Die Welt des späten
Mittelalters (1250 - 1400)
Das Ende der Luxemburger
und der Aufstieg der Habsburger Kaiserdynastie (1400 - 1517)
Die Reformation von
Luthers Anschlag der 95 Thesen bis zum Wormser Reichstag (1517 - 1521)
Der Dreißigjährige Krieg
(1618 - 1648)
Vom Westfälischen Frieden
(1648) bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen (1740)
Der Aufstieg Preußens zur
europäischen Großmacht (1740 - 1763)
Die Französische
Revolution bis zum Ende der Diktatur Robespierres (1789 - 1794)
Deutschland in der Zeit der
Französischen Revolution und der Herrschaft Napoleons (1789 - 1815)
Restauration und
Revolution (1815 - 1830)
Monarchie und Bürgertum (1830
- 1847)
Die Revolution von
1848/49
Von der gescheiterten
Revolution 1848 bis zur Gründung des Deutschen Reiches 1871
Die Innen- und Außenpolitik
Bismarcks (1871 - 1890)
Das Deutsche Kaiserreich
von 1890 bis zum Ausbruch der Ersten Weltkriegs 1914
Die Industrielle
Revolution in England und Deutschland (1780 - 1914)
Europäischer
Kolonialismus und Imperialismus (1520 - 1914)
Der Erste Weltkrieg (1914 -
1918)
Der Weg zur Weimarer
Republik 1918 - 1919
Der Kampf um die Staatsgewalt
in der Weimarer Republik (1919 - 1933)
Die Machtübernahme der NSDAP
und die Errichtung der Diktatur Hitlers (1933 - 1939)
Der Zweite Weltkrieg (1939
- 1945)
Der Weg in die Teilung
Deutschlands (1945 - 1949)
Der Kalte Krieg: Vom
Kriegsende 1945 bis zum Bau der Berliner Mauer 1961
Die Ära Adenauer (1949 -
1963)
Die Kanzlerschaft Ludwig
Erhards 1963 - 1966
Kalter Krieg Teil 2: Von
der Kubakrise 1962 bis zur Auflösung der Sowjetunion 1991
Die Zeit der Großen
Koalition 1966 - 1969
Die Ära Brandt (1969 - 1974)
Die Kanzlerschaft Helmut
Schmidts (1974 - 1982)
Die Kanzlerschaft Helmut
Kohls von 1982 bis 1987
Die Kanzlerschaft Helmut
Kohls von 1987 - 1989
Der Weg zur
Wiedervereinigung Deutschlands (Teil I: Die DDR von den siebziger Jahren
bis zum Fall der Mauer im Jahr 1989)
Vom Fall der Berliner
Mauer bis zur deutschen Einheit (1989 - 1990)
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Entspannung 1924 - 1929
Aufstieg Nationalsozialismus 1929 - 1933
Württemberg 1918-1933
Köngen 1918-1933 (exemplarisch für ein Dorf)
Literaturhinweise
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Die ersten Jahre
der Weimarer Republik 1919 - 1923
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In Deutschland erreichte die
industrielle Produktion bei Kriegsende nur noch 60
Prozent des Jahres 1913; zwei Drittel waren in die Rüstung
geflossen. Die agrarische Produktion lag
bei 70 Prozent des Wertes von 1913. Der
Rohstoffmangel und die Umstellung auf
Friedensproduktion verzögerten den Wiederaufbau der
Industrie. Sowohl für die Industrie als auch im
Ernährungssektor herrschte hoher Einfuhrbedarf.
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Infolge der Erhöhung der Geldmenge
während des Krieges (Kriegsanleihen auf Pump!) war es zu
zunehmender Geldentwertung gekommen. Der
Staatshaushalt wies ein hohes Defizit auf. Weitere
Belastungen standen an: der Wiederaufbau der
Wirtschaft und die Finanzierung der
Reparationen. Zu versorgen waren auch die 4,75
Millionen Verwundeten (darunter 2,7 Millionen Invaliden),
600.000 Kriegerwitwen und 1.200.000 Waisen.
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Maßnahmen:
Beseitigung der Finanzhoheit der Länder,
Vereinheitlichung und Ausbau des Steuersystems:
Einführung einer Reichseinkommenssteuer mit einem
Steuersatz bis zu 60%, Besteuerung des
Vermögenszuwachses von 1914-1919, Erhöhung der
Erbschaftssteuer, einmaliges 'Reichsnotopfer' (seit
1922 Reichsvermögenssteuer). Die Finanzierung des
öffentlichen Haushalts konnte nur durch neue
Staatsverschuldung erfolgen. Die Agrarpreise wurden
staatlich festgesetzt. Federführend bei den meisten dieser
Maßnahmen war Matthias
Erzberger (Zentrum).
Binnen weniger Monate tüftelte er eine Steuerreform
aus, die noch heute als Jahrhundertwerk gilt.
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Die
Reichsfinanzreform erwies sich als
eines der wesentlichen Verdienste Erzbergers. In
ihrer Bedeutung von den Zeitgenossen nicht erkannt
und wegen der Inflation zunächst nicht voll wirksam,
machte sich Erzberger bei den Föderalisten und
einflussreichen Vertretern der im Kaiserreich
herrschenden Schicht noch mehr Feinde. Durch die
Einschränkung der bisherigen Finanzhoheit
der Länder gelang ein großer Schritt hin
zum deutschen Einheitsstaat. Die Finanzämter waren
nun Reichsbehörden und erhoben die Steuer, während
die Länder auf den Finanzausgleich verwiesen
blieben.
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Matthias
Erzberger
(* 1875 † 1921, ermordet)
Mitglied des Reichstags 1903 -
1918 (Zentrum), Leiter der Delegation, die am
11.11.1918 den Vertrag über den Waffenstillstand
mit den Westmächten unterzeichnete,
Reichsminister der Finanzen vom Juni 1919 bis
März 1920. |
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Unter Mitwirkung
von Ludendorff versuchen der ehemalige Führer
der Deutschen Vaterlandspartei,
Wolfgang Kapp,
und General Freiherr von Lüttwitz die
Regierung zu stürzen und eine Diktatur zu errichten.
Der Umsturz sollte mit Hilfe gleichgesinnter
Militärs herbeigeführt werden.
Als am 13. März 1920 Truppen der
Freikorps
(Brigade Ehrhardt) in Berlin einrücken, greift die
Reichswehr nicht ein.
General Walther Reinhardt, 1872 in
Stuttgart geboren, war der Einzige in der
Reichswehrführung, der militärisch gegen den
Rechtsputsch von Kapp-Lüttwitz vorgehen wollte. Sein
Bestreben war es, die Armee auf Republik und
Demokratie zu verpflichten.
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Anlass für den
Putsch am 13. März 1920 war das
Inkrafttreten des Versailler Vertrags.
Dieser schrieb die Verkleinerung des
Heeres vor, die im Herbst 1919
begonnen hatte. Als die Regierung Anfang
März die Auflösung der Marinebrigade
Ehrhardt auflöste, forderte
General Walther von Lüttwitz den
Stopp der Truppenreduzierung sowie den
Rücktritt des Reichspräsidenten und der
Reichsregierung. An der Spitze der
Marinebrigade besetzte er das
Regierungsviertel in Berlin.
Wolfgang Kapp wurde als
Reichskanzler ausgerufen. Die Regierung und
der flohen zunächst nach Dresden, dann nach
Stuttgart.
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Die
Freikorps
waren seit November 1918 aus ehemaligen
Frontsoldaten aufgestellt worden. In diesen
Freiwilligenverbänden sammelten sich
monarchistische und rechtskonservative
Kräfte, die am Ende des Krieges keine
Perspektive und gesicherte Zukunft mehr
sahen. Bis 1920 hatten sich rund 120
Freikorps mit 400.000 Mitgliedern gebildet.
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Als
Reichswehrminister
Noske den späteren Chef der
Heeresleitung, General von Seeckt,
zum Schutz der Regierung um den
Einsatz
der Reichswehr zur Niederschlagung des
Putsches ersuchte, wurde sein Ansinnen
zurückgewiesen. (von Seeckt: "Wollen Sie
eine Schlacht am Brandenburger Tor zwischen
Truppen, die noch vor einem Jahr Schulter an
Schulter gekämpft haben?"). Im Grunde war
dies eine Verweigerung des Gehorsams
gegenüber der Regierung, zumal es sich bei
den Freikorps keinesfalls um reguläre
Armeeeinheiten handelte.
