Die Welt des späten
Mittelalters (1250 - 1400)
Das Ende der Luxemburger
und der Aufstieg der Habsburger Kaiserdynastie (1400 - 1517)
Die Reformation von
Luthers Anschlag der 95 Thesen bis zum Wormser Reichstag (1517 - 1521)
Der Dreißigjährige Krieg
(1618 - 1648)
Vom Westfälischen Frieden
(1648) bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Großen (1740)
Der Aufstieg Preußens zur
europäischen Großmacht (1740 - 1763)
Die Französische
Revolution bis zum Ende der Diktatur Robespierres (1789 - 1794)
Deutschland in der Zeit der
Französischen Revolution und der Herrschaft Napoleons (1789 - 1815)
Restauration und
Revolution (1815 - 1830)
Monarchie und Bürgertum (1830
- 1847)
Die Revolution von
1848/49
Von der gescheiterten
Revolution 1848 bis zur Gründung des Deutschen Reiches 1871
Die Innen- und Außenpolitik
Bismarcks (1871 - 1890)
Das Deutsche Kaiserreich
von 1890 bis zum Ausbruch der Ersten Weltkriegs 1914
Die Industrielle
Revolution in England und Deutschland (1780 - 1914)
Europäischer
Kolonialismus und Imperialismus (1520 - 1914)
Der Erste Weltkrieg (1914 -
1918)
Der Weg zur Weimarer
Republik 1918 - 1919
Der Kampf um die Staatsgewalt
in der Weimarer Republik (1919 - 1933)
Die Machtübernahme der NSDAP
und die Errichtung der Diktatur Hitlers (1933 - 1939)
Der Zweite Weltkrieg (1939
- 1945)
Der Weg in die Teilung
Deutschlands (1945 - 1949)
Der Kalte Krieg: Vom
Kriegsende 1945 bis zum Bau der Berliner Mauer 1961
Die Ära Adenauer (1949 -
1963)
Die Kanzlerschaft Ludwig
Erhards 1963 - 1966
Kalter Krieg Teil 2: Von
der Kubakrise 1962 bis zur Auflösung der Sowjetunion 1991
Die Zeit der Großen
Koalition 1966 - 1969
Die Ära Brandt (1969 - 1974)
Die Kanzlerschaft Helmut
Schmidts (1974 - 1982)
Die Kanzlerschaft Helmut
Kohls von 1982 bis 1987
Die Kanzlerschaft Helmut
Kohls von 1987 - 1989
Der Weg zur
Wiedervereinigung Deutschlands (Teil I: Die DDR von den siebziger Jahren
bis zum Fall der Mauer im Jahr 1989)
Vom Fall der Berliner
Mauer bis zur deutschen Einheit (1989 - 1990)
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zurück zu 'BRD 1974 - 1982'
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Nach der Bildung der
Großen
Koalition im Dezember 1966 hatte das Parlament
mangels einer starken Opposition in der
gesellschaftlichen Auseinandersetzung an Gewicht
verloren. Die entstehende
'Außerparlamentarische
Opposition' (APO) rekrutierte sich aus drei
verschiedenen Strömungen der Gesellschaft: 1.der
sog. Ostermarsch- oder Friedensbewegung, 2. den
Gegnern der Notstandsgesetzgebung 3. der
Studentenbewegung
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Die
politische Bewegung der
Studenten erwuchs aus den Protesten gegen
unzureichende Studienbedingungen und die erstarrten
hierarchischen Strukturen der Universitäten.
Kristallisationspunkte des Protests wurden neben der
Bildungspolitik vor allem der Krieg der USA in
Vietnam, die Wiederbewaffnung, die geplante
Notstandsgesetzgebung, die bestehende
Konsumgesellschaft (Materialismus jener Generation,
die den Zweiten Weltkrieg miterlebt hatte), die
autoritäre Struktur von Staatsorganen (z.B. bei der
Polizei) sowie die ausgebliebene Auseinandersetzung
mit dem Nationalsozialismus. Die Formen des Protests
waren zunächst gewaltfrei.
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Aktivste Gruppe innerhalb der
Studentenbewegung war der von
Rudi Dutschke
geführte
"Sozialistische Deutsche Studentenbund"
(SDS). Konzeptionell beeinflusst von der
kritischen Theorie der "Frankfurter Schule"
(Adorno, Habermas) orientierte sich der SDS an einer
marxistischen Gesellschaftsanalyse. Das "Godesberger
Programm" wurde vom SDS abgelehnt.
