BRD 1949 - 1963

 

 

 

 

 

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Die Welt des späten Mittelalters (1250 - 1400)

Das Ende der Luxemburger und der Aufstieg der Habsburger Kaiserdynastie (1400 - 1517)

Die Reformation von Luthers Anschlag der 95 Thesen bis zum Wormser Reichstag (1517 - 1521)

Der Dreißigjährige Krieg (1618 - 1648)

Vom Westfälischen Frieden (1648) bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen (1740)

Der Aufstieg Preußens zur europäischen Großmacht (1740 - 1763)

Die Französische Revolution bis zum Ende der Diktatur Robespierres (1789 - 1794)

Deutschland in der Zeit der Französischen Revolution und der Herrschaft Napoleons (1789 - 1815)

 Restauration und Revolution (1815 - 1830)

Monarchie und Bürgertum (1830 - 1847)

Die Revolution von 1848/49

Von der gescheiterten Revolution 1848 bis zur Gründung des Deutschen Reiches 1871

Die Innen- und Außenpolitik Bismarcks (1871 - 1890)

Das Deutsche Kaiserreich von 1890 bis zum Ausbruch der Ersten Weltkriegs 1914

Die Industrielle Revolution in England und Deutschland (1780 - 1914)

Europäischer Kolonialismus und Imperialismus (1520 - 1914)

Der Erste Weltkrieg (1914 - 1918)

Der Weg zur Weimarer Republik 1918 - 1919

Der Kampf um die Staatsgewalt in der Weimarer Republik (1919 - 1933)

Die Machtübernahme der NSDAP und die Errichtung der Diktatur Hitlers (1933 - 1939)

Der Zweite Weltkrieg (1939 - 1945)

Der Weg in die Teilung Deutschlands (1945 - 1949)

Der Kalte Krieg: Vom Kriegsende 1945  bis zum Bau der Berliner Mauer 1961

Die Ära Adenauer (1949 - 1963)

Die Kanzlerschaft Ludwig Erhards 1963 - 1966

Kalter Krieg Teil 2: Von der Kubakrise 1962 bis zur Auflösung der Sowjetunion 1991

Die Zeit der Großen Koalition 1966 - 1969

Die Ära Brandt (1969 - 1974)

Die Kanzlerschaft Helmut Schmidts (1974 - 1982)

Die Kanzlerschaft Helmut Kohls von 1982 bis 1987

Die Kanzlerschaft Helmut Kohls von 1987 - 1989

Der Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands (Teil I: Die DDR von den siebziger Jahren bis zum Fall der Mauer im Jahr 1989)

Vom Fall der Berliner Mauer bis zur deutschen Einheit (1989 - 1990)

 

 

 
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Die Ära Adenauer


BRD 1949-1951     BRD 1952-1954     BRD 1955-1963     Literaturhinweise


Die Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 - 1951


  • Die Wahl zum ersten Deutschen Bundestag am 14. August 1949
 
  • Die CDU/CSU setzt sich mit 31% der Stimmen als stärkste Partei durch, gefolgt von der SPD mit 29,2%. Die FDP gewinnt 11,9%, die Bayernpartei 4,2%, die Deutsche Partei 4%, die KPD 5,7%.

 
  • Am 15. September 1949 wählt der Bundestag mit 202 Stimmen, der erforderlichen Mindestzahl, Konrad Adenauer (CDU) zum Bundeskanzler. Er bildet ein Kabinett auf der Basis einer Koalition mit der FDP und der Deutschen Partei.

 

Konrad Adenauer (*1876, †1967)Aufnahme im Jahr 1963.

1949-1963 erster Bundeskanzler der BRD, 1951-1955 auch Außenminister

Mit besonderer Genehmigung des Bildautors Josef Albert Slominski (slomifoto). Link: www.slomifoto.de

  • Die Ziele der Bundesregierung
 
  • Wiedererlangung der staatlichen Souveränität
 
  • Die Bundesrepublik war durch das am 12. Mai 1949 von den drei westlichen Militärgouverneuren verkündete und am 21. September 1949 in Kraft getretene Besatzungsstatut unter die Vormundschaft der 'Alliierten Hohen Kommission' gestellt. Die Westmächte bestimmten nicht nur die Außenpolitik sondern übten auch eine generelle Kontrolle über die Innenpolitik der Bundesregierung aus. Sonderbefugnisse in wichtigen Bereichen blieben den Alliierten vorbehalten: Wiederbewaffnung, Demontage und Entflechtung der Großindustrie, Außenwirtschaft. Gesetze traten nur in Kraft, wenn die Besatzungsmächte keine Einwände erhoben. Die Regierungsgewalt konnte jederzeit wieder auf die Westmächte übergehen, falls diese es aus "Sicherheitsgründen oder zur Aufrechterhaltung der demokratischen Ordnung" für erforderlich hielten.

 
  • Ziel der Bundesregierung musste es sein, den Besatzungsmächten Sicherheit vor einer außenpolitisch ungebundenen und unberechenbaren Bundesrepublik zu geben. Nur so war es möglich, die Alliierten zu einem Abbau ihrer Vorbehaltsrechte zu bewegen. 

 
  • Wiedervereinigung Deutschlands

  • In der Präambel des Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 wurde ausdrücklich auf den provisorischen Charakter des Teilstaates hingewiesen: "...hat das Deutsche Volk in den Ländern ..., um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben, kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beschlossen. Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war. Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden."

  • Im Zusammenhang mit dem Ziel der Wiedervereinigung erhob die Bundesrepublik die "alleinige staatliche Organisation des deutschen Volkes" zu sein (Alleinvertretungsanspruch).

 
  • Aufbau und Bewahrung der militärischen und politischen Sicherheit der Bundesrepublik

Es galt, den Expansionsbestrebungen der Sowjetunion entgegenzutreten. Die Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung sollte vor Einflüssen von außen bewahrt werden.

 
  • Wiederaufbau der Wirtschaft und sozialer Ausgleich im Innern

 
  • Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Linie

 

Die einzelnen Ziele konnten von der Regierung Adenauer nicht gleichzeitig und mit gleicher Intensität verfolgt werden. Allen Zielen gemeinsam ist die Strategie, mit der sie erreicht werden sollten: die Westintegration der Bundesrepublik im militärischen, wirtschaftlichen und ideologischen Bereich. 

  • Die Westintegration
 
  • Grundlage für die Strategie der Westintegration waren vor allem die ideologischen Gegensätze zwischen den Westmächten und der Sowjetunion. Nach der Ansicht Adenauers war es unmöglich, Deutschland aus diesem Konflikt herauszuhalten. Daraus ergab sich für ihn die Notwendigkeit, eine eindeutige Position zu beziehen.

Bundeskanzler Konrad Adenauer denkt über den Nationalstaat hinaus. Er sieht Deutschland auf der Seite der westlichen Staaten, die für ihn Freiheit der Menschen sowie Gerechtigkeit verkörpern. Den totalitären Kollektivismus der Sowjetunion lehnt er ab.

 
  • Die Eingliederung der Bundesrepublik in die westliche Staatengemeinschaft sollte es möglich machen, die Wiedervereinigung aus einer 'Position der Stärke' heraus anstreben zu können, die ohne gesicherte Westbindung Adenauers Meinung nach nur um den Preis der Sowjetisierung ganz Deutschlands zu erreichen war.

 
  • Bundeskanzler Adenauer war sich der Gefahr bewusst, durch die Strategie der Westintegration die Teilung Deutschlands zu zementieren. Von einer vorrangigen Integration in den Westen versprach er sich eine Unterstützung der Westmächte für die Deutschlandpolitik der Bundesregierung. Durch die Demonstration der Stärke und Einheit des Westens, so erwartete Konrad Adenauer, wird die Sowjetunion bereit sein, in Verhandlungen über die Wiedervereinigung einzutreten.

 
  • Adenauer glaubte, durch Konzessionsbereitschaft und Vorleistungen das Vertrauen der Alliierten gewinnen zu können. Durch diese Vertrauensbildung erhoffte er sich eine Erweiterung des außenpolitischen Spielraums, die Stärkung der internationalen Präsenz sowie mehr Souveränität in der Innenpolitik.