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Die Putschisten
gelingt es nicht, sich der
Instrumente der
staatlichen Machtausübung (z.B. des
Beamtenapparats) zu bemächtigen. Die
Ministerialbürokratie im Reich und in
Preußen verweigerte Kapp den Gehorsam. Viele
Reichswehr-Kommandeure zögerten, sich dem
Putsch anzuschließen. Am 15. März 1920
rufen die Gewerkschaften auf Veranlassung der
Regierung zum Generalstreik auf. Am
17. März wird die Kapp-Regierung abgesetzt.
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Der Umsturzversuch
scheiterte auch deshalb, weil
Reichspräsident Friedrich Ebert seine ihm
nach der Verfassung zugewiesenen Vollmachten
voll ausschöpfte - ungeachtet der Tatsache,
dass er nicht, wie die Juli 1919
verabschiedete Reichsverfassung vorschrieb,
durch eine Volkswahl in das Amt gelangt war.
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Der
politische Streik,
bisher immer eine Waffe der oppositionellen
Linken gegen die Regierung, wird zum ersten
Mal als ein von der Regierung gefordertes
Kampfmittel zur Verteidigung des
bürgerlichen Staates gebraucht.
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Aus dem Generalstreik
wird bald eine linke Aufstandsbewegung.
Der Streik breitet sich noch aus, als der
Kapp-Putsch bereits zusammengebrochen ist.
Aus dem Generalstreik der Arbeiterschaft
entwickelte sich in Sachsen und
Thüringen
ein Aufstand der radikalen Linken, die
Freikorps und Reichswehreinheiten einen
bewaffneten Kampf lieferten. Im Ruhrgebiet wächst die Streikbewegung zu
einem von der KPD unterstützten Arbeiteraufstand
aus. Die letzten Schüsse
fallen erst Mitte April 1920. Der
Sieg der Reichswehr sicherte dieser
eine unangefochtene Stellung im Staat. Der
neue Chef der Heeresleitung von
Seeckt machte die Reichswehr zum
"Staat im Staate".
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Bei der
Reichstagswahl am 6. Juni
1920 verliert die den neuen Staat bejahende
"Weimarer
Koalition" (SPD, Zentrum und DDP) ihre Mehrheit.
Der Stimmenanteil der
Koalition betrug jetzt nur noch 43,6 Prozent (1919: 76,1
Prozent). Die Monarchisten (DNVP, DVP) bekommen 29
Prozent der Stimmen (1919: 14,7 Prozent). Die von der SPD
abgespaltenen Parteien, die USPD und die KPD, erhielten
zusammen 20 Prozent der Stimmen. Mit diesem Ergebnis deutet
sich ein Scheitern des parlamentarischen
Regierungssystems - das ja auf Mehrheit beruht - an.
Die Republik steht auf schwachen
Füßen! Das geschwächte Zentrum stellte 1921/22 mir
Constantin Fehrerbach und Joseph Wirth den Reichskanzler in
Koalitionsregierungen, die weiter von den Parteien der
Weimarer Koalition getragen wurden.
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Die Siegermächte
einigen sich im Januar 1921 in Paris und London auf
einen Zahlungsplan, der innerhalb von 42 Jahren
Reparationen von jährlich zwei bis sechs Milliarden
Goldmark vorsieht. Insgesamt soll das Reich 226
Milliarden Goldmark aufbringen - eine astronomische
Summe, die eine wirtschaftliche Erholung auf
Jahrzehnte ausschloss. Als die Reichsregierung die
Forderung ablehnte, wurden am 8. März als Sanktion
Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort von französischen
Truppen besetzt. Immerhin bewirkte der deutsche
Widerstand, dass die Forderungen auf 132 Milliarden
Goldmark reduziert wurden. Am 10. Mai 1921 stimmte
der Reichstag diesem neuen Zahlungsplan mit 220 zu
175 Stimmen zu.
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Die wechselnden Kabinette unter
der Führung bürgerlicher Politiker versuchen, der
Reparationspflicht nachzukommen.
Mit der
"Erfüllungspolitik" sollte den Siegermächten
gezeigt werden, dass ihre Forderungen die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Deutschen
Reiches übersteigen und großes Elend in der
Bevölkerung verursachen. Von einer solchen
Erkenntnis der Siegermächte erhoffte man sich eine
Minderung der Reparationslasten. Die Alliierten
blieben jedoch unbeeindruckt.
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Um den
Forderungen der Sieger nachzukommen, ließen die
verantwortlichen Politiker neues Geld ohne
Deckung drucken. Da schon während des Krieges
die Geldmenge erheblich erhöht worden war, kam
es zu einer galoppierenden Inflation, die
für einen großen Teil der Bevölkerung wachsende
Not mit sich brachte. Millionen von Deutschen,
die nur Geld- und keine Sachwerte besaßen, wurde
ihre Existenzsicherung genommen. Auf der
Verliererseite stand überwiegend der
gewerbliche Mittelstand. Besonders hat
getroffen wurden diejenigen, die vom Geld- und
Aktienbesitz lebten (Rentiers).
Wie die Sparer insgesamt wurden sie praktisch
enteignet. Im Gegensatz zu den
Beamten und den Angestellten
konnten die Arbeiter bis
1920/21 ihr Reallohnniveau einigermaßen halten.
Die Republik war weder bereit noch in der Lage,
den durch die Inflation bewirkten
wirtschaftlichen Niedergang von Beamten,
Angestellten und Rentiers aufzufangen. Die
sozialen Gruppen, die auf der Verliererseite
standen, schrieben ihre Misere nicht dem Krieg
zu, sondern der Republik.
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Walther
Rathenau (zuerst Wiederaufbau-, dann
Außenminister) versucht, Deutschland durch ein
Abkommen über vermehrte Sachlieferungen anstelle der
Reparationszahlungen zu entlasten. Ende 1921 ist
Deutschland wegen zunehmender Geldentwertung
nicht mehr in der Lage, die "Erfüllungspolitik"
fortzusetzen.
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Die Berufung von
Walther Rathenau (DDP) zum Wiederaufbauminister in der
Regierung des Zentrumpolitikers Joseph Wirth
spaltete im Mai 1921 die öffentliche Meinung.
Einerseits verwarfen die Konservativen die
maßgeblich von Rathenau entwickelte
"Erfüllungspolitik" gegenüber den Forderungen
der Siegermächte, andererseits versprachen sich
Liberale und Sozialdemokraten von dieser Politik
eine Mäßigung des auf Deutschland lastenden
Drucks.
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Walther Rathenau (*
1867, †
1922, ermordet)
1921 Minister für
Wiederaufbau, 1922 Außenminister
GNU
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Die
Konferenz
von Genua im Frühjahr 1922 bringt keine Lösung
der Reparationsfrage. Rathenau, seit dem 1. Februar
1922 Außenminister, verstimmt die Westmächte
zusätzlich durch den Vertrag von Rapallo mit
Russland (16. April 1922). Die westlichen
Siegermächte befürchten eine Allianz zwischen
Deutschland und Russland.
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Im
Vertrag von Rapallo verzichten sowohl
Deutschland als auch Russland auf
gegenseitige materielle Ansprüche.
Diplomatische Beziehungen werden vereinbart,
ebenso die Erneuerung der
Wirtschaftsbeziehungen. Die Siegermächte
wurden vor vollendete Tatsachen gestellt. -
Der Vertrag mit Russland markiert den Beginn
einer eigenständigen deutschen Außenpolitik
nach 1918.
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Der Vertrag von Rapallo
wurde ohne das Wissen des
Reichspräsidenten Friedrich Ebert
unterzeichnet. Ebert war gegen einen
solchen Vertrag mit Russland, weil er (mit
gutem Grund!) eine
Verschlechterung des
Verhältnisses zu den Westmächten
befürchtete. Außerdem fühlte er sich als
Reichspräsident, der das außenpolitische
Vertretungsrecht besaß, brüskiert. Da Ebert
keine Regierungskrise heraufbeschwören
wollte, unterließ er es, mit Kanzler und
Außenminister einen verfassungsrechtlichen
Konflikt über die außenpolitischen
Kompetenzen auszufechten.