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Rudi Dutschke
(* 1940, † 1979)
Aufnahme im Jahr 1967
Photographie, Deutsches Historisches
Museum, Berlin. Inv.-Nr. BA 12247
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Der SDS war 1949
als Sprachrohr der SPD an den Universitäten
gegründet worden. Bereits 1961 kam es zum
'Unvereinbarkeitsbeschluss', der
"Sozialdemokratische Hochschulbund" wurde zur
neuen Studentenorganisation der SPD.
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Die Demonstrationen von
Studenten und auch von Schülern gegen
Bildungspolitik, den Vietnamkrieg und die
geplanten Notstandsgesetze nahmen nun an
Umfang und Intensität zu. Immer wieder kam
es zu Zusammenstößen mit der Polizei.
Auf einer
"Internationalen
Vietnamkonferenz", die am 17.Februar 1968 vom SDS
in Berlin veranstaltet wird, kündigen die
Teilnehmer an, nun
"vom Protest zum
Widerstand"
übergehen zu wollen. Als am
11.April 1968 in Berlin durch einen
Rechtsradikalen ein Mordanschlag auf Rudi
Dutschke verübt wird, kommt es zu
Straßenschlachten und Anschlägen auf die
Verlagshäuser des Springerkonzerns. In 27
Großstädten finden an den Ostertagen
Demonstrationen statt, an denen sich mehrere
hunderttausend Menschen beteiligen.
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Am Rand der
Studentenbewegung bildeten sich
linksradikale Gruppen, die bereit waren,
die Schwelle zur Gewalt mit
"militanten
Aktionen" zu überschreiten.
Gudrun
Ensslin, die spätere Terroristin, hielt
nach dem Tod Benno Ohnesorgs bei einer
Veranstaltung der SDS eine hysterische Rede.
Unter anderem sagte sie: "Die werden uns
alle umbringen - ihr wisst, was für Schweine
wir gegen uns haben. Das ist die Generation
von Auschwitz. Man kann mit den Leuten, die
Auschwitz gemacht haben, nicht
argumentieren. Die haben Waffen und wir
nicht. Wir müssen uns bewaffnen."
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Die
Brandstiftung in
zwei Frankfurter Kaufhäusern in der
Nacht vom 2. auf den 3. April 1968 markiert
den Beginn systematischer terroristischer
Aktionen und die Abspaltung des Terrorismus
von der Außerparlamentarischen Opposition.
Als Täter werden
Andreas Baader,
Gudrun Ensslin,
Thorwald Proll
und Horst Söhnlein festgenommen. Mit
der Brandstiftung wollten sie gegen den
Krieg in Vietnam und die Konsumgesellschaft
demonstrieren. Das Landgericht in
Frankfurt/Main verurteilt Andreas Baader und
Gudrun Ensslin, deren Verteidigung der
Rechtsanwalt Horst Mahler
übernimmt,
zu je drei Jahren Haft. Ensslin und Baader
legen beim Bundesgerichtshof Revision ein,
wobei sie politische Motive
für ihre
Tat geltend machen. Als der
Bundesgerichtshof das Revisionsverfahren
abweist, setzen sich Ensslin und Baader in
den Untergrund ab.
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Andreas Baader (1943-1977)
Bildquelle: AP
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Terrorismus
kann definiert werden
als "planmäßig vorbereitete,
schockierende Gewaltanschläge gegen die
politische Ordnung aus dem Untergrund,
die allgemeine Unsicherheit und
Schrecken, daneben aber auch Sympathie
und Unterstützungsbereitschaft erzeugen
sollen." Durch die systematische
Androhung oder Anwendung von Gewalt
sollen die bestehenden
Herrschaftsverhältnisse beseitigt oder
verändert werden. .
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In der Mai-Ausgabe 1968
der Zeitschrift "konkret" kommentiert die
Journalistin Ulrike Meinhof unter dem
Titel "Vom Protest zum Widerstand" die
Osterunruhen und die Brandanschläge. Darin
heißt es: "Es ist dokumentiert worden, dass
es in diesem Land noch Leute gibt, die
Terror nicht nur verurteilen, sondern ...
bereit sind, Widerstand zu leisten, so dass
begriffen werden kann, dass es so nicht
weitergeht."
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Ein Blick auf
Frankreich: Am 3. Mai 1968 besetzen
Polizeieinheiten während der
Studentenrevolte in Paris die Sorbonne. Die
Hochschule wird erstmals in ihrer Geschichte
vorübergehend geschlossen.
