen Volkes gegenüber der Ehrbarkeit. Auch gegen die drastische Einschränkung der bisherigen Freiräume der Gemeinden, die besonders im Bereich der Waldnutzung und bei der politischen Selbstbestimmung spürbar war, trat der Bund ein. Es ist nicht zu bezweifeln, dass der 'Arme Konrad' außerdem den Umsturz der bestehenden Herrschaftsordnung anstrebte.

Die Hoheitsrechte des Landesherrn sollten von einer Gesellschaftsform abgelöst werden, die auf dem Prinzip der Gleichheit beruhte. Im einzelnen forderte der Arme Konrad die gleichmäßige Aufteilung der landwirtschaftlich genutzten Fläche unter die Gesamtbevölkerung, persönliche Freiheit sowie Freigabe von Wald, Jagd und Fischerei.

 
 

Illustration zu einem Reimgedicht über den Armen Konrad. Entstanden im Frühjahr 1514.

Bildnachweis: Deutsches Landwirtschaftsmuseum Hohenheim

  • Der Versuch des Armen Konrad, anlässlich des Kirchweihfestes in Untertürkheim am 28. Mai 1514  alle zum Widerstand bereiten Personen zusammenzuziehen, scheiterte am Verbot des Herzogs. Bei dieser Versammlung sollte die gemeinsame Zielsetzung und das weitere Vorgehen besprochen werden. Unter dem Druck des Aufstands nahm der Herzog die umstrittene Steuer zurück. Dies führte kurzfristig zu einer Beendigung der Unruhen. 

Über den 'Aufstand des Armen Konrad' haben wir eine eigene Seite erstellt.

  • Vor dem Hintergrund des drohenden Bankrotts des Staatshaushalts und des Aufstands des Armen Konrad berief Herzog Ulrich für den 26. Juni 1514 einen großen Landtag nach Stuttgart ein. Eingeladen waren nun auch wieder Prälaten, Ritter und die Abgeordneten der kleineren Städte der Landschaft. Auf dem Landtag sollten die Konflikte offen ausgetragen und für alle beteiligten Gruppen zufrieden stellend gelöst werden.

Um das Zustandekommen des Landtags nicht zu gefährden, gestand die Ehrbarkeit unter dem starken Druck des Armen Konrad den ländlichen Gemeinden eines jeden Amtes eine Interessenvertretung im Landtag zu. Gegenüber dem Herzog konnte die Ehrbarkeit jedoch durchsetzen, dass die Abgeordneten der ländlichen Gemeinden von den Verhandlungen des Landtags, die man jetzt kurzfristig nach Tübingen verlegte, ausgeschlossen wurden. Die Vertreter der ländlichen Gemeinden sollten in Stuttgart erst dann gehört werden, wenn sich die Ehrbarkeit mit dem Herzog verständigt hatte.

  • Beim Landtag in Tübingen kam es durch fürstliche und kaiserliche Vermittlung zu einem weitgehenden Interessenausgleich zwischen Herzog und Landständen. Die Ergebnisse wurden am 8. Juli 1514 im Tübinger Vertrag schriftlich festgehalten.

  • Wortführer auf dem Landtag in Tübingen waren die Vertreter des habsburgischen Kaisers. Der Interessenausgleich zwischen Herzog und Landständen ist weniger auf gegenseitige Zugeständnisse als auf einen Schiedsspruch der kaiserlichen Räte zurückzuführen.

  • Im Tübinger Vertrag verpflichteten sich die Stände über einen Zeitraum von fast vierzig Jahren für die herzoglichen Schulden aufzukommen. Als Gegenleistung erhielten sie vom Herzog umfangreiche Zugeständnisse zugesichert.