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Den Spartakusbund schlugen
reguläre Militärs und vor allem die Freikorps
ebenso brutal nieder, wie sie später den
Ruhraufstand im März 1920 liquidierten. |
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Am
26. August 1921 wurde
der Zentrumspolitiker und
Reichsfinanzminister
Matthias Erzberger
von zwei Mitgliedern eines
rechtsradikal-nationalistischen
Geheimbundes erschossen. Die Kugeln der
Mörder trafen einen Außenpolitiker, der seit
1917 für Frieden und internationale
Verständigung kämpfte und am am
11. November 1918 den
Waffenstillstandsvertrag unterzeichnet
hatte. Als ehemaliger Finanzminister und
Vizekanzler der Weimarer Republik hatte sich
Erzberger für die "kleinen Leute" und
soziale Gerechtigkeit eingesetzt. Unter dem
Eindruck der sich abzeichnenden Niederlage
war zum Vorkämpfer eines
Verständigungsfriedens und zum Wegbereiter
der Demokratie geworden.
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Am Vormittag des 26.
August 1921 spazierten Matthias
Erzberger und Carl Diez,
ein Reichstagsabgeordneter der
Zentrumspartei, auf der Kniebisstraße,
die von Bad Griesbach durch den
Schwarzwald nach Freudenstadt führt. Sie
planten den Besuch der Alexanderschanze.
Gegen 11 Uhr tauchten plötzlich vor
ihnen zwei junge Männer auf. Sie
schossen die Magazine ihrer Pistolen auf
die beiden Parlamentarier ab und
flüchteten. Erzberger, von acht Kugeln
getroffen, starb noch am Tatort, Diez
wurde lebensgefährlich verletzt und
schleppte sich nach Bad Griesbach
zurück. In Deutschland wurde die
Nachricht von der Ermordung Erzbergers
teils mit Bestürzung, teils mit
Genugtuung, ja Begeisterung aufgenommen.
Auch vor seiner Ermordung hatte
Erzberger, der am 20. September 1875 in
Buttenhausen auf der Schwäbischen Alb
als Sohn eines Kleinhandwerkers und
Postboten zur Welt gekommen war, die
Menschen polarisiert. Seine einfache
Herkunft, der Katholizismus und auch die
schwäbische Mentalität hatten ihn
entscheidend geprägt. (Eine sehr gute
Quelle zum Wirken Erzbergers ist das
Buch: Klaus Epstein: Matthias Erzberger
und das Dilemma der deutschen
Demokratie, Frankfurt 1976).
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Bei den Mördern
handelte es sich um die ehemaligen
Offiziere Heinrich Tillessen
(1894 - 1984) und Heinrich
Schulz (1893 - 1979). Beide
waren Mitglieder einer geheimen
Terrorgruppe, die sich
'Germanenorden' nannte und zur
'Organisation Consul' gehörte. Den
Mördern gelang die Flucht ins
Ausland. 1933 kehrten sie
unbehelligt in das
nationalsozialistische Deutschland
zurück.
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Überfälle und Morde der
Rechtsradikalen schürten in der Öffentlichkeit das
Gefühl, ohnmächtig gegen eine Bedrohung zu sein,
gegen die der Staat von Weimar keinen wirksamen
Schutz zu geben vermochte. Die Anschläge sollten das
System destabilisieren und zugleich weitere
linksradikale Aufstände provozieren, deren
gewaltsame Niederschlagung durch das Militär
anschließend zur Errichtung einer Rechtsdiktatur
genutzt werden sollte. Mit dem
'Republikschutzgesetz" von 1922, das die
republikanischen Amtsträger nach der Ermordung
Rathenaus mit großer Mehrheit durch das Parlament
brachten, wurden klare strafrechtliche Konsequenzen
für Angriffe auf die demokratische Staatsform und
ihre Vertreter aufgezeigt. So führten die Morde
letztendlich nicht zu einer Destabilisierung,
sondern zu einer Stabilisierung des demokratischen
Systems.
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- Ruhrkampf und Reichskrise im Jahr 1923
|
- Vorgeschichte des Ruhrkampfs
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- Im Juli 1922 beantragte
die Reichsregierung die Befreiung von der
Restsumme der Reparationen für das laufende
Jahr und kündigte an, für 1923 und 1924
werde sie keine Zahlungen leisten können.
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- In Frankreich ist man
überzeugt, dass sich Deutschland der
Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen
böswillig
widersetzt; die Entwertung des
Francs soll durch die deutschen Zahlungen
überwunden werden.
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- Raymond Poincaré
glaubt, Deutschland durch Besetzung und
wirtschaftliche Ausbeutung des Ruhrgebiets
zur Vertragstreue zwingen zu können. Aus
seinem Sicherheitsbedürfnis heraus ist es
außerdem im Interesse Frankreichs,
Deutschland im Ruhrgebiet (Schwerindustrie!)
zu schwächen.
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- Ruhrbesetzung und Ruhrkampf
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Die
bürgerliche Regierung unter dem
Reichskanzler Wilhelm Cuno ruft am
13. Januar Unternehmer, Arbeiter im
Ruhrgebiet zum "passiven Widerstand"
(Verweigerung der Kooperation mit den
Besatzungskräften)
auf. Die Besatzer antworteten mit der
Ausweisung der Beamten, mit
Beschlagnahmungen und der wirtschaftlichen
Abschottung des Ruhrgebiets vom Rest des
Reiches.
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Cunos
Kabinett der so genannten
Fachleute
ohne Parteibindung
zeigt sich der
Zuspitzung der außen- und
innenpolitischen Lage, gekennzeichnet
durch die Ruhrbesetzung und eine
dramatisch ansteigende Inflation, nicht
gewachsen.
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Nebenbei
bemerkt:
Am 15. März 1923 setzte eine Novellierung des
Kraftfahrzeuggesetzes die
Höchstgeschwindigkeit von Kraftfahrzeugen
innerhalb eines Ortes auf 30 km pro Stunde fest.
Damit sollten vor allem Verkehrsstaus vermieden
werden, die durch die steigenden Autozahlen
verursacht wurden. Die reichseinheitliche
Regelung von 1910 hatte für Kraftfahrzeuge in
geschlossenen Ortschaften eine
Fahrgeschwindigkeit von höchstens 15 Kilometern
in der Stunde vorgesehen - etwa die
Geschwindigkeit eines Pferdes im starken Trab.
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Die
Regierung in Berlin finanzierte den
passiven Widerstand durch Erhöhung der
Geldmenge (Drucken von Geldscheinen).
Dies heizte die Inflation zusätzlich an.
Ende August 1923 entsprechen 10
Millionen Mark dem Wert eines Dollars.
Die Löhne können mit den Preisen nicht
mehr Schritt halten. Die Gewerkschaften
unterstützen den passiven Widerstand,
verlieren jedoch zunehmend die Kontrolle
über ihre Mitglieder.
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Am 12.
August 1923 muss die Regierung Cuno ihr
Scheitern eingestehen. An ihre Stelle tritt
ein Kabinett, das aus einer
"Großen
Koalition" (SPD, Zentrum, DDP, DVP)
gebildet wird. Reichskanzler wird
Gustav
Stresemann (DVP).
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Innen- und
Außenpolitik waren bei Gustav
Stresemann eng miteinander verzahnt.
Außenpolitische Erfolge waren für
ihn von stabilen Verhältnissen
in Deutschland abhängig. Um
letztere zu erreichen, versucht er
einen Brückenschlag zwischen dem
bürgerlichen Lager und der
Arbeiterschaft. Wichtig war für ihn,
einen "einheitlichen nationalen
Willen" zustande zu bringen. Vor
allem will er die SPD als stärkste
demokratische Kraft im Reichstag auf
seine Seite ziehen. Umgekehrt
brauchte Stresemann
außenpolitische Erfolge, um das
Bürgertum in Deutschland für die
Republik zu gewinnen.
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Außenpolitisches Ziel
Stresemanns war es, die in
Versailles festgelegte
Nachkriegsordnung
schrittweise
und mit friedlichen Mitteln
zugunsten des Deutschen Reiches zu
verändern. Der Weg zu einer Revision
der vertraglichen Bindungen von
Versailles und zur Wiederherstellung
einer deutschen Großmachtposition
konnte für Stresemann nur über
Verhandlungen,
Kompromisse
und Vertrauensbildung
mit den
einstigen Kriegsgegnern führen.
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Gustav
Stresemann führte 1923 als
Reichskanzler eine
große Koalition aus Deutscher
Volkspartei (DVP), Zentrum,
Deutscher Demokratischer Partei
(DDP) und SPD. Danach gehörte er bis
zu seinem Tod 1929 den drei
folgenden Kabinetten als
Außenminister an.
