Deutschland 1914 - 1918

 

 

 

 

 

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Die Welt des späten Mittelalters (1250 - 1400)

Das Ende der Luxemburger und der Aufstieg der Habsburger Kaiserdynastie (1400 - 1517)

Die Reformation von Luthers Anschlag der 95 Thesen bis zum Wormser Reichstag (1517 - 1521)

Der Dreißigjährige Krieg (1618 - 1648)

Vom Westfälischen Frieden (1648) bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen (1740)

Der Aufstieg Preußens zur europäischen Großmacht (1740 - 1763)

Die Französische Revolution bis zum Ende der Diktatur Robespierres (1789 - 1794)

Deutschland in der Zeit der Französischen Revolution und der Herrschaft Napoleons (1789 - 1815)

 Restauration und Revolution (1815 - 1830)

Monarchie und Bürgertum (1830 - 1847)

Die Revolution von 1848/49

Von der gescheiterten Revolution 1848 bis zur Gründung des Deutschen Reiches 1871

Die Innen- und Außenpolitik Bismarcks (1871 - 1890)

Das Deutsche Kaiserreich von 1890 bis zum Ausbruch der Ersten Weltkriegs 1914

Die Industrielle Revolution in England und Deutschland (1780 - 1914)

Europäischer Kolonialismus und Imperialismus (1520 - 1914)

Der Erste Weltkrieg (1914 - 1918)

Der Weg zur Weimarer Republik 1918 - 1919

Der Kampf um die Staatsgewalt in der Weimarer Republik (1919 - 1933)

Die Machtübernahme der NSDAP und die Errichtung der Diktatur Hitlers (1933 - 1939)

Der Zweite Weltkrieg (1939 - 1945)

Der Weg in die Teilung Deutschlands (1945 - 1949)

Der Kalte Krieg: Vom Kriegsende 1945  bis zum Bau der Berliner Mauer 1961

Die Ära Adenauer (1949 - 1963)

Die Kanzlerschaft Ludwig Erhards 1963 - 1966

Kalter Krieg Teil 2: Von der Kubakrise 1962 bis zur Auflösung der Sowjetunion 1991

Die Zeit der Großen Koalition 1966 - 1969

Die Ära Brandt (1969 - 1974)

Die Kanzlerschaft Helmut Schmidts (1974 - 1982)

Die Kanzlerschaft Helmut Kohls von 1982 bis 1987

Die Kanzlerschaft Helmut Kohls von 1987 - 1989

Der Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands (Teil I: Die DDR von den siebziger Jahren bis zum Fall der Mauer im Jahr 1989)

Vom Fall der Berliner Mauer bis zur deutschen Einheit (1989 - 1990)

 

 

 
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Der Erste Weltkrieg


Julikrise 1914     Deutschland 1914     Kriegsverlauf bis 1916     Wendepunkt 1917     Innenpolitik 1917     Kriegsende 1918      Literaturhinweise   


Die Entscheidungsträger der europäischen Großmächte 1914


  • Deutschland
 
  • Nach der Reichsverfassung von 1871 war der Kaiser Inhaber der Staatsgewalt. Er bestimmte den Reichskanzler und damit die Regierung. Gleichzeitig war die Regierung davon abhängig, dass die Mehrheit im Reichstag ihren Gesetzesvorlagen zustimmte. Die Herrschenden waren jedoch nicht bereit, die Staatsgewalt der Mehrheit zu überlassen.

Reichskanzler Bethmann Hollweg hatte unter dem sprunghaften Kaiser, im Kompetenzwirrwarr von zivilen und militärischen Behörden und gegenüber einem zerstrittenen Reichstag einen schweren Stand. Seine Politik, vernünftige Kompromisse zwischen den 'Kontrahenten' zu erzielen, war nahezu erfolglos.

Siehe Landkarte Europa 1914

 
  Theobald von Bethmann Hollweg, (*1856 † 1921), deutscher Reichskanzler von 1909 bis 1917
 
  • Enges Verhältnis zwischen Kaiser Wilhelm II. und dem Militär. Der Kaiser hatte die monarchische Kommandogewalt über Heer und Marine, die nicht durch die Verfassung eingeengt werden konnte. Das Militär war die Grundlage seiner Herrschaft.  Nur in der Person des Kaisers konnten militärische und politische Interessen aufeinander abgestimmt werden. Durch seine Möglichkeit, den Reichskanzler seines Vertrauens zu ernennen bzw. zu entlassen, hatte der Kaiser unmittelbaren Einfluss auf die Politik.

  • Spannungsverhältnis zwischen Kaiser Wilhelm II. und dem Militär einerseits und der zivilen Reichsregierung andererseits in Fragen der Außenpolitik. Nach der Verfassung war allein die Regierung für die Außenpolitik zuständig. Auf der anderen Seite vertrat der Kaiser den Staat nach außen.

  • Ein Beispiel für die Ausschaltung der Regierung in Fragen der Außenpolitik war die Einberufung des Kriegsrats durch den Kaiser (8.Dezember 1912). Teilnehmer waren lediglich hohe Militärs. Diskussion über einen eventuellen Präventivkrieg (Pro: augenblickliche Schwächung Russlands, Contra: Flotte ist noch nicht bereit). Die Entscheidung wurde vertagt.

 

Nationalistische Kräfte um den 'Alldeutschen Verband' vertraten die Ansicht, dass ein zukünftiger europäischer Krieg zur territorialen Erweiterung Deutschlands führen müsse - im Westen, vor allem aber in den Gebieten jenseits der Ostgrenzen des Reichs. ( Ab dem November 1916 sollte ein solches  Kriegsziel zum Missfallen der Soldaten, die zur Verteidigung ihrer Heimat in den Krieg gezogen waren, offen zur Diskussion gestellt werden.)  

  • Österreich-Ungarn

  • Seit 1867 zwei gleichberechtigte Reichshälften (Österreich und Ungarn), die nur durch die Person des Kaisers Franz Joseph zusammengehalten wurden.  Es gab kein Reichsparlament (Ungarn hat sein eigenes Parlament!), lediglich einen Ministerrat, der aus den Ministerpräsidenten, drei Reichsministern und dem Generalstabschef bestand. Struktureller Reibungsverlust, wenn eine schnelle Entscheidung notwendig war.

  • Starker Einfluss des Militärs (Generalstabschef  Conrad von Hötzendorf). Die Armee verstand sich als Träger des Staates. Wichtigster ziviler Entscheidungsträger war der Außenminister Graf von Berchtold.

  • Erzherzog Franz Ferdinand trat für Gleichberechtigung der Slawen ein (Trialismus). Belastetes Verhältnis zum Kaiser. Er baute eine  "Nebenregierung" auf.

  • Russland

  • Starke Stellung des Zaren (Nikolaus II.): Er wählte die Minister aus, das Parlament hatte keine Mitsprache in außenpolitischen Fragen.

  • Russischer Außenminister ist Sasonow.

  • Frankreich

  • Parlament war Entscheidungszentrum, auch für die Außenpolitik (Dritte Republik)

  • Keine festen Parteibildungen. Politische Eliten gaben den Ton an (Kaderschmieden). Labile Regierungen mit kurzer Regierungszeit.

  • Raymond Poincaré, ab 1912 Ministerpräsident, als Lothringer nicht unbedingt deutschfreundlich, trat für die Allianz mit Russland ein (bei Kriegsausbruch war er, der wichtigste Entscheidungsträger, auf Staatsbesuch in Russland).

  • Großbritannien

  • Entscheidungen im Parlament, klare Trennung zwischen Regierungs- und Oppositionspartei, der Premierminister war Mitglied des Parlaments.

  • Lloyd-George, Schatzkanzler, war Exponent des sozialliberalen Flügels (Erhöhung der Staatsausgaben, Steuererhöhungen)

  • Außenminister Grey sah eine Gefährdung des europäischen Gleichgewichts durch Deutschland.

  • Kriegsminister Haldane verkörperte eine pro-deutsche Politik.


