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Die Römer in Südwestdeutschland

Der Untergang der römischen Republik und die Regierungszeit des Kaisers Augustus (44 v.Chr. - 14 n. Chr.)

Römische Geschichte zur Zeit der Kaiser Domitian, Nerva und Trajan (81 - 117 n. Chr.)

Römische Geschichte zur Zeit der Kaiser Hadrian und Antoninus Pius (117 - 161 n.Chr.)

Römische Geschichte zur Zeit der Kaiser Marc Aurel und Commudus (161-192 n.Chr.)

Der Aufbau des römischen Staats

Das Heer während der römischen Kaiserzeit

Römische Religion und Philosophie

Römische Literatur

Entstehung und Ausbreitung des Christentums

Entwicklung des Christentums von Kaiser Konstantin I. bis zum Untergang des weströmischen Reiches (306 - 476)

Römische Medizin

Münzsystem und Fernhandel im Römischen Reich

Das Weiterleben der römischen Kultur

Römisches Recht

Römische Sprichwörter und Lebensregeln

Das Geheimnis um den Ort Grinario

Das römische Kastell in Grinario

Das Dorf Grinario

Die Menschen im Dorf Grinario

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Die Träger der Staatsgewalt während des Prinzipats     Lebensanschauung und politische Spielregeln    Ehe und Familie    

Die Träger der Staatsgewalt während der Römischen Republik (510 - 31 v. Chr.)

  • Charakteristische Merkmale der römischen Oberbeamten (Magistrate)
 
  • Magistrate waren ehrenamtlich tätig, die Amtsinhaber erhielten für ihre Arbeit keinerlei Bezahlung. Sie wurden - ein Ergebnis der Ständekämpfe - vom Volk gewählt.

  • Jeder Magistrat amtierte ein Jahr (Prinzip der Annuität). Eine Ausnahme bildeten die Zensoren: sie konnten bis zu 18 Monate im Amt bleiben.

  • Jeder Magistrat hatte einen oder mehrere Kollegen (Prinzip der Kollegialität).

Das Prinzip der Kollegialität sollte den Missbrauch der Amtsgewalt verhindern. Jeder Beamte konnte eine Maßnahme des Kollegen verbieten (Interzession), allerdings nur im Rahmen seiner Amtsbefugnis und in seinem Amtsbereich.

 
  • Jede höhere Amtsgewalt hatte das Vetorecht gegenüber der niederen.
  Die Möglichkeiten zur Kontrolle sind in dem Begriff 'potestas' (Amtsgewalt in Bezug auf eine andere Amtsgewalt) enthalten. Der Tribun hatte die 'potestas' gegenüber allen Beamten, während der Konsul sie gegenüber den Volkstribunen nicht besaß.
 
  •  Rechenschaftspflicht nach einem Jahr.
  Nach einem Jahr wurde der Amtsinhaber wieder Privatmann und konnte z.B. wegen Amtsmissbrauch angeklagt werden.
  • Jeder Magistrat hatte auch sakrale Aufgaben. Vor jeder wichtigen staatlichen Handlung wurde mit Hilfe der Priester die Meinung der Götter eingeholt. Dieser 'auspicium' genannte Vorgang war mit der Amtsgewalt eng verbunden. 
  • Hohe Staatsämter

  • 4 Aedile

Tätigkeit und Rechte während der Republik: Aufsicht über die Tempel, darüber hinaus auch über Gebäude und Straßen, über die Märkte, Maße und Gewichte und über die Lebensmittelversorgung der Stadt Rom, über Bäder und die Wasserversorgung.  Bis 22 v. Chr. Zuständigkeit für die Organisation von öffentlichen Spielen.

  • 10 Volkstribunen 

  • Das Volkstribunat war nicht in die Ämterfolge eingebunden und besaß eine Sonderstellung. Zugang zu dem am Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. eingerichteten Tribunat erhielten nur die Plebejer. Das Amt war als Instrument zur Durchsetzung plebejischer Ansprüche entstanden.

  • Die Volkstribunen hatten das Interzessionsrecht (Vetorecht) gegen Amtshandlungen eines Magistrats und gegen Senatsbeschlüsse (nicht gegen Volksbeschlüsse!). Dadurch war ihnen die Möglichkeit gegeben, Plebejer vor der Willkür von Beamten zu schützen. Volkstribunen waren unantastbar (sacrosancti) und hatten das Recht, eine eigene Versammlung der Plebs, das 'concilium plebis' einzuberufen und zu leiten.

  • In den Zeiten gesellschaftlicher Spannungen, also am Anfang und am Ende der Republik, hatte das Amt der Volkstribunen große Bedeutung. Mit ihrem Vetorecht hatten sie die Möglichkeit, den gesamten Staatsapparat im innerstädtischen Bereich zu blockieren.

  • Bis zu 20 Quästoren 

  • In den Anfangszeiten der Republik verwalteten die zwei Quästoren (quaestores urbani) die Staatskasse und das Archiv im Saturntempel (aeraium Saturni). Die vier im Jahre 267 v. Chr. neu hinzugekommenen Quästoren waren für Verwaltungsaufgaben der Flotte und für die Getreidezufuhr nach Rom zuständig. Die übrigen Quästoren waren Stellvertreter und ranghöchste Untergebene der Feldherren und Statthalter.

  • Während der Kaiserzeit überwachte ein vom Kaiser entsandter Quästor mit dem Titel 'Procurator' die Finanzen einer Provinz. Er kontrollierte die dortigen Steuereinnahmen und die Ausgaben. Manchmal wurde die gesamte Provinz von diesem 'Procurator' verwaltet (z.B. Provinz Noricum).

  • Bis zu 18 Prätoren 

Ein Prätor war 'collega minor' (Kollege minderen Ranges) des Konsuls. In der Zeit der Republik hatten die Prätoren das Recht, die Volksversammlung und den Senat einzuberufen. Während der Abwesenheit der Konsuln von Rom waren sie deren Stellvertreter. Außerdem hatten sie die Aufsicht über die Rechtsprechung.

  • Prokonsul (höchster Militär- und Zivilbeamter in einer römischen Provinz, vom Senat bestimmt)

  • Die zunehmende Anzahl der Kriege und die Entfernung der Kriegsschauplätze führten dazu, dass Kriege nicht rechtzeitig in der Amtsperiode beendet werden konnten. In diesem Fall konnte im Anschluss an die ordentliche Magistratur die militärische Amtsgewalt, nicht jedoch das Amt, verlängert werden. Den Vorgang nannte man prorogatio. Der Beamte war also kein ordentlicher Amtsträger mehr, sondern handelte an Stelle eines Magistrats. Er übte dann - im Anschluss an eine ordentliche Magistratur - eine militärische Vollmacht als Prokonsul bzw. Proprätor aus.