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Am 24. September
1923 ordnet
Stresemann - gegen Widerstand in den eigenen
Reihen - die Einstellung des passiven
Widerstands an.
Damit verbunden war neben einer
Währungssanierung die Einleitung einer
neuen
Außenpolitik, die auf den Ausgleich und auf
die Lösung des Reparationsproblems
zusteuerte. - Die nationale Opposition
schmäht Stresemann als Verräter.
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- Frankreichs Ministerpräsident
Raimond Poincaré
weigerte sich, die Kapitulation
anzunehmen. Er hoffte wohl, dass das
Reich wegen der inneren Krise
zerbrechen werde und Frankreich doch
noch die Kontrolle über das Rhein-
und Ruhrgebiet erlangen könne.
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Gustav Stresemann (* 1878, † 1929)
1907-1912 und 1914 -
1918 Abgeordneter der Nationalliberalen
Partei im Reichstag, 1917
Fraktionsvorsitzender, 1918 Gründer der
rechtsliberalen Deutschen Volkspartei,
1919 Mitglied der Weimarer
Nationalversammlung und ab 1920
Abgeordneter des Reichstags als
Fraktionsvorsitzender seiner Partei. Im
August 1923 wurde Stresemann
Reichskanzler und Außenminister einer
großen Koalition. Sturz seiner Regierung
am 22.11.1923, danach bis zu seinem Tod
Außenminister verschiedener
Koalitionsregierungen.
Bildarchiv Preußischer
Kulturbesitz BPK, Berlin
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Aufgepeitscht von dem
raschen Zerfall der Kaufkraft des Geldes
marodierten Kommunisten und
Rechtsradikale durch die Straßen
der Großstädte und liefern sich
Straßenschlachten. Beide Gruppen wittern die
Chance, die von ihnen verhasste junge
Demokratie wieder abzuschaffen.
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Die Autorität der
Reichsregierung wird von allen Seiten
angegriffen.
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In
Sachsen und in
Thüringen bereiten die
Kommunisten die
proletarische Revolution
vor.
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Bayern
ist die Hochburg
rechtsnationalistischer und
konservativer Kräfte, hinter denen
bewaffnete Verbände stehen. Als
Antwort auf die
Beendigung des
Ruhrkampfes wird der Notstand
ausgerufen. Der Konservative
Gustav von Kahr wird mit
diktatorischen Vollmachten
ausgestattet. Damit wird die
Autorität der Reichsregierung in
Frage gestellt und im Alleingang
eine autoritäre Wende vollzogen.
Sämtliche Anweisungen aus Berlin
werden von Gustav von Kahr
ignoriert. Ein "Marsch auf
Berlin" wurde mit dem Ziel
geplant, von der Hauptstadt aus die
"nationale Diktatur"
auszurufen.
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Bayern stellt
die Autorität der
Reichsregierung in
Frage und will im Alleingang
eine autoritäre Wende
herbeiführen. Ein Sammelsurium
von rechtsextremen, völkischen
Verbänden plante unter dem
Schlagwort "nationale
Revolution" den Rechtsputsch. |
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Am 26. September
1923 verkündet Stresemann den
reichsweiten militärischen Notstand,
der Gustav von Kahr in Bayern verpflichtet,
sich dem Reich unterzuordnen. Das politische
Ruder wurde an Reichswehrminister
Otto Geßler übergeben. Die
Ausrufung des Notstands bot die Möglichkeit,
Bayern notfalls mit Waffengewalt in seine
Schranken zu weisen - auch wenn das in
Berlin keiner ernsthaft erwog. Zum anderen
hebelte der reichsweite Notstand rein
rechtlich betrachtet den bayerischen aus.
Kahr war somit theoretisch verpflichtet,
sich dem Reich unterzuordnen. Kahr dachte
gar nicht daran, sich Berlin wieder
unterzuordnen. Gemeinsam mit dem Chef der
bayerischen Landespolizei, Hans von
Seißer, und dem Landeskommandanten
der Reichswehr, Otto von Lossow,
bildete er ein bayerisches Triumvirat, das
sämtliche Anweisungen der Reichsregierung
ignorierte. Die Reichswehr griff nicht
militärisch ein. Zum einen wollte der Chef
der Heeresleitung, Hans von Seeckt
verhindern, dass "Reichswehr auf Reichswehr"
schießt, zum anderen sympathisierte er mit
dem bayerischen Putschgedanken.
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Um die
Funktionsfähigkeit der Regierung
sicherzustellen, übergibt der Reichstag am
23. Oktober 1923 der Exekutive für drei
Wochen außerordentliche Vollmachten. (Es ist
das erste Ermächtigungsgesetz in
Deutschland - das Parlament hatte sich
praktisch selbst entmachtet).
Reichspräsident Ebert übergibt Kanzler
Stresemann
die
Notverordnungsvollmacht. In dieser Zeit
werden von der Regierung Stresemann 36
Gesetze und Verordnungen zur
Wiederherstellung der staatlichen Ordnung
und zur Stabilisierung der Wirtschaft in die
Wege geleitet.
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Ende Oktober 1923 wird die
sozialdemokratisch-kommunistische
Regierung in Sachsen über eine
"Reichsexekution" abgesetzt.
Die sozialistischen Mitglieder der
Reichsregierung treten wegen dieser
Aktion zurück, die "Große Koalition"
ist beendet. Die Rechtsputschisten
in Bayern konnten nun nicht mehr
behaupten, Stresemann liefere das
Reich einer kommunistischen Diktatur
aus. Die Entschlossenheit Gustav von
Kahrs, einen "Marsch auf Berlin" zu
unternehmen, schwand.
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Adolf
Hitler hatte in Bayern bis
1923 die
"Nationalsozialistische Deutsche
Arbeiterpartei"
(NSDAP) zur tonangebenden
politischen Kraft im Lager der
extremen Nationalisten und
Antisemiten gemacht. Am 8. November
1923 ruft er im Münchener
Bürgerbräukeller den Beginn der
"nationalen Revolution"
aus. Einen Tag später setzt er,
unterstützt von Ludendorff, den
"Marsch auf Berlin" in Gang.
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Der "Marsch auf
Berlin" scheitert bereits in München.
Mehrere tausend bewaffnete Aufständische
marschierten direkt in das Feuer der
Münchener Polizei, die sich an der
Feldherrenhalle auf dem Odeonsplatz
postiert hatte. 4 Polizisten und 14
Aufständische kommen bei dem kurzen
Scharmützel ums Leben. Die NSDAP wird
verboten. In Bayern wird der
Ausnahmezustand aufgehoben, eine
demokratische Regierung kam ans Ruder.
Hitler wird festgenommen und zu einer
Haftstrafe verurteilt, jedoch nach 9
Monaten wegen "guter Führung" entlassen.
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Da die Regierung immer
mehr Geld drucken lässt, verliert die
Reichsmark zunehmend an Wert. Die Preise
steigen ins Uferlose und die Versorgung der
Bevölkerung verschlechtert sich stetig. Am
01. November 1923 kostet in Kassel ein Brot
192.000.000.000 Mark. Mit der
Einführung der "Rentenmark" am 15. November
1923 gelingt es der Reichsregierung
die Währung stabilisieren. Ohne die
Stabilisierung der Währung im Innern wäre es
Stresemann nicht gelungen, die USA und
Großbritannien gegen Frankreich in Stellung
zu bringen und Deutschland wieder
handlungsfähig zu machen.
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Um die Jahreswende 1923/24 entspannt sich die
gesamtwirtschaftliche Lage.
Die
Stabilisierung der Währung erfordert
jedoch harte Opfer: 300.000 Beamte,
Angestellte und Arbeiter des Reiches
werden entlassen. Da die frühere Mark
nur in geringem Maße aufgewertet wird,
werden die Vermögenswerte des
bürgerlichen Mittelstands und der
kleinen Sparer weitgehend vernichtet
(wichtig für deren späteres
Wahlverhalten!). Hauptgewinner war
der Staat, der sich seiner inländischen
Schulden entledigte. Der zweite Gewinner
war die Industrie, deren
Verbindlichkeiten durch die Inflation
getilgt worden waren.
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- Am
23.
November 1923 wird das
Kabinett Stresemann gestürzt. Bis zu
seinem Tod am 3. Oktober 1929 ist
Gustav Stresemann Außenminister
verschiedener Koalitionsregierungen.