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Julikrise 1914 und Kriegsausbruch


  • 28. Juni 1914: Der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin werden dem südslawischen Nationalisten Gavrilo Princip in der bosnischen Stadt Sarajewo erschossen. Das Attentat löst die "Juli-Krise" aus, welche zum Krieg führte. Franz Ferdinand hatte einen föderalistischen Umbau der Doppelmonarchie unter Einbeziehung der Slawen geplant. Damit stand er dem großserbischen Nationalismus im Wege. Ziel der Attentäter war es, einen Krieg zwischen Österreich-Ungarn und Serbien zu provozieren, der dann - so ihre Hoffnung - mit Hilfe Russlands von Serbien zu gewinnen war. Das Attentat wurde nachweislich vom serbischen Generalstab geduldet und unterstützt.

 
  • Seit der Annexion von Bosnien und der Herzegowina durch Österreich-Ungarn im Jahr 1908  war die dort lebende serbischstämmige Bevölkerung bestrebt, alle Mitglieder der Volksgruppe in einem Staat zusammenzuführen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden mit Unterstützung der Geheimbünde  "Schwarze Hand" und "Volksschutz" Revolutions- und Attentatspläne ausgearbeitet. Diese Geheimbünde standen in engem Kontakt mit serbischen Offizieren, nicht jedoch mit der serbischen Regierung.

  • Die Regierung von Österreich-Ungarn war entschlossen, die durch das Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand entstandene Situation zu nutzen, um Serbien auf den Status einer "kleinen Macht" zu reduzieren. In den Jahren 1908 und 1912 im Balkan-Krieg hatten sie diese Zielsetzung nicht erreicht. Im Oktober 1913 waren sie am Einspruch des Deutschen Reiches gescheitert.

Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich (* 1863, ermordet am 28. Juni 1914)
Thronfolger von Österreich Ungarn

Das Bild zeigt den Erzherzog kurz vor dem Attentat.

  • 5. Juli 1914:  Wilhelm II. und Reichskanzler Bethmann Hollweg geben ihre Zustimmung zu einer österreichischen Aktion gegen Serbien und stellen Österreich damit einen "Blanko-Scheck" aus. Man spekulierte, dass Russland und Frankreich nicht kriegsbereit seien (Kalkuliertes Kriegsrisiko, keine Planung eines allgemeinen Kriegs!). Russland sollte durch ein nicht eingelöstes Hilfeversprechen an Serbien eine diplomatische Niederlage beigebracht werden (außenpolitischer Gewinn für Deutschland).

Gründe für die Ausstellung des "Blanko-Schecks": Deutschland war durch seine Außenpolitik, vielleicht auch durch seine geographische Lage, in eine Isolierung geraten, die es bedrohlich ( als "Einkreisung") empfand. Nach dem Bündnis zwischen Frankreich und Russland, dem sich mehr oder weniger auch Großbritannien angeschlossen hatte,  war Deutschland mit dem mit Problemen beladenen Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn und dem angeschlagenen Osmanischen Reich allein; diese wenigen Verbündeten wollte man nicht verlieren. Die Strategie der deutschen Regierung war es, das Attentat zu nutzen, um die gefährdete Großmacht Österreich-Ungarn, die ja der einzige noch zuverlässige Verbündete war, neue Macht und Handlungsspielraum zu geben. Für den deutschen Kaiser Wilhelm II. stellte das Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand einen Angriff auf das gesamte monarchische System dar. Er versicherte Österreich-Ungarn die Unterstützung Deutschlands, auch wenn der Konflikt mit Serbien sich zu einem Krieg ausweiten sollte.

  • Langsamer Entscheidungsprozess in Österreich-Ungarn aufgrund der Reichsstruktur (Ungarn war bis Mitte Juli gegen einen Krieg). Am 23. Juli.1914 stellt Österreich-Ungarn ein kurzfristiges und, wie es glaubte, unerfüllbares Ultimatum an Serbien. Die serbische Regierung verbat sich daraufhin die Einmischung in die inneren Angelegenheiten ihres Landes. Für Österreich-Ungarn war damit das Ultimatum nicht vorbehaltlos angenommen. Am 28. Juli erging die Kriegserklärung an Serbien.  Generalstabschef Conrad von Hötzendorf und Außenminister Graf von Berchtold strebten die Vernichtung Serbiens als politische Macht an. Man erwartete einen lokalisierten Krieg. Das Eingreifen Russlands wurde in Kauf genommen.

  • 29. Juli 1914:  Proklamation der Teilmobilmachung Russlands als Antwort auf das Ultimatum Österreichs. Zar Nikolaus II. wollte sich nach dem im Jahr 1905 verlorenen Krieg gegen Japan und dem Nachgeben gegenüber Österreich in der Balkankrise (1908) keinen weiteren Prestigeverlust erlauben. Eine weiteres Nachgeben hätte nach seiner Meinung unberechenbare Folgen für die Position Russlands auf dem Balkan gehabt. Dies wiederum hätte den revolutionären Kräften im Innern Russlands neue Nahrung gegeben.

  • 30. Juli 1914: Nach der österreichischen Kriegserklärung an Serbien ordnete Russland die Generalmobilmachung an. Dadurch wurde auch Deutschland bedroht. Das Vorgehen Russlands führte zur deutschen Mobilmachung und macht einen Zusammenstoß zwischen Deutschland und Russland fast unvermeidlich. Anstrengungen der deutschen und englischen Politik, durch Verhandlungen einen Krieg zu verhindern, wurden von den Ereignissen nach der russischen Mobilmachung überholt.

  • Deutschland forderte in einem zwölfstündigen Ultimatum an Russland die Einstellung aller Kriegsmaßnahmen gegen Deutschland und Österreich-Ungarn. Von Frankreich wurde Neutralität in einem deutsch-russischen Krieg gefordert. Nach Ablauf der Frist ordnete Deutschland am 1. August 1914 die Generalmobilmachung an und erklärte Russland den Krieg. Die Kriegserklärung an Frankreich, dem Bündnispartner Russlands, erfolgte am 3. August. Durch das Bündnissystem stehen feste Allianzen einander gegenüber: die Mächte des Entente-Abkommens, Großbritannien mit Frankreich und Russland, und die Zweibund-Mächte Deutsches Reich und Österreich-Ungarn.

Kaiser Wilhelm II. hat noch versucht, den auf Hochtouren laufenden Aufmarsch der deutschen Truppen im Westen zu stoppen. Zu spät - im Jahr 1914 war der Kaiser nicht mehr Herr des Geschehens. Der Chef des Generalstabs, Helmut von Moltke, der Flottenchef Alfred von Tirpitz und Industrielle wie Hugo Stinnes setzten sich durch.

  • In der Invasion der deutschen Truppen in das neutrale Belgien am 3. August sah Großbritannien eine Bedrohung des europäischen Gleichgewichts (die Atlantikküste gegenüber Großbritannien sollte nicht in den Besitz einer europäischen Großmacht gelangen!). Am 4. August erfolgte die Kriegserklärung Großbritanniens und Belgiens an Deutschland.


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Die innere Situation Deutschlands  im Jahre 1914


  • Regierungsparteien: Konservative (Grundbesitzer, viele Bauern, auch Landarbeiter), Nationalliberale (Bürgertum); Oppositionsparteien: Linksliberale (weniger unternehmerfreundlich als die Nationalliberalen), Zentrum (Vertretung der Katholiken), Sozialdemokratische Partei (Vertretung der ständig wachsenden Arbeiterklasse).

Ergebnis der Reichstagswahl von 1912: Die Sozialdemokraten stellten mit 110 Abgeordneten die weitaus stärkste Fraktion; die Konservativen hatten 57 Abgeordnete, die Nationalliberalen 45; das Zentrum hatte 91 Abgeordnete (die klassischen Regierungsparteien also 102, weit entfernt von der Mehrheit, die bei 199 lag).