  • Entscheidend war das Mitspracherecht der Landstände bei der Steuererhebung des Landes. Daneben räumte der Herzog ein Mitspracherecht beim Kriegswesen, bei der Landesverteidigung sowie bei der Veräußerung von Landesteilen ein. Ein anderer Artikel des Vertrags gestand allen Untertanen die Abschaffung der grundherrlichen Abzugssteuer und damit 'freien Zug', d. h. freie Auswanderung zu. Allen Untertanen wird für "peinliche Verfahren" ein ordentlicher Prozess zugesichert. 

Der Adel war auf dem Landtag in Tübingen nicht vertreten. Er hatte aus freien Stücken auf die Teilnahme verzichtet. Vertreten waren das bürgerliche Element, also die Vertreter der Amtsstädte, sowie die Prälaten.

  • Im Ansatz war der Tübinger Vertrag eine verfassungsartige Grundlage für die staatliche Gewaltenteilung. Auch erste bürgerliche Grund- und Freiheitsrechte wurden verbrieft. In manchen Augen gilt der Tübinger Vertrag - nach der englischen Magna Charta Libertatum von 1215 - als das zu seiner Zeit und noch auf sehr lange Frist europa- und weltweit fortschrittlichste Verfassungswerk.

  • Langfristig bedeutete der Tübinger Vertrag eine Bestätigung der Vormachtstellung und Privilegien der "Ehrbarkeit'. Ständische Schranken wurden durch den Vertrag nicht überwunden.

Die württembergische 'Landschaft' vertrat vor allem die Behörden, die mit den Mitgliedern der 'Ehrbarkeit' (Stadtbürgerschaft) und der Geistlichkeit besetzt waren. . Nur indirekt, eben über jene Behörden, sprach die Landschaft auch für die Gesamtheit der Bevölkerung. Die große Mehrheit der Nichtprivilegierten war in den Vertrag zwischen dem Landesherrn und den Landständen nicht einbezogen.

  • Der vom 'gemeinen Volk' erhobene Anspruch auf politische Mitbestimmung und Meinungsäußerung wurde vom Herzog und der 'Ehrbarkeit" völlig ignoriert.

  • In der "Empörerordnung" wurde Widerstand gegen die Herrschaft als Straftatbestand des Landfriedensbruchs klassifiziert, auf den die Todesstrafe bestand.

  • Wegen der durch den Tübinger Vertrag zu erwartenden Lasten (Abwälzung der durch die Stände übernommenen Verpflichtung, die Schulden des Herzogs zu tilgen!) flammte der durch den "Armen Konrad" organisierte Widerstand erneut auf. Der Aufstand wurde mit Hilfe der Truppen verbündeter Fürsten und der in der 'Landschaft'  vertretenen bürgerlichen Oberschicht (der "Ehrbarkeit") des Landes niedergeschlagen. Auf der rechtlichen Grundlage der "Empörerordnung" leiteten die Sieger eine harte Strafverfolgung ein.

  • Im Mai 1515 ermordete Herzog Ulrich seinen Stallmeister Hans von Hutten. Damit brachte er sich in eine schwierige innenpolitische Lage. Der Kaiser wurde als Richter angerufen. Ulrich verweigerte sich jedoch den Kompromissvorschlägen Maximilians und ging mit großer Härte gegen führende Vertreter der Ehrbarkeit vor, so dass schließlich der Kaiser 1516 und 1518 die Reichsacht über ihn aussprach. Die Ächtung blieb zunächst ohne Folgen.

Georg-Wilhelm Hanna ist der Sache im Detail nachgegangen. Seine über 200 Seiten umfassende Magisterarbeit mit umfangreichem Quellenverzeichnis ist nicht nur wissenschaftlich exakt, sondern auch spannend zu lesen. Die Arbeit Georg-Wilhelm Hannas wird vom Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V.  als Broschüre herausgegeben und  zum Preis von 23,00 €  (plus Porto)  verkauft.