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Ende November 1968 gesteht
die Bundesregierung den Studenten zu, dass ihre
Forderungen nach Reformen auf dem Bildungssektor
teilweise berechtigt sind; sie verspricht
Veränderungen. Trotzdem kommt es auch 1969 in fast
allen Universitätsstädten zu weiteren
Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und
demonstrierenden Studenten.
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Anfang der siebziger Jahre
kommt es zur Zersplitterung und schließlich zum
Niedergang der Studentenbewegung. Viele
Studenten, die sich an führender Stelle an den
Protestaktionen beteiligt hatten, schlossen in
dieser Zeit ihr Studium ab. Auch der durch das
Attentat schwer verletzte Rudi Dutschke unterstützte
die Bewegung nicht mehr.
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Was von der gesamten
außerparlamentarischen Bewegung blieb, war
eine weitreichende
Veränderung der
politischen Kultur in der
Bundesrepublik. Die breite Diskussion über
Politik, die nun in der Bundesrepublik
einsetzte, schloss zugleich ein
zunehmendes Kritik- und Protestpotenzial
gegenüber dem Staat und seinen Institutionen
ein. Die Tendenz zur Selbstentfaltung
bedeutete, dass sich der Einzelne von den
bis dahin gültigen Verpflichtungen auf ein
vorrangiges Gemeinwohl entfernte. Die bis
dahin in der Gesellschaft gültigen
bürgerlichen Ordnungsvorstellungen und
Werte, wie Arbeit, Leistungsbereitschaft,
Pflichterfüllung, Disziplin, Moral und
Anerkennung staatlicher Organisationen
begannen zu wanken.
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Der sozialkulturelle
Umschlag während der frühen siebziger Jahre
bedeutete zugleich eine Wende in den
Protestbewegungen, die sich grundsätzlich
aufspalteten. Ein Teil dieser Bewegungen
schloss sich den
"Neuen sozialen
Bewegungen" an, der andere - sehr viel
kleinere Teil - wurde von
kommunistischen
Gruppen (z.B. der maoistischen K-Truppe)
aufgenommen.
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Am 14. Mai 1970 wird Andreas
Baader, der nach seiner Flucht 1969 wieder
festgenommen und in West-Berlin inhaftiert worden
war, von Gesinnungsgenossen, unter ihnen Ulrike
Meinhof, gewaltsam befreit. Diese Aktion gilt als
Geburtsstunde der "Baader-Meinhof-Gruppe".
Die "Rote Armee Fraktion" (RAF), wie sie sich
selbst nannte, sollte in der Folgezeit den
radikalsten programmatischen Flügel des Terrorismus
bilden.
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Nach der
"Gefangenenbefreiung" wird ein von
Ulrike
Meinhof auf Tonband gesprochener Text im
'Spiegel' veröffentlicht. Um das
"Proletariat" zu organisieren und
"bewaffnete Auseinandersetzungen"
durchzuführen, so heißt es in der Erklärung, sei
es erforderlich, die
"Rote Armee"
aufzubauen. Gewaltanwendung und
Schusswaffengebrauch werden vorbehaltlos bejaht:
"Wir sagen natürlich, die Bullen sind pigs
[Schweine], wir sagen, der Typ in Uniform ist
ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben
wir uns mit ihm auseinanderzusetzen. Das heißt,
wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist
falsch, überhaupt mit diesen Leuten zu reden,
und natürlich kann geschossen werden."
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Ulrike
Meinhof (* 1934, † 1976) |
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Im weiteren Sinne
bezeichnet der Begriff Faschismus
alle politischen Bewegungen und
Herrschaftssysteme mit extrem
nationalistischer, antidemokratischer und
antikommunistischer Ideologie. Ein zentrales
Merkmal von faschistischen Organisationen
ist die streng hierarchische Ausrichtung am
Führerprinzip; an der Spitze des
faschistischen Staates steht der Führer. Ein
weiteres gemeinsames Kennzeichen der
faschistischen Bewegungen ist der
Totalitarismus, d.h. ihr Ziel ist die
Errichtung einer faschistischen
Einparteiendiktatur, in der die herrschende
Partei Staat und Gesellschaft vollkommen
unter ihrer Kontrolle hat und in dem alle
Merkmale eines demokratischen
Verfassungsstaates fehlen. In der
marxistischen Literatur erscheint der
Faschismus als neue Form der
bürgerlichen
Herrschaft über die Massen.
