Deutschland 1648 - 1740

 

 

 

 

 

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Inhalt

 

Die Welt des späten Mittelalters (1250 - 1400)

Das Ende der Luxemburger und der Aufstieg der Habsburger Kaiserdynastie (1400 - 1517)

Die Reformation von Luthers Anschlag der 95 Thesen bis zum Wormser Reichstag (1517 - 1521)

Der Dreißigjährige Krieg (1618 - 1648)

Vom Westfälischen Frieden (1648) bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen (1740)

Der Aufstieg Preußens zur europäischen Großmacht (1740 - 1763)

Die Französische Revolution bis zum Ende der Diktatur Robespierres (1789 - 1794)

Deutschland in der Zeit der Französischen Revolution und der Herrschaft Napoleons (1789 - 1815)

 Restauration und Revolution (1815 - 1830)

Monarchie und Bürgertum (1830 - 1847)

Die Revolution von 1848/49

Von der gescheiterten Revolution 1848 bis zur Gründung des Deutschen Reiches 1871

Die Innen- und Außenpolitik Bismarcks (1871 - 1890)

Das Deutsche Kaiserreich von 1890 bis zum Ausbruch der Ersten Weltkriegs 1914

Die Industrielle Revolution in England und Deutschland (1780 - 1914)

Europäischer Kolonialismus und Imperialismus (1520 - 1914)

Der Erste Weltkrieg (1914 - 1918)

Der Weg zur Weimarer Republik 1918 - 1919

Der Kampf um die Staatsgewalt in der Weimarer Republik (1919 - 1933)

Die Machtübernahme der NSDAP und die Errichtung der Diktatur Hitlers (1933 - 1939)

Der Zweite Weltkrieg (1939 - 1945)

Der Weg in die Teilung Deutschlands (1945 - 1949)

Der Kalte Krieg: Vom Kriegsende 1945  bis zum Bau der Berliner Mauer 1961

Die Ära Adenauer (1949 - 1963)

Die Kanzlerschaft Ludwig Erhards 1963 - 1966

Kalter Krieg Teil 2: Von der Kubakrise 1962 bis zur Auflösung der Sowjetunion 1991

Die Zeit der Großen Koalition 1966 - 1969

Die Ära Brandt (1969 - 1974)

Die Kanzlerschaft Helmut Schmidts (1974 - 1982)

Die Kanzlerschaft Helmut Kohls von 1982 bis 1987

Die Kanzlerschaft Helmut Kohls von 1987 - 1989

Der Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands (Teil I: Die DDR von den siebziger Jahren bis zum Fall der Mauer im Jahr 1989)

Vom Fall der Berliner Mauer bis zur deutschen Einheit (1989 - 1990)

 

 

 
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  Das neue Weltbild     Das Deutsche Reich 1648     Angriffskriege Frankreichs     Schwedisch-polnischer Krieg     Die Rolle Österreichs     Türkenkriege     Spanischer Erbfolgekrieg     Der Aufstieg Preußen     Literaturhinweise


Das neue Weltbild


  • Der französische Philosoph René Descartes (1596 - 1650) hat das Weltgefühl seiner Zeit in ein System gebracht (cartesianisches System). Er versuchte, durch bloßes Denken die Eigenschaften und Existenzgesetze von noch nicht vorhandenen wirklichen Dingen zu finden.

  • Mit der von Descartes entwickelten analytischen Geometrie wurde es möglich, die Eigenschaften jeder Kurve in einer Gleichung auszudrücken, deren Hauptbestandteile aus zwei veränderlichen Größen, den Koordinaten, gebildet werden. Dies bedeutete nichts anderes, als die Realität in ein Koordinatensystem einzufangen, von dem aus sie mit dem Verstand jederzeit bestimmt werden kann. - Dies ist uns durch die Schulausbildung in Fleisch und Blut übergegangen, für die damals lebenden Menschen war es neu.

 

 

 

René Descartes (*1596, †1650), französischer Philosoph

  • Die Erkenntnisse aus der Mathematik werden von Descartes auch auf die Metaphysik übertragen. Der oberste Grundsatz, den Descartes aufstellt, lautet: Alles ist zweifelhaft. Selbst wenn wir berechtigt sein sollten, an etwas zu zweifeln, steht dieser unser Zweifel fest. So gelangt Descartes zu der Folgerung "Ich zweifle, daher bin ich" und, da alles Zweifeln Denken ist, zu dem Satz "Ich denke, daher bin ich" (cogito ergo sum).

  • Nach Descartes ist im Grunde die gesamte physische und metaphysische Welt ein mathematisches Problem. Aus dem Denken erhellt sich für ihn die Tatsache des menschlichen Ichs und der ganzen Welt. Die analytische Methode zerlegt die gegebene Realität zunächst in ihre "Elemente", um sie dann wieder "richtig" zusammenzusetzen. Die Welt kann also korrigiert werden. 

  • Descartes wendet sich jedoch nicht von Gott ab. Grundsätzlich kann der Mensch nicht irren, wenn er dem zustimmt, was er klar und deutlich erkannt hat. In Irrtum kann er nur verfallen, wenn er von der göttlichen Gabe der Erkenntnis nicht den richtigen Gebrauch gemacht hat.

  • Der Absolutismus, den zum Beispiel Ludwig XIV. von Frankreich aufrichtete, folgte aus dem cartesianischen System, das ein Zentrum fordert, von dem aus alles einheitlich und methodisch beherrscht und gelenkt wird. Der König ist der von Gott und der Vernunft eingesetzte Mittelpunkt des irdischen Koordinatennetzes: an ihm hat sich alles zu orientieren.

  • Erst ist der König da, dann der Staat, wie zuerst das Koordinatenkreuz da ist und dann erst die realen Punkte, Linien und Flächen. Der zeitgenössische Historiker Bossuet erklärt in einer Abhandlung, der ganze Staat, der gesamte Wille des Volkes sei im König beschlossen, nur wer dem König diene, diene dem Staat. Diese Auffassung wurde sowohl von der großen Masse des Volkes als auch von den Intellektuellen vertreten.

  • Von seiner 'Allgewalt' teilte Ludwig XIV. Einzelpersonen oder Volksgruppen so viel mit, wie ihm beliebte; er konnte den abgegebenen Machtanteil aber jederzeit an sich zurücknehmen. Das Einspruchsrecht des Parlaments wurde mittels eines bloßen Erlasses beseitigt. Nach eigenem Gutdünken hob der König Gerichtsurteile auf, verfügte die Verhaftung solcher Untertanen, die ihm missliebig waren, und setzte Sondergerichte ein, die nach seinem Willen entscheiden mussten. Die Allgewalt des Souveräns erstreckte sich auch auf den Glauben und das Wirtschaftsleben ("Ein König, ein Gesetz, ein Glaube").

    "L'État c'est moi" - der Staat bin ich. Es ist zweifelhaft, ob Ludwig XIV. diesen Ausspruch getan hat. Kein Satz beschreibt jedoch besser, was den "Sonnenkönig" und das von ihm geprägte Zeitalter des Absolutismus ausmachte: einen auf den monarchischen Entscheider zugeschnittene Zentralgewalt, personifiziert durch den Herrscher selbst, der alle Macht in seinen Händen hat.

  • Der Begriff "Barock" ist nicht zeitgenössisch. Er wurde im 19. Jahrhundert "erfunden" und steht für das Ringen um Lebensentscheidungen in der an religiösen Konflikten reichen Zeit des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts. Die katholische Kirche, herausgefordert durch die Reformation, versuchte mit der Gegenreformation die Attraktivität ihres Heilsversprechens zu steigern. Prachtvolle Architektur und reiche Kulturproduktion sollten signalisieren, dass der Katholizismus nicht nur die ferne Aussicht auf einen Platz im Paradies anbot. Auch im Diesseits, so die Botschaft, erwartete die Gläubigen - unter der Führung der allgegenwärtigen Kirche - das Erlebnis von Lebensfreude und Muße.

  • Die lutherischen Protestanten kritisierten einen verweltlichten Klerus und die Praxis des Ablasshandels. Daneben vertraten sie Ansichten, welche die Struktur der kirchlichen Hierarchie mit dem Papst an der Spitze in Frage stellten.