  • Die 'Außenpolitik' Herzog Ulrichs

  • 1512: Herzog Ulrich tritt aus dem "Schwäbischen Bund" aus   

  • Als Kaiser Maximilian 1519 starb, begann Herzog Ulrich in Streifzügen durch das Land sein Territorium zu vergrößern. Er überfiel die Stadt Reutlingen und verleibte sie seinem Herzogtum ein. Noch im August 1519 rückte Ulrich mit seinen Truppen bis nach Stuttgart vor und ließ sich von der Bevölkerung huldigen. Bereits zwei Monate später wurde er durch die von Ulm her anrückenden Truppen des "Schwäbischen Bundes" wegen 'Landesfriedensbruch' aus Württemberg vertrieben. 

Anlass der Eroberung Württembergs durch den Schwäbischen Bund war der Plan Herzog Ulrichs, das am 12. Januar 1519 nach dem Tod Kaiser Maximilians I. (* 1459, † 1519, reg. seit 1493) vorübergehend entstandene Machtvakuum im Reich noch im gleichen Monat für ein Annexion von Reutlingen  zu nutzen. Die Reichsstadt Reutlingen, von württembergischem Territorium umgeben, war Mitglied des "Schwäbischen Bundes". Dieser 1487 gegründete Zusammenschluss von Ständen in Schwaben diente der Wahrung des Landfriedens und der Sicherung der Rechte seiner Mitglieder.

 

So nebenbei: 1826 erschien Wilhelm Hauffs phantasievoller Roman "Lichtenstein", der die Geschichte Herzogs Ulrichs und seiner Vertreibung mit der Romanze zwischen dem Ritter Georg von Sturmfeder und der Erbin von Lichtenstein verknüpft. Vor der Übermacht des "Schwäbischen Bundes" wich Ulrich bei Köngen über den Neckar zurück. Dabei mag es zu einem Nachhutgefecht gekommen sein. In Hauffs Roman wird der Herzog dagegen von einer Handvoll Getreuer im Morgengrauen auf der Brücke von den 'Bündischen' in die Zange genommen. Die Lage scheint hoffnungslos. Der junge Ritter Sturmfeder wirft sich den auffällig grünen Mantel Herzog Ulrichs um. Der Herzog selbst "riß sein mächtiges Streitross zur Seite, spornte es, dass es sich hoch aufbäumte, wandte es mit einem starken Drucke rechts, und - in einem majestätischen Sprung setzte es über die Brüstung der Brücke und trug seinen fürstlichen Reiter hinab in die Wogen des Neckar". Die Aufmerksamkeit der Soldaten des Schwäbischen Bundes galt nur noch Sturmfeder, der sich als vermeintlicher Herzog gefangen gab. - Hauffs Worte klingen gut, er hat sich jedoch keinesfalls an die geschichtlichen Vorgänge gehalten.

 
  Ferdinand I. (*1503,  †1564), 1526 König von Böhmen und Ungarn, römischer König seit 1531, Kaiser 1556 - 1564

  • Mit dem Verkauf Württembergs wollte sich der 'Schwäbische Bund' vor einem erneuten Eindringen Herzog Ulrichs schützen. Am 6. Februar 1520 wurde Württemberg von kaiserlichen Kommissaren übernommen.  

  • Im österreichisch gewordenen Württemberg übernahm der Niederländer Maximilian von Zevenberghen die Regierung. Die Ehrbarkeit erhielt weitgehende Mitspracherechte und dominierte den Landtag. Der Adel wurde an der Regierung beteiligt. Im Bereich der Zentralverwaltung richtete Karl V. eine kollegial organisierte Finanzbehörde ein, die Rentkammer.


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Hie gut Wirtemberg allewege. Band 1: Das Haus Wirtemberg von Graf Ulrich dem Stifter bis Herzog Ludwig

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'Frühe Hexenverfolgung in Ravensburg und am Bodensee' in: Schwäbische Heimat, Heft 2017/2

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Kleine Geschichte Baden-Württembergs. Theiss-Verlag 2002

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Geschichte Baden-Württembergs. Beck Wissen. 2007

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