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Mit dem politischen
Schlagwort "Konsumgesellschaft" soll
in der Regel die Abhängigkeit einer modernen
Industriegesellschaft von individuellem und
gesellschaftlichen Konsum abwertend
charakterisiert werden. Die Mitglieder einer
solchen Gesellschaft, so lautet die Kritik,
konzentrieren sich auf den Erwerb und
Zurschaustellung von Konsumgütern. Auch
andere soziale und sozialpsychologische
Konsequenzen der modernen
Industriegesellschaft werden kritisiert: die
Messung des sozialen Status des Einzelnen an
seinem durch Konsum demonstrierten Reichtum,
die Schaffung von Konsumbedürfnissen durch
Werbung und Marketing, Beeinträchtigung des
sozialen Zusammenlebens und der
Kindererziehung durch die ausschließlich
ökonomische Ausrichtung der Gesellschaft.
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Andreas Baader, Gudrun Ensslin,
Horst Mahler und andere Mitglieder der RAF lassen
sich von Juni bis August 1970 in Jordanien von der
Palästinenserorganisation El Fatah militärisch
ausbilden. Nach ihrer Rückkehr leben sie im
Untergrund. Mit dem Konzept der
"Stadtguerilla"
nach lateinamerikanischem Vorbild sah sich die RAF
als deutsche Formation eines weltweiten
Befreiungskampfes. Der 'Terror' sollte als
Initialzündung
für einen bewaffneten Kampf des
Volkes gegen die Herrschenden dienen. Um die Masse
der Bevölkerung die "Erkenntnis" von der
faschistischen Grundstruktur des Staates
aufzudrängen, versuchten die Mitglieder der RAF, dem
Staat durch provokatives Handeln sein "wahres
Gesicht" zu entlocken.
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Gudrun Ensslin
(* 1940, † 1977)
aus: Der Spiegel 5/2001:82
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Die
Aktionen
der RAF sollten sich nicht gegen die kleinen
Bürger richten, sondern gegen Konzerne, die
"ohnehin in ihrem Profit ersticken". Um
Zustimmung bei der Bevölkerung zu finden,
verbreiteten die Mitglieder der RAF nach ihren
Anschlägen Rechtfertigungen. In einer von Ulrike
Meinhof publizierten Rechtfertigung heißt es:
"da kommen wir her: aus dem Krieg aller gegen
alle, der Konkurrenz jeder gegen jeden, des
Systems, in dem das Gesetz der Angst, des
Leistungsdrucks herrscht. Aus der Gehirnwäsche
der Medien, dem Konsum, aus der Beleidigung und
dem Erniedrigen der Menschen, aller
ausgebeuteten Menschen im Imperialismus."
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Die Anschläge der RAF entfachten
eine innen- und rechtspolitische Debatte über die
wirksame und angemessene Bekämpfung des Terrorismus.
In dem
"Extremistenbeschluss" vom
28. Januar 1972 vereinbarten Bundeskanzler Brandt und die
Ministerpräsidenten der Länder, dass Bewerber für
den öffentlichen Dienst und Beamte die Gewähr dafür
bieten müssen, jederzeit für die
freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des
Grundgesetzes einzutreten.
Jeder Einzelfall
musste darauf geprüft werden, ob
verfassungsfeindliche Aktivitäten vorlagen oder eine
Mitgliedschaft in einer extremistischen Organisation
Zweifel an der Verfassungstreue begründete
(Regelanfrage).
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Mit dem
"Extremistenbeschluss" reagierte die
Bundesregierung auf den von Rudi Dutschke 1967
geforderten "Marsch durch die Institutionen",
mit dem das gesellschaftliche System der
Bundesrepublik durch Unterwanderung langfristig
im Sinne der 68er-Bewegung verändert werden
sollte (zuerst Karriere, dann Umgestaltung des
Systems!). Der Beschluss wurde auch mit der
Notwendigkeit begründet, das geistige Umfeld der
RAF, den "Sympathisantensumpf", trockenzulegen.
- Die Gegner des Beschlusses sprachen von
"Berufsverboten".
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"Maioffensive"
[im Jargon
der Terroristen] im Jahr 1972: Am 11.
Mai kommt
es in Frankfurt/Main zu einem Anschlag der RAF auf
US-Einrichtungen. Dieser fordert ein Todesopfer, 13
Menschen werden verletzt. Vier Tage später wird in
Karlsruhe ein Sprengstoffattentat auf den gegen die
RAF ermittelnden Bundesrichter
Wolfgang
Buddenberg verübt; seine Frau wird schwer
verletzt. Ziel eines Anschlags am 19.5.1972 ist das
Springer-Hochhaus in Hamburg. Dabei werden 19
Personen verletzt. Am 24. Mai sterben durch ein
Bombenattentat auf eine Kaserne der US-Armee in
Heidelberg drei amerikanische Soldaten.