  • Mit dem Begriff 'Provinz' (provincia) bezeichnete man alle eroberten, unter römischer Herrschaft stehenden Gebiete außerhalb des heutigen Italiens. Während der römischen Republik wurden die Provinzen von Statthaltern, den sogenannten Prokonsuln oder Proprätoren verwaltet. Unerheblich war, ob es sich dabei wirklich um einen ehemaligen Konsul oder Prätor, den beiden höchsten Rängen im 'cursus honorum', handelte. Der Statthalter kam aber immer aus dem Senatoren- oder Ritterstand. Mit dem Beginn der Kaiserzeit war der Kaiser offiziell der Prokonsul einer Provinz. Dieser ernannte einen Statthalter, meist einen Feldherrn mit Verwaltungserfahrung. Ursprünglich stand er an der Spitze der Provinzverwaltung und der in der Provinz stationierten Truppen. In späterer Zeit übernahm das Militär einen Teil der Aufgaben, die mit der immer wichtigeren Grenzsicherung verbunden waren.

  • 2 Konsuln

 
  • In der Zeit der Republik hatten die Konsuln u.a. folgende Rechte: Einberufung und Leitung einer Volksversammlung (ius agendi cum populo), Einberufung des Senats und Recht diesem vorzutragen (referendi ad senatum),  Aushebung von Truppen, Ernennung von Offizieren, Führen von Kriegen.

  • Es gab wohl immer mehrere Konsulpaare im Jahr, consules ordinarii und suffecti. Ihre Amtszeit war manchmal kürzer als zwei Monate.

  • Diktator

Der Diktator wurde in schweren Krisenzeiten bis zur Erledigung des Auftrags, höchstens für 6 Monate, auf Senatsbeschluss von einem Konsul ernannt und mit der Gesamtleitung des Staates beauftragt. Als Inhaber höchster, unteilbarer Macht übte er auch in der Stadt Rom - im Gegensatz zu den Konsuln - das militärische Kommando aus und ernannte selbständig dem 'Magister equitum', den Reiteroberst. Zum Diktator wurde fast immer ein Konsular, d.h. ein ehemaliger Konsul, ernannt.

  • 2 Zensoren

Tätigkeit und Rechte in der Zeit der Republik: Aufstellung einer Liste der Wehrfähigen, Festlegung der Steuerhöhe eines jeden Bürgers, Auswahl der Ritter, Ergänzung und Prüfung der Mitglieder des Senats, Vergabe von Staatsaufträgen (Bauten, Versorgung des Heeres). Das Amt wurde zu einer Kontrollbehörde der aristokratischen Herrschaft. Sorge um die Sittlichkeit (cura morum). Im 1. Jahrhundert v. Chr. wurden nur selten Zensoren gewählt.

  • Die Priester waren keine Magistrate, aber bei der engen Verflechtung von Staat und Religion besaßen sie große politische Bedeutung.

  • Die 'Auguren' hatten die verschiedenen Arten der Vorzeichen (auspicia) zu deuten, die der Magistrat vor jeder wichtigen Amtshandlung einholen musste. Dadurch gewannen sie eminenten Einfluss auf politische Abläufe. Die 'pontifices' überwachten den Kult und sorgten dafür, dass die Einzelpriester die religiösen Vorschriften genau beachteten. Die Priester waren in Kollegien organisiert. Der vom Volk gewählte Vorstand des Kollegiums (pontifex maximus) hatte eine einflussreiche Position.

  • Die meisten der wichtigen Priesterstellen waren von Senatoren besetzt. Politische und religiöse Macht schlossen sich nicht gegenseitig aus, zumal viele dieser Senatoren nur an bestimmten Tagen des Jahres als Priester auftraten.

  • Beschlussorgane

  • Senat

  • Bis 400 v. Chr. waren nur Patrizier und ehemalige Oberbeamte im Senat. Zwischen 400 und 300 v. Chr. wurden alle ehemaligen Imperiumsträger (Konsuln, Konsulartribunen, Prätoren) senatsfähig, unter ihnen auch die Plebejer. Ebenfalls fähig, in den Senat einzutreten waren: Ab etwa 300 v. Chr. ehemalige kurilische Ädilen, ab 149 v. Chr. ehemalige Volkstribunen, ab 130 v. Chr. ehemalige plebejische Ädilen, ab 81 v. Chr. (Reform Sullas) ehemalige Quästoren. Ab 200 v. Chr. bestand der Senat nur noch aus ehemaligen Beamten. Schon seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. war die Mehrheit der Senatoren Plebejer.

  • 300 - 600 Senatoren (Seit Sulla: 600, von Cäsar vorübergehend auf 900 vermehrt).

  • Aufgaben in der Zeit der Republik: Aufsicht über alle staatlichen Angelegenheiten, insbesondere über die Außenpolitik, die Reichsverwaltung, Einsatz des Militärs (vor 200 v. Chr. Sache der Zenturiatskomitien)und den Staatshaushalt. Senatsbeschlüsse waren rechtlich nicht bindend, doch hatte während der Republik die 'auctoritas' (Autorität) des Senats großes Gewicht.

In der 'Späten Republik' konnte der Senat den Konsuln diktatorische Vollmacht geben. Ein solcher Senatsbeschluss (senatus consulta ultimum) war der Ersatz für die einstige Diktatur.

  • Im 2. Jahrhundert v. Chr. war der Senat die eigentliche Regierung Roms. Diese Machtstellung nahm im 1. Jahrhundert rasch ab, da Heerführer mit langfristigen Kommandos immer häufiger eigenständig handelten.

  • Die Kurienversammlung (comitia curiata)

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  • Seit der Königszeit (753-510 v. Chr.)  bestehende Volksversammlung. In der nach Kurien ('curia' bedeutete ursprünglich Sippe) geordneten Versammlung dominierten die Geschlechter, die zu einzelnen Kurien zusammengeschlossen waren, also einen personenrechtlichen Verband darstellten. Die Plebejer standen als besondere Gruppe innerhalb des Geschlechts. Sie hatten keinerlei Entscheidungsfreiheit und mussten in der Kurie ihres patrizischen Patrons abstimmen.

  •  Nach einer Reform des 6. Jahrhunderts v. Chr. gab es 30 Kurien zu je 100 Mann. Jeweils 10 Kurien gehörten zu einer der drei alten Tribus (Verwaltungsbezirke). Jede Tribus umfasste ein Drittel des damaligen römischen Gebiets.