 
  • Die Idealsituation sieht Adenauer in einem von den USA geführten vereinten Europa. Zur Erreichung dieser Situation soll ein möglichst dichtes Netz supranationaler und multinationaler Institutionen geknüpft werden. 

 
  • Durch Aufrüstung, Integration in die NATO und den weiteren Ausbau des Nordatlantischen Bündnisses sollte den Expansionsbestrebungen der Sowjetunion entgegengetreten werden. 

Mit dem Bekenntnis zur Bindung an die Weststaaten definiert sich zum ersten Mal ein deutscher Staat  zu den Werten einer Staatengemeinschaft. Dies bedeutet die Abkehr von der Doktrin eines nationalen Machtstaates. Die deutsche Politik wird zum Bestandteil westlicher Politik.

  • Soziale Marktwirtschaft
 
  • Ludwig Erhard, der Direktor der Wirtschaftsverwaltung des 'Vereinigten Wirtschaftsgebiets', erklärte mit der Währungsreform (20./21.Juni 1948) gegen den Widerstand der Besatzungsmächte das Ende der Zwangswirtschaft. Zusammen mit dem Ökonomen und Politiker Alfred Müller-Armack hatte er das Konzept der 'sozialen Marktwirtschaft' entworfen, das er dann auch als erster Bundeswirtschaftsminister mit der Unterstützung von Bundeskanzler Konrad Adenauer erfolgreich umsetzte.

 

Ludwig Erhard (*1897, † 1977). Aufnahme im Jahr 1965.

Wirtschaftsminister der BRD von 1949 bis 1963 Bundeskanzler der BRD von 1963 bis 1966

 

Die soziale Markwirtschaft hat sich seit ihrer Einführung bewährt und zu einer bis dahin nicht gekannten Steigerung des Wohlstands bei breiten Bevölkerungsschichten und zu einem hohen Maß an sozialer Sicherheit geführt.

 
  • Der Anspruch der sozialen Marktwirtschaft ist, die Vorteile einer freien Marktwirtschaft wie wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und hohe Güterversorgung zu verwirklichen, gleichzeitig aber deren Nachteile wie zerstörerischer Wettbewerb, Ballung wirtschaftlicher Macht oder unsoziale Auswirkungen von Marktprozessen (z.B. Arbeitslosigkeit) zu vermeiden. Allgemeine Zielsetzung ist deshalb ein größtmöglicher Wohlstand bei bestmöglicher sozialer Absicherung.

Geistige Grundlage der sozialen Marktwirtschaft sind der Neo- und der Ordoliberalismus, insbesondere der beiden Richtungen gemeinsame Gedanke, dass eine freiheitliche Gesellschaft und Wirtschaft einer staatlich gesetzten und vom Staat permanent geschützten Ordnung bedürfen, damit die Freiheit von Personen oder von Gruppen nicht zur Verringerung der Freiheit anderer missbraucht werden kann. Wesentliche Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft finden sich bei Franz Böhm, Walter Eucken, Wilhelm Röpke und Alexander Rüstow.

 
  Walter Eucken (* 1891, † 1950), deutscher Volkswirtschaftler, Begründer des Ordoliberalismus
   
 
  • Der Staat verhält sich nicht passiv wie in der 'freien Wirtschaft', sondern greift aktiv in das Wirtschaftsgeschehen ein (z.B. durch konjunkturpolitische, wettbewerbspolitische und sozialpolitische Maßnahmen). Die Eingriffe erfolgen im allgemeinen Interesse oder in solchen Bereichen, wo Anbieter und Nachfrager durch marktwirtschaftlich vertretbare Maßnahmen geschützt werden müssen (z.B. beim Verbraucherschutz oder der Wettbewerbsgesetzgebung).

 
  • Wesentliche Elemente der sozialen Marktwirtschaft sind die allgemeine Vertragsfreiheit, das Recht auf Privateigentum (auch an Produktionsmitteln), die Gewerbefreiheit, die Freiheit der Berufs- und Arbeitsplatzwahl, die Konsumfreiheit und die Wettbewerbsfreiheit. Diese Freiheitsrechte sind so ausgestaltet, dass weder die Rechte Dritter noch die verfassungsmäßige Ordnung verletzt werden.

  • Die internationalen Rahmenbedingungen
 
  • Der Einmarsch von Truppen des kommunistisch regierten Nord-Korea in das zur US-amerikanischen Einflusssphäre gehörende Süd-Korea am 25. Juni 1950 verschärft den Ost-West-Konflikt bis hin zur realen Gefahr eines Dritten Weltkriegs.

 
  • Die USA und Großbritannien intensivieren daraufhin die Einbindung der BRD in das westliche Lager.

  • Der Hohe Kommissar der USA, John McCloy, betont im Februar 1950 das Interesse der USA an einer starken Bundesrepublik. Infolge ihrer zunehmenden wirtschaftlichen Gleichberechtigung müsse sie sich in Westeuropa auch politisch einbinden. Dabei sei es denkbar, dass sie zu einem europäischen Verteidigungssystem beitragen könne, ohne über eigene Streitkräfte zu verfügen.

  John McCloy (*1895, †1989), 1949 - 1952 Hoher Kommissar der US-Regierung und Militärgouverneur in Deutschland

  • Am 11. August 1950 fordert der Europarat, einem Vorschlag Churchills folgend, die Bildung einer europäischen Armee unter deutscher Beteiligung.

  • Erste außenpolitische Schritte
 
  • Im Petersberger Abkommen vom 22. November 1949 räumen die Hochkommissare der Bundesrepublik das Recht ein, konsularische Beziehungen zu anderen Staaten aufzunehmen und internationalen Organisationen beizutreten. Adenauer erklärte sich gegen heftigen Widerstand der SPD bereit, deutsche Vertreter in die Ruhrbehörde zu entsenden. Kurt Schumacher, der einen Ausverkauf deutscher Interessen und die ungebremste Fortsetzung der Demontagen befürchtete, warf Adenauer vor, ein "Kanzler der Alliierten" zu sein.

  Kurt Schumacher (*1895, †1952), deutscher Politiker (SPD).
1946 - 1952 Parteivorsitzender der SPD, 1949 - 1952 Oppositionsführer im Deutschen Bundestag.


 

Die Londoner Sechsmächtekonferenz  (Teilnehmer: Benelux-Staaten, Großbritannien, Frankreich, USA) beschloss am 28. April 1949 die Einsetzung einer 'Internationalen Ruhrbehörde', welche die Produktion des Ruhrgebiets an Kohle, Koks und Stahl kontrollieren und auf dem deutschen und internationalen Markt verteilen sollte. Mit dem Peterberger Abkommen trat die Bundesrepublik diesem "Ruhrstatut" bei.

 
  • Am 15. Dezember 1949 unterzeichnen Adenauer und der Hohe Kommissar der USA McCloy ein Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Beteiligung der Bundesrepublik am Wiederaufbau im Rahmen des Marshall-Plans; sie wird damit zugleich vollberechtigtes Mitglied der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC).

  • Die ersten Schritte zur wirtschaftlichen Integration Westeuropas
 
  • Am 9. Mai 1950 schlug der französische Außenminister, Robert Schuman, vor, die gesamte deutsche und französische Stahl- und Kohleproduktion einer gemeinsamen, supranationalen Aufsichtsbehörde zu unterstellen. Diesem wirtschaftlichen Verbund sollten sich weitere europäische Staaten anschließen können. Ziel Schumans war eine wirtschaftliche Union als Vorstufe eines auf "föderalistischer Grundlage" politisch vereinigten Europas.

Eine supranationale Aufsichtsbehörde vertritt keine nationalen, sondern die gemeinsamen Interessen der beteiligten Staaten. Ein Teil der nationalen Souveränitätsrechte werden auf die gemeinsame Institution übertragen.

 
  • Der 'Schuman-Plan' stieß bei Adenauer auf große Zustimmung, da er sich von einer internationalen Präsenz eine Lockerung der Kontrollen durch die Westmächte versprach.

Sowohl Robert Schuman als auch Konrad Adenauer erwarteten von einer internationalen Verflechtung der Wirtschaft eine Sicherung des Friedens.