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In den wenigen Monaten als Kanzler hat Stresemann
Weichen gestellt, die eine
Konsolidierung der Republik
vorerst möglich machten. Die
sozialpolitischen Gegensätze
zwischen Unternehmern und
Arbeitern waren in der von
Klassengegensätzen geprägten
Weimarer Republik einfach zu
groß, um eine stabile Regierung
auf die Dauer halten zu können.
Für Gustav Stresemann blieb der
"einheitliche nationale Wille'
der Angelpunkt erfolgreicher
Außenpolitik.
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Die Jahre 1919-1923
Aufstieg Nationalsozialismus 1929 - 1933
Literaturhinweise Zurück
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Die Jahre der Entspannung 1924 - 1929
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Der Dawes-Plan beruhte
auf der Einsicht der USA, dass eine
Stabilisierung Europas ohne bzw. gegen
Deutschland nicht sei. Damit wurde vor allem
die deutsche Forderung akzeptiert, dass sich
seine Zahlungen sich an seine
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
orientieren müssten.
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Mit dem Dawes-Plan wurden
die Reparationsverpflichtungen in
geregelte jährliche Zahlungen gebracht.
Die multilaterale Regelung entzog die
Reparationsfrage den Franzosen als
Druckmittel. Es konnte also
keine
willkürlichen Akte Frankreichs wegen ausgebliebener
Zahlungen mehr geben, so wie es zwei
Jahre zuvor geschehen war. Im Fall
konjunktureller Einbrüche war Deutschland
von der Zahlungsverpflichtung befreit. Das
Ruhrgebiet musste innerhalb eines Jahres
geräumt werden.
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Der Zufluss von Anleihen,
von denen der größte Teil aus den USA und
aus Großbritannien kam, war reichlich. Dies
schuf gegenseitige wirtschaftliche
Verflechtungen und Abhängigkeiten.
Insbesondere in den USA entwickelte sich
zunehmend ein Interesse an der
Stabilisierung des Deutschen Reichs. Die
deutsche Wirtschaftskraft wurde - von
Stresemann so gewollt - ein vorzügliches
Werkzeug zur Lösung politischer Fragen.
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- Die
multilaterale Regelung entzog die
Reparationsfrage den Franzosen als
Druckmittel. Im Fall eines konjunkturellen
Einbruchs war Deutschland nicht mehr
verpflichtet, Reparationen zu zahlen.
Repressalien Frankreichs mussten nicht mehr
befürchtet werde.
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- Die Locarnopolitik Stresemanns
und Briands (1925/26)
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Auch in seiner Funktion als
Außenminister strebt Gustav Stresemann sein Ziel,
die volle Souveränität in einem Deutschen
Reich ehemaliger Größe zu erlangen, mit aller Macht
an. Er möchte keinesfalls dauerhaft auf ehemals
deutsche Gebiete verzichten. Das Revision des
Versailler Vertrags soll durch
Vertrauensbildung
und durch Verknüpfung der deutschen Politik mit den
Interessen der Siegermächte des Ersten
Weltkriegs erreicht werden. Eine Politik, die auf
militärische Macht beruht, wollte Stresemann
vermeiden.
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- Kernziele von Stresemanns
Außenpolitik waren die Lösung der
Reparationsfrage "als Voraussetzung für
eine Wiedererstarkung Deutschlands" und die
Sicherung des allgemeinen Friedens in Europa.
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Eine der größten Leistungen
Gustav Stresemanns ist es, die Sicherheitsbedenken
und die Interessen des langjährigen "Erbfeindes"
Frankreich ernst zu nehmen und in seine Außenpolitik
einzubeziehen. Gemeinsam mit dem französischen
Außenminister Aristide Briand arbeitet er an
einer deutsch-französischen Verständigung. Dabei
werden sie von dem englischen Außenminister
Austen Chamberlain
unterstützt.
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Bei der Konferenz von
Locarno im Oktober 1925 verzichten
Deutschland, Frankreich und Belgien jeweils auf eine
gewaltsame Veränderung ihrer Grenzen. Dies war
entscheidender Schritt zur Friedenssicherung in
Europa. Die Ergebnisse der
Politik Briands und Stresemanns werden im Dezember
1925 in London in den so genannten
Locarnoverträgen
niedergelegt.
Durch kluge Diplomatie war es Stresemann
gelungen, Deutschland aus seiner Isolation zu
befreien. Deutschland war nun im Begriff, wieder ein
gleichberechtigter Partner im Kreis der europäischen
Großmächte zu werden.
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Großbritannien und
Italien
garantieren die deutsch-französische Grenze.
Großbritannien lehnt es jedoch ab, sich auch
für die deutsche Ostgrenze zu binden. Damit
wurde das Reich in die Lage versetzt, die
Grenzen im Osten mit friedlichen Mitteln zu
ändern.
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Für
Stresemann und die meisten Deutschen war
es undenkbar, den polnischen Korridor
zwischen Ostpreußen und dem übrigen
Reich sowie die Abtretung von Gebieten
in Oberschlesien erneut anzuerkennen.
Dies galt ebenfalls für die
Tschechoslowakei mit ihren drei
Millionen Sudetendeutschen.
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Im
Berliner Vertrag vom
April 1926 verpflichten sich das
Deutsche Reich
und die Sowjetunion zur Neutralität im
Kriegsfall. Da ein Durchmarsch französischer Truppen
durch deutsches Gebiet nach dem Abschluss dieses
Neutralitätsvertrags nicht mehr gestattet werden
konnte, war eine wahrscheinliche französische
Unterstützung für Polen in einem Krieg gegen
Russland ausgeschlossen.
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Da der
kommunistische Staat Sowjetunion im
Staatensystem isoliert war, bot er dem Deutschen
Reich Chancen für die Wiedergewinnung seiner
Großmachtposition.
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Im
Gespräch von
Thoiry im September 1926 streben Briand und
Stresemann eine Gesamtregelung der
deutsch-französischen Beziehungen an
(wirtschaftliche Zusammenarbeit, Lösung der
Saarfrage, Beschleunigung der Räumung des
Rheinlands).
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- Der Völkerbund und der
Briand-Kellogg-Pakt
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Der ständige Sitz im
Völkerbundsrat stattete das Reich mit einem
Vetorecht in bestimmten Fragen aus und wertete
es damit zur Großmacht auf. |
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1927
schlägt der amerikanische Staatssekretär
Kellogg
einen Weltvertrag vor, in dem die Staaten sich
verpflichten sollen, jeglichen Krieg zu ächten. Der
Briand-Kellogg-Pakt
wird am 27. August 1928
zunächst von 15 Staaten unterzeichnet. Bis zum Tag
des Inkrafttretens des Übereinkommens, am 24. Juli
1929, traten 45 weitere Staaten bei.
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Das
Kernstück des Pakts war sein erster Artikel.
Er markierte die historische Zäsur: "Die
Hohen vertragsschließenden Parteien erklären
feierlich im Namen ihrer Völker, dass sie
den Krieg als Lösung
internationaler Streitfälle verurteilen
und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik
in ihren gegenseitigen Beziehungen
verzichten." Der beschwörende Appell im
zweiten Passus, wonach künftig alle
Streitigkeiten oder Konflikte, "welcher Art
oder welchen Ursprungs sie auch sein mögen",
niemals anders als
"durch friedliche
Mittel" gelöst werden sollten, deutete
den Wendepunkt an.
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Die
Vertragsparagraphen mit den sehr allgemein
formulierten Absichtserklärungen
waren kaum rechtsverbindlich. Da es keine
Instanz gab, die etwaige Verstöße ahnden
konnte, hing alles von der
Vertragstreue
der Unterzeichnerstaaten ab.
Problematisch war außerdem, dass der Vertrag
nur den Angriffskrieg ächtete. Wo die
Grenzen zwischen Angriffs- und
Verteidigungskrieg verlaufen sollten, blieb
unklar. Letztlich trug der Pakt nichts zur
weltweiten Sicherheit und Abrüstung bei. Was
als noble Idee begann, wurde bereits elf
Jahre später von der rauen Wirklichkeit
eingeholt.
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Nebenbei
bemerkt: Am 20./21. Mai 1927
gelang dem US-amerikanischen Piloten Charles
Lindbergh (* 1902, † 1974) mit seinem Flugzeug
'Spirit of St. Louis' die erste
Alleinüberquerung des Antlantiks von New York nach Paris.