  • Die Kurienversammlung  wählte bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts v. Ch. die hohen Staatsbeamten und stimmte über Krieg und Frieden ab. Danach musste sie diese Zuständigkeiten an die Zenturienversammlung abgeben und sank dann schnell zur völligen Bedeutungslosigkeit ab.

  • Die Zenturienversammlung (comitia centuriata)

  • Die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. ins Leben gerufene  'comitia centuriata' war ein erstes minimales Zugeständnis der herrschenden Geschlechter an die Plebejer, die nachdrücklich eine Aufhebung des Missverhältnisses zwischen ihren militärischen Leistungen und ihrem politischen sowie sozialen Status forderten. Die starke außenpolitische Beanspruchung verlangte eine Beilegung dieser innenpolitischen Auseinandersetzung. Die 'comitia centuriata' war im Prinzip eine Heeresversammlung und entsprach damit dem stärkeren Anteil der Plebejer am Heeresdienst.

  • Die organisatorische Grundlage der 'comitia centuriata' war nicht mehr der Geschlechterverband, die Kurie, sondern eine militärische Einheit, die Zenturie. Jede der insgesamt 193 Zenturien (18 Reiterzenturien und 175 Zenturien Fußvolk) war einer Vermögensklasse zugeordnet. Die oberste Vermögensklasse, die Reiter (equites) stellte 18 Zenturien. Das Fußvolk war untergegliedert in eine 1. Klasse von 80 Zenturien, drei weitere Klassen von jeweils 20 Zenturien, eine 5. Klasse von 30 Zenturien und fünf weitere Zenturien, in denen das ungerüstete (arme) Volk zusammengefasst war. Schätzungsweise gehrten der untersten Zenturie, der für die Besitzlosen, ebenso viele Römer an wie in allen anderen Zenturien zusammen.

  • Jede Zenturie hatte eine Stimme. Abgestimmt wurde nach den Vermögensklassen, beginnend mit der obersten Klasse, den Reitern. War die Mehrheit erreicht, wurde die Abstimmung abgebrochen. Dies war zum Beispiel der Fall, wenn die Reiter und 1. Klasse gleich abgestimmt hatten (=98 Stimmen). Die reichen Römer hatten, obwohl viel weniger zahlreich, ein deutliches Übergewicht der Stimmen.

Dieses 'Klassenwahlrecht' war keinesfalls demokratisch, entsprach jedoch den Forderungen der reichen Plebejer, aus deren Kreis die 'Schwerbewaffneten' gestellt wurden.

  • Die Aufgaben und Befugnisse der Zenturiatkomitien waren die Wahl von Personen in die hohen Staatsämter (Konsuln, Zensoren, Prätoren), die Entscheidung über Krieg und Frieden (im 2. Jh. v. Chr. an den Senat übergegangen) und die Verurteilung von Hochverrätern. Bis 287 v. Chr. gesetzgeberische Funktion (allerdings mussten die Gesetzesbeschlüsse durch den Senat bestätigt werden).  Außerdem urteilten Zenturiatskomitien über die Rechtmäßigkeit von Körperstrafen, die Staatsbeamte über Bürger verhängt hatten (Provokation).

  • Die Zenturienversammlung war bis zum Ende der Republik die wichtigste Volksversammlung in Rom

  • Die Versammlung der Plebs (concilia plebis)

  • Die 'concilia plebis' wurde in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr.  von den Plebejern gegen den Willen der Patrizier, d.h. gegen den Staat, aufgebaut. Die in der Versammlung gewählten Beamten, die Volkstribune (tribuni plebis), hatten die Aufgabe, die Beschlüsse der Plebejer bei den Patriziern durchzusetzen.

  • Innerhalb der Kurienversammlung (comitia curiata) war jede Aktion der Plebejer  innerhalb der Geschlechter zum Scheitern verurteilt gewesen. Mit der 'concilia plebis' schufen sie eine Institution, in der sie ihren Willen in der Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen konnten.

  • Da die Einrichtungen der Plebejer (Versammlung, Volkstribune) nicht auf gültigem Recht beruhten, bestand die Gefahr ihrer Auflösung. Um dies zu verhindern, verliehen die Plebejer ihren Organen den Schein religiöser Weihe. Sowohl die Versammlung als auch die Volkstribune wurden mit einem religiösen Tabu umgeben, das jeden Angriff auf sie zum Frevel werden ließ.

  • Die Versammlung der Plebs war nicht nach Geschlechterverbänden, den Kurien, sondern nach lokalen Bezirken, den Tribus, gegliedert. Damit sollte jeder Einfluss der Geschlechter ausgeschaltet werden. Die Einberufung der 'concilia plebis' konnte nur durch einen der 10 Volkstribune erfolgen.

  • Nach der Etablierung der Zenturienversammlung  in der Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. waren die Plebejer in der Lage, auf die Wahl der patrizischen Beamten Einfluss zu nehmen und bei den wichtigsten außenpolitischen Entscheidungen mitzubestimmen. Trotzdem wollten sie die 'concilia plebis' und die Volkstribune nicht aufgeben. Die Patrizier waren bereit, diese  Einrichtungen zu tolerieren.

  • Mit der 'lex hortensia" im Jahr 287 v. Chr. erlangt ein Beschluss der Versammlung der Plebs (plebiscitum) Gesetzeskraft für das Gesamtvolk. Eine Bestätigung eines Beschlusses durch den Senat (patrum auctoritas) war nicht mehr erforderlich.

  • Die Volksversammlung (comitia tributa)

  • Die nach 'Tribus' (lokalen Bezirken) gegliederte Volksversammlung wurde am Ende der Ständekämpfe  zusätzlich zur 'Versammlung der Plebs' konstituiert. Durch die 'lex Hortensia' vom Jahre 287 v. Chr. wurde das gesamte römische Volk an die Beschlüsse dieser Versammlung gebunden. Auch die Patrizier konnten an einer Abstimmung teilnehmen. 

 
  • Bereits im frühen 5. Jahrhundert war das Römische Reich in 4 Stadt- und 16 Landtribus eingeteilt worden. Bis 241 v. Chr. wurde die Gesamtzahl der Tribus entsprechend dem Wachstum des Staatsgebiets und der Anzahl der römischen Bürger auf 35 erhöht. Bei dieser Anzahl blieb es. Wenn in der Folge neues Gebiet hinzukam, teilte man es den bestehenden Tribus zu.

  •  Durch die im Vergleich zur Zenturienversammlung geringere Anzahl von Abstimmungskörpern (193 vs. 35) konnte eine Abstimmung wesentlich einfacher organisiert werden. Wenn immer es aufgrund der Sachthemen möglich war, wurden deshalb die Abstimmungen in der Volksversammlung und nicht in der Zenturienversammlung durchgeführt.