  • 4. August 1914: Der Reichstag verabschiedet erstmals ein Bewilligungsgesetz über einen Kriegskredit. Das war praktisch eine Zustimmung zum Krieg. Auch die Sozialdemokraten schlossen sich der allgemeinen Zustimmung an. Die Regierung hatte den Krieg als Verteidigungskrieg gegen das zaristische Russland deklariert.

  • Noch Ende Juli 1914 hatten die deutschen Sozialdemokraten zu Friedensdemonstrationen aufgerufen und das "verbrecherische Treiben der Kriegshetzer" angeprangert. Jahrelang waren sie Seite an Seite mit ihren europäischen Bruderparteien in der "Sozialistischen Internationale" gegen den Imperialismus und für die "internationale Völkerverbrüderung" eingetreten. Nun jedoch, "in der Stunde der Gefahr", wollte die SPD das "eigene Vaterland nicht im Stich" lassen.

Die Mehrzahl der Sozialisten fühlte sich - was Sprache, Kultur, Lebensweise und Mentalität anging -  als Teil der Nation und eng mit ihr verbunden. Trotz ihrer theoretischen Klassensolidarität, trotz der tiefen Kluft, die sie von den bürgerlichen Klassen trennte, waren sie Kinder ihres Landes.

  • Reichskanzler Bethmann Hollweg hatte die Mobilmachung der deutschen Truppen so lange hinausgeschoben bis die volle russische Mobilmachung einen auch gegenüber der Sozialdemokratie zu rechtfertigenden Kriegsgrund abgab.


Kriegsverlauf und Kriegsstrategie bis Mitte 1916


  • Im September 1914 beschrieb der deutsche Reichskanzler Bethmann Hollweg die Kriegsziele Deutschlands: "Sicherung des Deutschen Reichs nach West und Ost auf erdenkliche Zeit. Zu diesem Zweck muss Frankreich so geschwächt werden, dass es als Großmacht nicht neu entstehen kann, Russland von der deutschen Grenze nach Möglichkeit abgedrängt und seine Herrschaft über die nicht-russischen Vasallenvölker gebrochen werden."

Einflussreiche Wirtschaftsorganisationen und nationale Verbände sowie hoch stehende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens forderten umfangreiche Gebietsabtretungen der Feindmächte zugunsten des Reichs. So sollte im Westen Frankreich ein wichtiges Industriegebiet in der Grenzregion Lothringen abgeben. Gegenüber Russland wurden Kriegsziele ins Auge gefasst, die auf die Errichtung einer deutschen Vormachtstellung hinausliefen. Dabei wurde an großräumige Umsiedlungen von Bevölkerungsteilen gedacht.

  • Die Militärstrategie Deutschlands war ein Rückgriff auf den bereits 1905 für den Fall eines Zweifrontenkrieges entwickelten Schlieffenplan: Dieser sah einen schnellen Angriffssieg über Frankreich vor.  Mit dem Durchmarsch durch das neutrale Belgien sollte der französische Festungsgürtel umgangen werden. Nach dem Sieg gegen Frankreich sollte die Wendung gegen Russland erfolgen. (Das Widerstandsvermögen der Franzosen und die relativ rasche Kriegsbereitschaft der Russen war nicht einkalkuliert!). Gegenüber England bestand zunächst keine Kriegsstrategie.

Die Leitung der militärischen Operationen wurde dem Chef des Generalstabes übertragen. Als Chef der Obersten Heeresleitung erhielt er nun die Kommandogewalt. Dieses Amt versah zunächst Helmuth von Moltke, dann Erich von Falkenhayn und ab dem 29. August 1916 Paul von Hindenburg, der zusammen mit Erich Ludendorff auch politische Macht ausübte. Ab 1916 erhielt die Oberste Heeresleitung eine Machtstellung, die sowohl den Kaiser als auch die Regierung von den wichtigen Entscheidungen ausschloss. Das "Große Hauptquartier" nahm seinen Sitz an wechselnden Orten hinter der Front ein. Dies bewirkte eine räumliche Trennung von der politischen Zentrale, die in Berlin verblieb. Auch der Kaiser hielt sich in diesem Hauptquartier auf.

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  • Bewegungskrieg und Stellungskrieg 1914 - 1915
 
  • Der Krieg wurde in beiden Lagern fast vom ersten Augenblick an als ein Ringen dargestellt, bei dem nicht weniger als die Existenz der Nation auf dem Spiel stand. Eine überwältigende Mehrheit zweifelte nicht daran, dass der jeweilige Feind das Ausbrechen des Krieges verschuldet hatte.

 
  • Zunächst militärische Erfolge der Deutschen im Westen. Die deutschen Kräfte genügten jedoch nicht, Paris vom Westen her zu umfassen.  Den Franzosen unter der Führung von Marschall Joffré gelang es gerade noch rechtzeitig, ihre ebenfalls ausschließlich auf Angriff ausgerichteten Streitkräfte für die Defensive umzugruppieren und im September in der Marneschlacht den endgültigen deutschen Durchbruch zu verhindern. Auf dem Höhepunkt der Marneschlacht ordnete die Oberste Heeresleitung unter Helmuth von Moltke am 10. September wegen Schwierigkeiten in der Logistik die Zurücknahme der deutschen Armeen an. Das Ergebnis war eine geschlossene Frontlinie im Westen, die von der Nordsee über Verdun bis zur Schweizer Grenze reichte (ca. 800 km). Der Bewegungskrieg im Westen geht Ende 1914 in den Stellungskrieg über. Die schnelle Niederwerfung Frankreichs ist damit gescheitert.

Die Feuerkraft der modernen Artillerie machte den Angriff nach der traditionellen Methode, mit stürmender Infanterie, zu einem wahren Blutbad. Die Offiziere hatten den Soldaten den festen Glauben eingeimpft, dass Wille und Tapferkeit über den ängstlichen Feind triumphieren würden. So stürmten sie in den Ebenen Flanderns und Nordfrankreichs nach vorn. Zu Tausenden konnten die Verteidiger sie aus ihren Stellungen heraus erschießen.

Besonders verlustreich waren die Kämpfe zwischen Franzosen und Deutschen im belgisch-französischen Grenzgebiet. In den sogenannten Grenzschlachten prallten Ende August 1914 erstmals die Hauptarmeen aufeinander. Am Ende der Kämpfe stehen 27.000 Opfer auf französischer Seite, davon allein 12.000 am Frontabschnitt bei Rossignol. Der 22. August 1914 kostete die Franzosen mehr Opfer als jeder andere Tag des ersten Weltkriegs. Bei Rossignol kam auf vier tote Franzosen ein Deutscher. Den französischen Soldaten war eingebläut worden, dass allein der Angriff der militärischen Ehre würdig war. Der ausschließliche Angriff entsprach in keiner Weise den Erfordernissen des modernen Massenkriegs. Die Franzosen zwang der frühe Schock zum Umdenken. Es ging ihnen von nun an nicht darum, glorreiche Schlachten zu schlagen, sondern darum, einen Abnutzungskrieg zu gewinnen.

  • Im Osten gelingt es dem zum Oberbefehlshaber ernannten General von Hindenburg und seinem Stabschef Erich Ludendorff zwei russische Heere bei Tannenberg völlig zu vernichten (26. - 30. August 1914). Für 1915 wurde vorgesehen, die Entscheidung im Osten zu suchen. Dieser Plan scheiterte trotz großer Raumgewinne. Im September 1915 kam es auch in Russland zu einem Stellungskrieg.

 
  Erich Ludendorff (* 1865 † 1937). 1914 Generalstabschef der 8. Armee unter Hindenburg 1916 zusammen Hindenburg 3. oberste Heeresleitung (OHL), 1918 vom Kaiser entlassen.
 