 
 

Robert Schuman (1886 - 1963), französischer Außenminister von 1948 bis 1952

AKG (Ausschnitt)

 
  • Am 18. April 1951 wurde der "Vertrag über die Bildung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl" (Montanunion) von den Regierungen der  Beneluxstaaten, Frankreichs, Italiens und der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. 

  • Die ersten Schritte zur sicherheitspolitischen Integration

  • Am 16. August 1950 greift Konrad Adenauer die Forderung des Europarats nach Bildung einer europäischen Armee unter deutscher Beteiligung auf. Angesichts der "zunehmenden militärischen Bedrohung Westdeutschlands" plädiert er für die sofortige Verstärkung der US-Truppen in der Bundesrepublik und die Schaffung einer "starken deutschen Verteidigungskraft".

  • Die Außenminister der Westmächte geben auf einer Konferenz in New York (12.-18. September 1950) in ihrer 'Deutschlanderklärung' für die Bundesrepublik und West-Berlin eine formelle Sicherheitsgarantie und kündigen die Verstärkung ihrer Truppen an.

  • Der Vorschlag, deutsche Truppen in eine supranationale westeuropäische Militärorganisation einzubinden, stieß insbesondere in Frankreich auf massive Vorbehalte. Die Kontrolle über die Bundesrepublik sollte trotz der militärischen Integration nicht aufgegeben werden. 

  • Adenauer sah in der Diskussion über deutsche Truppenkontingente die Möglichkeit, über einen freiwillig geleisteten Verteidigungsbeitrag die Integration der Bundesrepublik in das westliche Bündnissystem beschleunigen und gleichzeitig die Souveränitätsbeschränkungen des Besatzungsstatuts lockern zu können. In zwei Memoranden an die Regierungen der drei Westmächte bekräftigte er deshalb Ende August 1950 die Bereitschaft seiner Regierung, für eine zukünftige  Armee der Westmächte ein deutsches Kontingent bereitzustellen. Hiervon erhoffte er sich eine Normalisierung der außenpolitischen Beziehungen und einen Abbau der alliierten Kontrollen.

  • Wiedervereinigung und Westintegration
 
  • In der generellen Ausrichtung der Bundesrepublik auf die westliche Staaten- und Wertegemeinschaft gab es zwischen CDU und SPD keine großen Differenzen.

 
  • Der Vorsitzende der SPD, Kurt Schumacher, wies jedoch immer wieder auf das Spannungsverhältnis von Westintegration und deutscher Einheit hin. In seiner Sicht setzte Adenauer zu einseitig auf die Integration in die westliche Staatengemeinschaft und vernachlässigte dabei, gegenüber den Westmächten die gesamtdeutschen Vorbehalte vorzubringen.

An diesen gegensätzlichen Standpunkten sollten sich in den kommenden Jahren heftige Debatten in Parlament und Öffentlichkeit entzünden.

  • Die Deutschlandfrage
 
  • 1950 fliehen 198.000 Menschen aus der DDR in die BRD und nach Westberlin.

 
  • Am 22. März 1950 fordert die Bundesregierung in einer Erklärung zur deutschen Einheit freie, international überwachte Wahlen zu einer Nationalversammlung, die eine gesamtdeutsche Verfassung ausarbeitet. Voraussetzung für die Verwirklichung des Plans sei die Gewährleistung der persönlichen Freiheitsrechte in ganz Deutschland.

 
  • Am 9. Juni 1950 protestiert die Bundesregierung gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als endgültige Grenze durch die DDR.

 

Im November 1950 schlägt der Vorsitzende des Ministerrats der DDR, Otto Grotewohl, einen „gesamtdeutschen konstitutiven Rat“ vor. Paritätische Besetzung. Kein Angebot von freien Wahlen.

  Otto Grotewohl (*1894, † 1964), ab 1949 Ministerpräsident (dann Vorsitzender des Ministerrats der DDR), ab 1960 Stellvertretender Vorsitzender des Staatsrats der DDR
 
  • 27. September 1951: Entschließung des Bundesrats: Nur freie Wahlen unter Aufsicht der UN

 
  •  11. Dezember 1951: UN schlägt dafür Kontrollkommission vor.  DDR verweigert im Januar 1952 Einreise der Kommission.


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Die Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1952 - 1954 


  • Die Frage der Souveränität der Bundesrepublik
 
  • Bei der Ablösung des Besatzungsstatuts zögern die Westmächte. Die Bundesrepublik sollte nach dem Willen der Sieger des zweiten Weltkriegs nicht voll souverän sein.

  • Ein alliiertes Überwachungsgremium im Gewand eines Botschaftsrats sollte bestehen bleiben. Die Bundesrepublik war bemüht, die Siegerrechte nach und nach abzuschütteln. 

  • In der Wehrdebatte am 8. Februar 1952 konkretisierte die Mehrheit des Bundestags ihre Forderungen im Zusammenhang mit einem Beitritt zur 'Europäischen Verteidigungsgemeinschaft' (EVG).  Für Bundeskanzler Adenauer war ein Beitritt in diese europäische Verteidigungsorganisation deshalb wichtig, weil er eine akute militärische Bedrohung der Bundesrepublik durch die Sowjetunion sah. Außerdem war die Aufrüstung im Rahmen der europäischen Integration in seinen Augen ein Hebel, die Gleichberechtigung (Souveränität) zu erreichen. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD, Erich Ollenhauer, legte die Position seiner Partei dar: die soziale Sicherheit müsste Vorrang vor der militärischen haben; die Remilitarisierung gefährde die Wiedervereinigung.

  • Die EVG sollte den Zweck verfolgen, die "Verteidigung Westeuropas gegen jede Aggression" sicherzustellen. Die Vertragspartner (Frankreich, Italien, die BENELUX-Staaten und auch die Bundesrepublik sollten ihre nationalen Streitkräfte in einer supranationalen Organisation zusammenfassen. Kein Nationalstaat soll für sich allein handeln können!

 
  • Ein Kompromiss über den Status der Bundesrepublik wird am 26. Mai 1952 mit dem 'Deutschlandvertrag' erreicht.

Der Deutschlandvertrag entlässt die Bundesrepublik aus dem Besatzungsregime in die Souveränität, eingeschränkt durch die Vorbehalte der Westalliierten. Diese betreffen deren Truppenstationierung, die Kontroll- und Schutzfunktion in Berlin und Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung und eines Friedensvertrags. Die Besatzungsmächte behalten sich auch die Ausübung von Notstandsbefugnissen vor für den Fall, dass die Bundesrepublik einem äußeren Angriff oder innerem Umsturzversuch ausgesetzt ist. Die endgültige Festlegung der Grenzen soll in einem Friedensvertrag für Gesamtdeutschland geregelt werden. 

 
  • Am 27. Mai 1952, also ein Tag nach der Unterzeichnung des Deutschlandvertrags, wird der EVG-Vertrag von den Außenministern Frankreichs, Italiens, der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs und der Bundesrepublik unterzeichnet.

Das in den Mitgliedstaaten, vor allem in Frankreich, umstrittene Vertragswerk bedurfte zum Inkrafttreten der Ratifizierung durch die nationalen Parlamente.

 

Nebenbei bemerkt (1): Erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg nehmen wieder deutsche Sportler an Olympischen Spielen teil. Diese Spiele fanden  vom 14. - 25. Februar 1952 in Oslo (Norwegen) statt. Pläne für eine gesamtdeutsche Mannschaft scheiterten am Widerstand der DDR. Die ostdeutschen Athleten mussten zuhause bleiben.

Nebenbei bemerkt (2): Am 28. April 1952 tritt der Friedensvertrag zwischen Japan und den USA in Kraft. Japan wird aus amerikanische Militärherrschaft in die Souveränität entlassen.

Nebenbei bemerkt (3): Am 24. Juni 1952 erscheint mit einer Startauflage von 250.000 Exemplaren erstmalig die Boulevardzeitung "BILD".

   
  • Die innenpolitische Diskussion über die Westintegration
 
  • Die SPD lehnte die Anlehnung an den Westen und die damit verbundenen Pläne zur Wiederbewaffnung geschlossen ab. Durch eine solche Politik sahen sie die deutsche Einheit gefährdet. 