  •  Jede Tribus hatte eine Stimme. Die Bevölkerung Roms fiel bei Abstimmungen mit ihren 4 Tribus kaum ins Gewicht. Bei der Einteilung in Tribus nahm man auf die Besitzverhältnisse keine Rücksicht. Dies hatte zur Folge, dass in der Volksversammlung  die Stimme der Armen stärker ins Gewicht fiel als in der Zenturienversammlung.

  • Die Versammlung konnte nur durch einen hohen Staatsbeamten (Diktator, Konsuln, Prätoren,  Konsulartribunen der Frühzeit) einberufen werden. Die Leitung der Versammlung hatte der einberufende Beamte. Er legte auch fest, worüber abgestimmt werden sollte. Eine Debatte gab es nicht. Das Volk durfte keine eigene Initiative entwickeln. Es hatte nur durch die Abgabe seiner Stimme entscheiden.

  • Aufgaben der Volksversammlung: Wahl der plebejischen Ädilen, der Quästoren, des 'pontifex maximus' (mindestens seit 212 v. Chr.) und seit 104 v. Chr. der Priester der 4 großen Kollegien. Abfassung von Gesetzesanträgen und Resolutionen.

  • Seit dem 2. Punischen Krieg (212-202 v. Chr.) ging der Einfluss der Volksversammlung zugunsten des Senats zurück. Ein Grund lag darin, dass Umfang und wachsende Komplexität der Regierungsaufgaben von einer Volksversammlung nicht mehr bewältigt werden konnte.

  • Das territoriale Gliederungsprinzip wurde 88 v. Chr. (nach Beendigung der Bundesgenossenkriege) durchbrochen, als man den zu römischen Vollbürgern gewordenen Italikern nur ganz wenigen Tribus zuteilte.

Das römische Bürgerrecht war Voraussetzung für das aktive und passive Wahlrecht  in den Volksversammlungen. In der Antike stand das Bürgerrecht nur freien, in der Stadt Rom geborenen Männern zu. Erst nach den Bundesgenossenkriegen (92 - 88 v. Chr.) wurden nahezu allen Bewohnern südlich des Flusses Po (mit Ausnahme von Frauen und Sklaven) das römische Bürgerrecht verliehen. Vier Jahrzehnte später weitete Julius Caesar das römische Bürgergebiet bis an den Alpenrand aus. Im Laufe der Jahrhunderte integrierte die römische Gesellschaft auch Griechen, germanische Stämme, die phönizisch geprägten Gesellschaften Nordafrikas sowie kleinasiatische Bevölkerungsgruppen. Zunächst erhielten nur wenige Angehörige lokaler Eliten das Bürgerrecht, zur Belohnung für die Unterstützung Roms. Zunehmend verlieh man es auch jenen, die in den Provinzen politische Funktionen übernahmen oder in Hilfstruppen dienten.

Bei einer Volkszählung im Jahre 70 v. Chr. wurden diejenigen Personen erfasst, die das römische Bürgerrecht besaßen. Insgesamt waren dies 910.000. Schätzungsweise lebten im Imperium Romanum in dieser Zeit jedoch 50 bis 70 Millionen Menschen. Der Anteil der wahlberechtigten Personen lag also zwischen ein und zwei Prozent. Gegen Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. lag dieser Anteil bereits bei ca. 30%. Im ausgehenden zweiten Jahrhundert war es etwa die Hälfte der Menschen, die sich als römische Bürger bezeichnen konnten. Im Jahr 212 n. Chr. gewährte Kaiser Caracalla allen Reichsbewohnern das römische Bürgerrecht. Auch nach der Reform Caracallas blieben viele Personen vom Bürgerrecht ausgeschlossen. Dazu gehörten die Frauen und die Sklaven sowie von außerhalb der Reichsgrenze kommende "peregrini" (Fremde). Allerdings änderten sich im Laufe der Jahrhunderte auch die Privilegien, die der Status "römischer Bürger" mit sich brachte. Während ursprünglich nur Bürger über Gesetze abstimmen und die Inhaber hoher politischer Ämter wählen konnten wurde das römische Bürgerrecht zunehmend zu einem Statusymbol. Indem es die Treue gegenüber Rom honorierte, förderte es die Loyalität in den eroberten Gebieten.

Von den Anfängen Roms über die Republik und die Kaiserzeit bis in die Spätantike hinein hat sich die römische Gesellschaft vielfach gewandelt. Sie blieb jedoch immer eine Ständegesellschaft, in der vor allem die Größe des Vermögens über Stellung und Einfluss eines Bürgers entschied. Die wirtschaftliche Elite war immer auch die politische Elite. So legte Kaiser Augustus fest, dass nur derjenige Senator werden konnte, der eine Million Sesterze besaß. 400.000 Sesterze waren die Voraussetzung für den Ritterstand.


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Die Träger der Staatsgewalt während des Prinzipats 


  • Die Stellung des Princeps (Kaisers)

 
  • Die Grundlage der Macht des Princeps bestand in den Befugnissen gewisser Ämter, die er auf dem Weg der 'Prorogation' (Verlängerung der Amtsbefugnis über das Amtsjahr hinaus) vom Senat erhielt.
 
 

Der Princeps stand außerhalb des eigentlichen Staatsapparats. Mit dieser privaten Stellung des Princeps beabsichtigte Kaiser Augustus, der Schöpfer des Prinzipats, den Anschein des  Weiterbestehens der Republik zu erwecken. Als Fassade bestand die Rechtsordnung mit den Organen der Republik. Augustus nutzte die schon in der republikanischen Zeit bei der Prorogation der Kommandogewalt  geübte Praxis der Trennung von Amtsgewalt und Amt und ließ sich nach und nach Amtsvollmachten oder Teile davon unter Wahrung der Rechtsform zusprechen, die es ihm ermöglichten, die politischen Fäden in der Hand zu halten. Er erhielt dadurch eine hohes Maß an 'auctoritas' (Möglichkeit der politischen Einflussnahme).

 
  Augustus (lat. = der Erhabene), Ehrenname des Gaius Octavianus (Octavian), römischer Kaiser von 27 v. Chr. bis 14 n. Chr., * 23.9.63 v. Chr. in Velitrae, † 19.8. 14 n. Chr. in Nola.
  • Bezüglich der Stellung des Kaisers kann man seit der Regierungszeit von Augustus eine ständige Zunahme der Kompetenzen und einen wachsenden Abstand von Regent und Regierten feststellen.