Lindbergh ging damit in die Geschichte der Luftfahrt
ein. Die erste Nonstop-Atlantiküberquerung von Amerika
nach Europa mit einem Flugzeug war bereits 1919 John Alcot und Arthur Whitten Brown gelungen.
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- Innere Entwicklung Deutschlands
1924 - 1929
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In
Deutschland übernimmt das
Kabinett Luther
(mit Stresemann als Außenminister) am
15.
Januar 1925 die Regierung. Es stützt
sich auf das Zentrum, die Deutsche
Volkspartei (DVP), die Deutsche
Demokratische Partei (DDP) und die
Deutschnationalen.
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Im
zweiten Wahlgang (26. April 1925) stehen
sich der Kommunist
Thälmann, der
frühere Reichskanzler und Zentrumsführer
Marx als Sammelkandidat der
republikanischen Parteien und
Generalfeldmarschall von
Hindenburg
als Kandidat der Rechten gegenüber.
Hindenburg erhält die meisten Stimmen (14,7
Millionen). Marx bekommt 13,75 Millionen
Stimmen, Thälmann 1,9 Millionen.
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Paul von Hindenburg (* 1847
†
1934)
Im 1. Weltkrieg 1914
bis 1916 Oberbefehlshaber im Osten, 1916
- 1919 Chef der Heeresleitung. 1925
erstmals, 1932 erneut Reichspräsident.
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Aufgrund
des Stimmenanteils der
KPD hatten die
Demokraten
(SPD, DDP, Zentrum) nun
auch das Amt des Staatsoberhaupts, das
angesichts der großen Vollmachten, die ihm
die Verfassungsgebende Versammlung verliehen
hatte, von besonderer Bedeutung war,
verloren. Die Monarchisten (DNVP,
DVP) waren ihrem Ziel, wieder die
Staatsgewalt zu übernehmen, einen Schritt
näher gekommen.
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Den
Vollmachten des
Reichspräsidenten
standen die Befugnisse des
Reichstags
gegenüber, in dem die Monarchisten keine
Mehrheit hatten.
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- Seeckt und die
Reichswehr
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Der Chef
der Reichswehr, General
Hans von Seeckt,
bemüht sich, die Truppe von der Politik
fernzuhalten. Dem mit einer starken
monarchischen Tradition behafteten
Offizierskorps gelingt es jedoch nicht, eine
innere Beziehung zur Republik zu entwickeln.
Die Restreichswehr - sie wurde durch den
Versailler Friedensvertrag auf 115.000 Mann
beschränkt - war ein "Staat im
Staate": ohne Anbindung an die
Werte der Republik. - Die als Kaderarmee
konzipierte Reichsweh ließ jene Offiziere
reifen, die später Hitlers Vernichtungskrieg
im Osten führten.
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Seeckt
hält, wie sein Nachlass bezeugt, einen
Wiederaufstieg Deutschlands ohne Krieg für
undenkbar. Sein Versuch, eine "schwarze
Reichswehr" aus freiwilligen Verbänden
aufzustellen, erregt das Misstrauen der
Westmächte.
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- Sozialpolitische
Reformen
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- Am 13. November 1918 verabschiedete die
Regierung einen Erlass über die so genannte
Erwerbslosenfürsorge. Darin wurden die
Gemeinden zur Hilfe verpflichtet. 1922 kam
ein Gesetz über öffentliche, neutrale und
kostenlose Arbeitsvermittlung hinzu.
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Am 7. Juli 1927
beschloss der Reichstag die Einführung der
Arbeitslosenversicherung.
Arbeiter und Angestellte besaßen zum ersten
Mal einen Rechtsanspruch auf Unterstützung,
wenn sie arbeitswillig und unverschuldet
ohne Beschäftigung waren. Arbeitnehmer und
auch Unternehmen mussten maximal drei
Prozent ihres Einkommens an eine staatliche
Stelle abführen. Die
Arbeitslosenversicherung gilt als wichtigste
sozialpolitische Reform der Weimarer
Republik. Da Millionen Menschen in Not und
Elend lebten, war sie auch bitter notwendig.
Am 1. Oktober 1927 das 'Gesetz über die
Arbeitslosenversicherung und
Arbeitsvermittlung' in Kraft. Bereits
zuvor waren durch Reichskanzler Bismarck die
Krankenversicherung (1883), die
Unfallversicherung (18884) und die
Rentenversicherung (1889) eingeführt worden.
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Die Jahre 1919-1923
Entspannung 1924 - 1929
Literaturhinweise
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Weltwirtschaftskrise und Aufstieg des
Nationalsozialismus 1929 - 1933
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- Weltwirtschaftskrise und New-Deal-Politik der USA
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Die vom
Ausland, insbesondere von den USA, gewährten
kurzfristigen Kredite (16 Milliarden
Mark) übersteigen die geleisteten
Reparationszahlungen bei weitem. Es kommt zu
einer trügerischen
Scheinblüte der
deutschen Wirtschaft.
Am 13. Mai 1927 kommt es an der Berliner
Börse zu einem "Schwarzen Freitag"; die
Börsenkurse sinken um bis zu 80 Prozent.
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Deutschland war seit dem
Dawes-Abkommen
von ausländischen Krediten abhängig. Als
die amerikanischen Banken ihr Kapital
aus Deutschland abziehen, hatte dies
schwerwiegende Folgen für die
Wirtschaft. Die
politischen
Reaktionen auf den Einbruch der
Produktion und den Anstieg der
Arbeitslosigkeit waren in keinem Land so
heftig wie im Deutschen Reich.
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Der Absturz der Aktienkurse,
der im Oktober 1929 begann, führte
zur Weltwirtschaftskrise. Die
panischen Verkäufe von
Aktien ließen den
Aktienindex der USA schon in den
ersten vier Wochen um
ein
Drittel seines Wertes fallen.
Vier
Jahre später betrug die Arbeitslosenquote
in den
Vereinigten Staaten ca. 33 Prozent. In
Deutschland waren es 44 Prozent. Die
Wertvernichtung an der Börse
brachte einen heftigen Abschwung in
Gang. In der Weltwirtschaftskrise
fielen die Preise in rasendem Tempo.
Nur
noch wenige Erzeugnisse ließen sich
von den Unternehmen
kostendeckend verkaufen. Zur
Kostenersparnis wurden Arbeiter
entlassen.
Konservative Ökonomen jener Tage,
wie zum Beispiel Friedrich
von Hayek, hielten diesen
Vorgang für einen kurzfristigen
Korrekturprozess, der
Überkapazitäten vernichte. Vielfach
wurde die Meinung vertreten, dass der Staat in
Zeiten sinkender Steuereinnahmen und
wachsender Sozialausgaben sparen
müsse.
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Für den
Niedergang der
Wirtschaftstätigkeit war
nicht nur der Kursverfall von Aktien
verantwortlich. Die Krise erreichte
auch die Banken.
Banken, bei denen der Verdacht
aufkam, dass sie nicht mehr
zahlungsfähig sein könnten, wurden
panikartig gestürmt. Nur wer zuerst
am Schalter war, hatte noch eine
Chance, wieder an seine Einlagen zu kommen.
Viele Bankschalter wurden zeitweilig
geschlossen. Aus Angst vor
zahlungsunfähigen Schuldnern gaben
die Banken eine ihrer Kernaufgaben,
die Kreditvergabe, allmählich auf.
Das Geld wurde von den Banken
gehortet, d.h. aus
dem Verkehr gezogen. Mit der
Verringerung der umlaufenden
Geldmenge fielen die Preise
(Deflation). Die fallenden Preise
trieben viele Unternehmen in den
Bankrott.
Insolvente Unternehmen
gefährdeten die Zahlungsfähigkeit der Banken,
die ihnen Kredit gegeben hatten.
Unter dem gleichzeitigen Ansturm von
Kunden, die ihre Einlagen
zurückforderten, brachen viele
Banken zusammen.
Die
verbliebenen Banken schränkten die
Kreditvergabe immer mehr ein, die
Menge umlaufenden Geldes ging
zurück, und die Preise fielen
weiter. In der Folge verlieren bis
1932 über 6 Millionen Menschen ihre
Arbeit.