  • Besonderes Ärgernis in der Opposition und in Teilen der CDU (v. Brentano)  erregte die Bestimmung, dass die Bündnisverpflichtungen der Bundesrepublik auch auf ein wiedervereinigtes Deutschland übergehen sollten. Darin sah man ein langfristige Bindung der Politik Deutschlands und eine unnötige Einengung der Wiedervereinigungspolitik. 

  • Durch die Kritik in den eigenen Reihen sah sich Adenauer zu einer Umformulierung gezwungen: Erworbene Rechte sollen auf Gesamtdeutschland übergehen; freiwillige Bindungen sollen an einen Willensakt eines wiedervereinigten Deutschlands gebunden sein.

 
  •  Nach Ansicht der SPD war vor der Ratifizierung der "Wehrgesetze" (sie waren Teil des EVG-Vertrags) eine Grundgesetzänderung notwendig. Die dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit konnte von den Regierungsparteien nicht gestellt werden.

  • Da die Regierungsparteien (CDU, FDP) nicht die für eine Grundgesetzänderung erforderliche Zweidrittelmehrheit aufbringen konnten, sah Adenauer den deutschen Wehrbeitrag und damit die Westintegration gefährdet. Im Zusammenhang damit stand auch der Deutschlandvertrag, der nur in Verbindung mit dem EVG-Vertrag abgeschlossen werden konnte.

  • Adenauer sah sein Gesamtkonzept gefährdet und kämpfte mit Haken und Ösen. Das Zusammenspiel der Institutionen wurde einer harten Kraftprobe unterworfen. Die streitenden Parteien riefen das Bundesverfassungsgericht an, um klären zu lassen, ob ein Wehrbeitrag mit der Verfassung vereinbar sei. Zu einer Entscheidung dieses Gerichts kam es jedoch nicht. Der hohe Wahlsieg der Union bei der Bundestagswahl 1953 konnte als Votum für Adenauers Position gelten; zudem verfügte die neue Koalition im Bundestag über eine verfassungsändernde Mehrheit.

 
  • Die drohende Kriegsgefahr und die mögliche Wiederaufrüstung mobilisieren die Anhänger der Friedensbewegung.

 
  • Am 19. März 1953 wird der Deutschlandvertrag im Bundestag mit 218 gegen 164 Stimmen (von SPD, KPD, einigen Abgeordneten der FDP) angenommen. Auch der EVG-Vertrag wurde gebilligt.

Da die französische Nationalversammlung am 30. August 1954 die Ratifizierung des EVG-Vertrags ablehnt, tritt auch der Deutschlandvertrag nicht in Kraft.

 
  • Erst am 7. April 1953, also fast am Ende seiner ersten Amtszeit, machte Konrad Adenauer seinen Antrittsbesuch in den USA. Dieser späte Zeitpunkt überrascht, galten dem Bundeskanzler die Vereinigten Staaten doch als wichtigster Partner für die Westintegration und für die Wiedererlangung westdeutscher Souveränität. Während des zwölftägigen Aufenthalts begegneten die USA dem neuen Verbündeten fast immer mit Skepsis. Zu bilateralen Zugeständnissen waren sie kaum bereit. Fragen der Wiederbewaffnung der Bundesrepublik und der Aufhebung des Besatzungsstatuts wollten die USA nicht ohne Großbritannien und Frankreich entscheiden. Innenpolitisch war der Besuch ein Erfolg. Adenauer präsentierte sich dem westdeutschen Wähler als ein Kanzler, der Deutschland wieder auf die internationale Ebene zurückführte.

  • Die Deutschlandinitiativen der Sowjetunion
 
  • Am 10. März 1952 übermittelt Josef Stalin den drei Westmächten eine Note, in der er vorschlägt, mit einer gesamtdeutschen Regierung einen Frieden abzuschließen (Erste Stalin-Note).. In dem Gesamtstaat Deutschland sollen Demokratie und Grundrechte garantiert werden. Voraussetzung dafür soll die Neutralisierung Deutschlands in außenpolitischer Hinsicht sein. Deutschland solle nicht Mitglied von Organisationen werden, die gegen die Sowjetunion gerichtet sind.

  Josef W. Stalin (*1879, † 1953), ab 1922 Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, ab 1946 Vorsitzender des Ministerrats der UdSSR

Die Annahme des Angebots von Stalin hätte für Adenauer den Verzicht auf die Westintegration bedeutet. Sein Ziel war ein Gesamtdeutschland, das in den Westen integriert ist. Am 17. März 1952 weist Adenauer die Hohen Kommissare darauf hin, dass freie Wahlen in der Note Stalins nicht erwähnt sind. Außerdem wünscht er präzise Rückfragen. Am 25. März 1952 lehnen die Westmächte Stalins Vorschläge ab.  Jakob Kaiser, Minister für gesamtdeutsche Fragen tritt für er ernsthafte Prüfung des Angebots ein. Er vertritt die Minderheit der CDU.

 
  • In der Zweiten Stalin-Note (9. April 1952) ist die Frage der freien Wahlen berücksichtigt. Die Siegermächte sollen freie Wahlen überwachen.

  • Adenauer konnte jetzt nicht mehr auf das Problem „freie Wahlen“ hinweisen. Churchill, seit November wieder britischer Prime Minister, war nicht abgeneigt, mit Stalin Verhandlungen zu führen. Frankreich sah von einer deutschen Nationalarmee, die von Stalin zugebilligt worden war, sein Sicherheitsbedürfnis bedroht. Die USA wollte kein neutralisiertes Gesamtdeutschland. Am 12. Mai 1952 wurde auch die zweite Stalin-Note abgelehnt.

  • Die deutsche Öffentlichkeit hat die Bedeutung der Noten Stalins nicht aufgenommen. Erst 1958 wurde im Bundestag über die möglicherweise verpasste Chance zur Wiedervereinigung diskutiert. Aus heutiger Sicht scheint es, dass Stalin versucht hat, das politische System Deutschlands über die nationale Frage zu steuern. Das Thema 'Nation' sollte gegen die USA ausgespielt werden. Ein nationaler Funke konnte jedoch  1952 nicht entzündet werden. Es ist mehr als zweifelhaft, dass Stalin eine Auflösung der DDR wirklich geplant hat.

  Nebenbei bemerkt: Ab dem 2. Mai 1952 ist das "Lied der Deutschen" wieder Nationalhymne. Bei staatlichen Anlässen der Bundesrepublik soll jedoch nur die dritte Strophe gesungen werden.
  • Der Wille der Bundesrepublik zur Aussöhnung mit Israel und zur Wiedergutmachung
 
  • Das nationalsozialistische Deutschland hatte sechs Millionen europäische Juden ermordet. Im Namen des deutschen Volkes, so betonte Bundeskanzler Konrad Adenauer in einer Regierungserklärung im Jahr 1951, sind "unsagbare Verbrechen begangen worden, die zur moralischen und materiellen Wiedergutmachung verpflichten".  Für Adenauer war die Annäherung an Israel ein zentrales Ziel der deutschen Politik.

  • Am 10. September 1952 wurde in Luxemburg zwischen der Bundesrepublik und Israel ein 'Wiedergutmachungsabkommen' abgeschlossen. Wiedergutmachungsleistungen in Höhe von 3,45 Milliarden Mark wurden vereinbart.

  • Im Deutschen Bundestag wurden die verschiedensten Gründe für die Ablehnung des 'Luxemburger Abkommens' vorgebracht, so zum Beispiel die finanzielle Überforderung der durch den Wiederaufbau extrem belasteten Bundesrepublik und die Auswirkungen des Abkommens auf die deutsch-arabischen Beziehungen. Am Ende setzte sich Konrad Adenauer durch: Der Bundestag ratifizierte das Wiedergutmachungsabkommen am 18. März 1953.

  • Die DDR ignorierte die israelische Forderung nach Wiedergutmachung. Sie berief sich auf ihren vorgeblichen Status als antifaschistische Alternative zur deutschen Geschichte und sah sich damit außerhalb jeder Verantwortung für die Verbrechen des NS-Regimes.

 
  • Der Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953  
 
  • Am 28. Mai 1953 verordnet der Ministerrat der DDR eine generelle, mindestens zehnprozentige Erhöhung der Arbeitsnormen. Die Normerhöhung wird am 16. Juni in einem Beschluss des Politbüros gutgeheißen und in einem Artikel der Gewerkschaftszeitung 'Tribüne' verteidigt.
 