Seit den Reformen Diokletians und später Konstantins tat sich eine nicht überbrückbare Kluft zwischen einem allmächtigen Kaiser  und seinen Untertanen auf. Kaiser Domitian (81-96) hatte sich zuerst als 'dominus et deus' (Herr und Gott) bezeichnet. Unter Kaiser Valerian (253-260) wurde es Sitte. Offiziell wurde das Prinzipat erst unter Kaiser Konstantin in ein Dominat umgewandelt.

  • Weiterführung der Staatsämter und Beschlussorgane aus der Republik

  • Aufgrund der sich ändernden Bedingungen während des Prinzipats wurden neue Institutionen und Befugnisse geschaffen. Der gesamte republikanische  Staatsapparat blieb - außer dem Amt des Zensors -  bestehen, auch wenn viele seiner Funktionen aufgehoben oder bedeutungslos wurden.

  • Die Ädilen leiteten nur noch die Marktpolizei, das Volkstribunat wurde völlig bedeutungslos. Die Quästoren verloren die Verwaltung der Staatskasse und des Archivs im Saturntempel (aerarium Saturni).  Das Konsulat hatte nur noch eine Ehrenstellung.

  • Die Prätoren wurden durch den Untergang der Republik zunächst kaum betroffen.  Unter Augustus gab es 8 Prätoren, seit Kaiser Claudius 18. Seit 22 v. Chr. oblag ihnen auch die Organisation der öffentlichen Spiele, bisher die Domäne der Ädilen. Auf dem Gebiet des Rechtswesens wurde ihre Handlungsfreiheit zugunsten des Kaisers und der kaiserlichen Gerichte immer mehr beschnitten.

  • Zu Beginn des Prinzipats (27 v. Chr.) verwaltete der Senat, kontrolliert vom Kaiser, Rom, Italien und die zehn 'senatorischen Provinzen'. Jedoch wurden seine Kompetenzen zunehmend beschnitten. In seiner Funktion als Gesetzgebungsorgan diente der Senat vielfach nur als "Sprachrohr des Kaisers"

 
  • Kaiser Augustus setzte als Mindestvermögen für Senatoren eine Million Sesterzen fest (etwa das Zweieinhalbfache des Rittervermögens).

  • Die Anzahl der Senatsmitglieder betrug unter Kaiser Augustus noch 600, seit Vespasian (69 - 79 n. Chr.) 1000 und im dritten Jahrhundert waren es 2000.

  • Während der Regierungszeit des Kaiser Augustus saßen noch 77 Angehörige des alten Patriziats im Senat, unter Kaiser Nero (54 - 68 n. Chr.) 20 und unter Kaiser Nerva (96 - 98 n.Chr.) 4. Unter Kaiser Hadrian gab es keine Patrizier mehr im Senat.

  • Zur Zeit Kaiser Trajans (98 - 117 n. Chr.) betrug der Anteil der Italiker im Senat schon weniger als 75 Prozent. Allerdings lag dieser Anteil bis ins dritte Jahrhundert hinein bei über 50 Prozent.

  • Unter dem Dominat, also seit Kaiser Konstantin I. (306 - 337 n. Chr.) war die Senatorenwürde erblich.

  • Mit der Kaiserzeit verloren die Zenturiat- und die Tributkomitien ihre große politische Bedeutung, die sie während der Republik gehabt hatten.  Der Anachronismus der Volksversammlungen in Rom konnte sich jedoch trotz Ausbreitung des Bürgerrechts über Italien und bald auch auf andere Gebiete des Reiches weiterhin aufrechterhalten

  • Die kaiserlichen Beamten

  • Neben den von der Republik übernommenen Institutionen haben sich die ersten römischen Kaiser eine eigene private Verwaltungsorganisation geschaffen. Unter Kaiser Hadrian (117 - 138) wurde diese Organisation verstaatlicht. Die bis dahin im Dienste des Kaisers stehenden Freigelassenen und Sklaven wurden durch Ritter ersetzt.

  • Außerhalb der zentralen Verwaltung in Rom kamen die privaten kaiserlichen Beamten entweder aus dem Ritterstand (procuratores) oder sie waren Senatoren (curatores). Die den republikanischen Verhältnissen nachtrauernden Senatoren wurden mehr und mehr durch Ritter ersetzt.

  • Beispiele für die Aufgaben eines kaiserlichen Beamten: praefectus annonae (Verantwortlicher für die Getreideversorgung der Stadt Rom), praefectus praetorio (Gardekommandant), praefectus vigilum (Feuerwehrkommandant)

  • Nach einem Großbrand im Jahr 6 v. Chr. gründete Kaiser Augustus die Institution der »vigiles«. Diese »Wächter« rekrutierten sich anfangs aus 3500 freigelassenen Sklaven und waren militärisch organisiert sowie dem Oberkommando eines Präfekten (des praefectus vigilum) unterstellt.

 
  • Waren die Staatsmänner der Republik und noch der frühen Kaiserzeit Generalisten gewesen, gründete sich eine politische Karriere seit dem späten ersten Jahrhundert n. Chr. zunehmend auf Professionalität. Juristisches, militärisches, administratives und auch technisches Fachwissen wurden gefragt, denn das römische Imperium war viel zu komplex, um die Spitzenpositionen Dilettanten zu überlassen. Die Anwärter auf den juristischen Dienst durchliefen in der Regel ein vierjähriges Studium.

  • Untere Beamte: Amtsdiener, Schreiber, Amtsboten, niedere Polizisten, Liktoren

  • Herrschaftsstruktur zur Zeit des Principats (31 v. Chr. - 96 n. Chr.)
 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bildquelle: Pleticha / Schönberger: Die Römer, München 1977

     

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Lebensanschauung und politische Spielregeln der römischen Oberschicht


  • Nach dem Ende der Ständekämpfe (367 v. Chr.) bildete sich eine politische Elite, die Nobilität, bestehend aus den Patriziern, dem alten Adel und zunehmend mehr Plebejern.

In den Händen der Nobilität lag ca. 250 Jahre lang die politische Führung in Rom. Obwohl die Nobilität keinen geschlossenen Stand bildete, gaben ihr die genaue Beachtung politischer Spielregeln, die Einheitlichkeit der Lebensanschauung und nicht zuletzt das Ansehen, das sie bei der Masse des Volkes genoss, eine gewisse Sonderstellung und Homogenität.

  • Jeder 'nobilis' (Angehöriger der Nobilität) versuchte durch individuelle Leistung sein Ansehen innerhalb seiner sozialen Gruppe und beim Volk zu steigern.