  • Mit den Beschlüssen des Konzils von Trient (1545 - 1563) grenzt sich die katholische Kirche scharf vom Protestantismus ab. Die Gegenreformation wird eingeleitet. Nach dem im Dezember 1563 vom Konzil eingeleiteten "Bilderdekret" dürfen Bilder zur Vermittlung der Glaubensinhalte verwendet werden. Auch in Zukunft sollte das einfache Volk in den katholischen Kirchen die Botschaften der Bibel und die Geschichte der Heiligen durch bildliche Darstellungen vor Augen geführt bekommen. Die vom Trienter Konzil angestrebte nüchterne Versachlichung der Bildersprache gelang jedoch nicht. Viele bestehende Kirchenbauten enthielten Gemälde, die mit den Vorstellungen der Reformer von jeder Sinnenfreude entbehrenden Darstellungen nicht vereinbar waren. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts entwickelte sich zunächst in Rom und von dort aus in ganz Europa jener barocke Kunststil, der auf die sinnlich-suggestive Überwältigung des Betrachters zielte. Da die Päpste nicht nur Oberhäupter der katholischen Christenheit waren, sondern auch als Landesherren des Kirchenstaates auftraten, legten sie großen Wert darauf, dass die neu entstehenden Kunstwerke sowohl religiöse Autorität als auch weltliche Herrschaftsansprüche ausstrahlten.

Der Bildhauer, Architekt und Maler Gian Lorenzo Bernini (1598 - 1680) wird als "Schöpfer des barocken Rom" bezeichnet. Er diente nicht weniger als acht Päpsten und schuf unter vielem anderem auch den Hochaltar und die Kolonnaden des Petersplatzes. Es ist kein Zufall, dass der mächtigste Monarch seiner Zeit, Frankreichs "Sonnenkönig" Ludwig XIV. Bernini für einige Monate nach Paris holte. Ludwig XIV. bediente sich der barocken Bildersprache zur Untermalung seiner weitreichenden Herrscherambitionen.

  • Die barocke Lebenswelt umfasst die bildende Kunst und die Musik, die Religiosität und die ganze Lebenseinstellung insbesondere des einfachen Volkes. Der Absolutismus blendet durch seine auf die herrschaftlichen Höfe beschränkte Sichtweise die mittlere und die untere Ebene der Gesellschaft aus. Die Begriffsdefinitionen von "Absolutismus" und "Barock" sind also nicht deckungsgleich. Durch die auf die Herrscher und die Höfe beschränkte Sichtweise blendet der Absolutismus weitgehend die mittlere und untere Ebene der Gesellschaft aus.

  • Die absolutistische Bestrebungen erfassen neben Frankreich eher die protestantischen Länder (Schweden, Dänemark, Preußen etc.). Der Süden, das eigentliche Heimatland des Barock, wurde davon kaum berührt. Wichtige Aufgaben, etwa in Bildung und Sozialfürsorge wurden vom absolutistischen Staat nicht erfüllt. Diesen Aufgaben kam die katholische Kirche nach. "Der Barock ist ein katholisches Phänomen" (Wilhelm Hausenstein). Das Barockzeitalter dauerte im katholischen Raum mindestens eineinhalb Jahrhunderte, etwa von 1600 bis 1750. Die begrenzt barock geprägte Epoche im protestantischen Raum endete bereits im späten 17. Jahrhundert.

  • Wurden in Frankreich und in den protestantischen Staaten etwa zwei Drittel der Staatsausgaben für den Aufbau eines stehenden Heeres verwendet, so war dieser Anteil in den katholischen Ländern sowie in den deutschen geistlichen Staaten dieser Anteil viel geringer. So blieb mehr Geld für den Bau von prachtvollen - barock geprägten - Kirchen übrig. Auch eine reiche Musikpflege konnte finanziert werden. Die Fürstbischöfe in Deutschland sahen sich in ihren Funktionen als kirchliche und weltliche Fürsten als Wahrer des katholischen Glaubens im Heiligen Römischen Reich. Zahlreiche barocke Prachtbauten dokumentieren ihren Anspruch auf Macht und standesgemäße Repräsentation.


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Die Situation des Deutschen Reiches nach dem Westfälischen Frieden von 1648


  • Durch die Neuordnung der politischen und kirchlichen Verhältnisse 1648 hat der Kaiser seine Oberhoheit im Reich verloren. Nach dem Tod Kaiser Ferdinands III. im Jahre 1657 wurde die Kaiserwürde 1658 auf Leopold I. aus dem Hause Habsburg übertragen. 

siehe Historischer Atlas: Europa 1649

  • Der Westfälische Friedensschluss hatte die territoriale Zersplitterung Deutschlands besiegelt. Deutschland setzte sich aus einer Reihe größerer und kleinerer Souveräne zusammen, unter denen dem Kaiser nur der Vorsitz zustand. Das Bündnisrecht, das die deutschen Fürsten beim Friedensschluss erhalten hatten, führte zur Machtkonkurrenz untereinander und mit anderen europäischen Staaten. Der Kaiser war auf wechselnde Bündnisse mit den anderen Reichsfürsten angewiesen.

Kaiser Leopold I. und der Kurfürst von Brandenburg (Friedrich Wilhelm - 'der Große Kurfürst' -), nach dem Westfälischen Frieden die mächtigsten Herrscher im Reich, waren bald miteinander, bald gegeneinander verbündet, wie die jeweilige Lage dies erforderlich machte. Verträge wurden - überall in Europa - nur für eine bestimmte Situation geschlossen.

  • Jeder der ca. 250 fürstlichen Monarchen war im Alleinbesitz der Herrschergewalt und in keiner Weise an die Mitwirkung oder Zustimmung der Stände gebunden. Adel und hoher Klerus genossen fast überall Steuerfreiheit und stützten daher das System.

  • Beim Reichstag (ab 1663 tagte er permanent in Regensburg) ließen sich die Fürsten durch ihre Gesandten vertreten. Der Kaiser war in allen wichtigen Angelegenheiten - so auch in Steuerfragen - an den Reichstag gebunden. Nur sehr selten kamen Beschlüsse über politische, gesetzgeberische oder finanzielle Maßnahmen zustande. Die Gestaltung einer Reichspolitik war praktisch unmöglich.

  • Viele der im Westfälischen Frieden vereinbarten Agenden waren 1663 immer noch nicht in brauchbare Gesetze umgesetzt, die Bedrohung Österreichs durch die Türken musste vom Reichstag behandelt werden und im Reichstag hatte sich mit der Gründung des ersten Rheinbundes eine antihabsburgische Allianz unter Führung des Mainzer Kurfürsten formiert. Um alle diese anstehenden Problemfelder auch nur annähernd lösen zu können, musste Kaiser Leopold I. für den Januar 1663 einen außerplanmäßigen Reichstag nach Regensburg einberufen. Da die Mitglieder des Reichstag weder länger gewillt noch in der Lage waren, wichtige Entscheidungen in ihren eigenen Territorien zugunsten von Reichsaufgaben zurückzustellen, musste ein Ausweg gefunden werden. So führten die Reichsstände den "immerwährenden Reichstag" ein, der nun permanent tagte und in dem die Mitglieder durch Gesandte vertreten waren.

  • Erst mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation im Jahre 1806 endete auch der "immerwährende Reichstag" in Regensburg.  In diesen 143 Jahren entwickelte er sich zu einem flexiblen Instrument, das zur Lösung der Konflikte zwischen den Ländern und Territorien des Reiches beitrug.

  • Die Reichsarmee war nur noch eine Art Koalitionsarmee jener selbständigen Herrscher, die sich sowohl miteinander als gegeneinander und mit auswärtigen Mächten, insbesondere mit Frankreich, Schweden, den Niederlanden und Polen verbündeten. Nur gegen die Türken hielten sie, wenigstens dem Grundsatz nach, zusammen. - Die Einnahmen, die der Kaiser aus seinen Erblanden bezog, reichten nicht aus, die Kosten des Heerwesens zu bestreiten.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts werden die Verhältnisse in Deutschland weniger durch irgendeine deutsche Macht, einen deutschen Herrscher, als vielmehr durch die französische Regierung beeinflusst (insbesondere durch Ludwig XIV., welcher von 1661 bis zu seinem Tode die 'absolute' Gewalt über Frankreich ausübte).


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Die Angriffskriege Frankreichs 1648 - 1697


  • Kardinal Richelieu (1585 -1642), seit 1624 leitender Minister, ist der eigentliche Begründer des absolutistischen Einheitsstaats und der Vormachtstellung Frankreichs in Europa. Durch die Unterstützung der Schweden im Dreißigjährigen Krieg gelang es ihm, den Ring des Hauses Habsburg um Frankreich zu sprengen. Vor seinem Tod 1642 hatte er den Abschluss des Westfälischen Friedens zugunsten Frankreichs vorbereitet.