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In Reaktion auf
die sich häufenden Bombenanschläge im
Bundesgebiet billigt der Bundestag am 22. Juni 1972
drei verfassungsändernde Gesetze zur inneren
Sicherheit (u. a. bundeseinheitliches
Waffenrecht, Bundesgrenzschutz als
Eingreifreserve der Länder, Haftgrund auch bei
Tatwiederholungsgefahr). Eine besonders wichtige
Funktion bei der Bekämpfung des Terrorismus
stellte das Bundeskriminalamt dar.
Während diesem Amt im Jahre 1969 nur ein Etat
von 24,8 Millionen DM zur Verfügung stand, wurde
dieser 1970 auf 36,8 Millionen DM erhöht. In den
folgenden zwei Jahren kamen nochmals jeweils 20
Millionen DM hinzu.
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Ende Mai 1972
beginnt die
bis dahin größte Fahndungsaktion in der Geschichte
der Bundesrepublik, bei der in den folgenden Wochen
die führenden Köpfe der RAF (Andreas Baader, Holger
Meins, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin, Ulrike
Meinhof) verhaftet werden. Die verhafteten
RAF-Mitglieder gaben der so genannten
"zweiten
Generation" das Ziel ihrer Befreiung vor.
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Die Aktionen der
"zweiten Generation" wurden aus der Haft in
Stuttgart-Stammheim heraus gesteuert. Dies
gelang vor allem mit Hilfe kooperierender
Anwälte. Das Ziel der Befreiung der Inhaftierten
wurde zum Signum der zweiten großen Terrorwelle
zwischen 1974 und 1977.
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Während der
Olympischen Spiele
in München überfallen am 5.
September 1972
palästinensische Mitglieder der Organisation
"Schwarzer September" die Unterkunft der
israelischen Mannschaft, töten zwei Israelis und
nehmen neun Sportler als Geiseln. Die Terroristen
fordern die Freilassung von 200 palästinensischen
Häftlingen in Israel. Eine Befreiungsaktion der
deutschen Polizei auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck
scheitert. Die neun Geiseln, ein Polizist sowie fünf
Terroristen sterben. Drei Geiselnehmer werden
gefangen genommen. - Die drei überlebenden
Attentäter werden am 29. Oktober 1972 durch einen Überfall
auf eine Lufthansa-Maschine freigepresst.
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Um gegen die Haftbedingungen, die
sie als "Isolationsfolter" wahrnehmen, zu
demonstrieren, setzten 11 der 20 inhaftierten
RAF-Mitglieder das Druckmittel der Hungerstreiks
ein. Trotz Zwangsernährung verstarb
Holger Meins
am
9. November 1974
nach 56 Tagen
Nahrungsverweigerung. Als Racheakt ermordete die
"RAF/Aufbauorganisation" einen Tag darauf den
Präsidenten des Berliner Kammergerichts
Günter
von Drenkmann bei einem Entführungsversuch.
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Der
Tod von Holger Meins löst zahlreiche
Demonstrationen aus, bei denen schwere Vorwürfe
gegen Justiz und Ärzte erhoben werden. Der
französische Schriftsteller und Philosoph
Jean-Paul Sartre stattet am
4. Dezember 1974
dem in Stuttgart inhaftierten Andreas Baader
einen einstündigen Besuch ab.
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Der Deutsche Bundestag
verabschiedet am 20.
Dezember 1974
ein "Anti-Terror-Paketgesetz".
Dieses Gesetz erlaubt unter anderem den Ausschluss
von Anwälten von einem Strafverfahren, wenn
dringender Verdacht der Strafvereitelung besteht.
Darüber hinaus erklärt das Gesetz die Verteidigung
mehrerer Beschuldigter durch einen
gemeinschaftlichen Anwalt für unzulässig. Damit soll
verhindert werden, dass die Anwälte die
Kommunikation unter den Häftlingen organisieren. Die
Zahl der Wahlverteidiger wurde auf drei beschränkt.
Gegen einen Angeklagten kann dann in Abwesenheit
verhandelt werden, "wenn er sich vorsätzlich und
schuldhaft in einen seine Verhandlungsfähigkeit
ausschließenden Zustand versetzt hat". Die
"Lex
Baader-Meinhof" tritt am 1.
Januar 1975 in Kraft.