  • Die individuelle Leistung beruhte auf der 'virtus', der "Summe aller persönlichen Qualitäten des zur politischen, militärischen und gesellschaftlichen Führung befähigten Mannes" (Hölkeskamp). Erfolge brachten 'gloria' (Ruhm) und 'honos' (Ehre bzw. Anerkennung durch Gesellschaft und Nachwelt) und bedeuteten die Steigerung des Ansehens. 'Virtus' war der umfassende Begriff für vorbildhaften Denken und Handeln im öffentlichen und privaten Bereich. Eingeschlossen sind die Eigenschaften fortiudinem (Tapferkeit), iustitiam (Gerechtigkeit), fidem (Treue), continentiam (Selbstbeherrschung), frugalitatem (Bescheidenheit), contemptum doloris ac mortis (Verachtung von Schmerz und Tod). 'Virtus' erwies sich vor allem in der Leistung für die Gemeinschaft, im Frieden wie im Krieg.

  • Die Leistungsfähigkeit musste ständig neu bewiesen werden. Auch der Nachfahre einer berühmten Familie musste eigene Leistungen aufzeigen.

  • Im Senat, vor Gericht und vor dem Volk erhielt ein 'nobilis' immer wieder Gelegenheit, Ansehen dadurch zu gewinnen oder zu verteidigen, indem er sich selbst und seine enge Bindung an den Staat in einer Rede vorstellen konnte. 

  • Die römische Adelsgesellschaft definierte Ruhm in erster Linie als militärisch erworbenen Ruhm. Selbst der Redner, Anwalt, Philosoph und Politiker Marcus Tullius Cicero versuchte 51 v.Chr. in seiner Eigenschaft als Statthalter von Kiligien militärischen Ruhm zu erwerben. Die kriegerischen Vorgänge beobachtete er allerdings aus sicherer Distanz.

 
  Der Traum eines jeden Feldherrn war es, als siegreicher Triumphator nach Rom zurückzukehren. Der 'Triumph' war eine institutionalisierte Anerkennung herausragender Leistungen im Krieg. Vor der Kaiserzeit war die entscheidende Instanz der Senat, der beim Vorliegen bestimmter, genau festgelegter Voraussetzungen einen 'Triumph' gewähren konnte. In der Kaiserzeit waren 'Triumphe' nur noch dem Kaiser oder Angehörigen seiner Familie vorbehalten.
  • Die Steigerung des Ansehens eines 'nobilis' eröffnete mehr Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme (auctoritas).

  • Durch Ansehen, Einflussmöglichkeit auf die Politik sowie durch persönlichen Reichtum wurde der Rang bzw. die Würde (dignitas) eines 'nobilis' innerhalb der Nobilität bestimmt.

 

Der persönliche Reichtum eines 'nobilis', der vor allem auf Grundbesitz beruhte, ermöglichte eine repräsentative Lebensführung und die Übernahme eines Staatsamtes. Der Verlust von Vermögen war gleichbedeutend mit dem Verlust der sozialen Stellung und des politischen Einflusses.

  • Ein besonderes System der wechselseitigen Hilfe, das sog. Klientelsystem, trug dazu bei, dem 'nobilis' Ansehen beim Volk zu verschaffen. Die Klientel war ein Schutzverhältnis des 'nobilis' als 'patronus' gegenüber einem einfachen Römer als Klienten. Es bestand darin, dass der Patron die Existenz des Klienten sicherte, ihn vor Gefahren schützte und vor Gericht vertrat. Der Klient war zu Gegenleistungen verpflichtet: Er musste seinen Patron politisch unterstützen, indem er ihn in die von diesem angestrebten Ämter wählte oder für dessen Anträge in der Volksversammlung stimmte. Der Besitz einer möglichst großen Anzahl von Klienten führte zu Ansehen und politischer Macht.

Der Klient erschien zur morgendlichen Aufwartung des Patrons, begleitete ihn in der Öffentlichkeit und trat vor Gericht weder als Zeuge noch als Ankläger gegen ihn auf.
  • Neben der Klientel bildeten sich innerhalb der Nobilität Freundschaften (amicitiae) und enge politische Bindungen, die für den Gewinn oder den Erhalt der Position unerlässlich waren.

  • Wenn ein 'nobilis' in seiner politischen Karriere in Konkurrenz zu anderen trat, wurde von ihm erwartet, dass er in seinem Verhalten nicht gegen die Moralvorstellungen der Elite verstieß. Diese beinhalteten u.a.: honos (Ehre), fides (Zuverlässigkeit), pietas (Pflichtgefühl), sapientia (Einsicht), gravitas (Ernst), magnitudo animi (Hochherzigkeit), fortitudo (Unerschrockenheit), mores maiorum (Achtung vor den Gewohnheiten der Vorfahren)

    Richtschnur für das eigenen Handeln waren die Sitten der Vorfahren (mores maiorum). Eine Reihe von Legenden aus der Gründungszeit des imperium Romanum sollte den Heranwachsenden das wahre Römertum zeigen, um das Engagement für die 'res publica' zu verankern und damit den Bestand der Herrschaft zu sichern. Quintillian, der führende Redelehrer in Rom gegen Ende des 1. Jahrhunderts n.Chr. nimmt folgende Gegenüberstellung mit der Griechen vor: "Wie viel nämlich die Griechen aufgrund ihrer Lehrsätze gelten, so viel gelten die Römer, was bedeutender ist, durch Vorbilder". Nicht auf die Theorie, sondern auf dem beispielhaften Handeln beruht das Überlegenheitsgefühl der Römer gegenüber anderen Völkern.

  • In der spätrömischen Republik (133 - 44 v. Chr.) verführten bisher nicht gekannte Machtfülle, Reichtum und militärische Erfolge die Oberschicht dazu, die alten Spielregeln nicht mehr einzuhalten, sich aus dem Gruppenkonsens zu lösen und ihre persönlichen machtpolitischen Interessen zu verfolgen. Zusätzlich führte die gewaltige Ausdehnung des Herrschaftsgebiets zu großen sozialen Spannungen. Die Nobilität verlor zunehmend die Kontrolle über die politischen Handlungsabläufe. Im Kampf um die Macht nahm die Bedeutung des Heeres und des 'plebs' zu.