 

 

 

Herzog von Richelieu (*1585, †1642), 1622 Kardinal, seit 1624 leitender Minister Frankreichs

"Die Vernunft muss die Richtlinie für alle sein", erklärte Richelieu, und durch Vernunft kam er zu der Überzeugung, dass nur die Vollendung der absoluten Königsgewalt Frankreich zur ersten Macht der Welt erheben könne.

  • Als Ludwig XIII. 1642 starb, war der neue König, Ludwig XIV., fünf Jahre alt. Seine spanische Mutter, Anna von Österreich, führte die Regentschaft. Kardinal Mazarin (1602 - 1661), der Nachfolger Richelieus, veranlasste durch seine absolutistische Innenpolitik den Adelsaufstand der Fronde. Außenpolitisch führte er Frankreich weiter zur europäischen Vormachtstellung. 1648 war er Vertreter Frankreichs beim Abschluss des Westfälischen Friedens, 1659 schloss er den Pyrenäenfrieden mit Spanien ab.

 
  • Seit dem Tod von Ludwig XIII. wurden die Staatsgeschäfte für den minderjährigen Ludwig XIV. offiziell von seiner Mutter Anna von Österreich geführt. In Wahrheit aber war es Kardinal Jules Mazarin, der als Nachfolger des mächtigen Kardinals Richelieu und regierender Minister die Geschicke Frankreichs lenkte und zugleich als Erzieher den jungen Nachfolger in der Kunst der Staatsführung unterrichtete. Mazarin wirkte vor allem außenpolitisch als geschickter Staatsmann. Mazarin blieb auch dann noch im Amt, als Ludwig XIV. 1651 für volljährig erklärt und drei Jahre später gekrönt wurde.

  • Als der Westfälische Friede abgeschlossen wurde, war der Krieg Frankreichs mit Spanien noch nicht beendet. Mazarin gewann die Hilfe Englands (unter Lord-Protektor Oliver Cromwell). Ein Bündnisvertrag mit einer Reihe deutscher Fürsten, die "Rheinische Allianz", war gegen den deutschen Kaiser gerichtet und sollte diesen daran hindern, die Spanier zu unterstützen.

Nebenbei bemerkt: Im Jahr 1648 besiegten die englischen 'Parlamentarier' unter der Führung von Oliver Cromwell in der Schlacht bei Preston die königstreuen Schotten unter dem Herzog von Hamilton. Dieser Sieg läutete das Ende des Zweiten Englischen Bürgerkriegs ein.

  • England, das gerade mit dem Aufbau eines Kolonialreichs beschäftigt war, wollte Spanien, das bereits viele Besitzungen in Übersee besaß, einen mächtigen Gegner auf dem Kontinent entgegenstellen. So halfen englische Truppen dem französischen Feldherrn Turenne, die Spanier bei Dünkirchen entscheidend zu schlagen (1659). Im gleichen Jahr wurde der Pyrenäenfrieden geschlossen. Frankreich löste nun endgültig Spanien in der Rangfolge der europäischen Mächte ab.

  • Der Tod des Ersten Ministers Mazarin machte der Einrichtung eines Ersten Ministers ein Ende. Nur einen Tag nachdem Mazarin gestorben war, ergriff Ludwig XIV. am 10. März 1661 die alleinige Macht. Er rief die wichtigsten Mitglieder seiner Regierung zusammen und sagte ihnen: "Jetzt ist es Zeit, dass ich herrsche. Sie werden mich mit Ihrem Rat unterstützen, wenn ich Sie darum ersuche. Außer den laufenden Geschäften. woran ich nichts zu ändern beanspruche, bitte und befehle ich Ihnen, Herr Kanzler, keinen Befehl zu unterzeichnen, der nicht auf meine Anordnungen zurückgeht und über den Sie nicht mit mir gesprochen haben ... "

 

 

 

Ludwig XIV. (*1638, † 1715), König von Frankreich 1643 - 1715, bis 1651 unter der Regentschaft seiner Mutter Anna von Österreich.

  • Der Ministerrat wurde auf drei Personen beschränkt: Le Tellier (Krieg), Lionne (Außenpolitik), Colbert (Finanzen). Mit diesen Männern führte der junge König eine autoritäre Regierung.

  • "Tun Sie alles, was meinem Ruhme dienen kann!" schrieb Ludwig XIV. an einen seiner Minister. Der Ruhm war eine Realität, er war die natürliche Begleiterscheinung einer Staatsform, in welcher der Herrscher sich nicht dem Land, sondern nur sich selbst verantwortlich fühlte. Der Staat bestand in der Person des Herrschers, die öffentlichen Mittel gehörten ihm, auch das Blut und die Arbeitskraft seiner Untertanen. - Ludwig XIV. hatte die beste Armee Europas, er war bereit, sie zu seinem Ruhme einzusetzen.

 
  Ruhm und Achtung in Europa war in dieser Zeit nur im Krieg und durch Landgewinn zu erwerben und hatte keineswegs wie heute den moralisch anrüchigen Ruf, Menschen und Wohlstand eines Landes aufs Spiel zu setzen, sondern galt als legitimes Recht eines Herrschers, seine Herrschaft auf Kosten anderer zu vergrößern.
  • Die Reunionskriege Ludwigs XIV.

  • Devolutionskrieg (1667/68)

 
  • Nach dem Tod von Philipp IV. von Spanien im Jahr 1665, seit dem Pyrenäenfrieden von 1659 sein Schwiegervater, erhob Ludwig XIV. Anspruch auf die südlichen Provinzen der spanischen Niederlande. Philipp IV. hatte einen minderjährigen, kränklichen Thronfolger hinterlassen. Aus der Tatsache, dass seine Ehefrau, Maria Teresa, das älteste Kind von Philipp IV. war, konnte Ludwig XIV. keine direkten Erbansprüche für die französische Krone ableiten. Männliche kam vor weiblicher Thronfolge. Begründet wurden die territorialen Ansprüche letztlich durch das "Devolutionsrecht". Dabei handelte es sich um eine im Herzogtum Brabant geltenden private Erbrechtsklausel, wonach die ältere Tochter eines Erblassers ihren jüngeren Brüdern gegenüber begünstigt wurde.

  • Als 1667  französische Truppen unter Turenne in die spanischen Niederlande einmarschierten, verbündeten sich diese mit England und Schweden. Die so formierte 'Triple Alliance' wollte den Konflikt durch Vermittlung beenden: Die Spanier sollten den Franzosen territoriale Zugeständnisse machen, Frankreich von weiteren Forderungen absehen. Da König Ludwig XIV. zu diesem Zeitpunkt nicht auf eínen längeren Krieg gegen weitere Gegner vorbereitet war, brach er das Unternehmen ab und behielt im Frieden von Aachen (1668) die Städte Lille und Dünkirchen. 

Nebenbei bemerkt: Im Jahr 1666 entdeckt Sir Isaac Newton (1643 - 1727), einer der größten Naturforscher der Geschichte, das Gravitationsgesetz. Damit schuf er eine wichtige Voraussetzung für die Vereinheitlichung der Naturwissenschaften.

Nebenbei bemerkt: Im Jahr 1668 erschien mit dem Roman ‚Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch‘ von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (*1621, † 1676) einer der ersten ‚Bestseller‘ im deutschen Sprachraum.  Der von eigenem Erleben inspirierte Schelmenroman ist geprägt von  abenteuerlichem Inhalt, derb-drastischer Sprache und hintergründigem Humor. Grimmelshausen hat eine Botschaft mitzuteilen, deren Tendenz eindeutig ist: das Chaos dieser Welt birgt kein Glück, was bleibt, ist der Rückzug aus der Welt, um in völliger Abgeschiedenheit, als Einsiedler oder auf einer Insel, sein Leben Gott zu widmen. Mit dieser radikalen Sicht der Welt steht Grimmelshausen nicht allein: sie entspricht dem aus unzähligen schmerzlichen Erfahrungen erwachsenen Lebensgefühl einer unsteten, gewalttätigen Zeit.

  • Holländischer Krieg (1672 - 1678)

 
  • Die Niederländer waren im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert von Frankreich abhängig gewesen. In ihrem Aufstand gegen Spanien hatte ihnen die Unterstützung Frankreichs das Überleben gesichert. Durch den Abschluss eines Sonderfriedens mit Spanien im Jahr 1648 hatten sie Frankreich allein gegen die spanischen Truppen kämpfen lassen. Frankreich hielt dieses Verhalten für undankbar. Der Friede von Aachen (1668) hatte die Spanischen Niederlande in ihrer Substanz bewahrt. Weitere Erwerbungen über den Aachener Frieden (1668) hinaus blieben das Ziel des französischen Königs.