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Mitglieder der aus der
Westberliner Drogenszene entstandenen
"Bewegung
2. Juni" entführen am 27.
Februar 1975 in
West-Berlin den dortigen CDU-Vorsitzenden
Peter
Lorenz. Die Entführer erzwingen von der
Bundesregierung die Freilassung von fünf wegen
Mordversuch und Bankraub inhaftierten
Gesinnungsgenossen und deren Ausreise in die
Volksrepublik Jemen. Die Freigepressten (Verena
Becker, Rolf Heißler, Gabriele Kröcher-Tiedemann,
Rolf Pohle, Ingried Siepmann) kehren später in die
Bundesrepublik zurück. - Teile der "Bewegung 2.
Juni" schließen sich im Frühjahr 1980 der straffer
organisierten und viel stärker ideologisierten RAF
an.
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Am 24.
April 1975
besetzen
sieben deutsche Terroristen ("Kommando Holger
Meins") die Botschaft der Bundesrepublik in
Stockholm und nehmen die Anwesenden als Geiseln,
um die Freilassung von 26 inhaftierten Terroristen,
darunter die gesamte Führungsgruppe der RAF, zu
erzwingen. Die Terroristen erschießen zunächst einen
Botschaftsangehörigen. Als der Bonner Krisenstab zu
keinem Nachgeben bereit war, wird eine zweite Geisel
getötet. Nach einer wahrscheinlich unbeabsichtigten
Sprengstoffexplosion im Botschaftsgebäude werden die
verbliebenen neun Geiseln von schwedischen
Sicherheitskräften befreit.
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Am 21.
Mai 1975 beginnt in
Stuttgart das Verfahren gegen Andreas Baader, Gudrun
Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe
(Baader-Meinhof-Prozess). Die Angeklagten
vertraten die Meinung, dass die Pflichtverteidiger,
die neben den Verteidigern ihres Vertrauens bestimmt
wurden, von der Bundesanwaltschaft abhängig sind.
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Generalbundesanwalt Siegfrei Buback
hatte am
2. Oktober 1974 die fünf Mitglieder des 'harten Kerns'
der RAF vor dem Oberlandesgericht Stuttgart
unter Anklage gestellt. Sie wurden der Gründung
einer kriminellen Vereinigung und zahlreicher
schwerer Verbrechen beschuldigt.
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Am
9. Mai 1976
wird Ulrike
Meinhof, eine der Führungspersonen im politischen
Untergrund, in ihrer Zelle in der Haftanstalt
Stuttgart-Stammheim erhängt aufgefunden. Laut
Aussage der Staatsanwaltschaft beging sie
Selbstmord. Die RAF und ihre Sympathisanten
vermuten, dass Ulrike Meinhof entweder ermordet oder
durch "Isolationsfolter" in den Tod getrieben worden
sei. Ausgelöst durch Tod der Terroristin kommt es in
mehreren Städten zu heftigen Auseinandersetzungen
zwischen Demonstranten und der Polizei.
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Nach dem
"Antiterrorgesetz"
(§ 129a StGB), das am 18.
August 1976 in Kraft
tritt, kann der neu eingeführte Strafbestand der
"Bildung terroristischer Vereinigungen" mit bis zu
zehn Jahren Haft bestraft werden. Außerdem werden
den Ermittlungsbehörden die Überwachung der
Kommunikation zwischen Angeklagten und Verteidigern
ermöglicht. Untersuchungshaft konnte angeordnet
werden, auch wenn kein Verdacht auf Flucht- und
Verdunkelungsgefahr bestand. Die Befugnis für
Polizei- und Verfassungsschutzorgane wurde
entsprechend ausgedehnt.
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Aufsehen erregte
der Artikel "Buback - ein Nachruf", der am
25. April 1977 in der Zeitung des Göttinger
Allgemeinen Studentenausschusses (ASTA)
erschien. Darin bekennt sich der anonyme
Verfasser zu seiner "klammheimlichen Freude"
über den Anschlag.
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Am
28. April 1977
wurden nach
192 Verhandlungstagen und fast fünf Jahren
Untersuchungshaft die Urteile gegen Andreas Baader,
Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe verkündet: sie
wurden zu lebenslänglicher Haft (zuzüglich 15 Jahre
Gefängnis) verurteilt. Das Stuttgarter
Oberlandesgericht wertete die Sprengstoffanschläge
auf die US-Hauptquartiere in Frankfurt und
Heidelberg als vollendeten Mord und weitere 32
Sprengstoffanschläge als versuchten Mord.
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Das
Oberlandesgericht lehnte es ab, die drei
Angeklagten quasi als Kombattanten in einem
Bürgerkrieg zu behandeln. Dies hatten Otto
Schily und auch andere Verteidiger gefordert.