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Arbeitsloser
in Deutschland
Bild: Guido
Knopp, 100 Jahre, Econ Verlag, München 1999,
2003 |
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Der neue
Präsident, Franklin Delano Roosevelt
(gewählt 1932) leitet umfassende staatliche
Hilfsmaßnahmen ein. Die Politik des New-Deal
bringt weitgehende
staatliche Eingriffe
in das Wirtschaftsleben; sie nähert sich
einer Wirtschaftskontrolle durch den Staat
und nimmt Einfluss auf die sozialen
Verhältnisse.
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Das Bundesgesetz
"Fair Labor Standards Act",
das am 28. Juni 1938 von
Präsident Franklin D. Roosevelt
unterzeichnet wurde, gilt als eines der
Herzstücke der "New
Deal"-Gesetzgebung. Es schuf
die Voraussetzung für einen höheren
Lebensstandard von mehreren Millionen
Arbeitern in den USA. Neben einem
Mindestlohn wurde die
40-Stunden-Woche
eingeführt. Überstunden wurden mit der
eineinhalbfachen Bezahlung vergütet;
Lohnarbeit von Kindern unter 16
Jahren wurde untersagt. Trotz
der deutlichen Verbesserungen für die
Arbeiterschaft zog sich der
Gesetzgebungsprozess über mehrere Jahre
hin. Einige der großen
Gewerkschaften opponierten
vehement: Staatlichen Dirigismus hielten
sie für Teufelswerk. Zudem befürchteten
sie, dass ein staatlicher Mindestlohn
schnell die Maximalentlohnung darstellen
könnte. Schließlich wurde das Gesetz
gegen alle Widerstände durch den
Kongress gebracht.
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Das Ergebnis der
deutschen Bemühungen ist der
Young-Plan. Er
sieht insgesamt 59 Jahreszahlungen in Höhe von
durchschnittlich 1,9 Milliarden Mark vor. Dafür soll
Deutschland die Verfügung über die Reichsbahn zurück
erhalten. Das Rheinland soll bis Juni 1930 (statt
1935) geräumt werden. Die Rechtsparteien, die
Deutschnationalen unter Führung des
Großindustriellen Alfred Hugenberg und die
Nationalsozialisten, kämpfen gegen die Annahme des
Young-Plans. Bei einer Volksabstimmung über den
Young-Plan im Dezember 1928 erhalten sie
jedoch nur 13,8 Prozent der Stimmen. Am 11. März
1930 stimmt der Reichstag dem Young-Plan zu.
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Alfred Hugenberg (*
1865, † 1951),
Industrieller,
Vorsitzender der Deutschnationalen Partei 1928
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Alfred
Hugenberg, der Vorsitzende der DNVP,
hatte sich ein riesiges Presseimperium
geschaffen. Über seine Medien und seine
Verbindungen in das "nationale Lager" und die
Industrie zielte er darauf, die bürgerlichen
Kräfte zu einem Angriff auf die von ihm
verhasste Republik zu bewegen. Das Programm
Hugenbergs war alles andere als populär, da er
das Konzept einer elitären Führungsschicht
vertrat. Außerdem blieb unklar, welche
Staatsform er nach dem Sturz der Republik
errichten wollte.
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Gustav
Stresemann hatte wie kein anderer versucht,
Deutschland an den Westen heranzuführen und eine
Mehrheit für die demokratische Republik zu
gewinnen. Der Diplomat und Schriftsteller Harry
Graf Kessler notierte in seinem Tagebuch: "Es
ist ein unersetzlicher Verlust, dessen Folgen
nicht abzusehen sind ... Ich befürchte von
Stresemanns Tod in erster Linie ernste
innenpolitische Folgen." Er sollte Recht
behalten.
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Am
27.
März 1930 war die Regierung des
Sozialdemokraten Müller wegen Streitigkeiten
über die Finanzierung des Staatshaushalts
zurückgetreten. Diesen Anlass benutzte
Hindenburg, einen neuen Kurs
einzuschlagen. Die
Monarchisten, die
Inhaber der Staatsgewalt bis Oktober 1918,
sollten unter Einsatz der
präsidialen
Vollmachten wieder an die Macht
gelangen. Hindenburg und die
DNVP
hatten vereinbart, sich nach dem Rücktritt
Müllers nicht mehr zu bemühen, eine von
einer parlamentarischen Mehrheit
getragene Regierung zu bilden.
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Anlass für den
Rücktritt des SPD-Reichskanzlers Hermann
Müller war ein
regierungsinterner Streit über die
Arbeitslosenversicherung. Deren
Rücklagen reichten wegen der steigenden
Arbeitslosenzahl nicht mehr aus. Während
die unternehmerfreundliche DVP
für einen Abbau der
Versicherungsleistungen plädierte, trat
die arbeitnehmerorientierte SPD
für Beitragserhöhungen sowie für weitere
Reichszuschüsse ein.
Dem wirtschaftspolitischen Ziel der DVP
(Stärkung der Investitionsfähigkeit der
Unternehmer durch Erhaltung ihrer
Finanzkraft) setzte die SPD den Glauben
an die notwendige Stärkung der Kaufkraft
der Massen durch die Garantie der
geltenden Sozialleistungen entgegen.
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Nach
Artikel 53 der Verfassung war es dem
Reichspräsidenten möglich, einen
Reichskanzler seiner Wahl zu ernennen, der
dann eine Minderheitsregierung bilden
konnte. Das Parlament musste dem Amtsantritt
eines Reichskanzlers nicht zustimmen. Falls
der Reichstag den Gesetzesvorlagen nicht
zustimmte, konnte der Reichspräsident nach
Artikel 48
Gesetze in Form von
Verordnungen erlassen. Allerdings konnte
das Parlament durch seinen Einspruch
diese Notverordnungen wieder aufheben. In
einem solchen Fall war es jedoch dem
Reichspräsidenten nach
Artikel 25
möglich, den Reichstag aufzulösen. Bis zum
Antritt eines neuen Reichstag konnten
ungefähr drei Monate vergehen. Während
dieser Zeit konnten die präsidialen
Maßnahmen nicht aufgehoben werden - weil es
eben keinen Reichstag gab.
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- Die Kanzlerschaft Brünings und
Wiederwahl Hindenburgs
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Heinrich Brüning (*
1885 † 1970)
Reichskanzler von 1930 bis
1932 |
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Die
Wirtschaftskrise in Industrie und Landwirtschaft
macht 6 bis 7 Millionen Menschen arbeitslos.
Brüning
sieht sich zu Steuererhöhung, Gehaltskürzung,
Herabsetzung der Arbeitslosenunterstützung und der
Verminderung der öffentlichen Ausgaben gezwungen.
Seine Deflationspolitik, eine Mischung aus eisernem
Sparwillen und staatlicher Untätigkeit (es wurde
nicht unternommen, um die Wirtschaft zu beleben!),
trieb das Land immer tiefer in die Krise.
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Im Rückblick lässt sich
feststellen, dass die Sparpolitik
Brünings die wirtschaftliche und
soziale Krise verschärfte. Das
Umgehen des Reichstags durch Notverordnungen
des Reichspräsidenten entspricht
nicht unserem heutigen Verständnis von
Demokratieverständnis. Brüning wollte
keinesfalls die Demokratie abschaffen. Von
den Zeitgenossen wurde Heinrich Brüning
sogar als demokratischer Reformer
betrachtet, der die Republik in der Krise
wieder flott machen wollte.
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Von den
bürgerlichen Parteien und der Sozialdemokratie
enttäuscht, wandte sich in der Wirtschaftskrise
ein immer größerer Anteil der Bevölkerung den
Radikalen von links und rechts zu, die eine
einfache Lösung der wirtschaftlichen Misere
versprachen. Die KPD rief weiter zum Sturz des
Kapitalismus und der Errichtung der Diktatur des
Proletariats auf. Auf der Seite der extremen
Rechten (der Nationalsozialisten) strebte
Adolf
Hitler, der bei seinem Putschversuch 1923 so
kläglich gescheitert war, die
totale
Herrschaft an. Seit 1924 sah er sich selbst
als den von der Vorsehung auserwählten "Führer",
der Deutschland retten und die nationale
"Erlösung" bringen werde. Hitlers Ziele sind die
"Judenvernichtung" und die
Eroberung
von "Lebensraum" für die deutsche Nation im
Osten. Mit primitiven Ansichten, wie dem Recht
des Stärkeren über den Schwächeren
(Sozialdarwinismus) gewann er das Ohr der
Massen.