  • Den Krieg gegen die Republik der Niederlande hatte Ludwig XIV. durch Bündnisse mit England, Schweden und einigen Reichsfürsten vorbereitet. Die Armee und auch die Kriegsmarine wurde gewaltig aufgerüstet. .

 
 
  • Die Könige von England und Schweden waren im Devolutionskrieg von 1667/68 noch auf der Seite der Niederländer. Ein Bündnis mit Frankreich schien ihnen nun vorteilhafter zu sein, zumal Ludwig XIV. sie durch Hilfsgelder (Subsidien) finanziell unterstützte.
  • Mit der Aussicht auf Hilfsgelder schlossen auch mehrere Reichsfürsten (Köln, Münster, Hannover, Bayern) ein Bündnis mit Frankreich.

 
  • Im Mai 1672 fielen drei französische Armeen erfolgreich in die Republik der Niederlande ein. Eine völlige Niederlage des niederländischen Militärs war abzusehen. In dieser Situation gelang es dem Prinzen von Oranien (Wilhelm III. von Oranien) in einem Staatsstreich die niederländische Regierung und auch die Armee zu übernehmen. Ihm ist es zu verdanken, dass sich der Widerstand verstärkte. Die Niederländer öffneten die Schleusen der Deiche, so dass Teile der Provinzen Holland, Brabant und Utrecht überflutet wurden. Dies brachte die französischen Armeen zum Stehen.

  • Wilhelm III. von Oranien gelang es, eine Koalition mit dem Kaiser, dem Deutschen Reich, Brandenburg und Spanien zustande zu bringen.

 
 

Kaiser Leopold I. und König Karl II. von Spanien schlossen 1673 Bündnisse mit der Republik der Niederlande. Es ging ihnen darum, das Expansionsstreben Frankreichs einzudämmen.

   
 
  • Im Jahr 1674 erklärte der Reichstag (das Reich) Ludwig XIV. den Krieg. Die deutschen Fürsten standen geeint hinter dem Kaiser. Frankreich wurde zum "Feind des Deutschen Reiches".
  • Angesichts der zahlreichen neuen Gegner räumten die französischen Truppen die besetzten Teile der niederländischen Republik. Der Krieg wurde in die südlichen Niederlande und an den Oberrhein verlagert. Besonders betroffen waren die Pfalz und das Elsass. Frankreich konnte das Elsass gegen kaiserliche Truppen und die Armee des Reiches behaupten. Auf der anderen Seite konnte das Vordringen der französischen Armee in das Reich und in Republik der Niederlande verhindert werden. Die mit Frankreich verbündeten Schweden wurden 1675 bei Fehrbellin von den Brandenburgern geschlagen.

  • Beide Seiten waren schließlich aus finanziellen Gründen nicht mehr in der Lage, den Krieg fortzusetzen. Im Frieden von Nymwegen (1679) erhielt Frankreich weitere Gebiete der Spanischen Niederlande und die Freigrafschaft Burgund zugesprochen. Dazu kamen noch 10 elsässische Reichsstädte in den Besitz Frankreichs. Der territoriale Zugewinn Frankreichs ist vor allem seinen Diplomaten zu verdanken: Sie spalteten während der Friedensverhandlungen das gegnerische Bündnis und spielten ihre Mitglieder gegeneinander aus.

  • Frankreich fühlte sich nach dem Frieden von Nymwegen strategisch gefestigt. Ludwig XIV. hielt es angesichts seiner Machtfülle und der gleichzeitigen Schwäche des Deutschen Reiches nicht mehr für nötig, weitere Kriegserklärungen ergehen zu lassen. 1680 setzte er die so genannten 'Reunionskammern' ein, die für Gebiete, die er okkupieren wollte, irgendwelche Rechtsfiktionen aufstellten. Zahlreiche deutsche Städte wurden mitten im Frieden von französischen Truppen besetzt. Dazu gehörten Saarbrücken, Straßburg und Trier. In Straßburg ging  der französische König ohne jeden Rechtstitel vor. Mit der Durchführung der 'Reunionen' (Wiedervereinigungen) sollte die französische Grenze gegen Invasionen geschützt werden. Da zu dieser Zeit die Bedrohung der kaiserlichen Erblande und des Reichs dramatisch zunahm, konnten weder der Kaiser noch die deutschen Fürsten militärisch eingreifen.

  • Pfälzischer Erbfolgekrieg (1688 - 1697)

  • Als Ludwig XIV. 1686 als Schwager der Elisabeth Charlotte von Orléans (Lieselotte von der Pfalz) Erbansprüche auf die Pfalz erhob, bildete sich das Bündnis von Augsburg, zu dem sich der Kaiser, Spanien, Schweden, Brandenburg, Sachsen, Hannover, Holland und Savoyen vereinigten. Schließlich trat auch noch England diesem Bündnis bei.

  • Ohne Kriegserklärung brachen die französischen Armeen unter dem Kommando des Generals Ezéchiel de Mélac im September 1688 in Deutschland ein und machten die Pfalz zu einem Streifen der „verbrannten Erde“, der den Truppen der Gegner die Versorgungsgrundlage entziehen sollte.

Heidelberg, Mannheim, Speyer, Worms und Hunderte von kleineren Ortschaften wurden verwüstet. Das Heidelberger Schloss wurde zerstört. In Speyer wurden die Gebeine der Kaiser aus ihren Gräbern gerissen, die Bevölkerung wurde in die Wälder getrieben.

  • Erst am Jahresende 1688 formierten sich die Truppen des Schwäbischen Kreises (Truppen aus Württemberg, Baden und 31 Reichsstädten), die sich bis dahin in Ungarn im Abwehrkampf gegen die Türken befunden hatten. 1689 wurde der offizielle Reichskrieg gegen Frankreich erklärt.

Der Reichstag in Regensburg hatte 1681 unter dem Eindruck der wachsenden Türkengefahr die Errichtung eines stehenden Heeres beschlossen, das die einzelnen Reichskreise - so auch der 'Schwäbische Kreis' - zu stellen hatten.

Nebenbei bemerkt: Zar Peter I., genannt Peter der Große, übernimmt im Alter von 17 Jahren die Alleinherrschaft in Russland. Peter I. unternahm zahlreiche Reisen nach Westeuropa, von dessen technischem Entwicklungsstand er beeindruckt war. In Russland strukturierte er die Verwaltung um und rief zur Steigerung der Produktion auf.

  • In den meisten Schlachten blieb Frankreich siegreich. Große Entscheidungsschlachten zu Land gab es nicht. Zur See wurde die Flotte Frankreichs von den Engländern bei La Hougue vernichtet (1692). Die Überspannung der französischen Kräfte zwang Ludwig zum Einlenken.

  • Im Frieden von Rijswijk (1697) musste Frankreich alle rechtsrheinischen Eroberungen und die meisten durch die Reunionskammern getätigten Annexionen zurückgeben. Das Elsass mit Straßburg blieb französisch.


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Der schwedisch-polnische Krieg (1655 - 1660)


  • Durch die Beschlüsse des Westfälischen Friedens hatte Schweden einen großen Teil der Ostseeländer für sich gewonnen. Auch an der Nordseeküste hatte es Besitzungen erworben.

Die Größe des territorialen Besitzes entsprach nicht der wahren Macht des Staates. Das Land war arm, der Staatshaushalt wies einen erheblichen Fehlbetrag auf. Zur Aufrechterhaltung der äußeren Machtstellung hatte Schweden ein Heer von 50.000 Mann, für dessen Unterhalt immer mehr die finanziellen Mittel fehlten. So lag der Gedanke nahe, - entsprechend der damaligen Praxis - das Heer bei weiteren Eroberungen für sich selbst sorgen zu lassen.

  • 1654 entsagte Königin Christine dem Thron, um zum katholischen Glauben übertreten zu können. Auf dem Thron folgte ihr Vetter, der Pfalzgraf von Zweibrücken, als Karl X. Gustav (1654 - 1660).

  • Karl X. nahm 1655 den Anspruch des in Polen regierenden katholischen Wasa Johann II. Kasimir auf die schwedische Krone zum Anlass, um in Polen einzufallen. 

  • Nach der Eroberung Warschaus und Krakaus durch die Erhebung des polnischen Adels in Bedrängnis gebracht, gewann Karl X. den Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg (den großen Kurfürsten) für sich, indem er ihm einen großen Teil seiner Erwerbungen in Polen anbot. Am 28.-30.10.1656 siegte das schwedisch-brandenburgische Heer bei Warschau über die Polen, deren Widerstandskraft  jedoch dadurch nicht gebrochen wurde.