  • Am 17. Juni 1953 gingen die in den Tagen zuvor ausgebrochenen Streiks in den offenen Aufstand gegen das SED-Regime über. Der sowjetischen Stadtkommandant geht mit Panzern gegen die Aufständischen vor. Der Aufstand wird niedergeschlagen.
 
  • Am Vormittag des 17. Juni waren Zehntausende Demonstranten vor dem Haus der Ministerien in Ost-Berlin versammelt. In der gesamten DDR waren 450.000 Menschen in über tausend Betrieben in den Streik getreten. In mehr als 700 Städten und Gemeinden demonstrierten Unzufriedene gegen die SED-Regierung. Als sich gegen 12 Uhr die Streiks in Ost-Berlin zu einer Revolte ausweiteten, befahl die russische Führung in Moskau die Verhängung des Ausnahmezustandes. Eine Stunde später rollten die ersten russischen Panzer durch Berlin-Mitte. Schon am Nachmittag des 17. Juni war der Aufstand niedergeschlagen.

  • Der Aufstand ist nicht nur auf soziale Faktoren zurückzuführen. Die Hoffnung auf Liberalisierung, die nach dem Tode Stalins am 5. März 1953 aufgekeimt war, wurde durch die Erhöhung der Arbeitsnormen zunichte gemacht. Angefacht durch den Funken aus der Ökonomie strebte man nun auch neue Herrschaftsverhältnisse an. Die Forderung nach freien Wahlen tauchte auf. Wahrscheinlich hätten sich die Bürger der DDR auch für eine Wiedervereinigung eingesetzt!
  • Die Wahl zum 2. Deutschen Bundestag am 6. September 1953

 
  • CDU und CSU steigern ihren Stimmenanteil von 31% auf 42,5% und erzielen die absolute Mehrheit der Mandate. Die SPD stagniert bei einem Stimmenanteil von 28,8% (-0,4%). Die FDP verliert mit 9,5% leicht, auf den GB/BHE entfallen 5,9%. Die Parteien rechts von der CDU stagnieren. Der Bundestag wählt Konrad Adenauer erneut zum Bundeskanzler.
 
  • Der Erfolg der CDU/CSU wird allgemein als Vertrauensbeweis für die Wirtschafts- und Außenpolitik von Bundeskanzler Adenauer gewertet. Adenauer bekommt eine nahezu unangreifbare Stellung. Er befriedigt den Wunsch der Deutschen nach starker politischer Führung.
 
  • Der Volksaufstand in der DDR hat zweifellos zum Erfolg Adenauers beigetragen. Während des Wahlkampfs hatte er viel von 'Wiedervereinigung in Frieden und Einheit' gesprochen und so auch die Stimmen der Nationalkonservativen gewonnen.
 
  • Adenauer war es gelungen, die für seine Politik notwendigen Mehrheiten zu finden ohne dass die Institutionen beschädigt wurden. Die Bundesrepublik hatte sich als funktionierender Verfassungsstaat erwiesen. Der Parlamentarismus hatte sich etabliert.
  • Der Weg zur endgültigen Gleichberechtigung
 
  • Obwohl die Verträge zur Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) wegen der Ablehnung durch Frankreich nicht in Kraft treten können, finden die westlichen Staaten unter dem Druck des Kalten Krieges schnell zu einer Neuordnung ihrer Bündnissysteme. Mit dieser Neuordnung lassen sich auch die Ziele der Bundesregierung verwirklichen: Westintegration, Wiederbewaffnung und Souveränität.

 
  • Die Londoner Neun-Mächte-Konferenz vom 28. September - 3.Oktober 1954 (Teilnehmer: die 3 Westmächte, die Benelux-Staaten, Kanada, Italien und die BRD) schlägt ein System von Vereinbarungen vor, das auf den vier Pariser Konferenzen vom 19. - 23. Oktober zu den so genannten Pariser Verträgen (Deutschlandvertrag, Westeuropäische Union, NATO-Beitritt der BRD, Saarstatut)  führt. Die Pariser Verträge treten am 5. Mai 1955 in Kraft.

Nebenbei bemerkt: Im Endspiel um die Fußballweltmeisterschaft am  4. Juli 1954 in Bern siegte die deutsche Nationalelf nach dramatischem Spielverlauf überraschend mit 3:2 gegen die hoch favorisierte Mannschaft Ungarns. Held des Tages war der zweifache Torschütze Helmut Rahn. Für die Menschen in Deutschland erhielt das „Wunder von Bern“, wie der Sieg genannt wurde, Symbolkraft als ein Zeichen des Aufbruchs nach dem verlorenen Weltkrieg und den Entbehrungen der Nachkriegszeit.

 
  • Der Deutschlandvertrag von 1952 wird revidiert. Er gewährt die Souveränität der Bundesrepublik unter Vorbehalten, setzt das Besatzungsstatut außer Kraft und erneuert die Sicherheitsgarantien für die Bundesrepublik und West-Berlin. 

 
  • Die Westeuropäische Union (WEU) änderte die gegen ein wieder erstarkendes Deutschland gerichtete Fünfmächteallianz des Brüsseler Vertrags vom 17.3.1948, der die Beneluxstaaten, Frankreich und England angehörten, in ein durch die BRD und Italien erweitertes Verteidigungssystem. Die WEU bildete einen Ersatz für die an französischen Bedenken gescheiterte Europäische Verteidigungsgemeinschaft und schuf mit den Bestimmungen über die Rüstungskontrolle für die BRD eine Voraussetzung für deren  Beitritt in die NATO.

Die mit den Westmächten ausgehandelte Alternative verschaffte der BRD sogar günstigere Bedingungen, als der EVG-Vertrag vorgesehen hatte, nämlich neben der Souveränität (mit den genannten Einschränkungen) auch militärische Gleichberechtigung, welche die ursprünglichen Pläne nicht vorgesehen hatten, und Sicherheit durch die sofortige Mitgliedschaft in der NATO.

 
  • Mit dem Beitritt der Bundesrepublik zum Nordatlantikpakt (NATO) am 5. Mai 1955 erlangt die BRD ihre Souveränität, die allerdings hinsichtlich der Sonderrechte der alliierten Truppen erheblichen Einschränkungen unterworfen blieb. Der NATO-Vertrag verpflichtete die Partnerstaaten neben der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit zur gemeinsamen militärischen Verteidigung. - Der Beitritt zur NATO fixierte die Teilung Deutschlands.

 
  • Im Saarstatut verständigen sich Frankreich und die BRD auf eine Europäisierung des Saarlands innerhalb der Westeuropäischen Union (WEU).


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Die Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1955 - 1963 


  • Die Hallstein-Doktrin
 
  • Im Zusammenhang mit dem Ziel der Wiedervereinigung hatte die Bundesrepublik den Anspruch erhoben, die "alleinige staatliche Organisation des deutschen Volkes" zu sein. Dieser 'Alleinvertretungsanspruch' wurde damit begründet, dass die Regierung der Bundesregierung im Gegensatz zur Regierung der DDR aus freien Wahlen hervorgegangen sei.

Die Sowjetunion vertrat dagegen den Standpunkt, dass auf dem Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches zwei souveräne Staaten entstanden seien ('Zweistaatentheorie). Am 20. September 1955 schloss sie einen Vertrag mit der DDR, der deren staatliche Souveränität bestätigte und von Beziehungen "völliger Gleichberechtigung" sprach.

 
  • Bei dem Besuch Adenauers in Moskau im September 1955 war die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der SU und der BRD vereinbart worden. 9623 Kriegsgefangene werden - als Gegenleistung der Sowjetunion - freigelassen. Die Sowjetunion hatte bereits 1954 diplomatische Beziehungen zur DDR aufgenommen. 

 
  • Mit der 'Hallstein-Doktrin' (genannt nach dem außenpolitischen Berater Adenauers, Walter Hallstein) versuchte die Bundesregierung zu verhindern, dass weitere Staaten mit der DDR diplomatische Beziehungen und damit die DDR als Staat anerkannten.