  • Kaiser Augustus (27 v. Chr. - 14 n. Chr.) und seine Nachfolger suchten mit dem Rückgriff auf traditionelle aristokratische Wertvorstellungen und dem Schlagwort von der Wiederherstellung der 'res publica' und ihrer 'libertas' (Handlungsfreiheit) die alte republikanische Führungsschicht an sich zu binden und die eigene Herrschaft zu legitimieren.
  Die Nobilität unterwarf sich der neuen Ordnung, die monarchisch genannt werden kann. Kaiser Augustus anerkannte die gesellschaftliche und soziale Stellung der Senatoren und vermittelt ihnen das Gefühl von Sicherheit. Ihre politische Selbständigkeit war ihnen genommen. 
  • Die Adligen und die bürgerlichen Eliten in der römischen Gesellschaft schauten mit einer Mischung aus Geringschätzung und Verachtung auf jene Menschen herab, die ihren Lebensunterhalt mit ihrer eigenen Hände Arbeit zu bestreiten hatte. Die Meinung der "Oberen Zehntausend", deren Quelle des Reichtums in der Regel landwirtschaftlicher Großbesitz war, prägte das allgemeine Bild. Dabei waren die Handwerker ein wichtiger Bestandteil der römischen Wirtschaft. Die meinungsbildenden Führungsschichten schätzten zwar nicht die Handwerker an sich, wohl aber deren vielfältigen Produkte.


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Ehe und Familie


  • Die Institution der Ehe
 
  • Während der römischen Republik wurde die Ehe als Zweckgemeinschaft angesehen. Obwohl kein gesetzlicher Zwang zur Ehe bestand, betrachtete man diese Institution wegen des Interesses des Gemeinwesens an ausreichender Nachkommenschaft als gesellschaftliche Pflicht. Vom Blickwinkel einer Familie aus gesehen, sollten legitime Kinder den Fortbestand in weiteren Generationen sowie die Versorgung im Alter sichern.
 
  • Die lebenslange Ehe galt als Idealvorstellung für die Partnerschaft von Mann und Frau. Die nur einmal verheiratete Frau war ein römisches Ideal. Nach dem Tod des Ehegatten oder einer Scheidung führten häufig politische und wirtschaftliche Gründe dazu, dass eine weitere Ehe eingegangen wurde. Für die Angehörigen der Aristokratie war die - auch mehrmalige - Heirat ein Mittel individueller Machtpolitik.
  • Voraussetzungen für die Eheschließung
 
  • Bereits 510 v. Chr., also in der Zeit der frühen Republik, war es für eine Eheschließung erforderlich, dass beide Partner frei (d.h. keine Sklaven) waren und das römische Bürgerrecht besaßen. Diese rechtliche Befähigung zur Ehe nannten die Römer 'conubium'.
 
  • Das 'conubium' und damit der Kreis der Heiratsbefähigten wurde im Verlauf der römischen Geschichte ständig erweitert. Ein Ergebnis der Ständekämpfe war es, dass 445 v. Chr. Ehen zwischen Patriziern und Plebejern legalisiert wurden. Das Ende des Bundesgenossenkriegs im Jahr 89 v. Chr. hatte die Verleihung der Bürgerrechts an die Bundesgenossen (sozii) zur Folge. Außerdem führte die Expansion des römischen Reichs zu immer mehr Bürgerrechtsverleihungen.

  • Durch die Verleihung des römischen Bürgerrechts banden die Römer auch die Bewohner von Provinzen an sich. Die ärmere, freie Bevölkerung konnte es sich durch Ableisten des Militärdienstes verdienen. Auch Sklaven, deren Anteil ungefähr 30% der Gesamtbevölkerung ausmachte, konnten das römische Bürgerrecht erlangen.

 
  • Mindestalter der Ehepartner (bei Mädchen 12, bei Knaben 14 Jahre)
  In Rom lag das Heiratsalter der Mädchen zwischen 12 und 16 Jahren. Die Männer waren bei der Heirat nicht viel älter. Julius Caesar war bei seiner ersten Heirat erst 16 Jahre alt.
 
  • Ehekonsens (die Zustimmung von Braut und Bräutigam)
  • Formen der Eheschließung
 
  • Bei der Eheschließung konnte eine Frau entweder unter der Rechtsmacht (potestas) ihrer leiblichen Familie bleiben oder in die Familie ihres Gatten eintreten.
  Die Familie stand unter der 'potestas' des 'pater familias', des Familienoberhaupts. Da das römische Recht die Beziehungen innerhalb einer Familie nicht regelte, konnte der 'pater familias' schalten und walten, wie er wollte. Selbst über Leben, Tod und Verkauf seinen Familienmitglieder konnte er entscheiden.
 
  • In der Zeit der römischen Republik war die Eheform üblich, bei der die Frau aus der 'potestas' ihres Vaters aus- und in die ihres Mannes oder dessen 'pater familias' eintrat. Die junge Frau kam in die 'manus', in die Hand ihres Gatten oder dessen Familienoberhaupts. Deshalb wird diese Eheform als 'manus-Ehe' bezeichnet. Das von der Braut eingebrachte Vermögen sowie die Mitgift gingen in das Vermögen des neuen "Eigentümers" über. Da in Rom früh geheiratet wurde, waren bei den jungen Männern die Väter noch am Leben, so dass der Ehemann noch der Familiengewalt des Vaters (patria potestas) unterstand. Bei der 'manus-Ehe' sind drei Formen zu unterscheiden:

 
  • Heirat durch einen symbolischen Kauf, bei dem die Frau in Gegenwart von Zeugen in die Gewalt des Mannes überging.
 

Hochzeitszeremonie

Relief. Britisches Museum London.

 
  • Heirat durch Zusammenleben, einer Art wilder Ehe für ein Jahr, die dann rechtskräftig wurde, wenn die Frau nicht drei Tage und drei Nächte hintereinander dem Haus des Mannes ferngeblieben war. Diese Eheform war am Ende der republikanischen Zeit nicht mehr üblich.
 
  • Begründung der Ehe durch eine religiöse Handlung. Die feierlichste Form der Eheschließung war in Patrizierfamilien üblich.
 
  • Seit alters her gab es auch die Ehe, bei der die Frau in der 'potestas' ihres Vaters blieb. Bei dieser 'manus-freien Ehe' wurde die Ehefrau - im Gegensatz zu den in der Ehe geborenen Kindern - nicht Teil der Familie ihres Mannes, sondern blieb Mitglied ihrer väterlichen Familie. Die 'manus-freie Ehe' wurde grundsätzlich formlos und allein durch die Herstellung der Lebensgemeinschaft begründet.

 
  • Mit der Heirat war gemäß Sitte und Brauch die Übergabe der Mitgift verbunden. Sie war eine Vermögenszuwendung des Brautvaters an den Ehemann und auch bei manus-freien Ehen üblich. Die Mitgift bildete ein Sondervermögen des Mannes, das er verwaltete und über das er auch verfügen konnte. Der Mann oder seine Erben waren grundsätzlich dazu verpflichtet, nach dem Ende einer Ehe, sei es durch Tod oder Scheidung, die Mitgift herauszugeben.