  • Der Kaiser und Dänemark wollten den Machtgewinn Schwedens bei einer vollständigen Niederlage Polens nicht dulden. Der Kaiser schickte ein Hilfsheer, Dänemark erklärte Schweden den Krieg. Auch der Kurfürst von Brandenburg sollte in die Koalition gegen Schweden einbezogen werden. Am 10.9.1657 kommt es zum Vertrag von Wehlau , in dem Brandenburg gegen Zusicherung der Souveränität über Preußen (das spätere Ostpreußen) und gegen Abtretung eines Teils von Pommern auf die Seite Polens übertrat.

  • Karl X. drang bis Kopenhagen vor, König Friedrich III. von Dänemark musste im Februar 1658 den Frieden von Roeskilde unterzeichnen. Der Versuch Karls X.,  Dänemark nach diesem Friedensschluss vollständig niederzuwerfen, bewirkte die Gegenreaktion Brandenburgs, Österreichs und Polens in Holstein und Jütland. Eine niederländische Flotte wurde zum Schutz Kopenhagens eingesetzt.

  • Nach dem Sieg der Verbündeten und nach dem Tod Karls X. wurde im Mai 1660 in Oliva der Friede zwischen Schweden, Brandenburg, Polen und Kaiser Leopold I. unterzeichnet. Im Juli folgte in Kopenhagen der Friede zwischen Dänemark und Schweden. Der Besitzstand vor dem Krieg wurde wiederhergestellt. Brandenburg wurde seine Souveränität im Herzogtum Preußen garantiert


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Die Rolle Österreichs als Erbland des Kaisers


  • Leopold I. folgte 1658 seinem Vater Ferdinand III. als Herrscher in den österreichischen Erblanden. 1658 wurde er zum Kaiser gewählt. Der Verfall der Staatsmacht, der nach dem Westfälischen Frieden begonnen hatte, setzte sich unter Leopold I. fort. Auch die Wirtschaftskraft Österreichs verfiel.  Staatsbedürfnisse mussten aus Anleihen gedeckt werden.

 

 

Leopold I., (*1640, † 1705), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches von 1658 bis 1705 

Österreichische Staatsarchiv

Leopold I. hatte eine hohe Meinung von seiner Würde, ließ sich jedoch in seiner Politik von seinen Beratern, insbesondere der Geistlichkeit leiten. 

Nebenbei bemerkt: Im Jahr 1654 führte der deutsche Politiker, Jurist und Naturwissenschaftler Otto von Guericke (*1602 in Leipzig, †1686 in Hamburg) dem Regensburger Reichstag die von ihm erfundene Luftpumpe vor. Die wissenschaftliche Leistung Guerickes liegt in der Begründung der Vakuumtechnik und der Elektrostatik. In der breiten Öffentlichkeit demonstrierte Guericke die Kraft des Luftdrucks mit  spektakulären Experimenten. So legte er zum Beispiel im Sommer 1657 in Magdeburg zwei 50 cm große Halbkugelschalen aus Kupfer (Magdeburger Halbkugeln) mittels einer Dichtung zusammen und pumpte die Luft aus dem Innern der so gebildeten Kugel heraus. Anschließend wurden vor jede Halbkugel acht Pferde gespannt, die sie auseinander reißen sollten, was infolge des von der Atmosphäre verursachten Luftdrucks nicht gelang. Als die Kugeln wieder mit Luft gefüllt wurden, fielen sie von allein auseinander. Guericke widerlegte mit seinem Experiment die damals herrschende Vorstellung, dass die Natur immer danach strebt, eine „Leere“ zu vermeiden. Eine „Lücke“ in Gottes Schöpfung war bis dahin undenkbar gewesen.

  • Hausmachtpolitik

  • Im Laufe des 17. Jahrhunderts wurde der gesamte deutsche Besitz des Hauses Habsburg in einer Hand vereinigt. Die Bedeutung des Staatenkomplexes entsprach jedoch nicht seiner Größe. Die drei Ländergruppen (Deutsch-Österreich, Böhmen mit Mähren und Schlesien, Ungarn mit seinen Nebenländern) hatten jeweils eine andere Gesetzgebung und Wehrpflicht. 

  • Ein Haupthindernis für die Einigung bildeten die Stände, die in jedem Land besonders bestanden.

  • Außenpolitik

  • Bevor Leopold I. im Jahr 1658 zum Kaiser gewählt wurde, musste er - unter dem Einfluss Frankreichs - das Wahlversprechen abgeben, die spanischen Habsburger in ihrem Krieg gegen Frankreich weder in Italien noch in den südlichen Niederlanden zu unterstützen. Die Verluste seiner spanischen Verwandten konnte er deshalb nicht vermeiden.

  • Am schwedisch-polnischen Krieg (1655 - 1660) nahm Leopold seit 1657 auf polnischer Seite teil. Nach dem Sieg der Verbündeten (dem Reich, Österreich, Brandenburg, Polen, den Niederlanden, Dänemark) gegen das von Frankreich unterstützte Schweden wurde im Mai 1660 der Frieden von Oliva unterzeichnet, bei dem der Besitzstand vor dem Krieg wiederhergestellt wurde.

  • Der Gegensatz zu Frankreich zog Leopold I. in die Reunionskriege (Holländischer Krieg  1672 - 1678, Pfälzischer Erbfolgekrieg 1688 - 1697)


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Die Türkenkriege 1662 - 1739


  • In den Kriegen von 1662 - 1664 kämpfte Kaiser Leopold I. unglücklich. Obwohl R. Graf von Montecuccoli die Türken bei St. Gotthard an der Raab schlagen konnte, brachte der Friede von Eisenburg, den Leopold I., bedrängt von Ludwig XIV. von Frankreich, abschließen musste, für die Österreicher den Verlust der Städte Großwardein und Neuhäusel.

Nebenbei bemerkt: Am 7. September 1664 wurde der an der Südspitze des heutigen Manhattan gelegenen niederländische Handelsposten 'Neu-Amsterdam' in 'New York' umbenannt. Zuvor hatten die niederländischen Siedler von Neu-Amsterdam vor der englischen Flotte kapituliert. Die Umbenennung erfolgte zu Ehren des englischen Herzogs von York.

  • Erste Erfolge der christlichen Staaten gegen das Osmanische Reich brachte der Große Türkenkrieg 1683–1699. 1683 standen die Türken vor Wien, das von Graf Starhemberg verteidigt wurde. Unter dem polnischen König Johann III. Sobieski entsetzte ein aus kaiserlichen, bayerischen, sächsischen und polnischen Truppen bestehendes Heer nach dem Sieg am Kahlenberg (12. September 1683) die Stadt Wien.

Johann III. Sobieski (*1629, † 1696). Polnischer Aristokrat, Staatsmann und Feldherr
Ab 1674 - als König von Polen und Großfürst von Litauen - gewählter Herrscher des Staates Polen-Litauen.

Wien sowie die österreichischen Kernlande galten den Türken als das Tor zum Westen, das sie aufstoßen mussten, wollten sie ihre Expansionspläne verwirklichen. Würde Wien fallen, so wäre das Reich in höchster Gefahr gewesen. Dieser Albtraum schien mit der am 14. Juli 1683 beginnenden Belagerung Wiens Realität zu werden. Mehr als 150.000 osmanische Belagerer hatten die Stadt umzingelt. Erst in der Schlacht am Kahlenberg am 12. September 1683 konnte sich die Stadt Wien aus der Umklammerung befreien. Der Sieg jedoch bedeutete nur den Auftakt eines neuen "Türkenkrieges".

  • Karl V. von Lothringen eroberte Ofen (1686) und siegte bei Mohács (1687); Belgrad wurde genommen (1688). Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden (der "Türkenlouis") fiel in Bosnien und Serbien ein. Die Türken konnten jedoch Belgrad zurückerobern, da die kaiserlichen Truppen zum Teil durch die Grenzkämpfe gegen Ludwig XIV. im Westen gebunden waren. 

 

Nachdem die Osmanen 1683 Wien vergeblich belagert hatten und den deutsch-polnischen Truppen unterlegen waren, starteten die Habsburger eine Gegenoffensive. Das kaiserliche Heer Leopolds I. mit Karl V. von Lothringen an der Spitze drängten die Türken in den folgenden Jahren immer weiter zurück, die Rückeroberung ganz Ungarns schien greifbar. Am 12. August 1687 kam es bei Mohács zur Entscheidungsschlacht, als Großwesir Süleiman Pascha den linken Flügel des kaiserlichen Heeres angriff. Den Habsburgern und ihren Verbündeten gelang ein Sieg über die Angreifer, die fast 10.000 Kämpfer verloren. Österreich beendet mit dieser Schlacht nach 161 Jahren die Herrschaft der Osmanen in Ungarn. In der Folge gelang den Habsburgern die Rückeroberung großer Gebiete bis nach Kroatien, Serbien und Rumänien.