  Walter Hallstein (*1901, †1982), 1951- 1958 Staatssekretär im Auswärtigen Amt, 1958 Präsident der EWG-Kommission in Brüssel

In der Regierungserklärung vom 23. September 1955 wurde folgender Grundsatz der deutschen Außenpolitik formuliert:  Die BRD werde mit keinem Staat diplomatische Beziehungen aufnehmen oder unterhalten, der seinerseits in diplomatischen Beziehungen zur DDR stehe oder solche eingehe.

  • Gestützt auf das wirtschaftliche Potenzial und die Entwicklungshilfeleistungen der BRD erwies sich die Hallstein-Doktrin als effektives Mittel, die diplomatische Anerkennung durch nicht-kommunistische Staaten zu verhindern.

Die Hallstein-Doktrin führte zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Jugoslawien 1957 und Kuba 1963, verhinderte aber auf lange Sicht auch eine flexiblere deutsche Außenpolitik.

  • Die Ernüchterung in der Deutschlandpolitik
 
  • Mitte der fünfziger Jahre ändert sich das weltpolitische Umfeld für eine Wiedervereinigungspolitik der Bundesregierung: Die Westmächte sind nun bereit, sich mit der Sowjetunion über Abrüstung und Rüstungskontrolle zu verständigen. Ehemalige Positionen in ihrer Deutschlandpolitik werden geräumt.

 
  • Die Einbeziehung der DDR in die Rüstungskontrolle setzte voraus, dass sie völkerrechtlich wie jeder andere Staat behandelt wird. Auf der anderen Seite stand der 'Alleinvertretungsanspruch' der Bundesregierung.

Die USA wollen sich in ihrer 'globalen Politik' nicht mehr von der Deutschlandfrage beeinflussen lassen. Ihre  Bekenntnisse zur deutschen Einheit scheinen nur noch Lippenbekenntnisse zu sein. Die Bundesrepublik mit ihrem Wunsch nach Wiedervereinigung mit dem anderen Teil Deutschlands ist für die Westmächte zum Störfaktor geworden. - Eine endgültige Anpassung der BRD an den Wandel der weltpolitischen Konstellation fand durch die sozial-liberale Koalition (1969-1974) statt.

 
  • Auf der Genfer Gipfelkonferenz vom 7.-23. Juli 1955 ist die Wiedervereinigung Deutschlands zwar Tagesordnungspunkt, doch das Thema 'Abrüstung' wurde mit höherer Priorität behandelt. Großbritannien (Anthony Eden) schlägt eine Verständigung mit der Sowjetunion auf der Basis der Zweistaatlichkeit Deutschlands vor.

 
  • Am 25. Juli 1955 ist der Parteichef der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Nikita Chruschtschow, in Berlin. Er vertritt die Zweistaatentheorie, die Wiedervereinigung Deutschlands ist für ihn kein Thema mehr. 
  Nikita Chruschtschow (*1894, †1971), 1953 - 1964 Erster Sekretär des Zentralkomitees der KPdSU, 1958 - 1964 Staats- und Parteichef in der Sowjetunion
 
  • Für Adenauer ist die Wiedervereinigung nach wie vor nur einer Integration des gesamten Deutschland ist den Westen möglich. Vor der Wiedervereinigung ist für ihn die Überwindung des Kommunismus (gleichbedeutend mit Unfreiheit) notwendig. Sein Ziel ist deshalb: Erreichung der Freiheit für den Osten Deutschlands. 

  • "Kampf dem Atomtod"
 
  • Der amerikanische NATO-Oberbefehlshaber, General Lauris Norstad, forderte Ende Februar 1957 die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen. Damit drohten neue Gefahren für die Deutschlandpolitik.

Die USA und die Sowjetunion hatten sich in ihrer Rüstung auf den Zustand des atomaren Patts hinbewegt. Bei der Ausrüstung mit konventionellen Waffen war die Sowjetunion den Westmächten überlegen. Die NATO entwickelte neue strategische Konzepte und bezog dabei taktische Atomwaffen mit einer Reichweite bis zu 150 km in ihre Überlegungen ein.

Nebenbei bemerkt: Am 7. Mai 1957 wird auf der Büromaschinen-Fachausstellung in Hannover die erste elektrische Schreibmaschine vorgestellt.

 
  • Bundeskanzler Adenauer und Verteidigungsminister Franz Josef Strauß sprachen sich für die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen aus. Sie wollten damit die Verteidigungskraft des Westens steigern.

 
  • Gegen die NATO-Pläne erhob sich Anfang 1958 im Parlament und in der Öffentlichkeit stürmischer Protest. Die SPD lehnte die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen ebenso ab wie die Lagerung solcher Waffen auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Im März 1958 endete eine leidenschaftliche 'Atomdebatte' mit der Resolution der CDU/CSU, "die Bundeswehr mit den modernsten Waffen auszurüsten, wenn sich dies politisch und strategisch als notwendig erweisen sollte". Der Gedanke der SPD, ein Plebiszit zu beantragen, scheiterte am Bundesverfassungsgericht.

 
  • Nachdem die CDU im Juli 1958 die Landtagswahlen  in Nordrhein-Westfalen deutlich gewann, verlor auch die außerparlamentarische Bewegung an Bedeutung. Die florierende Wirtschaft hatte bei der Wahl den Ausschlag gegeben.

  • Berlin-Ultimatum
 
  • In einer Rede am 10. November 1958 betonte der sowjetische Partei- und Regierungschef Chruschtschow, dass es ein Recht der westlichen Alliierten, in Berlin zu bleiben, nicht mehr geben könne. Am 27.11. forderte er in seinem - auf ein halbes Jahr befristetes - Ultimatum die Umwandlung Berlins in eine "selbständige politische Einheit" mit dem Status einer "entmilitarisierten Freien Stadt". Chruschtschow drohte, mit der Regierung der DDR eine Vereinbarung zu treffen, dass diese die ihr zustehenden Hoheitsrechte auszuüben habe. Dies gelte dann auch für die alliierten Militärtransporte.

 
  • Adenauer: "Wer Berlin freigibt, gibt die Wiedervereinigung preis". Für die BRD droht eine internationale Aufwertung der DDR. Bei den Westmächten zeigen sich Risse in ihrer bisherigen Deutschlandpolitik. McMillan (Großbritannien) war bereit, der Sowjetunion Konzessionen zu machen.

 
  • Auf der Konferenz der Siegermächte in Genf (11.5.-5.8.1959) stellt der neue US-Außenminister Christian A. Herter einen "Stufenplan für die deutsche Wiedervereinigung, die europäische Sicherheit und eine deutsche Friedensregelung" vor. Wiedervereinigung und die Berlinfrage werden thematisch getrennt. Eine Wiedervereinigung Ost- und Westberlins ist in dem Plan vorgesehen. Am 5.8. werden die Verhandlungen ergebnislos abgebrochen.

 
  • Am 13. März 1961 erhalten der Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, und Bundeskanzler Adenauer, von US-Präsident Kennedy ein erneuertes Garantieversprechen für die Sicherheit der Bundesrepublik und West-Berlins. In einer Fernsehrede am 25. Juli warnt Kennedy die Sowjetunion vor der Verletzung der 'drei 'Essentials der USA in der Berlinpolitik': militärische Präsenz in West-Berlin, freier Zugang zur Stadt und politische Freiheit und Lebensfähigkeit West-Berlins. - Zu Berlin als Ganzes hat Kennedy nichts gesagt. Eine bewaffnete Auseinandersetzung mit der Sowjetunion wegen Berlin soll vermieden werden.

Nebenbei bemerkt: Am 12. April 1961 flog der 27jährige sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin (* 1934, † 1968) als erster Mensch in den Weltraum. Er umkreiste an Bord der Raumkapsel Wostok 1 innerhalb von 108 Minuten einmal die Erde. Auf einer elliptischen Umlaufbahn entfernte sich Gagarin dabei bis zu 237 km von der Erdoberfläche. Im Jahr 1968 kam er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.

Nebenbei bemerkt: Am 23. April 1961 werden die Autofahrer der Bundesrepublik erstmals über den Rundfunk über Verkehrsstaus auf den Autobahnen informiert.