  • Den Armeen Österreich-Ungarns gelang es nicht, Belgrad zu erobern. Nach der Eroberung Galiziens durch die Russen drohte das österreichische Heer zusammenzubrechen. Deutsche Truppen wurden zur Entlastung der Donaumonarchie eingesetzt. Durch die Wiedereroberung Galiziens und die Besetzung Polens änderte sich im Herbst 1915 die Kriegslage zugunsten der Mittelmächte. Am 16.Oktober 1915 wurde Belgrad eingenommen. 

  • Der Stellungskrieg im Westen 1915 - 1916
 
  • 22. April 1915: Erster Gasangriff der Deutschen bei Ypern (Flandern). In der Folge greifen auch die Alliierten zu chemischen Waffen. Versuche der Franzosen und Engländer, die Frontlinie zu durchbrechen, scheitern. 

  • 1916: Höhepunkt des Stellungskriegs. Schwere Opfer auf beiden Seiten. Artillerie- und Luftüberlegenheit der Entente. Truppen des britischen Empire übernehmen große Abschnitte der Westfront.

  • Ab 21. Juni 1916: Deutscher Angriff auf Verdun. Der Chef der Obersten Heeresleitung, Erich von Falkenhayn, hofft, das französische Heer durch die Demonstration militärischer Gewalt zu zermürben und dadurch dem gefährlichsten Gegner, Großbritannien, seinen Bundesgenossen zu nehmen. Frankreich soll zur Vergeudung seiner Ressourcen gezwungen werden. Ende Juli können die Deutschen einen Bodengewinn von 15 Kilometern erreichen. Bis Mitte Dezember erobern französische Truppen das Gebiet weitestgehend zurück. Große Verluste in Verdun auf beiden Seiten: 337.000 Deutsche, 370.000 Franzosen. Die Zermürbungstaktik führt zu einer gefährlichen Schwächung der deutschen Abwehrkraft. 

 

Das Ausmaß und die Brutalität der Kriegsführung bewirkte eine zunehmende Entfremdung zwischen den Stäben, die von ihren sicheren Hauptquartieren aus die Operationen leiteten, und den Frontsoldaten. Das gleiche gilt für das Verhältnis zwischen den Stabsoffizieren und den Frontoffizieren. Für die jüngeren Soldaten bedeutete die Kriegserfahrung einen revolutionären Umbruch, eine Zerstörung ihres Weltbildes, an dem sich ihre Erziehung orientiert hatte.

 

 

Erich von Falkenhayn (* 1861 † 1922), 1913 - 1915 preußischer Kriegsminister, seit Herbst 1914 Chef des Generalstabs des Feldheeres (sog. 2. Oberste Heeresleitung), im August 1916 abberufen und durch Hindenburg und Ludendorff abgelöst.

 
  • Am 15. September 1916 kam es zum ersten Mal in der Geschichte des Militärs an der nordfranzösischen Front zu Panzereinsätzen. Großbritannien erhoffte sich mit dem neuen Kriegsgerät eine Wende in dem bis dahin reinen Infanteriekrieg. Die Panzer sollten Breschen in die deutschen Sperranlagen schlagen. Briten, Franzosen und Deutsche verzeichneten bei der Schlacht an der Somme (Juli - November 1916) rund 1,1 Millionen Verletzte und Tote.

  • Die Gefährdung der deutschen Westfront war so groß, dass Falkenhayn abberufen wurde. Hindenburg wird zum Generalstabschef, Ludendorff zum Generalquartiermeister ernannt.

  • Der Seekrieg
 
  • Großbritannien begnügte sich bis 1915 mit einer auf die schottischen Häfen gestützten Fernblockade der deutschen Schlachtflotte; der Bau der deutschen Flotte erwies sich als Fehlinvestition.

  • Das Schwergewicht der deutschen Seekriegsführung wird auf die U-Boot-Waffe verlegt; die Schlachtflotte bleibt auf einen Stellungskrieg hinter dem Minengürtel der Nordsee beschränkt.

  • Am 22. Februar 1915 beginnt Deutschland den U-Boot-Krieg. Damit werden nicht nur neutrale Schiffe getroffen, sondern auch Angehörige neutraler Staaten, die mit Handelsschiffen der Entente-Mächte reisten. Bei der Versenkung des englischen Dampfers Lusitania am 7. Mai 1915 kamen auch 118 Amerikaner ums Leben.

  • 31. Mai 1916: Schlacht der Flotten am Skagerrak; die britische Flotte blieb trotz hoher Verluste intakt. Zwar fahren die Deutschen einen taktischen Sieg ein, der erhoffte Bruch der britischen Seevorherrschaft gelang jedoch nicht.

 
 

Die deutschen Admirale waren davon überzeugt, dass die überlegene britische Flotte vor den deutschen Marinebasen eine Nahblockade errichten werde. In diesem Fall wollten sie die britische Schlachtflotte mit U-Booten angreifen. Erst dann sollte die Hochseeflotte eingesetzt werden. Das Gros der britischen Flotte blieb in Scapa Flow an der Nordspitze Schottlands stationiert, ein kleinerer Teil blockierte die Ausgänge der Nordsee. Die deutsche Flotte war aufgrund ihrer Konzeption als Schlachtflotte nicht dazu geeignet, diese Fernblockade mit Aussicht auf Erfolg zu attackieren. Der am 24.1.1916 eingesetzte neue Flottenchef, Vizeadmiral Scheer, drängte darauf, in das Skagerrak vorzustoßen, um dort den alliierten Schiffsverkehr anzugreifen (Das Skagerrak erstreckt sich zwischen der flachen Küste der dänischen Halbinsel Jütland und dem felsigen Gestade des südöstlichen Norwegens).  Scheer hoffte damit Teile der britischen Flotte zu provozieren und dann vernichten zu können. Am 31. Mai stießen dann die Flotten aufeinander. 6094 Briten und 2551 Deutsche fanden den Tod. Die versenkten britischen Schiffe besaßen eine Wasserverdrängung von 112.000 Tonnen, die deutschen eine von 62.000 Tonnen. Strategisch blieb die Skagerrak-Schlacht ohne Bedeutung, die britische Flotte übte weiterhin die Seeherrschaft aus.

Auf einem der deutschen Schiffe fuhr im Ausguck ein junger Schriftsteller mit, dessen Name nahezu jeder Deutsche kennt - vielleicht nicht seinen bürgerlichen Namen Johann Kinau, aber seinen Künstlernamen: Gorch Fock. Die meisten erinnert der Name vor allem an die beiden Segelschiffe - die "Gorch Fock" (I) liegt als Museumsschiff im Hafen von Stralsund, die "Gorch Fock (II) ist als Segelschulschiff der Bundesmarine bekannt. Kaum ein Name ist so verbunden mit der Liebe zur Seefahrt und der Sehnsucht nach der Weite des Meeres wie der des Dichters Gorch Fock. Sein Roman "Seefahrt ist Not" wurde in viele Sprachen übersetzt. Am 30. Mai 1916 geriet sein Schiff in das Artilleriefeuer britischer Schlachtschiffe. Gorch Fock, 26 Jahre alt, ging einen Tag später mit dem Kreuzer unter. 

  • Der Krieg im Osten
  Mit der am 4. Juni 1916 beginnenden Brussilow-Offensive gelingt Russland ein wichtiger Schlag in Osteuropa: An der 350 Kilometer breiten Front erfolgt der Vorstoß Richtung Westen, der erst Ende August von den Mittelmächten gestoppt werden kann.
 
  • Die Bundesgenossen der Mittelmächte
 
  • Das Osmanische Reich, durch Russlands naStreben ch den Meeresengen bedroht, entschließt sich im Herbst 1914 zum Kriegseintritt. Durch die Sperrung der Meeresengen wird die Zufuhr von Rüstungsmaterial für Russland eingeschränkt. Am 25. April 1915 landen Entente-Truppen auf den strategisch wichtigen Dardanellen auf der Halbinsel Gallipoli, um von dort auf Istanbul vorzustoßen. Die Truppen des Osmanischen Reichs, das auf der Seite Deutschlands kämpft, können den Angriff jedoch stoppen. Im Dezember 1915 ziehen sich die Verbände der Alliierten nach hohen Verlusten zurück. 