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Das Urteil
wurde nie rechtskräftig: Noch während das
Revisionsverfahren am Bundesgerichtshof
lief, nahmen sich die drei Angeklagten am
18. Oktober 1977 das Leben.
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Susanne
Albrecht, aus gutem Hause stammend und
Tochter eines Schulfreundes von Jürgen Ponto,
versuchte den Bankchef zusammen mit Brigitte
Mohnhaupt und Christian Klar zu entführen. Als
dies misslang, erschossen sie ihn. Später sagte
Susanne Albrecht aus, sie hätte "ständige
Kaviar- und Lachsfresserei satt".
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Am
5. September 1977 wird der
Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände und des Bundesverbandes der
Deutschen Industrie, Hanns-Martin Schleyer,
in Köln entführt. Die drei ihn begleitenden
Sicherheitsbeamten und der Fahrer Schleyers werden
erschossen. Am folgenden Tag verlangen die Entführer
in einem Bekennerbrief die Freilassung von elf
verurteilten Gefangenen sowie freie Ausreise in ein
Land ihrer Wahl.
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Bundeskanzler Schmidt
betrieb das Krisenmanagement in einem
'Kleinen Krisenstab'
aus betroffenen
Regierungsmitgliedern, dem Präsidenten des
Bundeskriminalamts und dem
Generalbundesanwalt. In einem
'Großen
Krisenstab' wurden die Vorsitzenden der
Parteien und der Bundestagsfraktionen sowie
die Ministerpräsidenten derjenigen Länder,
in deren Gefängnissen Terroristen einsaßen,
hinzugezogen. Ein Ziel war es, die
Handlungsfähigkeit des Staates und das
Vertrauen in ihn im In- und Ausland nicht zu
gefährden. Außerdem war es Ziel,
Hanns-Martin Schleyer lebend zu befreien
sowie die Entführer zu ergreifen und vor
Gericht zu stellen. Dass einem dieser Ziele
"im Falle des Widerstreits" der Vorzug
gegeben werden musste, stand den
Verantwortlichen deutlich vor Augen.
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Um Zeit für eine
verdeckte Fahndung zu gewinnen, gingen die
Krisenstäbe zunächst scheinbar auf die
Forderungen der Terroristen ein. Intern
legten sie sich jedoch darauf fest, der
Erpressung nicht nachzugeben. In einer
Regierungserklärung vom 15.
September 1977 betonte
Kanzler Schmidt
die Bereitschaft in der
gegebenen Situation "bis an die Grenze
dessen zu gehen, was uns der Rechtsstaat
erlaubt". Repressalien gegen inhaftierte
Terroristen lehnte er ab, da sie "unsere
Verfassung brechen würden".
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Am
22. September 1977 kontrollierten zwei niederländische
Polizisten in Utrecht das RAF-Mitglied Knut
Folkerts, der sofort das Feuer eröffnete und
den Hauptwachmeister Arie Kranenburg
erschoss.
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Hanns Martin
Schleyer (1915-1977)
Bildquelle: AP
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Am 28.
September 1977 wird das
'Kontaktsperregesetz' von allen drei Fraktionen
in den Bundestag eingebracht und 29.9. mit großer
Mehrheit verabschiedet. Am 2.10. trat es in Kraft.
Dieses Gesetz erlaubte es bei ernsthaften
Gefahrenlagen, die von einer terroristischen
Vereinigung ausgehen, "jedwede Verbindung von
Gefangenen untereinander und mit der Außenwelt
einschließlich des schriftlichen und mündlichen
Verkehrs zu unterbrechen". - Damit erhielt das, was
gegen einsitzende Terroristen teilweise schon drei
Wochen vorher praktiziert worden war, nachträglich
eine rechtliche Basis.
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Am
13. Oktober 1977 kapert ein
arabisch-palästinensisches Kommando die
Lufthansa-Maschine 'Landshut', die sich auf dem Flug
von Mallorca nach Frankfurt/Main befand. 86
Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder waren an
Bord. Die Entführer fordern die Freilassung von elf
deutschen und zwei türkischen Terroristen. Nach
mehreren Zwischenstationen (der Flugkapitän Jürgen
Schumann wird in Aden ermordet) landet die Maschine
in Mogadischu (Somalia). In Absprache mit dem
somalischen Staatspräsidenten Barre
befreit die
Spezialeinheit des Bundesgrenzschutzes
GSG 9
am 18.10. (kurz nach Mitternacht) Besatzung und
Passagiere. Drei Entführer wurden getötet, eine
Entführerin überlebte verletzt.