 
  • Seit den Kriegen des 3. und 2. Jahrhunderts, als die Römerin unter dem Druck der Verhältnisse selbstständiger wurde, verloren sich die strengen Formen der manus-Ehe. Der Anteil der Ehen ohne 'manus' nahm deutlich zu. Die Frauen wurden freier und konnten auch über ihr Vermögen verfügen. Zumindest bei den Damen der Oberschicht entwickelte sich die Vormundschaft zu einer reinen Formalität.

  • Die Stellung der Frau
 

Der Mann war für die Geschäfte außerhalb des Hauses zuständig, der Tätigkeitsbereich der Frau lag in der Führung des Haushalts und der Erziehung der Kinder. Die Frau wurde vom Mann pflichtgemäß geachtet aber nicht unbedingt geliebt. Wünschenswert für den Mann war es, dass die Frau verträglich war.

In der Tradition der altrömischen Aristokratie wurde die Erziehung der Kinder bis zum Alter von sieben Jahren in die Hände der Mutter gelegt. Sie regelte alle Lebensbereiche der "infantes". Dazu gehörten neben dem Lernen und den häuslichen Pflichten auch die Freizeit und das Spielen, das in Rom als wichtige Vorbereitung auf das Leben galt. Normalerweise ging die Erziehung der Jungen anschließend auf den Vater über. Ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. übernahm dessen Funktion - gemäß griechischer Praxis - ein Hauslehrer, bald auch Pädagogen in einer Schule.

 
  • Die Unterstellung der Frau unter die 'potestas' des Mannes bedeutete auch in der älteren republikanischen Zeit kein Dasein in völliger Abgeschiedenheit. Kein Römer scheute sich, seine Frau zu geselligen Anlässen mitzunehmen. Allerdings konnten sich die Frauen der gehobenen Kreise erst in der Kaiserzeit außer Haus bewegen, die Tempel und, mit Erlaubnis des Mannes, auch das Theater besuchen und vor Gericht auftreten. Politische Rechte hatten die römischen Frauen nicht.

 
  • Die eheliche Treuepflicht band nur die Frau. Während der römischen Republik durfte ein Ehemann die beim Ehebruch ertappte Gattin straflos töten. Dagegen stand dem Ehemann die gesellschaftlich anerkannte Möglichkeit offen, sein Vergnügen straflos außerhalb der Ehe zu suchen. Die unbedingte eheliche Treue, die man der Römerin in alten Zeiten nachrühmte, galt schon im 3. Jahrhundert v. Chr. als nicht mehr ganz zuverlässig.

 
  • Als in der Zeit der späten Republik die Frauen selbständiger und materiell unabhängiger wurden, begannen sie auch in der Öffentlichkeit eine größere Rolle zu spielen. Die Folge war, zunächst bei den führenden Schichten, eine Lockerung der Sitten, auch bei den Frauen.

  • Ehescheidung
 
  • Die Scheidung einer Ehe war ein privater Akt und als solcher keiner gesetzlichen Beschränkung unterworfen. Mit Ausnahme der Ehe, die durch einen religiösen Akt geschlossen wurde, musste die Scheidung auch nicht in einer bestimmten Form erfolgen.
 
  • Personen, die in freier Ehe, also ohne 'manus', verheiratet waren, konnten die Ehe selbst beenden. Ehepartner, die noch unter einer 'potestas' standen, brauchten dafür die Unterstützung ihres Vormunds.
 
  • In den führenden Schichten der ausgehenden Republik und in der Kaiserzeit machte man reichlichen Gebrauch von der Möglichkeit zur Scheidung. Dabei geschah es immer häufiger, dass der Anstoß von den Frauen ausging.
  • Die Gesetzgebung des Kaisers Augustus
 
  • Kaiser Augustus (* 63 v. Chr., † 14 n. Chr.) verstärkte die gesetzliche Reglementierung der Ehe. Mit seinen 18 v. Chr. und 9 v. Chr. erlassenen Ehegesetzen griff er tief in den persönlichen Machtbereich der Familienoberhäupter ein. 
 
  • Ehebruch wurde nun zu einem kriminellen Delikt, das in die Zuständigkeit des Staates fiel und schwer bestraft wurde.
 
  • Männern zwischen 25 und 60 Jahren und Frauen zwischen 20 und 50 Jahren wurde die Heirat zur Pflicht gemacht. Ehelosigkeit führte zu massiven Nachteilen im Erbrecht.
 
  • Kindersegen wurde in allen Ehen erwartet und durch gewisse Vorrechte belohnt. Die Anzahl von wenigstens 3 Kindern förderte die politische Karriere und stellte von künftiger Ehepflicht frei. Frauen, die 3 Kinder geboren hatten, wurden von der männlichen Vormundschaft befreit.

Mit seinem Ziel, die Geburtenrate zu erhöhen, hatte Augustus bei der senatorischen Führungsschicht wenig Erfolg. Viele vermögende Römer nahmen offenbar eher finanzielle Einbußen in Kauf als eine Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit.

 
  • Kaiser Augustus bemühte sich um eine Hebung der Moral in den führenden Kreisen Roms. Der Lebenswandel von Julia, seiner Tochter aus seiner Ehe mit Scribonia, zeigt, wie wenig erfolgreich er mit seinen Bemühungen war. Julias Verhalten war so anstößig, dass ihr Vater sie schließlich verbannte, "da sie ihren Ruf durch alle möglichen Laster befleckt hatte" (Sueton). Augustus selbst hatte im Widerspruch zu seiner offiziell propagierten Rolle als moralischer Erneuerer der römischen Gesellschaft, bis ins hohe Alter eine ausgeprägte Neigung zu außerehelichen Beziehungen. Seine Frau Livia, mit der er ansonsten eine harmonische und glückliche Ehe führte, kam mit ihrer demonstrativen Sittsamkeit und ihrer betonten Unterordnung unter ihren Gatten, den Wünschen des Augustus entgegen.

Auch Livia scheint nicht alle Erwartungen erfüllt zu haben. Der konservative Historiker Tacitus stellt in einem Nachruf auf Livia fest: „Durch ihren keuschen Lebenswandel näherte sie sich der alten strengen Sitte, war aber umgänglicher, als es die Frauen der guten alten Zeit gutgeheißen hätten.“ Unter dem Deckmantel der braven Hausfrau hatte Livia auch politischen Einfluss auf ihren kaiserlichen Ehemann gewonnen und sich als Ratgeberin unentbehrlich gemacht.


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Stand: 02.01.2017                                                  Copyright © 2017 Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V.                                                  Autor: Dieter Griesshaber

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