  • Den Krieg entschied die Schlacht bei Zenta am 11. September 1697, in der Prinz Eugen von Savoyen die Türken schlagen konnte. Im Frieden von Karlowitz (1699) gewann Österreich Ungarn, Siebenbürgen und Slowenien und begründete damit seine Großmachtstellung. 

 

 

 

Prinz Eugen von Savoyen-Carignan, (*1663, † 1736)

Bild: Jacob van Schuppen, Rijksmusem Amsterdam

 

  • Ein Versuch des Osmanischen Reichs, seine großen Verluste rückgängig zu machen, war der Angriff auf den Peloponnes (1714). 1716 griff der Kaiser auf der Seite Venedigs, das 1685 - 1687 den Peloponnes erobert hatte, in den Krieg ein. Nach dem Sieg bei Peterwardein (1716) durch Prinz Eugen und der Eroberung Belgrads (1717) endete der Krieg im Frieden von Passarowitz (1718) mit weiteren Gebietsabtretungen des Osmanischen Reichs. Der Banat von Temeschwar, die Kleine Walachei sowie der Norden Serbiens und Bosniens fielen an Österreich. Die geschwächte Republik Venedig musste, obwohl auf der Seite der Sieger, auf den Peleponnes verzichten.

Nebenbei bemerkt: Im Jahr 1722 publizierte Johann Sebastian Bach (1677 - 1731) den ersten Teil seines 'Wohltemperierten Klaviers'. Ursprünglich als Lehrwerk angelegt, gehört es wegen seines künstlerischen Gehalts zu den bedeutendsten Tonschöpfungen der Musikgeschichte. 1734/35 wird Bachs 'Weihnachtsoratorium' in der Leipziger Thomaskirche uraufgeführt.

  • 1735 - 1739 kämpfte der Kaiser gemeinsam mit Russland gegen die Türken. Im Frieden von Belgrad (1739) musste Österreich die 1718 eroberten Gebiete mit Ausnahme des Banats wieder herausgeben.


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Der Spanische Erbfolgekrieg (1701 - 1714)


  • Der Spanische Erbfolgekrieg war eine von 1701 bis 1714 dauernde kriegerische Auseinandersetzung um das Erbe des kinderlosen Königs Karls II. von Spanien, des letzten Vertreters der spanischen Linie des Habsburger Herrscherhauses. Beteiligt waren auf der einen Seite England, die nördlichen Niederlande (Holland), das Reich, Portugal und Savoyen, auf der anderen Seite Frankreich und Spanien sowie die Kurfürstentümer Bayern und Köln.

Die 'Beute', die sich Frankreich und Österreich nach einem Tod von König Karl II. versprachen, umfasste nicht nur die Regentschaft über Spanien, sondern auch über die Spanischen Niederlande, die spanischen Besitzungen in Mittel- und Südamerika, Neapel, Mailand und Sizilien.

  • Um Auseinandersetzungen um sein Erbe zu vermeiden, setzte Karl II. in seinem Testament zunächst den bayerischen Kronprinzen Joseph Ferdinand und, nach dessen plötzlichen Tod im Jahr 1699, den Bourbonen Philipp von Anjou, den Enkel König Ludwigs XIV. von Frankreich zum Alleinerben ein.

Philipp von Anjou (*1683, †1746), Herzog von Anjou 1683 - 1710, als Philipp V. König von Spanien (1700 - 1746)

  • Schon vor dem Tod des spanischen Königs meldete Kaiser Leopold I. aus der österreichischen Linie des Hauses Habsburg Erbansprüche für seinen zweitältesten Sohn, Erzherzog Karl, an.

  • Nach dem Tod Karls II. im November 1700 ließ Ludwig XIV. seinen Enkel Philipp von Anjou zum König von Spanien ausrufen. Gleichzeitig räumte er Philipp auch das Erbrecht auf den französischen Thron ein.

Durch ihre Herrschaft über Spanien und Frankreich hätten die Bourbonen die Hegemonie in Europa und auch in Übersee erlangt. Das politische Gleichgewicht der europäischen Mächte wäre gefährdet gewesen. Dies wollte Wilhelm III. von Oranien, König von England und Generalstatthalter in Holland, der sich für eine Teilung des spanischen Herrschaftsgebiet eingesetzt hatte, nicht hinnehmen!

  • Um das drohende Übergewicht Frankreichs zu vermeiden, stellten sich die Seestaaten England und Holland auf die Seite Österreichs, obwohl Kaiser Leopold I. durchaus gewillt war, seine eigenen Erbrechte zu verfechten.

Das spanische Gesamtreich wurde Leopold I. allerdings nicht in Aussicht gestellt. Engländer und Holländer verpflichteten sich lediglich, ihm zu den südlichen Niederlanden, den spanischen Besitzungen in Italien und zu den Mittelmeerinseln zu verhelfen. Dafür verlangten sie selber die spanischen Kolonien, soweit sie diese erobern würden. Dabei wurde vorausgesetzt, dass das spanische Kernland bei Philipp von Anjou (als spanischer König Philipp V. genannt) verbleibt.

  • Am 7. September 1701 kam es zu der 'Großen Allianz' zwischen Österreich, England und den nördlichen Niederlanden (Holland). Auch das römisch-deutsche Reich war beteiligt. Später schloss sich Portugal der Allianz an. Als Philipp von Anjou, der sofort nach dem Tod Karls II. den spanischen Thron bestiegen hatte, 1701 französische Truppen in die spanischen Niederlande einmarschieren ließ, kam es zum Krieg mit den Habsburgern. Auf der Seite Frankreichs kämpften Spanien und Bayern.

  • Der Krieg wurde mit großer Erbitterung und nach allen Regeln einer neuen Kriegskunst geführt. Da die Gegner Frankreichs den von dem Festungsbauer Vauban erstellten Verteidigungsgürtel fürchteten, suchten sie den Bewegungskrieg und die Entscheidungsschlacht auf offenem Feld. Es zeigte sich auch bald, dass die materiellen und personellen Ressourcen Frankreichs durch die vielen Kriege nahezu erschöpft waren. Frankreich wurde bei Höchstädt und Blenheim (1704), bei Ramillies (1706), Turin (1706), und Oudenarde (1708)  geschlagen und auf seine Grenzen zurückgedrängt.

  • Nach dem Tod Kaiser Leopolds I. im Jahr 1705 führte sein zum römisch-deutschen Kaiser gewählter Sohn, Joseph I., den Krieg mit verstärkter Intensität fort. Durch Zugeständnisse an die Protestanten in Schlesien verhinderte er ein Bündnis Karls XII. von Schweden mit Frankreich (1707).

  • 1709 kommt es zu Friedensverhandlungen, die jedoch daran scheitern, dass die Alliierten die Wiederherstellung der Grenzen des Westfälischen Friedens fordern. Im gleichen Jahr siegen die genialen Feldherren Marlborough und Prinz Eugen bei Malplaquet erneut über die französischen Streitkräfte.

  • Im Jahr 1711 musste Erzherzog Karl nach dem Tod seines älteren Bruders, des Kaisers Joseph I., dessen Erbe in den österreichischen Ländern antreten. Die politische Lage änderte sich jetzt grundlegend: England und die nördlichen Niederlande sahen nun die Gefahr der Vereinigung Österreichs und Spaniens in der Hand des Habsburgers Karl (als König Karl III., später Kaiser Karl VI.). Nachdem sie die Hegemonie der Bourbonen verhindert hatten, verspürten sie geringe Lust, die Hegemonie der Habsburger zu fördern. Sie waren nun bereit, mit Frankreich Frieden zu schließen.

  • 1713 schloss England mit Frankreich den Frieden von Utrecht, dem sich die Niederlande, Portugal und Savoyen anschlossen. Frankreich musste in Nordamerika Neufundland, Neuschottland und die Hudsonbay an England abtreten. Außerdem wurde es gezwungen, einige Gebiete in Italien an die nördlichen Niederlande abzugeben.  Spanien und das spanische Kolonialreich wurden Philipp V. (ehemals Herzog Philipp von Anjou) zugesprochen. Österreich erhielt die spanischen Niederlande, Neapel und Mailand.  Die nördlichen Niederlande (Holland) bekamen das Besatzungsrecht in einer Reihe von Festungen an der französisch-belgischen Grenze. England behielt den Stützpunkt Gibraltar und die Insel Menorca für sich. Savoyen bekam Sizilien zugesprochen. Der Kaiser und das Reich wurden 1714 zum Frieden von Rastatt gezwungen, in dem sie auf Straßburg und die Sicherung der Westgrenze verzichten mussten.