  • Annäherung an Israel
 
  • Am 14. März 1960 kam es im New Yorker Hotel 'Waldorf Astoria' zu einem Treffen zwischen dem israelischen Premierminister David Ben Gurion und Bundeskanzler Konrad Adenauer. In dem Gespräch ging es zum einen um die deutsche Beteiligung an Anleihen zur weiteren Entwicklung Israels, zum anderen um deutsche Rüstungslieferungen an Israel.

  David Ben Gurion (* 1886, † 1973), israelischer Premierminister von 1948 - 1953 und von 1955 - 1963
 

David Ben Gurion hatte erkannt, dass in einer Politik der Versöhnung mit Deutschland auch die Chance lag, den Aufbau des Staates Israel politisch und wirtschaftlich abzusichern. Der deutsche Bundeskanzler erwartete von der Begegnung mit dem israelischen Premierminister einen Reputationsgewinn für die Bundesrepublik.

  • Schriftliche Vereinbarungen zwischen Adenauer und Ben Gurion sind nicht bekannt. Die deutschen Rüstungslieferungen an Israel wurden mündlich vereinbart; die Übereinkunft darüber mündete zwei Jahre später in ein Programm, in dem sich die Bundesrepublik verpflichtete, an Israel Waffen und militärische Ausrüstung im Wert von 240 Millionen DM zu liefern. Auch eine Reihe von Krediten an Israel werden vermittelt.

  • Während der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre trat der ursprüngliche Wunsch der deutschen Bundesregierung, mit Israel diplomatische Beziehungen aufzunehmen, in den Hintergrund. Der Grund dafür war, dass man die guten deutsch-arabischen Verhältnisse nicht gefährden wollte.

  Mit dem Alleinvertretungsanspruch von 1955 und der 'Hallstein-Doktrin' hatte sich die Bundesrepublik im Nahen Osten in eine schwierige Situation manövriert. Ägypten drohte mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur DDR, sollte die bundesdeutsche Regierung diplomatische Beziehungen mit Israel aufnehmen. Die Bundesrepublik hätte in der Befolgung der 'Hallstein-Doktrin' die Beziehungen zu Ägypten und anderen arabischen Staaten abbrechen müssen. Daran war sie, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, nicht interessiert.
  • Der Bau der Berliner Mauer
 
  • Seit dem Ende des Krieges gab es eine starke Fluchtbewegung der Bevölkerung aus sowjetisch besetzten Gebieten in das westliche Deutschland. Auch nach der Gründung der DDR riss der Flüchtlingsstrom nicht ab. Bis zum Mauerbau am 13. August 1961 flohen 2,7 Millionen Menschen in den Westen, das ist etwa ein Siebtel der Gesamtbevölkerung. Eine wirtschaftliche Katastrophe war vorauszusehen. Mit dem Mauerbau sollte dem Flüchtlingsstrom ein Ende gesetzt werden.

 
  • Die Westmächte waren nicht bereit, wegen Berlin einen größeren Konflikt mit der Sowjetunion einzugehen. Der Mauerbau in Berlin war für sie ein Element der Stabilisierung und Grundlage der Entspannung zwischen Ost und West. Die deutsche Teilung wurde zementiert. In der Bundesrepublik lief der Wahlkampf für die Bundestagswahlen im September 1961 auf vollen Touren. Bundeskanzler Adenauer setzte sein Wahlkampfprogramm fort und besuchte erst am 22. August das jetzt geteilte Berlin, ein Verhalten, das die deutsche Öffentlichkeit nicht verstand. Der Mauerbau trug wesentlich zum Ende der Ära Adenauer bei.

  Nebenbei bemerkt: Am 17. August 1962 wurde der Maurergeselle Peter Fechter von Grenzsoldaten der DDR erschossen, als er mit einem Arbeitskollegen versuchte, die Mauer Richtung Westberlin zu übersteigen. Schwer verletzt lag Peter Fechter ohne medizinische Hilfe im Grenzstreifen am Fuße der Mauer. West-Berliner Polizei durfte nicht eingreifen. Erst nach fast einer Stunde wurde der Verblutende von den Grenzsoldaten der DDR abtransportiert.
  • Die Wahl zum vierten Deutschen Bundestag am 17. September 1961
 
  • Bei einer Wahlbeteiligung von 87,7% verliert die CDU/CSU mit 45,3% (-4,9%) ihre absolute Mehrheit, stellt jedoch weiterhin die stärkste Fraktion. Die SPD vergrößert ihren Stimmenanteil auf 36,2% (+4,5%). Hauptgewinner der Wahl ist die FDP: Sie erhält 12,8% (+5,1%)
 
  • Nach langen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und FDP erklärt sich Adenauer bereit, vor der nächsten Bundestagswahl einem Nachfolger das Amt des Bundeskanzlers zu überlassen.
  • Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)
 
  • Die sechs Staaten, die sich im April 1951 in der Montanunion zu einer gemeinsamen Kohle- und Stahlpolitik zusammengeschlossen hatten, wollten auf dem Weg der europäischen Integration weitergehen
 
  • Am 25. März 1957 unterzeichneten die Außenminister in Rom die so genannten Römischen Verträge, die am 1. Januar 1958 in Kraft traten. Sie gründeten damit zwei europäische Institutionen: EURATOM sollte Forschung und friedliche Anwendung der Atomenergie koordinieren und vorantreiben, mit dem Gründungsvertrag für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) suchte man die Integration Europas zunächst einmal auf wirtschaftlichem Gebiet zu beschleunigen. Ziel des Zusammenschlusses war die Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung. Dieses Ziel sollte durch die Errichtung des gemeinsamen Marktes und mithilfe einer abgestimmten Wirtschaftspolitik erreicht werden.

  • Die Annäherung der Bundesrepublik an Frankreich

 
  • Frankreich wollte zur Atommacht aufsteigen. Wegen ihres ökonomischen Potentials wurde die Bundesrepublik als 'Juniorpartner' beim Aufbau einer europäischen Atomstreitmacht umworben.

Die französische Regierung unter Charles de Gaulle strebte die Gründung einer Europäischen Politischen Union (EPU) an, mit der die Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sich auch auf politischem, kulturellem und verteidigungspolitischem Gebiet integrieren sollten. Das entsprechende Konzept, das der französische Diplomat Christian Fouchet erarbeitet hatte, wurde Anfang November 1961 publik gemacht. Zentrale Institution der EPU sollte ein aus den Regierungsvertretern der Mitgliedsstaaten bestehender Ministerrat sein. Diesem Ministerrat sollten die bereits bestehenden EWG-Institutionen untergeordnet werden. Das Ziel de Gaulles, alle supranationalen Elemente aus der europäischen Zusammenarbeit zu streichen und stattdessen eine Kooperation unabhängiger Staaten einzurichten, war für die übrigen EWG-Staaten, insbesondere für die Benelux-Staaten, nicht akzeptabel. Nach dem Scheitern der Verhandlungen über die Einrichtung der EPU, bekundete die deutsche Regierung unter Konrad Adenauer weiterhin Interesse an einer engen Zusammenarbeit mit Frankreich.

 
  • Mit ihrem Treffen in Baden-Baden am 15. Februar 1962 eröffnen Bundeskanzler Adenauer und der französische Präsident de Gaulle eine Serie von Konferenzen und gegenseitigen Besuchen, mit denen ein Vertragswerk vorbereitet wird, das die Beendigung der "Erbfeindschaft" zwischen beiden Völkern besiegelt und das Fundament für eine gemeinsame Politik in Europa legt. Der am 22. Januar 1963 unterzeichnete Elysée-Vertrag enthält Vereinbarungen über enge Zusammenarbeit in der Außen-, Verteidigungs-, Jugend- und Bildungspolitik.

Charles de Gaulle (*1890, †1970), Präsident der 5. Republik Frankreichs 1959 - 1969

Photographie im November 1964. Deutsches Historisches Museum, Berlin. Inv.-Nr. BA 70951 (A.D.N.P.)