  • Bulgarien schließt unter dem Eindruck der deutschen Siege im Herbst 1915 ein Bündnis mit den Mittelmächten. Die Bulgaren erobern ganz Serbien (Deutsche Truppen hatten bereits Belgrad eingenommen). Ab 1916 beginnt an der Balkanfront ein Stellungskrieg, der von den Bulgaren mit geringer deutscher Unterstützung geführt wird.

  • Die Bundesgenossen der Entente bis 1917
 
  • Nachdem Japan im August 1914 auf Seiten der Entente in den Krieg eingetreten ist, nimmt es am 7. November 1914 den deutschen Stützpunkt Tsingtau im Nordosten Chinas ein. Die Deutschen sind auf einen Krieg im Pazifik nicht vorbereitet und verlieren rasch alle Besitzungen.

  • Italien tritt im Frühjahr 1915 auf die Seite der Entente. England und Frankreich hatten Italien für den Kriegseintritt Südtirol bis zum Brenner versprochen (26. April1915). Am 23. Mai erfolgt die Kriegserklärung an Österreich-Ungarn. Mit dem Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Entente kommt mit der Alpenfront ein weiterer Kriegsschauplatz hinzu. Militärisch brachte das Eingreifen Italiens der Entente nicht den erhofften Gewinn.

  • Im August 1916 entschließt sich Rumänien zum Kriegseintritt an der Seite Frankreichs und Großbritanniens. Den Mittelmächten gelingt es, das rumänische Heer zurückzudrängen und den Zugriff auf die Ölquellen und die Getreidefelder Rumäniens zu sichern.

  • 1917 zwingt die Entente das widerstrebende Griechenland zum Verzicht auf seine hartnäckig verteidigte Neutralität.

  • Ökonomische und soziale Folgen des Krieges 1916
 
  • Deutschland
 
  • Die deutsche Regierung war ursprünglich von einem kurzen Kriegsverlauf ausgegangen und hatte dementsprechend keine Planungen und Vorbereitungen für eine längere Kriegsdauer getroffen. In Erwartung eines schnellen Sieges wurden selbst die normalen Nahrungsmittelvorräte schon in den ersten Kriegsmonaten aufgebraucht. Als sich ein längerer Krieg abzeichnete, wurde die bis dahin liberale Wirtschaftssystem abgebaut und durch ein System der völlig vom Staat kontrollierten Kriegsplanwirtschaft ersetzt. Die Schlüsselindustrien wurden nun vom Staat gesteuert. Staatliche Behörden auf Reichs- und auf Länderebene versuchten, steuernd in die Erzeugung und Verteilung von Lebensmitteln einzugreifen. Ausgang des Winters 1915/16 an waren alle Grundnahrungsmittel rationiert.

  • Durch die Seeblockade der Entente (Blockade des Mittelmeers und des Atlantiks) fiel die Einfuhr von kriegswichtigen Rohstoffen (Salpeter, Kautschuk u.a.) aus. Die von Rathenau angeregte staatliche Bewirtschaftung und die erfundenen Ersatzstoffe sowie neue Produktionsverfahren (synthetische Herstellung von Salpeter) konnten keinen genügenden Ausgleich schaffen.

  • Die Kriegsfinanzierung erfolgte durch Kredite, d.h. der Staat verschuldete sich durch die Ausgabe von Kriegsanleihen. Als im Jahr 1916 die Opferbereitschaft der deutschen Bevölkerung abnahm, erfolgte die Finanzierung durch Erhöhung der Geldmenge (Notendruck). Diese Maßnahme barg eine hohe Inflationsgefahr in sich!

  • Lebensmittelversorgung der Bevölkerung

  • Schon im Jahre 1915 sah sich der Verbraucher einer stark verschlechterten Lebensmittelversorgung ausgesetzt. Einerseits stiegen die Preise in ungekannte Höhen. In Berlin waren höherwertige Nahrungsmittel wie Fleisch, Butter und Eier für die Masse der großstädtischen Bevölkerung bereits zu unerschwinglichen Luxusgütern geworden. Selbst bei Grundnahrungsmitteln kam es zu Versorgungsengpässen. Am 25. Januar 1915 wurde die Brotkarte eingeführt, die dem Verbraucher nur noch einen festgeschriebenen Bedarf an Brot- und Mehlmengen zugestand. Bis Ende 1916 fielen auch die wichtigsten anderen Grundnahrungsmittel unter die der Bevölkerung zugestandenen Ernährungsrationen. Lange Schlangen vor den Lebensmittelgeschäften  waren an der Tagesordnung.

 
  • Die Produktivität in der Landwirtschaft ging zurück (z.B. bei Kartoffeln und Getreide). Ursachen waren der Mangel an Arbeitskräften und der Mangel an Zugtieren (Pferde wurden von der Armee benötigt). Auch die Ausstattung mit Dünger reichte nicht aus (dieser wurde für die Herstellung von Sprengstoff benötigt).

  • Da Deutschland für Brotgetreide nur zu neunzig Prozent Selbstversorger war und insbesondere Milchprodukte einführen musste, war die Ernährungssituation vom ersten Kriegswinter an gespannt und wurde es in dem Maße mehr, in dem die landwirtschaftliche Produktion rückläufig war. Sie betrug bei Weizen im Jahr 1917 nur mehr die Hälfte der Menge von 1913, bei Roggen 58 Prozent, bei Kartoffeln 65 Prozent der Vorkriegserzeugung. Der zunehmende Druck der Alliierten auf die neutralen Länder ließ die Importe schon 1916 auf die Hälfte zurückgehen. Seither erhob sich das Gespenst drohender Hungersnot über dem Reich. Viele Kinder und Jugendliche hatten nichts zu Essen.

  • Die sich von Jahr zu Jahr verschlechternde Wirtschaftslage mit ihren zunehmenden Versorgungsschwierigkeiten traf Soldatenfamilien am härtesten. In der Regel bedeutete die Einberufung der Männer eine drastische Reduzierung des Familieneinkommens. Das staatliche Fürsorgesystem, das diese Lücke füllen sollte, blieb während des gesamten Krieges unzulänglich. Der geringe Sold, den die Soldaten bekamen, konnte erst recht keine nennenswerte Aufbesserung des Familieneinkommens sein.

Ein geringes Einkommen wirkte sich umso empfindlicher aus, je mehr Lebensmittel dem regulären Markt entzogen und im sogenannten Schleichhandel angeboten wurden. Zahlungskräftige Kundschaft konnte sich über die ganze Kriegszeit hinweg auf dem Schwarzmarkt versorgen und sich der allgegenwärtigen Nahrungsmittelknappheit entziehen. Das galt in der Regel nicht für Soldatenfamilien, zumal für die Familien von Arbeitern, Handwerkern und Angestellten unter ihnen. Hier wurde der Hunger zu einem ernsten Problem.

  • Von der Verminderung des Geldwertes, die allgemein seit 1916 spürbar war, wurden vor allem die Bezieher fester Einkommen betroffen, da die Gehälter der Beamten und der öffentlichen Angestellten nur in geringem Maße angehoben wurden. In Deutschland sank das Realeinkommen der höheren Beamten zwischen 1914 und 1918 von 97,2% auf 46,8% des Einkommens von 1913. Die Industriearbeiterschaft litt unter dem Kaufkraftverlust (hohe Lebensmittelkosten), die Reallöhne schrumpften um 42 Prozent. Dazu kam noch die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, die viele Arbeitsunfälle nach sich zogen. Die Lebenshaltungskosten stiegen von einem Index 100 im Jahr 1913 auf 313 im Jahr 1918. Auch der bürgerliche Mittelstand litt unter der Schere zwischen steigenden Preisen und niedrigeren Löhnen. Der bisher von ihm gepflegte Lebensstil konnte nicht mehr gehalten werden. Viele Bürger verarmten.