  • Der Spanische Erbfolgekrieg und der Frieden von Utrecht führten, wie von England angestrebt, zur  Herstellung eines politischen Gleichgewichts in Europa. Die bedrohliche wirtschaftliche Allianz zwischen Frankreich und Spanien war verhindert worden. England brachte den blühenden Handel mit Amerika unter seine Kontrolle. Die Stunde der britischen Weltherrschaft hatte geschlagen!.


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Der Aufstieg Preußens


  • Die Situation nach dem Dreißigjährigen Krieg

  • Im Westfälischen Frieden 1648 erhielt Brandenburg Hinterpommern und einige geistliche Territorien. Allerdings musste es das durch Erbschaft erworbene Vorpommern mit Stettin an die Schweden abtreten. Preußen, der Ordensstaat, über den die Hohenzollern ebenso wie über Brandenburg herrschten, stand noch unter polnischer Oberhoheit.

  • Der weit verstreute Besitz war ein Gewirr von Ländern, verschieden regiert, verschieden verwaltet und verschieden besteuert. Das Finanzwesen der Besitzungen war ungeordnet. Dieser Partikularismus wurde von den Landständen noch gefördert.

  • Während des Krieges war Brandenburg abwechselnd von den Kaiserlichen und von den Schweden verwüstet worden. Auch das eigene Heer plünderte unmittelbar nach dem Krieg das Land aus. Die Bevölkerungsverluste betrugen ca. 50 %. Die meisten Äcker waren unbestellt, die wirtschaftliche Lage daher schlecht.

  • Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg - der Große Kurfürst - (1640 - 1688)

  • Die oberste Zielsetzung des Kurfürsten war es, seine Besitzungen zu einem einheitlichen Staat zu verschmelzen. Er setzte gegen den Widerstand der Stände die landesherrliche Steuerhoheit durch, schuf ein stehendes Heer und eine zum Teil absolutistische Verwaltung. Die Wirtschaftspolitik war merkantilistisch. Seine Religionspolitik zielte auf Kirchenfrieden zwischen den Lutheranern und der reformierten Minderheit, der er selbst angehörte.

 

 

 

Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg (*1620, †1688), von 1640 bis 1688 Kurfürst von Brandenburg und Herzog von Preußen. Beiname: Der Große Kurfürst.

  • Der 'Große Kurfürst' vermittelte Preußen den strengen calvinistischen Geist, dessen Losungsworte Pflicht, Disziplin und Entsagung waren. 

  • Als Ludwig XIV. im Jahr 1685 das von seinem Großvater 1598 erlassene Edikt von Nantes aufhob und dadurch den französischen Calvinisten die zivilrechtliche Gleichstellung sowie das Recht zur Ausübung ihrer Religion in Frankreich entzog, gab der Große Kurfürst 15.000 Hugenotten eine neue Heimat in Brandenburg. Dies sollte ein wesentlicher Faktor für den wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung des Landes werden.

Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der "Große Kurfürst" erkannte, dass er das im Dreißigjährigen Krieg durch durchziehende Truppen zerstörte Brandenburg nicht ohne fremde Hilfe wiederaufbauen konnte.  Seuchen und Hungersnöte hatten die Bevölkerung dramatisch reduziert.  Als Friedrich Wilhelm zu Ohren kam, dass Tausende von protestantischen Hugenotten wegen der Aufhebung des Edikts von Nantes  im Jahr 1685 Frankreich verlassen wollten, bot er den Verfolgten die Aufnahme in Brandenburg an. Offiziell begründet wurde die Aufnahme der Hugenotten mit dem Mitleid für die bedrängten Glaubensbrüder.  Im Toleranzedikt von Potsdam (1685) räumte der "Große Kurfürst" den Hugenotten umfangreiche Steuerprivilegien und weitere Subventionen ein. Die Glaubensfreiheit wurde garantiert.  Von den 40.000 Hugenotten, die in die deutschen Territorien flohen, nahmen 15.000 das Angebot des Große n Kurfürsten an.

  • Die Außenpolitik des Großen Kurfürsten

  • Schon 1641 hatte Kurfürst Friedrich Wilhelm einen Frieden mit Schweden geschlossen, um Gelegenheit für den Wiederaufbau des Landes zu haben. Brandenburg-Preußen blieb jedoch weiterhin Krisengebiet.

  • 1647 und 1651marschierten Truppen des Großen Kurfürsten in das Herzogtum Berg ein, auf das er Ansprüche erhob. Beide Unternehmungen endeten mit einem militärischen Desaster. 1660 kam es zu einem Erbvergleich, bei dem der Status quo beibehalten wurde.

  • Im schwedisch-polnischen Krieg (1655 - 1660) wechselte der Große Kurfürst mit blitzartiger Schnelligkeit die Fronten und kämpfte hintereinander auf der Seite Schwedens, dann auf der Seite Polens. Militärisch hatte der Kurfürst die Schweden schon bezwungen, doch Frankreich verhinderte als Signatarmacht des Westfälischen Friedens den Verbleib des besetzten Vorpommerns bei Brandenburg. Die Polen anerkennen die Souveränität Brandenburgs in Preußen.  Die 'Umklammerung' durch Schweden, aus der sich der Kurfürst befreien wollte, blieb bestehen.

  • Als protestantische Macht stand Brandenburg-Preußen im Holländischen Krieg (1672-1678) zunächst an vorderster Front gegen Frankreich. Am 6.6.1673 schloss der Große Kurfürst einen Separatfrieden mit Frankreich ab. Die Franzosen zogen sich als Gegenleistung aus Kleve zurück. 

  • Als Ludwig XIV. im Jahr 1674 die Pfalz verwüstete, kam Friedrich Wilhelm seinem Eid als Reichsfürst nach und zog erneut gegen den französischen König ins Feld. Die Abwesenheit seines Heeres nutzten die Schweden aus, um in Brandenburg einzufallen; der Kurfürst eilte zurück und besiegte am 18.6.1675 bei Fehrbellin die schwedische Armee. 1678 besetzte Friedrich Wilhelm Vorpommern. Im Frieden von Saint-Germain Laye (19.6.1679) musste Vorpommern wieder an Schweden zurückgegeben werden.

Dank seiner Unzuverlässigkeit (das so genannte "brandenburgische Wechselfieber" war ein geflügeltes Wort in ganz Europa) hatte Friedrich Wilhelm keinen sonderlichen Ruf. Die ständigen Konflikte, teilweise von ihm selbst ausgelöst, machten das erschöpfte Land des Öfteren zum Kriegsgebiet. Manchen Gewinn, so vor allem das zweimal eroberte Vorpommern, musste er wieder hergeben - und doch sicherte er sich durch sein geschicktes Lavieren zwischen den europäischen Mächten fast unbemerkt eine Schlüsselstellung in der europäischen Politik.

  • Friedrich III., Kurfürst von Brandenburg seit 1688, als Friedrich I. König in Preußen (1701 - 1713)

  • Herrschaftssystem und Regierungsstil

  • Friedrich III./I. arbeitete selbst intensiv in den Ratsgremien (Geheimer Rat, Geheimer Kriegsrat) mit. Er hatte außerdem eine Reihe qualifizierter Ratgeber. Die Entscheidung in grundsätzlichen Fragen (z.B. in außenpolitischen Fragen, in Fragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik ) hat Friedrich III./I. jedoch allein getroffen. Dies gilt auch für die Entscheidung, das Königtum anzustreben.

  • Friedrich III./I. strebte eine Gleichstellung mit anderen Königshäusern an. Es ging ihm um die Erhöhung seiner Achtung. In einem europäischen Mächtesystem, in dem es auf Über- und Unterordnung, auf Souveränität oder Nicht-Souveränität ankam, war die Königskrone für einen Fürsten, der im 'Konzert der Großen' mitreden wollte, politisch notwendig.

 

 

Friedrich I. in Preußen, (*1657, †1713), als Friedrich III. Kurfürst von Preußen, von 1701 bis 1713 als Friedrich I. König in Preußen

Quelle: Brandenburg - Preußen Museum Wustrau

  • Neigung zu ausgeprägtem höfischen Regierungsstil, Prunksucht. Friedrich III./I. begründete den Ausbau des Hofes und den Umbau des Berliner Schlosses mit einer 'Necessität' - es ging ihm, ganz im Zeitgefühl des absolutistischen Zeitalters, um die Erhöhung seiner Achtung, seines Ruhmes.