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Immer weniger
Deutsche trauten den Regierungsparteien zu, mit Not
und Arbeitslosigkeit fertig zu werden. Bei der
Reichstagswahl am 14. September 1930 entschied
sich fast ein Drittel der Bevölkerung für Parteien
der extremen Rechten und Linken. Die
Nationalsozialisten (NSDAP) ziehen mit einem
Stimmenanteil von 18,3 Prozent in die
Volksvertretung ein (1928: 2,6 Prozent). Die
Deutsche Demokratische Partei (DDP) erleidet
starke Verluste. Stärkste Partei blieben die
Sozialdemokraten (24,5 Prozent), während die
Kommunisten einen Anstieg auf 13,1 Prozent
verzeichnen konnten. Das Zentrum erzielte 11,8
Prozent der Stimmen.
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Die
wirtschaftliche Not hatte fast alle
Bevölkerungsteile erfasst. So bekam die NSDAP,
die eine Überwindung der Wirtschaftskrise
versprach, auch Zulauf aus nahezu
allen
Teilen der Bevölkerung. Verlockend war auch
die Botschaft Hitlers, dass die
nationalsozialistische Bewegung die Demokratie,
der man die wirtschaftliche Misere zuschrieb,
"überwinden und die Autorität der Persönlichkeit
in ihre Rechte setzen" werde.
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Am 11. Mai 1931
wurde bekannt, dass die Wiener Credit-Anstalt
einen Verlust von 140 Millionen Schillingen (heute
umgerechnet ca. 300 Millionen Euro) aufwies. Danach
zogen die in- und ausländischen Gläubiger Kapital
von den Konten dieser größten Privatbank
Mitteleuropas ab. Das österreichische Geldinstitut
konnte nur mit einem staatlichen Darlehen
vor dem bevorstehenden Bankrott gerettet
werden. Für den Finanzmarkt in Deutschland
hatte die Misere der Credit-Anstalt
Signalwirkung. Ausländische Kreditgeber verstärkten
ihr Misstrauen in die deutschen Banken und zogen ihr
Kapital ab. Am deutlichsten traf es die
DANAT-Bank, die Darmstädter und
Nationalbank. Gesetzliche Bestimmungen machten der
Regierung Brüning die
Schuldenübernahme unmöglich. Die Fusion mit der
Dresdner Bank war unvermeidlich.
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Bei einer
gemeinsamen Kundgebung von NSDAP, DNVP, Vertretern
der DVP, Prominenten aus Adel, Landwirtschaft und
Industrie sowie von Vertretern rechtsradikaler
militärischer Verbände in Bad Harzburg im Herbst
1931 kam es tatsächlich zu einer
Einheit der
Rechten (Harzburger Front). Hitler
präsentierte sich als Vertreter der Rechten,
nicht als Parteiführer.
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1932
muss der Reichspräsident neu gewählt werden.
Der 84jährige Hindenburg erhält, dieses Mal
als Kandidat der gemäßigt republikanischen Parteien,
im zweiten Wahlgang (10. April) die Mehrheit, und
zwar 19,4 Millionen = 53 Prozent der Stimmen. Seine
Gegner Hitler und der Kommunist
Thälmann
erhalten 13,5 Millionen = 36,8 Prozent bzw. 3,7
Millionen = 10,2 Prozent der Stimmen.
|
Der Plan der 'Monarchisten', von den
'Demokraten' wieder die Staatsgewalt zu
übernehmen, wurde von den Nationalsozialisten
vereitelt. Die Nationalsozialisten wollten keine
Verfassungsreform - sie wollten eine Diktatur. |
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Am 30. Mai
1932 wird Brüning durch den Reichspräsidenten
gestürzt. Hindenburg ist von ostpreußischen
Grundbesitzern beeinflusst, die Brüning anfeinden,
weil er nicht die geforderte Reichsunterstützung für
die Entschuldung des ostelbischen Großgrundbesitzes
zur Verfügung stellt.
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Unter Brünings
Nachfolger von Papen und dem
General von
Schleicher setzt sich das politische Chaos fort.
von Papen ist Katholik, neigt aber zur politischen
Rechten; er glaubt, die Nationalsozialisten
zur Mitarbeit gewinnen zu können.
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Franz von
Papen (* 1879 †
1969)
Reichskanzler von Juni bis
November 1932
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Nebenbei bemerkt: Am 12. Juni
1932 gewinnt der FC Bayern München gegen
Eintracht Frankfurt mit 2:0 Toren erstmals die
Deutsche Fußball-Meisterschaft.
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Hitler hat die
Duldung des "Kabinetts der Barone" an die
Bedingung von Neuwahlen zum Reichstag geknüpft.
Hindenburg erfüllte diese Forderung - ein
verhängnisvoller Fehler.
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Die
Reichstagswahlen vom 31. Juli 1932 bringen der
NSDAP 230 Sitze (13,7 Millionen = 37,4 Prozent der
Stimmen) ein. Die NSDAP ist damit stärkste Fraktion.
Die KPD erreicht 14,5 Prozent der Stimmen (1930:
13,1 Prozent. Weit abgeschlagen landete das Zentrum
bei 12,5 Prozent (1930: 11,8 Prozent), die SPD sank
von 24,5 Prozent (1930) auf 21,6 Prozent. Die DNVP
und die DVP erhielten einstellige Ergebnisse.
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Der Wahlkampf war
äußerst blutig verlaufen. Bei Straßenschlachten
zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten
starben allein im Juli 1932 86 Menschen.
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Nach der Auflösung des Reichstags
werden für den November 1932
Neuwahlen
angesetzt. Bei dieser Reichstagswahl gehen die
Stimmen für die Nationalsozialisten auf 11,7
Millionen zurück. Die KPD erhält jetzt 6 Millionen
Stimmen. Die Gewinne der Kommunisten verstärken die
Furcht vor einem offenen Bürgerkrieg.
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Schleicher wollte
die Herrschaft Hitlers noch verhindern. Er
strebte deshalb ein Bündnis von Militär,
Gewerkschaften und denjenigen Teilen der NSDAP
an, die unter der Führung des Hitler-Rivalen
Gregor Strasser standen.
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Mit der Ernennung
Adolf Hitlers zum Reichskanzler beginnt die
eigentliche Machteroberung der
Nationalsozialisten.
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Literaturhinweise
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Berghahn, Volker
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Europa im Zeitalter der
Weltkriege. Die Entfesselung und Entgrenzung der Gewalt.
Frankfurt a. M. 2002
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Heim, Michael
|
Die Ursachen der
Weltwirtschaftskrise. Analyse einer ökonomischen
Eskalation, 1929 - 1933, St. Katharinen 2007
|
Heim, Michael
|
Die Ursachen der
Weltwirtschaftskrise. Analyse einer ökonomischen
Eskalation, 1929-1933, St. Katharinen
2007
|
Hobsbawn, Eric
|
Das Zeitalter der
Extreme. Weltschichte des 20. Jahrhunderts. München 1995
|
Kolb, Eberhard
|
Die Weimarer Republik
(Oldenbourg Grundriß der Geschichte 16). 6. Aufl.
München 2002.
|
Krüger, Peter
|
Die Außenpolitik der
Republik von Weimar. 2. Auflage. Darmstadt 1993.
|
Mai, Gunther
|
Europäische Geschichte
1918 - 1939. Mentalitäten, Lebensweisen, Politik
zwischen den Weltkriegen. Stuttgart 2001.
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Möller, Horst
|
Europa zwischen den
Weltkriegen (Oldenbourg Grundriß der Geschichte 21).
München 1998.
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Wirsching, Andreas
|
Vom Weltkrieg zum
Bürgerkrieg? Politischer Extremismus in Deutschland und
Frankreich 1918 - 1933/39. Berlin und Paris im
Vergleich. München 19
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Allen
Schülern und Studenten, die gerade eine Prüfung zu bestehen
haben, wünschen wir viel Erfolg. Wir drücken auch die
Daumen für diejenigen, die eine Klausur schreiben müssen oder
eine Hausarbeit bzw. Referat anzufertigen haben.
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Die Jahre
1919-1923
Entspannung 1924 - 1929
Aufstieg Nationalsozialismus 1929 - 1933 Zurück
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Württemberg 1918-1933
Köngen 1918-1933 (exemplarisch für ein Dorf)
Literaturhinweise
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Geschichte
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Stand: 06.01.2022
Copyright © 2022 Geschichts- und Kulturverein Köngen e.V. Autor: Dieter Griesshaber
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