Ein Denkmal für Charles de Gaulle am Rand der "Elysischen Felder" (Avenue des Champs Elysées = Prachtstraße der Elysischen Felder)

Bild: Hans-Jürgen Caspar

  • Das Ende der Ära Adenauer
  • In der "Spiegelaffäre" (Oktober 1962) musste sich Bundeskanzler Adenauer gegen den Vorwurf der SPD-Opposition zur Wehr setzen, mit Mitteln des Staates gegen das Grundrecht der Pressefreiheit verstoßen zu haben. Die innenpolitischen Auseinandersetzungen führten schließlich zu einer Regierungskrise, als die FDP-Minister aus Protest gegen den Verteidigungsminister Strauß aus der Koalitionsregierung austraten.

  •  Am Abend des 26. Oktober 1962 hatte die Polizei auf Anordnung der Bundesanwaltschaft die Redaktionsräume des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ in Hamburg besetzt und durchsucht. Noch in der Nacht wurde der stellvertretende Chefredakteur Conrad Ahlers an seinem Urlaubsort  von der spanischen Polizei verhaftet. Zwei Tage später stellte sich Herausgeber Rudolf Augstein selbst der Polizei und wurde in Untersuchungshaft genommen.  Andere Redakteure wurden vorübergehend verhaftet.

  • Von juristischer Seite wurden die Maßnahmen mit Verdacht auf "publizistischen Landesverrat" begründet. Die Aktion führte zu massiven Protesten im In- und Ausland. Verteidigungsminister Franz Josef Strauß, der lange seine Mitwirkung verleugnet hatte, war rechtswidrig am Zustandekommen der Polizeiaktion beteiligt. Als die FDP-Minister aus Protest gegen Strauß aus der Koalitionsregierung austraten, führten die innenpolitischen Auseinandersetzungen in dieser Angelegenheit schließlich zur Entlassung des Ministers. In der Folge war die Bundesregierung geschwächt. Konrad Adenauer trat im folgenden Jahr zurück.

  • Der "Spiegel" hatte am 10. Oktober 1962 eine kritische Analyse der Nato-Herbstübung, die als "Fallex 62" stattgefunden hatte, veröffentlicht. Unter dem Titel "Bedingt abwehrbereit" wurde über die missliche Lage der Bundeswehr berichtet. Der von Conrad Ahlers verfasste Artikel bezog sich auf Ergebnisse einer Nato-Untersuchung, die deutlich machten, dass die Bundeswehr aufgrund ihrer konventionellen Ausstattung zu einer Verteidigung der BRD gegen einen potentiellen Angriff des Warschauer Pakts nicht fähig sei. Ein Angriff könne nur mit Hilfe von westlichen Atomraketen abgewehrt werden.

  • Das Bundesverteidigungsministerium war der Ansicht, dass der Artikel auf streng geheimen internen Dokumenten basierte. Daher strengte es Ermittlungen der Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts auf Landesverrats an. Am 11. Oktober erstattet der Würzburger Staatsrechtler August Freiherr von der Heydte Strafanzeige gegen die Redaktion des Spiegels.

  • Einige Tage stritt Strauß, der sich seit Jahren vom “Spiegel“ angegriffen sah, seine Beteiligung vor der Öffentlichkeit wahrheitswidrig ab. Das Eingreifen des Bundesverteidigungsministers erfolgte einmal durch die Nichtunterrichtung des Bundesjustizministers Wolfgang Stammberger (FDP). Zum anderen veranlasste Strauß die Verhaftung des für den Artikel verantwortlichen Redakteurs Conrad Ahlers in Spanien. Strauß berief sich auf eine eindeutige Weisung des Bundeskanzlers, deren Existenz Konrad Adenauer im weiteren Verlauf der Ereignisse entschieden bestritt. Viel später kam heraus, dass Strauß das Vorgehen in der Tat mit  Adenauer abgesprochen hatte.

  • In der Öffentlichkeit gab es überall in der Republik Solidaritätsappelle, Demonstrationen, Podiumsdiskussionen und Protestadressen für die Pressefreiheit im Allgemeinen und für den “Spiegel“ im Besonderen. Das politische Echo auf den “kriegsähnlichen Überfall“, wie der bekannte Publizist Sebastian Haffner die Spiegel-Aktion bezeichnete, fiel gewaltig aus. Die Studenten veranstalteten Sitzstreiks nach dem Motto: “Wer sich heute nicht setzt, kann morgen schon sitzen.“

  • Das Nachrichtenmagazin hatte den Obrigkeitsstaat, der noch in der neuen Demokratie steckte, herausgefordert und stand nun symbolhaft für Presse- und Meinungsfreiheit.   Die Affäre läutete das Ende von Adenauers Kanzlerschaft ein.

 
  • Adenauer versucht die Kanzlerkandidatur Ludwig Erhards zu verhindern. Er wirft seinem Vizekanzler am 26. Februar 1963 vor, im Streit um den Beitritt Großbritanniens zur EWG für die Briten Partei ergriffen und dabei seine Kompetenzen als Wirtschaftsminister überschritten zu haben.

 
  • Am 23. April 1963 nominiert die CDU/CSU-Bundestagsfraktion Erhard zum Kanzlerkandidaten. Am 11. Oktober 1963 überreicht Adenauer Bundespräsident Heinrich Lübke seine auf den 15. Oktober datierte Rücktrittserklärung.


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Literaturhinweise


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Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart und Wiesbaden 1983, Band 2: Hans Peter Schwarz: Die Ära Adenauer. Gründerjahre der Bundesrepublik 1949 - 1957, Band 3: Hans-Peter Schwarz: Die Ära Adenauer. Epochenwechsel 1957 - 1963.

Diedrich, Torsten

Waffen gegen das Volk. Der Aufstand vom 17.Juni 1953, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2003.

Döring-Manteuffel, Anselm

Die Bundesrepublik Deutschland in der Ära Adenauer. Außenpolitik und innere Entwicklung, Darmstadt 1988

Dülfer, Jost

Europa im Ost-West-Konflikt. 1945-1990 (=Oldenbourg Grundriss der Geschichte 18). München 2004

Geppert, Dominik

Die Ära Adenauer. Geschichte Kompakt. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 2002

Görtemaker, Manfred

Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart, München 1999.

Görtemaker, Manfred

Kleine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. München 2002.

Kleßmann, Christoph

Die doppelte Staatsgründung. Deutsche Geschichte 1945 - 1955. Bonn 1991.

Koop, Volker

Der 17. Juni 1953. Legende und Wirklichkeit. Berlin 2003

Mählert, Ulrich

Kleine Geschichte der DDR. München 1999

Morsey, Rudoph

Die Bundesrepublik Deutschland (Oldenbourg Grundriß der Geschichte). München 2000.

Schöllgen, Gregor

Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 1999 (Schöllgen behandelt das durchgehende Streben der BRD nach Gleichberechtigung, das sich, der jeweiligen weltpolitischen Lage entsprechend, auf dem Feld der Sicherheits-, Verteidigungs- und Allianzpolitik ausdrückte).

Schwarz, Hans-Peter

Die Ära Adenauer. Gründerjahre der Republik 1949 - 1957 (Geschichte der Bundesrepublik, Bd. 2). Stuttgart 1981.

Schwarz, Hans-Peter

Die Ära Adenauer 1957 - 1963. Epochenwechsel (Geschichte der Bundesrepublik, Bd. 3). Stuttgart 1983.

Steininger, Rolf

Deutsche Geschichte, Darstellung und Dokumente in vier Bänden, Frankfurt am Main 2002. Band 2: 1947 - 1955 (392 Seiten, Fischer Taschenbuch 15581), Band 3: 1955 - 1974 (454 Seiten, Fischer Taschenbuch 15582).

Steininger, Rolf

Der Mauerbau. Die Westmächte und Adenauer in der Berlinkrise 1958-1963, München 2001 (Das Buch behandelt dieUrsachen für den Mauerbau sowie die Reaktionen der Westmächte).

Wehler, Hans-Ulrich

Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1949 - 1990. Bd. 5: Bundesrepublik und DDR 1949 - 1990. München 2008.

Wolfrum, Edgar

Die geglückte Demokratie. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart 2006.


 Allen Schülern und Studenten, die gerade eine Prüfung zu bestehen haben, wünschen wir viel Erfolg.  Wir drücken auch die Daumen für diejenigen, die eine Klausur schreiben müssen oder eine Hausarbeit bzw. Referat anzufertigen haben.

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