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Jan-Carl Raspe
hat wohl über sein eingeschmuggeltes
Transistorradio vom Scheitern der Freipressung
erfahren. Außerdem wurde festgestellt, dass sich
die Häftlinge mit einer Drahtverbindung
verständigen konnten. Trotz der Kontaktsperre
verfügten Baader und Raspe über Pistolen.
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Als die Entführer von
Hanns-Martin Schleyer erfahren, dass die Geiseln
aus der Lufthansa-Maschine befreit und Andreas
Baader, Jan-Carl Raspe und Gudrun Ensslin tot sind,
wird der Arbeitgeberpräsident ermordet. Sein
Leichnam wird am 19.10.1977
in Mülhausen
(Frankreich) im Kofferraum eines Autos aufgefunden.
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Die Bundesregierung hatte sich
für die unbedingte Aufrechterhaltung des
staatlichen Gewaltmonopols entschieden. Mit der
Befreiung der Geiseln, der Selbsttötung von Andreas
Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe und der
Ermordung Hanns-Martin Schleyers fand die
Herausforderung des Staates ein blutiges Ende.
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Der
Höhepunkt
des Terrorismus in der Bundesrepublik war
überschritten, auch wenn er sich in den
achtziger Jahren durch eine Reihe von
Mordanschlägen wieder erhob. Als
punktuelle
Aktionen vermochten sie jedoch keine große
Krise mehr hervorzubringen.
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Am 16.
Februar 1978
verabschiedet
der Bundestag mit knapper Mehrheit die
Gesetzesvorschläge der SPD/FPD-Koalition zur
Bekämpfung des Terrorismus. Die Befugnisse der
Polizei bei der Fahndung nach mutmaßlichen
Terroristen werden erleichtert (Durchsuchung von
Wohnungen und Häusern, Errichtung von
Kontrollstellen, Identitätsfeststellung).
Verteidiger sollen durch eine Trennscheibe zu ihren
unter Terrorismusverdacht stehenden Mandanten auf
Abstand gehalten werden. Bei Verdacht auf
konspirative Verbindungen zu Terroristen können
Anwälte vom laufenden Verfahren ausgeschlossen
werden. - Am 13.4.1978 weist der Bundestag in
namentlicher Abstimmung mit der absoluten Mehrheit
der SPD/FDP-Stimmen den Einspruch des Bundesrates
gegen das Gesetz zurück.
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Am
11. und 16. November 1982
werden mit Brigitte Mohnhaupt, Adelheid Schulz und
Christian Klar führende RAF-Mitglieder festgenommen.
Sie werden beschuldigt, an der Ermordung Jürgen
Pontos und Hanns-Martin Schleyers beteiligt gewesen
zu sein.
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Bei einem Sprengstoffanschlag
auf die hauptsächlich von amerikanischen Militärs
besuchte Berliner Diskothek 'La Belle' kommen am
5. April 1986 drei Menschen ums Leben.
Über 200 werden verletzt.
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Am
10. Oktober 1986 wird
Gerold von Braunmühl, politischer Direktor des
Auswärtigen Amtes, von einem RAF-Terroristen vor
seinem Haus in Bonn ermordet. Er begründet seine Tat
damit, dass von Braunmühl eine "zentrale Figur in
der Formierung der westeuropäischen Politik" gewesen
sei. - Weitere Mordopfer Mitte der achtziger Jahre
sind Ernst Zimmermann
(MTU-Vorstandsvorsitzender) und
Karlheinz
Beckurts (Siemens-Manager) sowie dessen Fahrer
Eckart Groppler.
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Am 15.
Dezember 1986
verabschiedet der Bundestag neue gesetzliche
Bestimmungen zur Terrorismusbekämpfung. Die
Anleitung zur Herstellung von Sprengstoff kann
nun als terroristische Straftat verfolgt werden.
Die Kompetenzen des Generalbundesanwalts werden
erweitert.
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1992
verkündet die RAF,
sie würde die "Angriffe auf führende Repräsentanten
aus Wirtschaft und Staat" einstellen. Die letzten im
Untergrund lebenden RAF-Mitglieder erklärten die
'Rote Armee Fraktion' am
20. April 1998 für
aufgelöst. Als Grund gaben sie das versäumte
Aufbauen einer politisch-sozialen Bewegung an.
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Von 1971 bis 1993
ermordete die RAF 34 Menschen.
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Stand: 17.03.2017 Copyright © 2017 Geschichts- und Kulturverein Köngen
e.V. Autor: Dieter Griesshaber
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