 
  • Bei der Ernährungskrise, der die deutsche Bevölkerung während des Ersten Weltkriegs ausgesetzt war, handelte es sich um ein Phänomen, das nicht nur Auswirkungen auf die Stimmung, den Alltag und die Gesundheit der deutschen Bevölkerung hat, sondern in letzter Konsequenz auch den Kriegsverlauf und die Revolution von 1918 massiv beeinflusste.

  • Die sozialen Wandlungen während des ersten Weltkriegs lassen sich keineswegs allein auf Preise und Löhne zurückführen. Auch andere Faktoren fallen ins Gewicht: das Auseinanderreissen der Familien, der Verlust des Ernährers, die Veränderung der Lebensbedingungen im Zeichen des Mangels und des Hungers, die Einschränkungen der Schulausbildung wegen des Ausfallens von Lehrkräften. Der Krieg hat die seelische Entwurzelung und die materielle Unsicherheit vieler Erwachsener gefördert. Darunter litten auch die Kinder und die Jugendlichen.  Auch nach ihrer Rückkehr aus dem Krieg waren viele Väter dem ‚normalen Arbeitsleben‘ und der Erziehung ihrer Kinder nicht mehr gewachsen. Folge des Krieges waren auch gesellschaftliche Spannungen. Der Gegensatz zwischen ländlicher und städtischer Bevölkerung verstärkte sich. Zwangswirtschaft bedeutete einen Eingriff in die bäuerliche Verfügungsgewalt (festgesetzte Preise). Daraus resultierte eine Abneigung gegen den Staat.

  • Frankreich
 
  • Bauern waren seit 1870 in den nationalen Kontext integriert; sie bekannten sich offen zur Nation (in Deutschland war dies nicht der Fall!). Dies mag ein Grund dafür sein, warum der französische Staat eine bessere Lebensmittelversorgung gewährleisten konnte als das Deutsche Reich. Die Verteilung der Güter erregte weniger sozialen Unmut als in Deutschland

  • Die Kriegskosten werden durch erhöhte Steuerabgaben und durch Verschuldung gedeckt.

  • Großbritannien
 
  • Die zentrale Produktion von Rüstungsgütern erfolgt reibungslos.

  • Keine Engpässe bei Lebensmitteln. Ausweitung der eigenen Produktion. Doch Eigendeckung bei Kartoffeln nur 40 Prozent.

  • Lebensstandard der Arbeiter verbesserte sich leicht. Keine Preiserhöhungen.

  • Kriegsfinanzierung durch Steuern (Verfünffachung der Einkommenssteuer im Krieg).

  • Keine großen sozialen Spannungen.


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Der Wendepunkt des Krieges im Jahr 1917


 
  • In Russland bricht im März 1917 die Revolution aus. Am 15. März wird der Zar gestürzt. Der Krieg wird zwar durch die neue liberale Regierung fortgesetzt, doch löste sich das Heer infolge der revolutionären Gärung immer mehr auf. Deutschland wird an der Ostfront entlastet und kann sich nun an der Westfront besser behaupten.

In der Nacht vom 6. zum 7. November 1917 besetzten bolschewistische Aufständische und bewaffnete Arbeitermilizen (Rote Garden) die strategisch wichtigsten Punkte Petrograds. Damit wurde der Machtkampf zwischen der Provisorischen Regierung, die seit dem Sturz des Zaren im Amt war, und den linksradikalen Kräften auf die Straße verlagert. Die Provisorische Regierung verschanzte sich im Winterpalais des Zaren. Auch diese letzte Bastion fiel in die Hände der Aufständischen. Damit hatte sich die revolutionsbereite Fraktion im Zentralkomitee der kommunistischen Partei endgültig gegen die Verfechter einer legalen Strategie durchgesetzt. Trotzki, der Organisator des Aufstands, verkündete: ... das Militärrevolutionäre Komitee, das an der Spitze des Proletariats und der Garnison von Petrograd steht, hat die Staatsgewalt übernommen." Es folgt ein blutiger Bürgerkrieg, den die Bolschewiki (radikale Fraktion unter der Führung von Wladimir Iljitsch Lenin innerhalb der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands) mit Hilfe ihrer Streitmacht (Rote Armee) gewinnen.

Mit dem sowjetischen Kommunismus hatte sich in Russland eine Ideologie durchgesetzt, die Anspruch auf weltweite Verbreitung erhob. Endziel war, eine klassenlose kommunistische Gesellschaft einzurichten.

  • Der Wirtschaftskrieg beginnt, entscheidend für den Kriegsausgang zu werden. Durch seine überlegene Flotte zwingt Großbritannien die vom Überseehandel abhängigen kleinen neutralen Staaten dazu,  ihre Ausfuhr nach Deutschland immer mehr einzuschränken.

  • Präsident Wilson hatte 1914 die Vereinigten Staaten für neutral erklärt. Er plante bis Ende 1916 eine Vermittlung zwischen den Kriegsparteien. Die deutsche Regierung hoffte lange auf diesen Friedensschritt, glaubte aber nach dem Fall von Bukarest nicht mehr warten zu können. So kam es am 12. Dezember 1916 zu einem Friedensangebot Deutschlands (keine inhaltliche Zielvorstellung, nur prinzipielle Bereitschaft zum Frieden), das von den Entente-Mächten sofort zurückgewiesen wurde. In dem nun folgenden Friedensangebot Wilsons wurden die Krieg führenden Großmächte aufgefordert, ihre Kriegsziele zu nennen. Gleichzeitig mit der Nennung seiner Kriegsziele im Februar 1917 kündigte Deutschland die Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Krieges an. Dies war für Wilson untragbar. Am 6. April 1917 kommt es zum Kriegseintritt der Vereinigten Staaten.

  Thomas Woodrow Wilson (* 1856, † 1924), US-amerikanischer Politiker der  Demokratischen Partei

1913 - 1921 Präsident der Vereinigten Staaten
 
  • Nach dem bolschewistischen Staatsstreich im November 1917 brach die russische Front zusammen. Deutsche Truppen besetzten große Teile der Ukraine und das Baltikum. Am 15. Dezember wird zwischen Deutschland und Russland ein Waffenstillstand abgeschlossen. Im März 1918 konnten die Deutschen in Brest-Litowsk einen für das geschlagene Riesenreich vernichtenden Frieden diktieren. Russland musste die Abtretung großer Territorien zugestehen.
  Deutschland hatte sich in Mittel- und Osteuropa plötzlich eine beispiellose Machtposition verschafft. Stand jetzt, da mit dem Zweifrontenkrieg Schluss war, nicht ein vollständiger Sieg in Aussicht? Durch eine Offensive an der Westfront sollte noch vor dem Eintreffen von amerikanischen Truppen versucht werden, den militärischen Sieg zu erzwingen.
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Die Innenpolitik Deutschlands und Österreich-Ungarns 1917


 
  • Deutschland
 
  • Die ersten Kriegsjahre sind durch einen "Burgfrieden" der Parteien gekennzeichnet.
  • Die militärischen Erfolge der Jahre 1914/15 führten dazu, dass die Rechtsparteien und das hohe Militär zur "Sicherung des Reiches" im Westen und Osten umfangreiche Gebietserwerbungen fordern. Je länger der Krieg dauerte, desto mehr setzten sich die Linksparteien für eine Verständigung mit den Kriegsgegnern ein. (Die Zustimmung der Sozialdemokraten zum Krieg war ja unter der Voraussetzung erfolgt, dass es sich um einen reinen Verteidigungskrieg handelt.) Sie schrieben die lange Dauer des Krieges den "annektionistischen" Forderungen zu. Der Kaiser hatte, wie so oft, keine eindeutige Meinung: Er schwankte zwischen territorialer Erweiterung  und Verständigungsfrieden.

  • Ende 1916 setzte Ludendorff (ein Militär!) ein Programm durch, das zur Steigerung der Kriegsproduktion die 'Zivildienstpflicht' einführte und die persönliche Bewegungsfreiheit weitgehend einschränkte. Die Politiker waren weitgehend entmachtet!