  • Innen- und Außenpolitik

  • 1701: Kurfürst Friedrich III. krönt sich in Königsberg zum König Friedrich I. in Preußen. "Preußen" wird die Bezeichnung für den Gesamtstaat.

  • Aufnahme von protestantischen Flüchtlingen, vor allem aus Frankreich (Hugenotten).

  • Die Verfolgung des Ziels, mit den europäischen Königshäusern gleichrangig zu werden, musste teuer bezahlt werden. Immer neue und höhere Steuern wurden erlassen (Krönungssteuer, Schlossbausteuer, Kriegssteuer, Legationssteuern für die teuere Gesandtschaften u. a.).

  • Zur Finanzierung der Kriege (z.B. in den südlichen Niederlanden) war der preußische Staat auf Subsidien des Auslands angewiesen.

  • Die Verwaltung des Staates war der Last der Organisation nicht immer gewachsen, so dass es mehrmals zu Krisenerscheinungen kam. Hungersnot und Krankheiten forderten um 1710 in Ostpreußen hohe Menschenverluste. 

  • Förderung von Kunst und Wissenschaft (Gründungen: 1694 Universität Halle, 1696 Akademie der Künste in Berlin, 1700 Gesellschaft der Wissenschaften). Seine Berater waren von Pufendorf und Leibniz.

  • Durch die Unterstützung der Habsburger im Spanischen Erbfolgekrieg erlangte Friedrich III./I. die Zustimmung Kaiser Leopolds I. zur Erhebung des außerhalb der Reichsgrenzen gelegenen Herzogtums Preußens zum Königreich.

Nebenbei bemerkt: Gottfried Wilhelm Leibniz, (*1646 in Leipzig, †1716 in Hannover), Philosoph, Mathematiker, Historiker, Sprach- und Naturforscher erfand 1675 in Paris die Differential- und die Integralrechnung, mit deren Hilfe Naturprozesse zahlenmäßig erfassbar und damit auch rechnerisch beherrschbar wurden. Als letzter europäischer Universalgelehrter entwickelte Leibniz ein philosophisches Weltsystem, das Mathematik und Naturwissenschaften mit der Metaphysik verband. Mit ihm fand der Rationalismus, der die Vernunft zur Grundlage allen Wissens erhob, seinen Abschluss. Die Geschichte des Welfengeschlechts schrieb Gottfried Wilhelm Leibniz mit einer solchen Gründlichkeit, dass man ihn als Stammvater der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung (Historiographie) bezeichnen kann.

  • Friedrich Wilhelm I., König von Preußen (1713 - 1740)

  • Herrschaftssystem und Regierungsstil

  • Monarchisches Selbstverständnis, unbedingter Anspruch auf Selbstregierung; der Anspruch des Autokraten auf unbeschränkte Souveränität richtete sich gegen die verbliebenen ständischen Positionen.

 

 

Friedrich Wilhelm I., König in Preußen und als Friedrich Wilhelm II. Kurfürst von Brandenburg (*1688, †1740), regierte als König von 1713 bis 1740. Beiname: Soldatenköng.

Portrait von Antoine Pesne, ca. 1733 (Ausschnitt)  Sanssouci Potsdam

  • Beendigung der verschwenderischen Hofhaltung, die sein Vater betrieben hatte.

  • Regime strenger Sparsamkeit zur Ordnung der zerrütteten Staatsfinanzen

  • Charakter: religiöse Verankerung seiner Persönlichkeit (Nähe zum Pietismus wie zum Calvinismus), ausgeprägte militärische Neigungen, pflichteifrig, fähig, aber oft hart und jähzornig, dem kulturellen Leben fern stehend, fordert von allen Untergebenen schwere Opfer.

  • Innenpolitik

  • Verwaltungsreform: Schaffung einer straffen, von fähigen Beamten geführten einheitlichen Verwaltung des Staatswesens (Generaldirektorium, Kriegs- und Domänenkammern).

  • Heeresreform: Schaffung eines stehenden Heeres von 80.000 Mann. Die Armee, die viertgrößte des Kontinents, wurde von dem 'Soldatenkönig' nie in die Schlacht geschickt.

König Friedrich Wilhelm I. schuf die Basis seines Regierens mit der Militarisierung der Gesellschaft. Jeder für die Wirtschaft entbehrliche Untertan musste Heeresdienst leisten. Alle verfügbaren Finanzmittel wurden zur militärischen Aufrüstung verwendet. Das Credo lautete: Nur wenn Preußen militärisch mit den großen Staaten Europas auf einer Ebene steht, kann es sich im Mächtesystem behaupten.

  • Finanzreform: Strenges Sparprogramm. Die Staatsausgaben mussten sich nach den Einnahmen richten; Verzicht auf die Mittel des Staatskredits und der Staatsverschuldung. Durch Streichungen und Kürzungen bei der Hofhaltung konnte er seine militärischen und wirtschaftspolitischen Ziel ohne Steuererhöhungen realisieren. 

  • Beseitigung der Reste ständischer Vorrechte. Der Adel wurde stärker zum Staatsdienst herangezogen, vor allem zum Offiziersberuf.

  • Großzügige Förderung der Besiedlung Ostpreußens.

  • Lenkung der Industrie nach den Grundsätzen des Merkantilismus. So wurde zum Beispiel die Textilindustrie durch Schutzzölle sowie Ein- und Ausfuhrverbote staatlich gelenkt.

  • Außenpolitik

  • Im Spanischen Erbfolgekrieg erwirbt Friedrich Wilhelm I. Obergeldern

  • Im Nordischen Krieg (Friede von Stockholm 1720) erwirbt er Vorpommern.

Im Nordischen Krieg, der von 1700 bis 1721 dauerte, ging es um die Herrschaft in der Ostsee und ihren Randländern in Nord- und Osteuropa. Eine aus Dänemark, Sachsen, Polen und Russland bestehende Koalition kämpfte gegen Schweden. Ab 1713 kämpften  auch Preußen und Hannover auf der Seite des Bündnisses. Die wichtigsten Ergebnisse der Friedensschlüsse von 1720 und 1721 waren: an Russland fielen  Livland, Estland und ein Teil Kareliens. Preußen gewann Vorpommern zwischen Oder und Peene mit Stettin. Schweden verlor seine beherrschende Stellung im Ostseeraum an Russland.


Literaturhinweise

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Ludwig XIV. Die Inszenierung des Sonnenkönigs. Berlin 1993.

Clark, Christopher

"Preußen". Aufstieg und Niedergang. 1600 - 1947. 2007.

Demel, Walter

Vom aufgeklärten Reformstaat zum bürokratischen Staatsabsolutismus. München 1993.

Duchhardt, Heinz

Altes Reich und europäische Staatenwelt 1648 - 1806. München 1995 (Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Band 4).

Duchhardt, Heinz

Krieg und Frieden im Zeitalter Ludwig XIV. Düsseldorf 1987

Haffner, Sebastian

Preußen ohne Legende. 1998

Höfer, Ernst

Das Ende des Dreißigjährigen Krieges. 1998

Jakubowski-Tiessen, Manfred

Krisen des 17. Jahrhunderts. Interdisziplinäre Perspektiven. Göttingen 1999

Kroll, Frank-Lothar

Von den ersten Hohenzollern bis Wilhelm II. (Taschenbuch). 2000.

Maurer, Michael

Kirche, Staat und Gesellschaft im 17. und 18. Jahrhundert. München 1998

Ribbe, Wolfgang, Rosenbauer, Hansjürgen

Preussen. Chronik eines deutschen Staates. 2000.

Schoeps, Julius H.

Preußen. Geschichte eines Mythos. Berlin 2001.

Straub, Eberhard

Eine kleine Geschichte Preußens. München 2001

Wills, John E.

1688. Die Welt am Vorabend des globalen Zeitalters. 2002.

DAMALS, das Magazin für Geschichte, Heft 9-2016 Barock, die missverstandene Epoche

Das neue Weltbild    Das Deutsche Reich 1648    Angriffskriege Frankreichs  Schwedisch-polnischer Krieg   Die Rolle Österreichs   Türkenkriege    Spanischer Erbfolgekrieg   Der Aufstieg Preußens      Württemberg 1648 - 1750      Köngen 1648 - 1750 (exemplarisch für ein Dorf) 


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