  • Reichskanzler Bethmann Hollweg griff die Forderung nach einer Reform des preußischen Dreiklassenwahlrechts auf. Sie wurde vom Kaiser in seiner "Osterbotschaft" angekündigt, jedoch nicht durchgeführt. Die Militärs waren gegen eine Reform: das Wahlrecht sollte nicht geheim sein. Auch die Großgrundbesitzer wollten nicht auf ihre Bevorzugung durch das Dreiklassenwahlrecht verzichten. Der Reichskanzler Bethmann Hollweg wurde gestürzt.

  • Die Enttäuschung über ausbleibende Reformen und den Fortgang des Krieges führten zur Spaltung der SPD. Radikale Kriegsgegner um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gründeten 1916 die "Spartakusgruppe". Ein Jahr später schlossen sie sich der "Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands" (USPD) an, die sich von den Mehrheitssozialdemokraten (SPD) abspaltete und den wachsenden Protest der Arbeiter gegen das Kriegselend und den "Burgfrieden" artikulierte.

 

Noch vor dem Ersten Weltkrieg hatte sich Rosa Luxemburg mit dem Krieg befasst: Sie forderte die Arbeiter auf, die Waffen niemals gegen ihre Klassenbrüder zu richten - dafür war sie wegen "Aufforderung zum Ungehorsam" verurteilt und inhaftiert worden. Bei Kriegsausbruch musste sie enttäuscht erkennen, dass die Mehrheit der sozialistischen Abgeordneten für die Kriegskredite stimmten. Sie gründete daraufhin mit Karl Liebknecht die Gruppe 'Internationale", aus der die 'Spartakusgruppe" hervorging. Die Kriegsgegner wurden 1917 aus der SPD ausgeschlossen und gründeten die 'Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands" (USPD), der sich die 'Spartakusgruppe' als linker Flügel anschloss.

  Mit der Zeichnung von Kriegsanleihen sollte sich die deutsche Bevölkerung an der Finanzierung des Krieges beteiligen. Das nebenstehende Plakat wurde von dem Künstler Lucian Bernhard im Jahr 1917 erstellt.

Bildquelle: Bibliothek der UN, Genf

Beim Zusammentritt des Reichstags im Juli 1917 äußerte der Zentrumsabgeordnete Matthias Erzberger zum ersten Mal Zweifel an der Wirksamkeit des U-Boot-Krieges. Zentrum, Liberale und Sozialdemokratie forderten im Reichstag eine "Friedensresolution", die aussagen sollte, dass Deutschland zu einem Frieden der Verständigung bereit ist. Die Oberste Heeresleitung versuchte vergeblich, die Annahme der Friedensresolution zu verhindern.

  • Matthias Erzberger, der die Heeres- und Flottenpolitik der kaiserlichen Regierung lange unterstützt hatte, erkannte im Laufe des Krieges die Unmöglichkeit, ihn für Deutschland siegreich zu beenden. Er trat für einen Verständigungsfrieden ein. Folgerichtig kritisierte er den "uneingeschränkten U-Boot-Krieg" und betrieb im Juli 1917 maßgeblich die Friedensresolution des Reichstags, die einen Verständigungsfrieden ohne Gebietserwerbungen vorschlug.

 

Matthias Erzberger kam aus einfachen Verhältnissen, erblickte 1875 in Buttenhausen, einem Dorf auf der Schwäbischen Alb, das Licht der Welt. Sein Vater war Schneider und Briefträger. Zunächst war Matthias Erzberger Volksschullehrer, dann Hilfsredakteur bei dem in Stuttgart erscheinenden "Deutschen Volksblatt". 1903 zog er für das Zentrum in den Reichstag ein. Dort erwarb er sich schnell den Ruf eines schlagfertigen Debattenredners. 1905 machte er sich Feinde in höchsten Kreisen. Erzberger geißelte einen Skandal in der Kolonialverwaltung. Deren Chef, ein Vetter des Kaisers, musste den Hut nehmen. Kaiser Wilhelm II. bezeichnete Erzberger als einen "gewerbsmäßigen Hintertreppenschleicher, Ehrabschneider und Verleumder".

  • Mit der gemeinsamen Entschließung zeichnete sich zum ersten Mal die Möglichkeit einer künftigen parlamentarischen Regierungsmehrheit ab. In dem Aufruf vom 19. Juni 1917 hieß es: "Der Reichstag erstrebt einen Frieden der Verständigung und der dauernden Verständigung der Völker" und zwar "ohne erzwungene Gebietserwerbungen".

  Matthias Erzberger, deutsche Politiker (* 1875 † 1921, ermordet). Ab Oktober 1918 Staatssekretär, vom Juni 1919 bis März 1920 Reichsminister für Finanzen.
  • Österreich-Ungarn
 
  • Die Nationalitäten lehnten sich immer mehr auf, die Tschechen traten durch Flüchtlinge mit der Entente in Verbindung.
  • Die monarchische Spitze (Kaiser Franz-Joseph) griff nicht in die kriegspolitischen Entscheidungen ein. Generalstabschef Conrad von Hötzendorf (Militär) meldete politische Ansprüche an; er fühlte sich auch für die Ernährungswirtschaft zuständig.

  • Mangel an Kooperation der beiden Reichsteile: Ungarn weigerte sich, seine Agrarprodukte auch an Österreich weiterzugeben.

  • Genereller Mangel an militärischen Führungskräften

  • Der Nachfolger des am 27.11.1916 verstorbenen Kaisers Franz Joseph, Karl I. übernahm allein die Militärführung. Hinter dem Rücken Deutschlands nahm er geheime Verbindungen zur Entente auf.


Deutsche Offensive 1918 und das Ende des Ersten Weltkriegs


  • Am 8. Januar 1918 stellte der amerikanische Präsident Wilson seine Kriegsziele und seine Bedingungen an die Mittelmächte in "14 Punkten" vor. Die 14 Punkte forderten: öffentliche Friedensverträge und Abschaffung der Geheimdiplomatie, Grenzziehung nach dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, Errichtung eines Völkerbundes und die Freiheit der Meere. Unter anderem verlangten sie die Wiederherstellung Belgiens, die Rückgabe Elsass-Lothringens an Frankreichs, die Grenzziehung in Italien nach dem Gesichtspunkt der Nationalität. - Wilsons Punkte wurden zunächst in Deutschland nahezu allgemein abgelehnt.

  • Präsident Wilsons Kriegsziele hatten fast durchweg ideelle Grundlagen und waren von einem gewissen Sendungsbewusstsein getragen: Einrichtung von Demokratien, Recht des Einzelnen auf Glück (pursuit of happiness), Begrenzung der Staatsgewalt gegenüber dem Einzelnen, Volkssouveränität, Selbstbestimmungsrecht der Völker (allerdings konnten sich die Amerikaner nicht vorstellen, dass die Völker nicht für eine Demokratie als Staatsform stimmen).

  • Während des Ersten Weltkriegs hatten sich sowohl die liberal-kapitalistische als auch die kommunistische Missionsidee  ausgeprägt. Nimmt man die faschistischen Bewegungen nach dem Ersten Weltkrieg hinzu, so sind innerhalb von wenigen Jahren drei Entwürfe für eine Neuordnung der Gesellschaft entstanden, die jeweils mit einem Heilsversprechen aufwarteten.

  • Die Idee zum Aufbau einer internationalen Organisation, die zwischenstaatliche Zusammenarbeit verstärken und den Frieden sichern sollte, gab es bereits vor der Gründung des Völkerbundes. Im Jahr 1889 wurde mit der "Interparlamentarische Union für internationale Schiedsgerichtsbarkeit" ein Forum gegründet, in dem sich die Abgeordneten ihrer Mitgliedsstaaten über Fragen der Sicherheit und Friedenssicherung verständigen sollten. Auch in den Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907 wurde der Versuch unternommen, eine internationale Rechtsordnung auszuarbeiten, um zwischenstaatliche Konflikte friedlich zu lösen. Die Satzung des Völkerbundes wurde am 28. April 1919 als Teil des Versailler Vertrages von der Vollversammlung der Pariser Friedenskonferenz angenommen. Nachdem auch die deutsche Nationalversammlung dem Vertrag auf Druck der Siegermächte des Ersten Weltkriegs zugestimmt hatte, wurde er am 28. Juni unterzeichnet. Ein halbes Jahr später - am 10. Januar 1920 - nahm die neu geschaffenen Organisation ihr Arbeit auf.

  • Am 3. März 1918 schließen Sowjetrussland und das Deutsche Reich den Frieden von Brest-Litowsk. Deutschland konzentriert seine Kräfte fortan auf den Krieg an der Westfront.

  • März - Juli 1918: Deutsche Offensive im Westen um vor dem Eintreffen der Amerikaner eine Entscheidung zu erzwingen. Diese deutsche Kraftanstrengung reicht nicht aus, um in dieser Frist eine den Krieg entscheidende Wendung zu erzielen. Die Kraft des deutschen Heeres war erschöpft.

Am 21. März 1918 beginnt mit der "Operation Michael" die Frühjahrsoffensive der deutschen Truppen. Nach ersten Erfolgen scheitert der Vorstoß nicht zuletzt an mangelnden Transportkapazitäten.

  • Juli - September 1918: Gegenstoß der Alliierten. Ein britischer Panzerangriff durchbricht die deutsche Front. Ende Juli stehen 1,4 Millionen Amerikaner in Frankreich. Die Deutschen müssen aus Nordfrankreich und dem westlichen Belgien abziehen.

Am 18. Juli 1918 beginnt die alliierte Gegenoffensive im Westen. Der alliierte Tankangriff von Amiens am 8. August wird zum "schwarzen Tag des deutschen Heeres". Die deutschen Truppen stehen kurz vor dem Zusammenbruch.

  • Ludendorff lässt seine hohen Forderungen im Hinblick auf einen Friedensschluss fallen. Am 14. August 1918 erklärt er  dem Kaiser und der Reichsregierung, es sei nicht mehr möglich, den Krieg mit militärischen Mitteln zu gewinnen. Er drängt auf die sofortige Aufnahme von Verhandlungen.

  • 28. September 1918: Nach dem Zusammenbruch der Türkei, Bulgariens und Österreich-Ungarns fordern Hindenburg und Ludendorff die Reichsregierung auf, ein Gesuch um Waffenstillstand an Wilson zu richten.

  • 3. Oktober 1918: Bildung einer parlamentarisch verantwortlichen Regierung unter dem Prinzen Max von Baden. Mit der Demokratisierung hoffte man, Wilson, der jede Beziehung zu "willkürlichen" Gewalten abgelehnt hatte, zur Annahme von Verhandlungen zu bewegen. Auf Drängen der Heeresleitung sandte der neue Reichskanzler am gleichen Tag die Bitte um Waffenstillstand ab. Die deutsche Kapitulation wurde damit eingeleitet.

Um nicht für den verlorenen Krieg übernehmen zu müssen drängte Ludendorff auf die Bildung einer parlamentarischen Regierung. Sie sollte die Verhandlungen führen und ihr wollte der gescheiterte Feldherr zugleich die Schuld an Deutschlands Niederlage zuschieben.

  • 3. November 1918: Waffenstillstand zwischen Österreich-Ungarn und den Alliierten.

Für die Doppel-Monarchie war die Fortsetzung des Kampfes wegen der allgemeinen Kriegsmüdigkeit und der nicht aufzuhaltenden inneren Auflösung unmöglich geworden. Unabhängig von den Verbündeten nahmen sie deshalb Friedensverhandlungen mit den Alliierten auf.

  • 11. November 1918: Deutschland schließt den Waffenstillstand von Compiègne. Deutscher Verhandlungsführer ist Matthias Erzberger. Der Waffenstillstandsvertrag fordert die Räumung aller besetzten Gebiete, die Besetzung des linken Rheinufers durch die Alliierten, die Abgabe von schweren Waffen und Rüstungsmaterial. Bereits im Waffenstillstandsvertrag verpflichtet sich Deutschland, "die Schäden zu ersetzen, die der zivilen Bevölkerung der verbündeten Nationen und ihrem Eigentum auf Grund des deutschen Angriffs zu Lande, zu Wasser und in der Luft entstanden" sind. - Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens war bereits der 'Rat der Volksbeauftragten' als oberstes deutsches Regierungsorgan im Amt.

 

Als auch die Oberste Heeresleitung im Herbst 1918 den Krieg verloren gab, es aber den Vorkämpfern einer Demokratisierung überlassen wollten, Bedingungen für einen Waffenstillstand auszuhandeln, übernahm der Anfang Oktober 1918 von Reichskanzler Max von Baden zum Staatssekretär ernannte Matthias Erzberger diese undankbare Mission. Als Chefunterhändler wurde er zur Zielscheibe der "Dolchstoßlegende", wonach das an der Front angeblich unbesiegte Heer von inneren Feinden hinterrücks gemeuchelt wurde. Im Januar 1919 wurde Erzberger in die Nationalversammlung gewählt. Im Februar wurde er als Minister unter Reichskanzler Philipp Scheidemann mit den Verhandlungen über einen Friedensvertrag betraut.

  • Der am 28. Juni 1919 in Versailles unterzeichnete Friedensvertrag ist ein Diktat der Siegermächte.


Literaturhinweise


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Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18. Düsseldorf 1961.

Geiss, Imanuel

Der lange Weg in die Katastrophe. Die Vorgeschichte des Ersten Weltkriegs 1815 - 1914. München 1990.

Hildebrand, Klaus

Das vergangene Reich. Deutsche Außenpolitik von Bismarck bis Hitler. Stuttgart 1995.

Hillgruber, Andreas

Die gescheiterte Großmacht. Eine Skizze des Deutschen Reiches 1871 - 1945. Köln 1984.

Hirschfeld, Gerhard (Hrsg.)

Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Paderborn 2003.

Joll, James

Die Ursprünge des Ersten Weltkriegs. München 1988.

Kielmansegg, Peter Graf

Deutschland und der Erste Weltkrieg. Stuttgart 1980.

Michalka, Wolfgang (Hrsg.)

Der Erste Weltkrieg. Wirkung, Wahrnehmung, Analyse. München 1994.

Mommsen, Wolfgang J.

Großmachtstellung und Weltpolitik. Die Außenpolitik des Deutschen Reiches 1870 bis 1914. Frankfurt/Main 1993.

Mommsen, Wolfgang J.

Die Urkatastrophe Deutschlands. Der erste Weltkrieg 1914 - 1918. Stuttgart 2004.

Schöllgen, Gregor (Hrsg.)

Flucht in den Krieg? Die Außenpolitik des kaiserlichen Deutschland. Darmstadt 1991.

Strachan, Hew

Der Erste Weltkrieg: eine neue illustrierte Geschichte. München 2004.

Ullrich, Volker

Die nervöse Großmacht 1871 - 1918. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs. Frankfurt/Main 1997.


Einen interessanten Einblick in das Leben der französischen Soldaten während des Ersten Weltkriegs bietet die Homepage von Eric Viot. Eric hat außerdem eine umfangreiche Datenbank über gefallene deutsche Soldaten im Gebiet von Le Mans erstellt. Er würde sich sehr freuen, wenn er Deutsche bei der Suche nach ihren gefallenen Vorfahren unterstützen könnte. E-Mail-Adresse.

Allen Schülern und Studenten, die gerade eine Prüfung zu bestehen haben, wünschen wir viel Erfolg.  Wir drücken auch die Daumen für diejenigen, die eine Klausur schreiben müssen oder eine Hausarbeit bzw. Referat anzufertigen haben.


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Stand: 06.01.2022                                                 Copyright  © 2022 Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V.                                                 Autor: Dieter Griesshaber

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